Zum Inhalt springen

ADB:Vaz, Donat von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Vaz, Donat von“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 515–517, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Vaz,_Donat_von&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 05:25 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Vechner, Daniel
Band 39 (1895), S. 515–517 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Nach Wikipedia-Artikel suchen
Donat von Vaz in Wikidata
GND-Nummer 139154353
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|39|515|517|Vaz, Donat von|Gerold Meyer von Knonau|ADB:Vaz, Donat von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=139154353}}    

Vaz: Donat v. V., † 1337 (wahrscheinlich), rätischer Dynast. – In der Höhezeit des Mittelalters war das Bisthum Cur auch nach Hinsicht der weltlichen Herrschaft die Umrahmung des curischen Rätien gewesen, und indem die Vogtei durch Verleihung des Bischofs Egino an Kaiser Friedrich I. gegeben worden war, schien durch diese Erklärung des wichtigen Rechtes als Attribut des Reiches das Gotteshaus noch mehr gesichert zu sein. Aber König Rudolf versetzte die Vogtei an den Freiherrn Walter V. v. V., dessen Söhne Johann und Donat am Ende des 13. Jahrhunderts urkundlich in deren Besitz erscheinen. Bischof Sigfrid (1298–1321) entschloß sich demnach schon gleich nach seiner Wahl, die Pfandschaft der Vogtei an sich zu lösen; 1299 bestätigte König Albrecht den Vertrag. Doch trugen dabei die Freiherrn v. V. in der Hauptsache den Vortheil davon. Denn während der Bischof sich mit der Reichsvogtei über die Stadt Cur im wesentlichen begnügen mußte, gingen die übrigen Gerechtsame innerhalb des bischöflichen Besitzes, die hohen jurisdictionellen Rechte in Form einer Grafschaft, auf Donat, den abtretenden Pfandinhaber, über. – Der Namen gebende Besitz dieses Hauses, dessen Stammburg – an der Stelle Donal – jedoch gänzlich verschwunden ist, entspricht dem Dorfe Obervaz am oberen östlichen Ausgang des (alten) Schyn-Passes, an einer zur Beherrschung der Verbindungen von Cur nach dem Domleschg, sowie südwärts über den Albulafluß nach den Hochgebirgspässen, oder landaufwärts nach Davos, sehr günstigen Stelle. Das Haus vergrößerte seine Macht schon im 13. Jahrhundert mehrfach sehr geschickt durch Colonisation höherer rätischer Bergthäler mit deutschen Ansiedlern, und durch Erwerbungen verschiedener Art erwuchs ein ausgedehntes Territorium, dessen Bestandtheile sich aber erst aus den Erbschaftstheilungen nach dem Erlöschen des Geschlechtes im Mannesstamme – durch den Tod Donat’s – ergeben. Es waren nebst der nächsten Umgebung von Vaz – Lenz, die Burg Belfort – die später im Toggenburger Besitz erscheinenden Stücke des nachherigen Zehngerichtenbundes – Davos, Prätigau, Schanfigg – und Burg [516] Straßberg mit Curwalden, sowie Maienfeld und Aspermont, dann die im Weiteren Werdenberg-Sargans zustehenden Gebiete im Domleschg und auf dem Heinzenberg, im Thal Safien, am Hinterrhein aufwärts in Schams, Rheinwald, nebst Avers, wovon gerade die letztgenannten, nebst Schanfigg und Langwies, bischöfliche Lehen waren. So stand Donat als der mächtigste Herr in Rätien da. Doch erwuchs daraus ein nothwendiger Conflict mit dem habsburgischen Hause, das sein Uebergewicht eben zu dieser Zeit auch nach Rätien hineinzuschieben begann. Vielleicht 1299, im Zusammenhang mit jener Ordnung der Vogteiverhältnisse, hatte König Albrecht einen Complex von Hoheitsrechten, großen Umfanges, durch das ganze curische Rätien, welche allerdings thatsächlich durch die großen die alte Landgrafschaft durchbrechenden Exemptionen sehr vermindert waren, als Reichslehen für sein Haus an sich gebracht; diese Rechte stehen im bald darauf aufgezeichneten habsburgischen Urbar als Amt Lags – „Grafschaft zu Lags“ – gebucht als „der herschaft lehen von dem riche“. Das mußte Donat auffordern, bei sich ergebendem Anlaß sich gegen Oesterreich zu stellen. Im Thronstreite nach Heinrich’s VII. Tode ergriff Rudolf von Montfort, Bischof von Constanz, als Administrator des Bisthums Cur, die Sache des Königs Friedrich; Donat mit den Grafen Rudolf III. und Hartmann III. von Werdenberg-Sargans stand auf der gegnerischen Seite, und der Krieg gegen das Gotteshaus zog sich noch bis in die Zeit Bischof Johann’s, des Nachfolgers Rudolf’s, hinein, nachdem die Fehde schon 1322 und 1323 gedauert haben muß; 1324 verpflichteten sich die beiden Grafen dagegen wieder dem Herzog Leopold. Diese Kämpfe nahmen einen für Donat günstigen Verlauf, und Campell erzählt, Historia Raetica Cap. 26, unter Berufung auf eine ältere Chronik und auf die Ueberlieferung, von einer für die Bischöflichen verderblichen Niederlage bei Filisur, nachdem schon vorher die von Engadin über den Scalettapaß in das Dischmathal eingedrungenen Leute des Bischofs von den Davosern zurückgeschlagen worden waren. Weniger günstig verliefen die Dinge für Donat, als 1333 und 1334 der Kampf nochmals ausbrach. Bischof von Cur war jetzt, seit 1331, Ulrich V., aus dem den Habsburgern ganz ergebenen Geschlechte der Schultheissen von Lenzburg (s. A. D. B. XIV, 200), und es ist ausdrücklich von Zeitgenossen Ulrich’s bezeugt, dieser habe jetzt an dem Verfolger und Verwüster seines Gotteshauses vergolten, was Donat gegenüber dem Bisthum sich vorher habe zu Schulden kommen lassen. Auf Ulrich’s Seite standen jetzt der Abt von Disentis, jene beiden Grafen von Werdenberg-Sargans, die nun also gegen Donat hielten, ferner Graf Albrecht I. von Werdenberg-Heiligenberg, die Brüder von Räzüns, und weitere rätische Herren, die sich am 15. April des erstgenannten Jahres verbanden. Donat hatte für sich Zuzug aus den Waldstädten, in ähnlicher Weise, wie schon sein Vater Walter V. sich einmal schwyzerischer und glarnerischer Söldner bedient hatte. Aus Schwyz und Unterwalden liefen 1500 Mann dem Freiherrn zu, doch zu ihrem Verderben. Die Verbündeten siegten über Donat, wobei auch die Burg zu Lags zerstört wurde; zweihundert von den Geworbenen fielen im Kampfe, und zahlreiche Andere kamen auf der Flucht auf den beschneiten Hochgebirgspässen um. Durch eine Urkunde vom 20. Februar 1334 ist bezeugt, daß eine Sühne der Unterwaldner und Schwyzer mit dem Abte Thüring von Disentis und dem Grafen Albrecht schon vorher erfolgt war. Donat muß nicht lange nachher gestorben sein. Denn während er am 3. October 1336 noch als lebend erwähnt wird, war er Anfang März 1338 sicher todt. Seine Erben waren die Gemahle seiner Töchter Kunigunde und Ursula, die Grafen Friedrich V. von Toggenburg und Rudolf IV. von Werdenberg-Sargans, dieser ein Bruder jener beiden schon erwähnten Grafen.

Donat’s Bild ist durch den zeitgenössischen Geschichtsschreiber Johannes [517] Vitoduranus sehr schwarz gezeichnet. Der ohne Zweifel wegen seines die Kirche von Cur schädigenden Auftretens sehr verhaßte Freiherr soll nach diesem geistlichen Zeugen trotz seiner Rechtskenntniß ein sehr grausamer Gewalthaber gewesen sein, der mit Gefangenen greulich umgegangen sei, sie durch Hunger gequält, über ihr Jammergeschrei gespottet habe. Ebenso habe er auf dem Todtenbette, aufgefordert, seine Vergehen gegen das Gotteshaus Cur zu beichten, das abgewiesen, weil eine Beichte ohne Zerknirschung des Herzens doch vergeblich wäre. Eine besonders von dem Bündner Chronisten, Pfarrer Sererhard, 1742 in dessen „Einfalter Delineation“ aufgezeichnete Volkssage erzählt auch, Donat habe nach Entdeckung unsittlicher Vorgänge das Frauenkloster in Curwalden zerstören, die dortigen Mönche verjagen und ihr Kloster neu besetzen lassen. Jedenfalls tritt aus diesen Ueberlieferungen die Bedeutung dieses letzten ansehnlichen weltlichen Herrn im currätischen Lande hervor.

Die „Nachrichten über das Geschlecht derer von Vatz“, von J. U. v. Salis-Seewis (s. A. D. B. XXX, 248 u. 249), durch C. v. Mohr neu herausgegeben, Bündnerische Geschichtschreiber, Band V, S. 168 ff., denen C. v. Mohr selbst – Geschichte von Currätien – zumeist folgt, sind vielfach zu corrigiren, so für Donat nach Kopp, Geschichte der eidgenössischen Bünde, Buch XII, S. 494 n. 2, oder nach E. Krüger in den St. Galler Mittheilungen zur vaterländischen Geschichte, Heft XXII, S. 299 u. 300, die Angabe des Todesjahres.