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ADB:Teller, Wilhelm Abraham

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Artikel „Teller, Wilhelm Abraham“ von Paul Tschackert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 556–558, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Teller,_Wilhelm_Abraham&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 19:09 Uhr UTC)
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Teller: Wilhelm Abraham T., evangelischer Theologe, † 1804. Als scharfsinniger, rühriger, schlagfertiger und freimüthiger Aufklärungstheologe nimmt T. in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts einen hervorragenden Platz ein. T. war zu Leipzig am 9. Januar 1734 als Sohn des dortigen Pastors und Professors der Theologie Romanus T. († 1750) geboren. Nachdem er im elterlichen Hause vorgebildet war, studirte er seit 1749 auf der Universität seiner Vaterstadt hauptsächlich Theologie und promovirte 1753 als Magister der Philosophie und etwa zwei Jahre später als Baccalaureus der Theologie. Von da an war er fortgesetzt wissenschaftlich thätig, während er gleichzeitig im Kirchendienst zu Leipzig (1753 als Katechet an der Peterskirche, 1758 Sonntagsprediger an der Nicolaikirche) Gelegenheit fand, praktisch thätig zu sein. So schnell verbreitete sich der Ruf seiner beiderseitigen Tüchtigkeit, daß er schon 1761 Generalsuperintendent und ordentlicher Professor der Theologie zu Helmstedt wurde, wofür er sich noch in demselben Jahre zu Leipzig die theologische Doctorwürde erwarb. Von Hause aus zwar anti-orthodox, aber noch biblischer Supranaturalist, offenbarte er in Helmstedt eine theologische und religiöse Aufklärung, die selbst den singulären Werth der geschichtlichen Offenbarung Gottes in Christus preiszugeben sich nicht scheute. Sein „Lehrbuch des christlichen Glaubens“ (Helmstedt und Halle 1764) ließ darüber keinen Zweifel und erregte dadurch heftigen Widerspruch in den Kreisen der evangelischen Kirchen Mitteldeutschlands; in Kursachsen wurde es confiszirt; sein eigener Bruder schrieb eine Widerlegungsschrift gegen dasselbe, und in Braunschweig hatte es T. wol nur dem vermittelnden Einflusse des Abtes Jerusalem zu verdanken, daß er nicht abgesetzt wurde. Nur in Berlin nahm die Regierung des aufgeklärten Königs Friedrich d. Gr. keinen Anstoß daran und berief ihn 1767 als Oberconsistorialrath und Propst nach Cölln an der Spree. Hier wirkte er neben Sack, Dieterich, Spalding u. a. im Interesse der religiösen Aufklärung mit regstem Eifer durch Wort und Schrift; viele Abhandlungen von ihm finden sich in den Schriften der Berliner Akademie der Wissenschaften, deren Mitglied er 1786 wurde; ganz besonders nachhaltig aber war die Wirkung seines „Wörterbuchs des neuen Testamentes zur Erklärung der christlichen Lehre“ (für Gelehrte und Ungelehrte), das zum ersten Male 1772 (und noch 1805 zum sechsten Male) erschien. Bald darauf trat am preußischen Hofe die Reaction ein, welche durch das Wöllner’sche Religionsedict charakterisirt ist. Trotzdem dasselbe die Geistlichen an den Wortlaut der Bekenntnißschriften band, verstand der aufgeklärte T. sich in seiner Stellung zu behaupten. (Vgl. seine Schrift „Wohlgemeinte Erinnerungen an ausgemachte, aber doch leicht zu [557] vergessende Wahrheiten; auf Veranlassung des königl. Edicts, die Religionsverfassung in den preußischen Staaten betreffend“, Berlin 1788.) Trotz des Religionsedictes blieb er der freimüthige Aufklärer, wie seine damals erschienenen dogmatischen Schriften zeigen; gerade um in der schwierigen Situation, die das Vorgehen der Regierung ihm und seinesgleichen geschaffen hatte, die Aufklärung weiter fortzubilden, schrieb er die Schriften „Die Religion der Vollkommeneren“ (Berlin 1792) und „Anleitung zur Religion überhaupt und zum Allgemeinen des Christenthums besonders; für die Jugend höherer und gebildeter Stände aller Relionspartheien“ (Ebendas. 1792; 2. Ausg. 1793). Doch traf ihn 1792 die herbe Strafe einer dreimonatlichen Amtssuspension und Ablieferung seines Gehaltes an das Irrenhaus, weil er ein günstiges Votum für den christusleugnerischen Prediger Schulz von Gielsdorf verfaßt hatte, auf Grund dessen das Kammergericht denselben von der Anklage freisprach. (Vgl. Herzog’s Realencykl. XV², 276.) Charakteristisch für T. und die ganze Aufklärungstheologie ist noch eine Auseinandersetzung mit aufgeklärten Berliner Juden, welche 1798 bei ihm in einem Sendschreiben angefragt hatten, was zu ihrem aufgeklärten Gottesglauben, der sich vom mosaischen Gesetze losgesagt hatte, noch hinzukommen müsse, damit sie in die christliche Kirche aufgenommen würden, ohne jedoch den „unglaublichen Lehrsätzen des Christenthums, welche die Seele erniedrigten, zuzustimmen“. In seiner „Beantwortung des Sendschreibens einiger Hausväter jüdischer Religion an mich, den Probst Teller“ (Berlin, 2. Aufl. 1799, 8°), erklärte er nicht die Taufe für nothwendig, sondern suchte sie den Juden nur als „Zeichen der Verpflichtung des Täuflings zu der Reinigkeit des Herzens und Lebens plausibel zu machen (S. 33 a. a. O.). „Auch das Glauben“ könne er ihnen „nicht ganz erlassen“ (S. 35); aber ein formelles Glaubensbekenntniß forderte er nicht. Die ersten Jahre der Regierung Friedrich Wilhelm’s III., welcher in Bekenntnißsachen allen Zwang wieder aufhob, hat T. noch mit durchlebt; am 8. December 1804 starb er an Entkräftung im Alter von beinahe 71 Jahren.

T. war klein von Gestalt, aber von festem Körperbau; er verfügte über ein hohes Maaß allgemeiner Bildung und gesellschaftlicher Fähigkeit, war ungemein fleißig in seinem Berufe und mit der Feder, aber von seinen zahlreichen Publicationen, die er bis kurz vor seinem Tode ausgehen ließ, ist heute keine mehr an sich werthvoll. Als Prediger litt er an undeutlicher Aussprache; seine Predigten wurden daher lieber gelesen als gehört; er hat ihrer eine große Zahl veröffentlicht.

Von den Schriften Teller’s sind die wichtigsten oben genannt. Die Titel aller anderen (im ganzen 74) zählt Döring (siehe unten) S. 511 ff. auf: Dissertationen, Abhandlungen in lateinischer Sprache, Sendschreiben, Gutachten und vorwiegend Predigten.

Zu vgl. Troschel, Gedächtnispredigt auf Teller (Berlin 1805). – F. Nicolai, Ehrendenkmal des Herrn D. Teller, abgedr. in den Abhdlgen. der k. Akademie der Wissenschaften in Berlin. 1807, Thl. III, S. 40; separat unter dem Titel „Gedächtnißschrift auf Teller“ (Berlin 1807). – Heinrich Döring, Die deutschen Kanzelredner u. s. w. (Neustadt 1830), S. 506–514. – Frank (Gustav), Gesch. d. prot. Theologie Bd. 3 (1875), S. 95–98. – Tholuck (Wagenmann) in Herzog’s Realencyklopädie Bd. XV, 2. Aufl., S. 273–279. – Teller’s Bildniß befindet sich in der Allg. deutschen Bibliothek Bd. 28 (1775); in der Kleinen liturg. Bibliothek für Prediger 1. Bd. (1784); vor Beyer’s Allg. Magazin für Prediger Bd. I St. 3; vor Bd. I von Löffler’s Magazin für Prediger (1803); vor Troschel’s Gedächtnißpredigt auf Teller (Berlin 1805); vor Nicolai’s Gedächtnißschrift auf Teller (Berlin 1807, gestochen von Chodowiecki). Ein anderes Bildniß lieferte Lips nach Graff’s Zeichnung 1803. [558] Ein Schattenriß Teller’s befindet sich auch in Rintel. theolog. Annalen 1791 vor dem 2. Quartalbande. (Vgl. Döring a. a. O.).