Zum Inhalt springen

ADB:Uhle, Johann August

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Uhle, Johann August“ von Ferdinand Sander in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 163–165, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Uhle,_Johann_August&oldid=- (Version vom 13. November 2024, 23:23 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Uhland, Ludwig
Nächster>>>
Uhle, Johann Paul
Band 39 (1895), S. 163–165 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Juli 2013, suchen)
Johann August Uhle in Wikidata
GND-Nummer 138806306
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|39|163|165|Uhle, Johann August|Ferdinand Sander|ADB:Uhle, Johann August}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=138806306}}    

Uhle: Johann August U., geboren am 18. December 1788 (1789?), † am 21. Februar 1813 und Johann Gottlieb U., geboren am 19. April 1781, † am 5. Mai 1835, Gründer und erste Leiter des noch jetzt blühenden „Christlichen Vereines im nördlichen Deutschland“. Beide Brüder sind im Städtchen Gerbstädt (Mansfelder Seekreis) als Söhne des wenig bemittelten [164] Maurermeisters Johann Gottlieb U., geboren. Ihre fromme thatkräftige Mutter brachte zunächst den ältesten Sohn unter des s. Z. berühmten Consistorialrathes und Directors der Domschule zu Magdeburg Gottfried Benedict Funk’s wesentlicher Mithülfe durch jene Schule auf die Universität Halle (1802), wo er Georg Christian Knapp’s Anhänger und Amanuensis ward. Nach absolvirtem Triennium (1805) berief ihn sein Gönner Funk als Lehrer an die Domschule, der er bis 1808 diente, um dann als Pfarrer nach Seeburg und 1821 von da nach Helbra (Mansfeld) zu gehen. In Helbra starb er. – Der jüngere Bruder (ein zwischen beiden stehender starb früh) war bis 1808 Schüler in Magdeburg und Funk’s Hausgenoß, begleitete jedoch seinen Bruder nach Seeburg – wie es scheint, zur Stärkung seiner Gesundheit – und bezog von dort, der drohenden westfälischen Conscription zu entgehen, ohne Abgangsprüfung die Universität Halle, wo er ebenfalls dem pietistisch gerichteten Knapp nahe und in erklärten Gegensatz gegen den Rationalismus H. A. Niemeyer’s trat. Ueberdies blieben beide Brüder in fortlaufender enger Verbindung mit dem Elementarlehrer der Magdeburger Domschule Johann Christian Wunderling (1750–1825), der zur Brüdergemeinde hielt und als Patriarch unter den Stillen im Lande galt. In Wunderling’s Hause lebte als Kostgänger der Domschüler Friedrich Lücke aus Egeln, später Professor der Theologie in Göttingen und Abt zu Bursfelde, der dort innige Freundschaft mit August und mittelbar auch mit Gottlieb U. schloß, die während des Zusammenlebens mit jenem in Halle – Sommer 1810 – nur noch enger sich knüpfte. August U. verließ indeß Halle schon Herbst 1810, um als Hauslehrer bei dem Drosten (späterem Landrathe) v. Kerssenbrock († 1826) zu Helmsdorf bei Gerbstädt einzutreten. Auch dieses adelige Haus war, wenigstens in seinen weiblichen Gliedern, von ausgesprochen pietistischem Geiste erfüllt. Namentlich vertrat diese Richtung mit begeisterter Wärme eine westfälische Verwandte, Frau v. Oeynhausen, die während des Winters 1810 11 im Helmsdorfer Herrenhause auf Besuch weilte und dort am 19. März 1811 starb. Ihr bewegtes Leben hatte sie mit den schwäbischen Pietisten und Chiliasten, der Urlspergerschen Christenthumsgesellschaft, der Brüdergemeinde, namentlich aber während eines längeren Schweizer Aufenthaltes mit dem Züricher Antistes Heß zusammengeführt und befreundet. Sie hatte nach August Uhle’s brieflichen Angaben, weil in ihrer westfälischen Heimath der Volksunterricht im argen lag, eine eigene Schulanstalt für das Landvolk, wie sie selbst sagte: im Geiste A. H. Francke’s, gestiftet. Mit zweihundert Thalern war das Werk begonnen und „durch Lenkung Gottes damals das Vermögen bereits auf siebentausend Thaler angewachsen. Die Geschichte des Unternehmens lag gedruckt vor. Ihr Lieblingsplan war, durch ein großes Unternehmen in der Art des Londoner Tractatverlages und der Urlspergerschen Gesellschaft auch im Norden Deutschlands das biblische Christenthum dem Volke wieder nahe zu bringen. Während ihrer letzten Krankheit äußerte sie gegen A. U., dem sie großes Vertrauen schenkte: „Ich habe zu dem Werke wol nur die Idee angeben sollen; andere wird der Herr zur Ausführung erwecken“. Dieser Wink traf den jungen Candidaten in besonders empfänglicher Stimmung, da ihn eben Freund Lücke von Halle aus in lebendige Verhandlung über die berühmte Reformationspredigt des Dresdener Oberhofpredigers Franz Volkmar Reinhard aus dem Jahre 1800 – „Die Kirchenverbesserung ein Werk des Glaubens!“ – verwickelt hatte. Wie es scheint, am 25. Juni 1811 beschlossen auf Drängen des Jüngeren beide Brüder U., die geistige Erbschaft der Entschlafenen anzutreten und den Verein zu gründen. Rath und That fanden sie bei dem Drosten von Kerssenbrock und Familie, bei Reinhard in Dresden und durch diesen bei anderen einflußreichen Männern und Frauen Sachsens, durch einen Bruder des Drosten bei der Fürstin-Wittwe zur Lippe, beim Herzoge von [165] Mecklenburg-Schwerin, durch Wunderling hie und da bei den Stillen im Lande. Fr. Lücke und seine Eltern gehörten zu den ersten Mitgliedern. Ein Aufruf ward verbreitet, der die Ueberzeugung aussprach, daß nur vom erneuten Ansehen des göttlichen Wortes gründliche Besserung aller Lebensverhältnisse zu erwarten wäre, wozu die Zeitumstände so dringend aufforderten. Alle durch einerlei Glaube, Hoffnung und Liebe verbundenen Freunde sollen sich enger an einander schließen, um durch unentgeltliche Vertheilung christlicher, zweckdienlicher Schriften für Frömmigkeit und Tugend zu wirken und auf diese Art eine glücklichere Ordnung der Dinge herbeiführen zu helfen. „Die Bibel soll wieder Alles gelten, aber der Buchstab in Geist und Leben verwandelt werden.“ Die erste Vereinsschrift, das „Sonntagsbuch für Christen“, lag bereits 1812 gedruckt vor. August U. war noch vergönnt, als Geschäftsführer unter seines Drosten Ehrenvorsitze den Verein zu fröhlichem Gedeihen zu bringen und eine zweite Vereinsschrift, das Kommunionbuch, für den Druck vorzubereiten. Auch eine Reise nach Detmold, Lemgo, Kassel unternahm er als Begleiter des Vorstehers zu Gunsten des Unternehmens. Im Winter 1812/13 brach die lange schon drohende Schwindsucht aus und nöthigte den jungen Dulder, mit Ausgang Januar 1813 das Pfarrhaus seines Bruders in Seeburg aufzusuchen, wo er am 21. Februar fromm und gottergeben entschlief. Gottlieb U. hat hierauf die Geschäfte des Vereins noch fast zwei Jahrzehnte hindurch geleitet. Kränklichkeit nöthigte ihn 1832 zum Rücktritte. – Der „Christliche Verein im nördlichen Deutschland“ nahm 1892 ein: 33 132,45 Mark, gab 1892 aus 23 464,07 Mark und versandte gleichzeitig 48 439 Bücher und 1802 Confirmationsscheine. Sein Vermögen betrug bereits 1887 neben 288 658 Bänden an Drucksachen über 27 000 Mark baar.

31 Briefe von August und 2 von Gottlieb U. an Fr. Lücke, handschriftlich in des letzteren Nachlasse vorhanden. – Kranichfeld, Johann Gottlieb U., für seine Freunde (Leipzig 1839). – Verschiedene Berichte des Christlichen Vereines im nördl. Deutschland. – Holstein, Geschichte des königlichen Domgymnasiums zu Magdeburg (Magdeburg 1875). – Wunderling, Leben Joh. Chr. Wunderlings. – Vgl. auch Sander, D. Friedrich Lücke, Lebens- und Zeitbild (Hannover 1891).