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ADB:Steinhart, Karl

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Artikel „Steinhart, Karl Heinrich August“ von Richard Hoche in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 711–712, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Steinhart,_Karl&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 18:16 Uhr UTC)
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Band 35 (1893), S. 711–712 (Quelle).
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Steinhart: Karl Heinrich August St., Philologe und Schulmann des 19. Jahrhunderts. Er wurde am 11. August 1801 in dem Dorfe Dobbrun bei Osterburg in der Altmark geboren; sein Vater, Heinrich Christoph St., welcher dort Pfarrer war, hat sich durch eine Geschichte der Altmark und eine Reihe von Romanen, die er unter dem Namen „Kanonikus L. v. Selbiger“ herausgab, seiner Zeit bekannt gemacht (s. o.). Den ersten Unterricht erhielt St. in der Heimath, dann seit Ostern 1812 auf dem Gymnasium in Helmstedt, wo ihm freundliche Wohlthäter die durch den frühen Tod des Vaters (1810) schwer hereingebrochene Noth des Lebens erleichterten. Ostern 1815 nahm ihn der Buchhändler Gräfe in Berlin, welcher den Verlag der Romane des Vaters übernommen hatte, in sein Haus auf und ließ ihn das Gymnasium zum Grauen Kloster besuchen, welchem St. nun bis Ostern 1819 angehörte. Mit vorzüglichen Kenntnissen ausgestattet, bezog er sodann die Universität Halle, um Theologie zu studiren, wandte sich aber bald vornehmlich der Philologie zu; am 9. März 1822 wurde er auf die Abhandlung „De ratione, qua novi testamenti scriptores in explicando vetere testamento usi sint“ zum Dr. phil. promovirt. Er kehrte nunmehr nach Berlin zurück und wurde hier Mitglied des pädagogischen Seminars für gelehrte Schulen unter Aug. Boeckh’s Leitung, zugleich Hülfslehrer am Grauen Kloster. Im Frühjahr 1824 wurde er als Adjunct an die Landesschule Pforta berufen und dadurch an die Stelle gebracht, der nun die Arbeit seines Lebens gehören sollte. 1831 wurde er Professor und rückte allmählich bis in die zweite Professur auf, die er dann bis 1866 inne hatte. In den 42 Jahren seiner Pförtner Wirksamkeit ist er durch die tiefgreifende Wirkung seiner edlen Persönlichkeit und seines vornehmlich auf das Griechische und Hebräische gerichteten ausgezeichneten Unterrichts, nicht minder durch die Bedeutung seiner wissenschaftlichen Arbeiten, einer der Männer gewesen, welche der berühmten Schule ihr Gepräge gaben. – Seine Studien hatten sich anfangs besonders der neuplatonischen Philosophie zugewendet; seiner ersten sehr beifällig aufgenommenen Abhandlung über die Dialektik Plotin’s (1829) sollte eine Ausgabe dieses Schriftstellers folgen; da dieser aber die Creuzer’sche Ausgabe zuvorkam, so gab St. nur eine Nachlese in den „Meletemata Plotiniana“ (1840) und in einer größeren Zahl von Artikeln in Ersch’ und Gruber’s und in Pauly’s Encyklopädie heraus. Später wandte er sich mehr Platon selbst zu: 1843 erschienen die „Prolegomena ad Philebum“ und dann von 1850–1866 die Einleitungen zu den sämmtlichen platonischen Dialogen, welche der Uebersetzung von Hieronymus Müller (s. A. D. B. XXII, 561) beigegeben sind. „Durch die geistvolle Beleuchtung des Gedankenganges und der Entwicklungsform und durch die scharfe Charakteristik der in den Dialogen auftretenden Personen haben diese in fesselnder Form geschriebenen Einleitungen das Verständniß der platonischen Schriften wesentlich gefördert und ihrem Verfasser für alle Zeiten einen ehrenvollen Platz in der Geschichte der Platostudien gesichert.“ Zur Ergänzung der Einleitungen verfaßte St. als selbständiges Werk ein Leben Platon’s, welches nach seinem Tode 1873 erschienen ist. Neben diesen Plato-Arbeiten ging dauernd eine eingehende Beschäftigung mit der vor- und nachplatonischen Philosophie her, deren Frucht eine große Reihe von Einzelabhandlungen bei Ersch und Gruber und in [712] philologischen Zeitschriften war, ebenso Studien zu Lucretius, denen u. a. auch eine im J. 1843 unternommene Reise nach England diente. – Ostern 1866 legte St. sein Schulamt in Pforta nieder und siedelte nach Halle über, wo ihm eine ordentliche Honorar-Professur übertragen wurde. Hier hat er als akademischer Lehrer noch einige Jahre eine segensreiche Wirksamkeit geübt; er wendete sein Interesse daneben den verschiedensten Seiten des öffentlichen Lebens zu, war u. a. Mitglied des Provinzialvorstandes der Gustav-Adolf-Stiftung und wurde 1869 auch zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt. Im J. 1871 stellte sich ein schmerzhaftes und dauerndes Leiden ein, zu dessen Linderung er Ende Mai des nächsten Jahres nach Bad Kösen ging; hier starb er am 9. August 1872; er wurde auf dem Friedhofe in Schulpforta bestattet.

D. Volkmann, Gedächtnißrede bei dem außerordentlichen Ecce am 12. August 1872, handschriftlich im Schularchiv von Pforta. – Bursian, Gesch. d. Philologie, S. 922.