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ADB:Wanhal, Johann

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Artikel „Wanhal, Johann“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 156–157, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wanhal,_Johann&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 23:09 Uhr UTC)
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Wanhal: Johann W. (Vanhal, Van Hal), ein im 18. Jahrhundert und bis weit ins 19. hinein geschätzter und viel gespielter Componist, geboren am 12. Mai 1739 zu Nechanicz in Böhmen von armen leibeigenen Eltern, † am 26. August 1813 zu Wien. Er besuchte zu Mascherdorf die Schule und erhielt auch Musikunterricht, der beste Lehrmeister aber, wie er selbst sagt, war der an seinem Geburtsorte lehrende Musiker Anton Erban, unter dessen Leitung er es besonders im Orgelspielen soweit brachte, daß er im Alter von 18 Jahren schon den Organistenposten zu Opotschna erhielt und bald darauf im Städtchen Niemtschowes als Regens chori angestellt wurde. Auch als Violinist suchte er sich auszubilden, fand aber besondere Aufmerksamkeit durch seine ersten Versuche in der Composition, wodurch die Gräfin Schaffgotsch auf ihn aufmerksam wurde und ihm die Mittel gab im J. 1760 nach Wien zu gehen um sich weiter auszubilden. Er erhielt einen gewissen Schleger zum Lehrer, mit dessen Methode er sich aber nicht befreunden konnte, so daß er sich durch das Studium guter Meister selbst fortbildete. Bald wurde er ein gesuchter Musiklehrer in Wien und erübrigte soviel, daß er sich bei seiner Herrschaft als Leibeigner loskaufen konnte. Jetzt stand ihm die ganze Welt offen und der Zug der Zeit trieb ihn nach Italien, wozu ihm der Freiherr v. Risch die Mittel gab. Zu Rom traf er mit Florian Gaßmann zusammen, zu dessen Opern er einige Arien schrieb und nach Verlauf von zwei Jahren mit ihm nach Wien zurückkehrte. Hier verfiel er in eine Geisteskrankheit, von der er aber bald genas und nun als Componist sich so hervorthat, daß er zu den damals beliebtesten gehörte. Burney berichtet in seinem Tagebuch über Deutschland, daß er W. in Wien aufsuchte, da er den Mann kennen lernen wollte, der so vorzügliche Werke schrieb und war erstaunt, den Mann, dessen Werke die ganze Welt bewundert, in einer Dachkammer zu finden. W. schrieb mit großer Leichtigkeit und brachte es zu einer erstaunlich großen Productivität. Obgleich aber seine Werke nicht nur in Deutschland, sondern in Frankreich und England zu den gesuchtesten gehörten, mußte er des Broterwerbs halber Musikunterricht ertheilen und zugleich für die Schüler die Schulwerke anfertigen, an denen es zu der Zeit noch mangelte. Man kann daraus schließen, wie schlecht der Componist von den Verlegern bezahlt wurde und in wie erschreckender Weise der Nachdruck – die Raubritter des 18. Jahrhunderts – im Schwunge war. Selbst ein Abschreiber verdiente mehr als der Componist, wie schon Mozart klagte. Dlabacz, der Verfasser des böhmischen Künstlerlexikons, lernte ihn im J. 1795 in Wien kennen und verkehrte viel mit ihm. Er schreibt: „ich fand nicht nur einen großen Tonkünstler, sondern auch einen eifrigen Christen, wahren Patrioten, edlen und warmen Freund und einen zärtlichen Vater der leidenden Menschheit“. Derselbe gibt auch ein Verzeichniß von 98 Nummern, deren jede oft aus zahlreichen Compositionen besteht, so Nr. 1: 100 Symphonien, 2: 100 Quartette, 3: 25 große und kleine Messen u. s. f., darunter auch ein Oratorium, die Oper „Demofoonte“ u. a. Noch in der Zeit von 1840 wurden die Clavierschüler mit Wanhal’schen Compositionen reichlich gefüttert, bis sich nach und nach die Classiker Bahn brachen, denn Mozart und Beethoven gehörten damals in den niederen Regionen des Musiklebens noch zu den Meistern, die man wol dem Namen nach kannte, deren Werken man aber lieber aus dem Wege ging. Man findet übrigens W. auf unseren öffentlichen Staatsbibliotheken noch sehr reichlich vertreten. Seine musikalische Ausdrucksweise unterscheidet sich in keiner Weise von der seiner Collegen: ohne tieferen Inhalt tändelt er von Melodiechen zu Melodiechen, oder auch nur allgemeinen musikalischen Redensarten. Es herrscht aber ein gewisser lebhafter Zug darin, wie er auch Dittersdorf eigen ist, der sich in Formengewandtheit und einer fließenden Ausdrucksweise kund gibt und dem damaligen Publicum Genüge leistete.

[157] Dlabacz’ Künstler-Lexikon. – Gerber’s beide Lexika.