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ADB:Wahlen-Jürgaß, Georg Ludwig von

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Artikel „Jürgaß, Georg Ludwig von Wahlen“ von Ferdinand Freiherr von Meerheimb in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 738–740, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wahlen-J%C3%BCrga%C3%9F,_Georg_Ludwig_von&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 01:46 Uhr UTC)
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Jürgaß: Georg Ludwig Alexander von Wahlen J., wurde am 5. Juni 1758 auf dem seiner Familie gehörigen Gute Ganzer bei Ruppin geboren. Er wurde als Pensionair in der école militaire unterrichtet, trat im August 1775 als Standartenjunker in das Regiment Gensd’armen, und wurde in demselben 1803 Major. Auf dem Rückzuge nach der Schlacht bei Jena traf das nur noch 350 Pferde starke Regiment am 27. October bei Wichmannsdorf in der Nähe von Boitzenburg (Uckermark) in einer mondhellen Nacht auf die französische Division Baumont und wurde bald von derselben umringt. Nur J. [739] schlug sich mit einigen Offizieren, 44 Mann und einer Standarte durch und kam am anderen Tage zum Corps des Fürsten Hohenlohe. Der Capitulation von Prenzlau wußte er sich zu entziehen, traf auf dem Marsche nach Uckermünde, wo er sich einschiffen wollte, das kleine Corps des General v. Bila, schloß sich ihm an und wurde in die Capitulation von Anklam eingeschlossen. Nach dem Frieden zu Tilsit lebte er in Ganzer bei seinem Bruder, wurde 1809 wieder im brandenburgischen Kürassierregimente angestellt und in demselben Jahre zum Commandeur des brandenburgischen Dragonerregiments ernannt. 1812 ging er, kurz vorher zum Oberstlieutenant ernannt, in dem Hülfscorps unter Grawert mit nach Kurland, commandirte meist die Vorposten und zeigte unermüdliche Thätigkeit. In dem Gefecht bei Garossenkrug (1./10.) warf er mit drei Schwadronen die weit überlegene russische Cavallerie zurück und erhielt dafür den Orden pour le mérite. Im folgenden Jahre wurde er zum Obersten ernannt und führte eine Brigade im Corps des General Blücher; bei dem Cavallerieangriffe von Hainau attaquirte er zuerst, ritt drei feindliche Carré’s über den Haufen, und wurde durch einen Schuß ins Bein verwundet; bei einem zweiten Angriff wurde sein Pferd schwer blessirt. Nach diesem Gefecht erhielt er das eiserne Kreuz erster Klasse. Während des Waffenstillstandes wurde er Commandeur der Reservecavallerie des ersten Armeecorps in der schlesischen Armee und zeichnete sich nachher in den Schlachten an der Katzbach und bei Möckern aus. Am 20. October erreichte er mit seiner Reservecavallerie die Franzosen bei Reichartswerben, griff sie mit Erfolg an und nahm rühmlichen Antheil an den Arrièregarden-Gefechten bei Eisenach (26./10.). Zum Generalmajor ernannt, wurde er, nachdem die Armee den Rhein überschritten, mit seiner Reservecavallerie dem Prinzen Wilhelm von Preußen zugetheilt, der die Avantgarde führte. Bei Lachaussée (3. Februar 1814) wurde Macdonald’s Cavallerie durch die Regimenter unter J. und Katzeler geworfen; 1 Standarte, 5 Kanonen und 3 Munitionswagen wurden erbeutet. Am 9. März, bei Laon, führte er einen glücklichen Ueberfall aus, bei dem seine Regimenter nur einen geringen Verlust erlitt und erbeutete 15 Kanonen und 35 Artilleriewagen. An den Gefechten bei Oulchy, Sizanne, Claye nahm er wie bei Laon unter Ziethen’s Oberbefehl Theil und wurde nach dem Frieden mit hohen preußischen und russischen Orden geschmückt. 1815 commandirte J. die Reservecavallerie des zweiten Armeecorps (Pirch I.). In der Schlacht bei Ligny stand er am äußersten rechten Flügel, gegen Abend drangen feindliche Tirailleure aus St. Amand la Haye vor, – J. warf sich ihnen mit einer Schwadron Husaren entgegen und erhielt im Handgemenge eine schwere Verwundung durch einen Schuß in die Schulter. Im folgenden Jahre erbat er in Folge dieser Verwundung den Abschied und erhielt ihn in den schmeichelhaftesten Ausdrücken. Zugleich wurde ihm der Charakter als Generallieutenant und noch 1825 der rothe Adlerorden erster Klasse verliehen. J. lebte nach seiner Verabschiedung abwechselnd in Berlin und in Ganzer bei seinen ebenfalls unvermählten Brüdern, mit denen ihn die innigste Liebe verband. Er besuchte oft Teplitz, da er an den Folgen der vielen erhaltenen Wunden litt, und starb am 8. November 1833 in Ganzer. Der General hatte eine herkulische Kraft und Gestalt, dabei das weichste, liebenswürdigste Gemüth; seine Unerschrockenheit und Tapferkeit war in der ganzen Armee bekannt, freundlich und theilnehmend war er gegen Alle, hülfreich und wohlthätig gegen Nothleidende. Der Prinz Wilhelm (Bruder Friedrich Wilhelm III.) schrieb, als er die Todesnachricht erhalten, folgende Worte an den Bruder, die als Schluß dieses kurzen Lebensbildes dienen mögen: „Der Verstorbene war eine jener kräftigen, freundlichen Heldenerscheinungen, welche an die Ritterzeit erinnern, aber die damalige Tapferkeit mit der jetzigen Kriegserfahrung vereinigen. Seine geleisteten Thaten als Krieger werden in der [740] Armee so wenig vergessen werden, wie das, was er als Mensch seinen Mitmenschen war, diesen aus der Erinnerung schwinden kann. Seinen Freunden und Verehrern wird er ein schwer zu erreichendes Vorbild bleiben.“

v. d. Lühe, Militär. Conversations-Lexicon. Militär. Wochenblatt vom 1. März 1834.