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ADB:Wangenheim, Friedrich Adam Julius von

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Artikel „Wangenheim, Friedrich Adam Julius von“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 148–149, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wangenheim,_Friedrich_Adam_Julius_von&oldid=- (Version vom 16. November 2024, 15:45 Uhr UTC)
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Wangenheim: Friedrich Adam Julius v. W., Forstmann, geboren am 8. Febr. 1749 in Sonneborn (bei Gotha), als Sohn des sachsen-gothaischen Kammerherrn Adam Julius v. W., † am 25. März 1800 in Gumbinnen. Er widmete sich zunächst dem militärischen Berufe und trat noch sehr jung in gothaische Dienste ein. Einem inneren Triebe folgend, gab er diese aber schon nach kurzer Zeit – mit der Charge eines Lieutenants bekleidet – wieder auf, um sich zum Forstmann auszubilden. Als Kammerjunker absolvirte er die forstliche Lehre im gothaischen Thüringerwalde und zeigte hierbei so großen Eifer, daß der ihm ausgestellte Lehrbrief prophetisch dahin lautete: „daß er nach seinen sehr guten Anlagen und unermüdetem Fleiße gewiß einem großen Herrn durch seine erworbenen Kenntnisse und seine treuen Dienste viel Nutzen verschaffen werde“. Er kam indessen nicht dazu, diese in Gotha zu bethätigen. Um jene Zeit stellte nämlich der Landgraf von Hessen-Kassel der Krone England ein Hülfscorps, welches im englischen Solde nach Amerika ging. Vom Drange nach Thaten beseelt und von dem Wunsche geleitet, den neuen Welttheil aus eigener Anschauung kennen zu lernen, nahm W. seinen Abschied in Gotha, ließ sich 1776 als Lieutenant in dem zu diesen Truppen gehörigen Jägercorps anwerben und schiffte sich 1777 mit diesem nach Nordamerika ein. Während seiner achtjährigen Anwesenheit daselbst bewährte er sich stets als tapferer Soldat, insbesondere in den Gefechten bei Brandywic und Charleston. Nebenbei widmete er sich aber in freien Stunden bei seiner feinen Beobachtungsgabe mit vorzüglichem Erfolge auch dem Studium der dortigen unermeßlichen Waldungen. Insbesondere interessirten ihn die Verbreitung und das forstliche Verhalten derjenigen amerikanischen Baumarten, welche er zu einer Naturalisation in Deutschland als geeignet erachtete. Als vorläufige Frucht seiner bezüglichen Studien veröffentlichte er noch während seines dortigen Aufenthaltes 1781 eine kurze „Beschreibung einiger nordamerikanischer Holz- und Buscharten, mit Anwendung auf teutsche Forsten; zum Gebrauch für Holzgerechte Jäger und Anpflanzer“. Nachdem er 1784 als Stabscapitän nach Europa zurückgekehrt war, sah er zunächst seiner Beförderung im kurhessischen Forstdienste entgegen. Zugleich warf er sich aber von neuem auf die und zwar nunmehr ausführlichere Bearbeitung der in Amerikas Wäldern gemachten Beobachtungen und gesammelten Erfahrungen und veröffentlichte als Endresultat derselben 1787 einen „Beytrag zur teutschen Holzgerechten Forstwissenschaft mit Anwendung auf teutsche Forsten betreffend“. Dieses ausführliche, mit 31 naturgetreuen Kupferstichen (nach Originalzeichnungen) ausgestattete, inbezug auf Anordnung, Zusammenstellung und Bearbeitung des Stoffes mustergültige forstbotanische Werk widmete er dem König Friedrich Wilhelm II. von Preußen. Diese Widmung war von Einfluß auf die Gestaltung seiner künftigen Laufbahn, indem er durch königl. Patent vom 18. Aug. 1788 zum Oberforstmeister der Litthauen’schen Kriegs- und Domänenkammer in Gumbinnen ernannt wurde. Er erhielt hierdurch einen sehr ausgedehnten Wirkungskreis und [149] begründete durch Verheirathung mit der Nichte seines Freundes, des Oberforstmeisters F. A. L. v. Burgsdorf, einen eigenen häuslichen Heerd. Neben seinen umfangreichen Amtsgeschäften fand er noch Zeit, sich durch Abhandlungen in der Zeitschrift der Gesellschaft der naturforschenden Freunde in Berlin (z. B. 1795 über das Elenthier) und durch verschiedene Artikel in Crünitz’ Encyklopädie auch an der Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse mit zu betheiligen. 1798 wurde ihm seitens der Krone der ehrenvolle Auftrag zu Theil, die Waldungen in den neu erworbenen polnischen Provinzen Bialystock und Plock, welche ein Areal von 1,5 Millionen Wald umfaßten, „selbständig und ohne Einwirkung der Rentkammer“ einzurichten, sowie den ganzen Forstbetrieb daselbst zu organisiren. Leider vereitelten eine schwere Erkrankung im Winter 1799 und sein frühzeitiger Tod die vollständige Ausführung dieser großartigen Arbeit. Er wurde im Garten seines Gutes Lasdinehlen (bei Gumbinnen) begraben.

Wangenheim’s Hauptverdienst liegt in den oben genannten selbständigen Schriften, durch die er zum Hauptbegründer der Bewegung wurde, die in der Geschichte der Forstwissenschaft unter dem Namen „forstliche Ausländerei“ bekannt ist. Diesen Schriften ist unbedingte Zuverlässigkeit der Angaben, Schärfe der Beobachtungen, Klarheit in der Darstellung und Richtigkeit der Abbildungen nachzurühmen. Er bemühte sich, das, was er hierin niedergelegt hatte, auch insofern zu verwirklichen, als er in den seiner Obhut anvertrauten Waldungen die von ihm für die deutschen Verhältnisse als geeignet erachteten Holzarten theils einzeln, theils in kleinen Beständchen anbaute. Zeugniß hierfür gibt u. a. ein (inzwischen zum Abtriebe gelangter) Weymouthskiefernbestand, den er bei seinem thüringischen Gute Winterstein anbaute und scherzhaft „Amerika“ nannte. Leider wurden aber seine classischen Schriften von seinen Zeitgenossen viel zu wenig gewürdigt und die von ihm für den Anbau der ausländischen Holzarten gegebenen Fingerzeige nicht befolgt. Man säete und pflanzte wol hier und da einzelne nordamerikanische Baumarten – wenigstens in Parks – an, machte jedoch entweder bezüglich der Wahl der Holzarten oder des Samen-, ev. Pflanzenmaterials oder der hierfür ausgesuchten Standörtlichkeiten und auch inbezug auf die Anbaumethoden so große Fehler, daß ein Mißerfolg nach dem anderen eintrat. Die durch W. angebahnte Naturalisation der Fremdlinge machte daher im Walde keine Fortschritte, sondern verblieb den Gärtnern. Erst in neuester Zeit kam die betreffende Bewegung wieder in Fluß, indem die deutschen forstlichen Versuchsanstalten den Anbau und die Weiterverbreitung einer größeren Anzahl nordamerikanischer Holzarten, speciell Waldbäume, denen unsere klimatischen Verhältnisse zusagen, seit 1880 auf Grund eines sorgfältig ausgearbeiteten und gemeinsam vereinbarten Arbeitsplanes in die Hand genommen haben und eifrig betreiben. W. gehörte mit zu den Censoren der 1796 von Bechstein zu Waltershausen ins Leben gerufenen „Societät der Forst- und Jagdkunde“ und war Ehrenmitglied der Gesellschaft der naturforschenden Freunde zu Berlin.

Fraas, Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft, S. 564. – Karl Koch, Dendrologie, I. Theil, 1869, S. 182. – Ratzeburg, Forstwissenschaftliches Schriftsteller-Lexicon, S. 157, Anmerkung * (als Geburtsjahr ist hier unrichtig 1747 angegeben). – Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc. II, S. 82, 147, 392 u. 397. – John Booth, Die Naturalisation ausländischer Waldbäume in Deutschland, 1882, S. 2, 4–18, 19, 122 u. 123. – Heß, Lebensbilder hervorragender Forstmänner etc. 1885, S. 394. – Privatmittheilungen.