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ADB:Weller, Theodor Leopold

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Artikel „Weller, Theodor Leopold“ von Ludwig Nieser in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 678–680, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Weller,_Theodor_Leopold&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 21:52 Uhr UTC)
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Band 41 (1896), S. 678–680 (Quelle).
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Weller: Theodor Leopold W., Maler, geboren zu Mannheim am 29. Mai 1802, † ebenda am 10. December 1880. Er war der zweite Sohn des kurfürstlichen Kanzleiraths Franz W. und seiner Gattin Johanna, einer Tochter des Hofraths Lamey. Nach dem Wunsche des Vaters sollte er die Rechte studiren und wurde dazu auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt vorgebildet. Seine sich frühe kundgebende Begabung für die Kunst bewog den Vater seinem Wunsche, sich der Malerei zu widmen, nachzugeben. 1818 bezog W. die Münchener Kunstakademie, wo er sich durch Fleiß und ernstes Studium die besondere Gunst Langer’s, des damaligen Directors (s. A. D. B. XVII, 678) erwarb. Dessen trockene akademische Richtung sagte freilich dem frischen lebensfrohen Künstler keineswegs zu; ebensowenig vermochte ihn der Genius des Cornelius, der 1819 nach München kam, um seine Fresken für die Glyptothek zu schaffen, dauernd an die damals aufblühende und alles beherrschende Historienmalerei zu fesseln. Es war vielmehr die damals völlig stiefmütterlich behandelte Schilderung des Volkslebens, zu der seine Liebe zur Natur ihn hinzog. Aus dem Kreise seiner Münchener Genossen gingen nur zwei mit ihm desselben Weges, der Altonaer Ernst Meyer[WS 1] und Heinrich Bürkel (s. A. D. B. III, 623), wobei sie sich freilich ohne akademische Hülfe zurecht finden mußten. Im Herbst 1825 begab sich W. mit seinem Landsmann und Freunde, dem trefflichen Landschafter Ernst Fries (s. A. D. B. VIII, 72) über die Alpen, um in Rom das günstigste und fruchtbarste Feld für seine Entwicklung und Thätigkeit zu finden. Von der dortigen Künstlercolonie Reinicke, Ottmann, Preller, Aug. Riedel, [679] Jacobs u. A. freundschaftlich aufgenommen, wußte er sich rasch einen geachteten Namen in der Kunstwelt zu erringen. Seine schlichten farbenfrohen Schilderungen des italienischen Volkslebens fanden Anklang und Käufer, und als er 1828 seine „Gauklerbande vor dem Marcellus-Theater“ (Kopenhagener Königliche Galerie) auf dem Capitol zur Ausstellung brachte, hatte er sich einen unbestritten hohen Platz unter den römischen Künstlern erobert. In rascher Folge kam nun Auftrag auf Auftrag für Fürsten, Kunstfreunde, Künstler und Kunsthändler. Bei Weller’s sorgfältiger Malweise, in der er sich Peter Heß zum Vorbild gewählt hatte, bedurfte es seiner angestrengtesten Thätigkeit um allem zu genügen. Daneben füllten sich seine Mappen und Skizzenbücher auf Wanderungen, die sich von Rom aus bis nach Neapel hinunter erstreckten, mit hunderten köstlicher landschaftlicher und figürlicher Charakterskizzen, die einen unerschöpflichen Stoff für immer neue Darstellungen italienischen Lebens boten. Viele dieser Bilder haben längst ihren Ehrenplatz in deutschen und ausländischen Galerien gefunden. So die heimkehrenden Landleute im Cyclopenthor von Segni (Münchener neue Pinakothek), der vielfach variirte „Sonntag Morgen“ (von Bildhauer Rauch angekauft); „der improvisirende Schuster“ (Schloß Rosenstein bei Stuttgart); „Die Mutter mit den Kindern in der Weinlaube“ (1828 vom damaligen Prinzen Wilhelm von Preußen erworben); „Der Bettelmönch von einer ländlichen Familie bewirthet“ (ward von Leo v. Klenze gekauft). Daß hervorragende Künstler seine Bilder abnahmen, gewährte dem Künstler begreifliche Genugthuung. 1833 kehrte W. vorübergehend in seine Vaterstadt Mannheim zurück und besuchte von hier aus Düsseldorf und Paris; hier entstand „die Wahrsagerin“ (Karlsruher Kunsthalle) und „die Italienerin ihren gefangenen Mann am Gefängnißfenster besuchend“ (jetzt mit der Galerie Wagner in der Berliner Galerie), das durch Stich und Lithographie so weit verbreitete Bild. 1836 verheirathete sich W. mit Clara Mohr, der Tochter eines aus Italien stammenden Kaufmanns, dessen ursprünglicher Name del Moro war und ließ sich nun in München nieder. Durch die lange Reihe seiner Bilder hatte er sich zu einem der bedeutendsten Genremaler emporgearbeitet. Bisher hatte er seine Werke mit einem Monogramm bezeichnet, von jetzt an zeichnete er sie im Vollbewußtsein seiner Bedeutung mit seinem ganzen Namen.

Zwei Söhne hatte die junge Gattin ihm geschenkt als er 1839 wieder über die Alpen in das Land seiner Sehnsucht hinabzog, dessen Schönheit die rege Künstlerphantasie zu immer neuen Schöpfungen begeisterte. Dem liebenswürdigen Volke in seiner Schlichtheit, Harmlosigkeit und Grazie weiß er immer wechselnde Züge abzulauschen. In immer wachsender Zahl wanderten während der nun folgenden schaffensfreudigen Zeit bis 1848 seine Bilder durch alle Lande, ohne daß er sich doch dadurch verlocken ließ in der gewissenhaft sorgfältigen Ausführung nachzulassen. Eines seiner umfangreichsten Gemälde, den „Carneval von Rom“ (Sammlung des Kunstvereins im Mannheimer Schloß) brachte er im Frühjahr 1848 mit, als ihn neben den politischen Unruhen der Wunsch seinen Kindern eine gediegene deutsche Erziehung zu geben in die Vaterstadt zurückführte. Schon früher war er zum Großherzoglich badischen Hofmaler ernannt; 1851 wurde er zum Director der Mannheimer Galerie berufen. Mit der ihm eigenen Gewissenhaftigkeit kam er den Pflichten auch dieser neuen Stellung nach, ordnete und katalogisirte die ihm anvertrauten Sammlungen der Galerie und des Kupferstichcabinets aufs sorgfältigste. Daneben fand der rastlos thätige Mann noch Zeit im Kunstverein seiner Vaterstadt, dessen Vorstand und zuletzt Conservator er 23 Jahre lang war, eine fruchtbare Thätigkeit zu üben. Auch an seiner Staffelei blieb er noch lange im rüstigen Schaffenstrieb thätig, bis allmählich Auge und Hand die gewohnten Dienste versagten. Ein von ihm selbst allerdings [680] nur aus der Erinnerung niedergeschriebenes chronologisches Verzeichniß seiner Arbeiten, welches sich im Besitz der Familie befindet, weist 124 Nummern auf. Von seinen Mitbürgern hochgeachtet und seines makellos freundlichen Charakters wegen allgemein geliebt, von seinem Fürsten auch mit äußeren Zeichen seiner Gunst geehrt, bei seinen Kunstgenossen durch sein neidloses und stets hülfsbereites Wesen hochgeschätzt, starb er am 10. December 1880, einem Schlagfluß erliegend, der ihn 36 Stunden zuvor in einer Kunstsitzung betroffen hatte. Mit der Wittwe überlebten ihn zwei Söhne in angesehener Lebensstellung und zwei Töchter. Ueber seine Bedeutung als Künstler sagt Nagler (Lex. XXI, 474): „in seinen Bildern erfaßte W. das Leben von seiner liebenswürdigen, naiven Seite und entwickelte ein hervorragendes Talent für idyllische Darstellung. Seine Gestalten bewegen sich in mäßiger Freude oder geben sich gemüthlicher Ruhe hin. Er weiß wol auch das Gemüth zu rühren, ist aber ebensofern von pikantem Witz, wie von erschütternder Tragik. Stets hält er die liebenswürdige Mitte, ohne der psychologischen Wahrheit der Darstellung zu ermangeln. Sein edler Sinn bewahrte ihn vor dem Trivialen und Gemeinen. Einen besonderen Reiz verleiht seinen Bildern die blühende lebenswarme Färbung und die ungekünstelte Meisterschaft des Vortrags. Man hat mehrfach zwischen W. und Leopold Robert[WS 2], dessen Blüthezeit ja in Weller’s ersten Aufenthalt in Rom fällt, eine Parallele gezogen. Einmal hat auch W. thatsächlich und wie mir scheint glücklich mit Robert rivalisirt, da er 1838 für einen Straßburger Kunstfreund als Pendant eines Robert’schen Bildes eine neapolitanische Fischerfamilie zu malen hatte. Allein wenn auch beiden die Lust an der Farbenpracht des Südens und der südländischen Typen gemeinschaftlich ist, so liegt doch die Bedeutung Robert’s, wie der Aesthetiker Vischer zutreffend sagt darin, daß er in großartiger Weise die Wirkung des Genres bis zur Wirkung des Heroischen und Historischen erhöht hat, während W. seinerseits streng die Grenzen des Sittenbildes festgehalten; andererseits ist bei vielfacher Aehnlichkeit der Vortragsweise doch der Charakter der Auffassung bei beiden grundverschieden: bei W. ist die gesunde, heitere, fast optimistische Grundstimmung vorherrschend, wogegen die Bilder Robert’s unverkennbar den Zug der Melancholie verrathen, welche den mitten in seinen Triumphen an der Welt und seiner Kunst Verzweifelnden zum Selbstmord trieb! Die Nachwelt, wenn sie W. auch nicht mehr mit den Augen seiner eigenen Zeit betrachtet, wird ihm doch immer das Verdienst zusprechen, daß er zu den Begründern der neuen deutschen Genremalerei gehört und sie wird ihn stets zu den bedeutendsten Vertretern der älteren Münchener Schule zählen.

Nach Aufzeichnungen der Familie.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Ernst Meyer (1797-1861), Genremaler.
  2. Louis Léopold Robert, (1794-1835), Schweizer Maler.