ADB:Ulrich V.
Herzogs von Baiern. Es war in manchen Herrscherhäusern üblich geworden, das Land unter den Söhnen zu theilen; auch U. wünschte jetzt eine eigene Herrschaft zu bekommen und der besonnenere Bruder mußte darauf eingehen. Schon am 23. April erklärte man den Neckar zur Scheidelinie beider Landeshälften; am 25. Januar 1442 erfolgte eine neue Theilung mit Rücksicht auf den Ertrag der Städte und Aemter. U. bekam den Theil mit Stuttgart, Ludwig den mit Urach als Hauptstadt; für jenen kamen als Erbschaft der Mutter 40 000 Gulden hinzu, während dieser Mömpelgard erhielt. Bald gingen die Wege der Brüder auseinander: Ludwig schloß sich den Reichsstädten an, welche zur Abwehr fürstlicher Uebergriffe und zum Schutze des Friedens sich verbanden, U. ergriff die Partei der kriegslustigen Fürsten und stürzte damit sein Land in die Greuel des großen Fürsten- und Städtekrieges. Zuerst brach der Streit mit der Reichsstadt Eßlingen aus, das seine Zölle zum Schaden Württembergs stark erhöht hatte (1449). Nach gegenseitigen Einfällen rückte U. vor die Stadt und verwüstete die ganze Umgegend. Ein großer Zug von Reisigen, der ihr zu Hülfe kam, wurde in wildem Getümmel geworfen; aber Eßlingen selbst blieb [236] unbezwungen. U. mußte zugeben, daß dessen Schutzvogtei den Markgrafen von Baden übertragen wurde.
Ulrich V., der Vielgeliebte, Graf von Württemberg, ist im J. 1413 geboren als Sohn des Grafen Eberhard d. J. und der Erbin von Mömpelgard, Henriette. Nach des Vaters frühen Tode (1419) kam er mit seinem älteren Bruder Ludwig unter die Vormundschaft der herrschsüchtigen Mutter und eines dreißigköpfigen Regimentsrathes. Der Bruder wurde 1426 mit vierzehn Jahren für mündig erklärt, er selbst mit zwanzig Jahren zur Mitregierung zugelassen. Im Januar 1441 vermählte er sich mit Margarete von Cleve, Witwe desWährend dieser Kämpfe fiel an U. die Vormundschaft über seine Neffen im Uracher Theil (1450). Da deren mütterlicher Oheim, Pfalzgraf Friedrich, sich in dieselbe mischte, erhoben sich starke Zwistigkeiten, die durch die neue Vermählung des Grafen nur noch vermehrt wurden. Seine erste Gemahlin war nämlich 1444 gestorben; die zweite, Elisabeth von Baiern-Landshut, war ihr 1451 nachgefolgt; als dritte wählte er 1453 eine Schwägerin des Pfalzgrafen Friedrich, Margarete von Savoyen, Witwe des Kurfürsten Ludwig IV. von der Pfalz. Der Streit über die Vermögensauseinandersetzung ließ schon 1457 den Ausbruch eines Krieges fürchten, der aber noch abgewendet wurde. In demselben Jahre starb der älteste der gemeinsamen Neffen, Ludwig; der Streit um die Vormundschaft über den jüngeren, Eberhard, erneuerte sich und führte zur Flucht desselben und zur Aufhebung der Vormundschaft (1459). Der persönliche Haß fand seine Nahrung in den politischen Verhältnissen. Pfalzgraf Friedrich war das Haupt der kaiserfeindlichen wittelsbachischen Partei, Graf U. hielt zum Reichsoberhaupt. 1460 kam es zum ersten Waffengange: U. besetzte das pfälzische Kloster Maulbronn, vermochte aber gegen Weinsberg, dessen Besatzung in Württemberg plünderte, nichts auszurichten. Da auf dem bairischen Kriegsschauplatze, wohin der Graf Truppen geschickt, die Kaiserlichen im Nachtheil waren, und da Pfalzgraf Friedrich selbst, der sich gegen den gleichfalls von jenem unterstützten Erzbischof von Mainz gewendet, diesen aufs Haupt schlug, mußte U. viele seiner Forderungen an den Pfalzgrafen fallen lassen. Der daraufhin geschlossene Frieden war aber nur von kurzer Dauer. 1461 ernannte der Kaiser außer den Markgrafen Albrecht von Brandenburg und Karl von Baden U. zum Reichshauptmann und hieß sie das von dem Grafen verwahrte Reichspanier aufwerfen. U. versprach dem neuen Erzbischof von Mainz, Adolf von Nassau, ihn um 40 000 Gulden gegen die Wittelsbacher in sein Erzbisthum einzusetzen und rüstete lebhaft. Er nahm 1462 den Baiern die Stadt Heidenheim ab, wurde aber im Rücken von den Pfälzern beunruhigt, die bis in die Nähe von Stuttgart streiften. Jetzt holte er, zusammen mit dem Markgrafen von Baden und dem Metzer Bischof zu entscheidendem Schlage aus. Sie fielen ohne die nöthigen Vorsichtsmaßregeln in der Pfalz ein, da sie den Pfalzgrafen ferne wähnten; die Schlacht bei Seckenheim (30. Juni 1462) brachte ihnen Niederlage und Gefangenschaft. U. und der Markgraf wurden im Heidelberger Schloß in Ketten gelegt, später sogar in den Stock geschlossen. In Württemberg sammelte man von Haus zu Haus, um das hohe Lösegeld für den Grafen aufzubringen; es war unmöglich. Endlich begnügte sich Friedrich mit 100 000 Gulden und einigen sonstigen Einräumungen; am 27. April 1463 wurde U. frei.
Er kehrte als halbgebrochener Mann zurück. Dank hatte er vom Kaiser für seine Opfer wenig zu genießen; er begann daher sich jetzt vollständig an seinen Neffen Eberhard von Württemberg-Urach anzuschließen. Mit ihm trat er dem S. Georgenbunde zur Wahrung des Landfriedens bei. Persönlich griff er nur noch einmal zu den Waffen, als der Kaiser gegen Karl den Kühnen von Burgund ins Feld rief. Sein Verhältniß zu Eberhard erlitt eine vorübergehende Trübung, als dieser den vom Konstanzer Capitel gewählten Otto von Waldburg als Bischof anerkannte, während er selbst dem Spruche des Papstes gehorsamte, der Ludwig von Freyberg ernannte. In der Gefangenschaft war er sehr fromm geworden, wie er denn auch zahlreiche Kirchen gründete oder förderte. Großen Kummer bereiteten ihm seine Söhne. Der jüngere, Heinrich, sollte Geistliche werden und brachte es mit siebzehn Jahren zum Coadjutor von [237] Mainz. Er wollte aber lieber eine weltliche Herrschaft führen und zwang den Vater, ihm Mömpelgard mit den burgundischen und elsässischen Besitzungen zu überlassen, die der Neffe Eberhard im Uracher Vertrag von 1473 abtrat. Der ältere Sohn, Eberhard, der nachmalige zweite Herzog, wußte ihm allmählich fast die ganze Gewalt zu entwinden, so daß U. am 8. Januar 1480 sich ganz zurückzog. Schon am folgenden 1. September starb er in Leonberg auf der Hirschjagd; sein Leichnam ruht in der Stuttgarter Stiftskirche. Der einst mit kühnem Muthe in die Händel der Welt eingegriffen, ist schwer enttäuscht ins Grab gesunken. Ueber Württemberg hat er viel Schlimmes gebracht; aber der volksthümliche Fürst, der selbst so Bitteres erdulden mußte, hat sich durch seinen wohlwollenden und versöhnlichen Sinn den Ehrennamen des Vielgeliebten erworben.
- Sattler, Gesch. Würtenbergs unter den Grafen II–III (2. Auflage, 1775–1777). – Pfaff, Gesch. Wirtembergs II. 141 ff. (1839). – v. Stälin, Wirtemb. Gesch. III, 416 ff. (1856). – P. Stälin, Gesch. Württembergs I, 596 ff. (1887).