Zum Inhalt springen

ADB:Wernher (Priester)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wernher“ von Otto Maußer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 55 (1910), S. 48–53, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wernher_(Priester)&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 19:34 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 55 (1910), S. 48–53 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Wernher (Priester) in der Wikipedia
Wernher in Wikidata
GND-Nummer 118806734
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|55|48|53|Wernher|Otto Maußer|ADB:Wernher (Priester)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118806734}}    

Wernher, Priester, fälschlich zubenannt „von Tegernsee“, geistlicher Epiker des zwölften Jahrhunderts. Priester W., der Verfasser eines Marienlebens, der driu liet von der maget, ist unter den Händen der fundfrohen Germanisten der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts zu einer geradezu mythischen Persönlichkeit geworden. Die biographischen Daten und Anhaltspunkte, die er uns selbst in seinem Werk hinterlassen hat, wurden in ein litterarhistorisches Märchen hineinverwirrt, wie es selbstherrlicher und phantasievoller in der Geschichte der Philologie kaum erdichtet werden konnte. Ein Wernher „von Tegernsee“ hat nie existiert. Die Familia St. Quirini kennt 15 „Berenher“ und 2 „Werenher“, für die sich kaum annähernde Jahrhundertdaten mit voller Sicherheit feststellen lassen, sie zählt einen 1042 als lebend nachweisbaren Werinheri minorista, einen Wernher Anaglypha (1068 bis 1091), im 12. Jahrhundert aber den für das Kloster vielbesorgten Presbyter Werinher Camerarius et Custos, geboren in Fünsingen (Fünsing), † am 23. Juli 1199, und den für den Priester Wernher so verhängnißvollen Presbyter Werinher Scholasticus, noch 1197 am Leben, am 13. Juni eines nicht bestimmbaren Jahres des 12. Jahrhunderts verstorben. Wernher Scholasticus, über dessen Herkunft nichts bekannt ist, hält als Vorstand der Schule in Tegernsee auf Reinheit der lateinischen Sprache und empfiehlt als Vorbild nur die alten Classiker. Die „Formulae Epistolarum“ warnen vor den Barbarismen und dem üblen Latein eines gewissen Alberikus. Er ist ferner der Gründer eines botanischen Gartens in Tegernsee. Unter seinen litterarischen Nachlaß glaubt P. Pirmin Lindner stellen zu dürfen die beiden Briefe: Ad R. Priorem Tegerns., cur ad monasterium redire nequeat und Ad Conradum abbatem Tegerns., de beneficiis ab eo impensis und die lateinische Briefsammlung im cod. lat. mon. 19411, wovon W. Wattenbach im Neuen Archiv 17 (1892), S. 31 ff. eine genaue Beschreibung gibt. Der strikte, nach allen Seiten fest verankerte Beweis, daß die Briefe, die von mancher Seite, vielleicht nur die Liebesepisteln ausgenommen, nicht als wirkliche Briefe, sondern nur als Musterbriefe nach italienischem Muster anerkannt werden, wirklich von Wernher Scholasticus verfaßt sind, läßt sich nicht führen. Lindner ist der Meinung, daß Werinher Scholasticus mit großer Wahrscheinlichkeit der Autor der Quirinalia des sog. Metellus sei: auch dafür läßt sich keine allgemeine zweifelsfreie Uebereinstimmung erzielen. Immerhin sind wenigsten die Quirinalia dem Priester Wernher „von Tegernsee“ nie zugeschrieben worden. Die dem Scholasticus zugewiesene Passio S. Quirini stammt von dem Mönch Heinrich. Endlich hat Werinher Scholasticus seinem Kloster Dienste als Schreiber geleistet: die cod. lat. mon. 18 523 b, 18 527 a, 18 646, 27 145 rühren von seiner Hand, angeblich auch der Epistolarcodex clm. 19 411. Bei der Häufigkeit des Namens Wernher, der Gefährlichkeit, den Schreiber einer Handschrift, selbst wenn er sich mit Sicherheit in einer bestimmten Person feststellen läßt, mit dem Autor der darin geborgenen Stücke zu identificiren, angesichts der durch Lindner festgestellten Thatsache, daß „erst seit dem Ende des XVI. Jahrhunderts die Tegernseer Mönche vollständig nach dem Zeitpunkt ihrer Profeß verzeichnet werden, können schon für die Zuweisung bestimmter Werke an Werinher Scholasticus nicht alle Zweifel für erledigt gelten. Eine Localisirung des Dichters des Marienlebens, des Priesters Wernher, und eine Identification mit eben jenem Scholasticus und seinen wirklichen oder angenommenen Werken entbehrt jeder Grundlage.

[49] Trotzdem wurde diese Identification vorgenommen und vor allem durch Günthner ins Märchenhaft-romantische gesteigert, hat Fr. Wilh. Oetter nach Holland’s scharfem Wort „den Unsinn in die gelehrte Welt gebracht“, der Verfasser habe Wernher von Tegernsee geheißen. Kein Tegernseer Mönch Wernher hat jemals historisch den Zunamen „von Tegernsee“ getragen, er ist lediglich das Ergebniß moderner Phantasie. Die Gleichsetzung des Scholasticus mit dem Autor des Marienlebens glaubte Docen dadurch rechtfertigen zu können, daß er in dem dem Tegernseer Schulvorstand zugetheilten Epistolarcodex clm. 19 411 und in dem Münchener Fragment des deutschen Epos (B) ein und dieselbe Hand, ein Autograph „Wernher’s von Tegernsee“ constatiren zu können meinte. Eine weitere Stütze ergab die grundverkehrte Interpretation des V. 1140, die Beziehung auf Wernher statt auf seine Quelle. Franz Kugler colportirte und mehrte die Irrthümer sorgfältig.

So entstand der „litterarhistorische Mythos“ von Wernher von Tegernsee. Da stammt der Epistolarcodex von ihm, sind die lateinischen Liebesbriefe besonders von ihm oder an ihn gerichtet, die in Lachmann’s Minnesangs Frühling (4. Ausg. S. 221 ff.) gedruckt stehn, rühmt man ihn als Verfasser der feinen Verse „Ich bin dîn, du bist mîn“ (a. a. O. und früher), als Dichter des an glücklicher Onomatopoiie der Thierstimmen sich freuenden, nach der Philomela des Albus Ovidius Juventinus gebildeten Carmen vernale (Jam uernali tempore! terra uiret germine!) [edirt von W. Wackernagel, Voces variae animantium, Basel 1869², S. 44 ff.], als den wirkungsvollen Dramatiker des „Ludus de Antechristo“, vor 1161/63 verfaßt. Alles unbewiesene, unbeweisbare Dinge. Besonders der Dichter des Ludus ist ein Anonymus, ein „Geistlicher“, „ein Freund weltlicher Prälaten“ (vgl. Wilh. Meyer aus Speyer, Gesammelte Abhandlungen zur mittellateinischen Rhythmik I, 149, Berlin 1905, auch Creizenach, Geschichte des neueren Dramas I, 79 ff., Halle 1893), keineswegs aber der Verfasser des Marienlebens, der Pseudomönch von Tegernsee. Die Rhythmomachia, eine Art Poetik, sollte von ihm rühren, ein Commentar zu Vergil’s Georgica und Macrob wird mit ihm in Verbindung gebracht, eine treffliche Hand schreibt er, auch zur Kunst der Antike soll er ein ganz unmittelalterliches Verhältniß gewonnen haben, er erscheint geradezu als Vorläufer des Humanismus (s. o.). Er ist Botaniker und Schöpfer der botanischen Gärten in Tegernsee und Benediktbeuren, als ihn das Alter drückte, er mehrt die Bibliothek in Tegernsee, schreibt Tintenrecepte, hat staats- und weltmännische Qualitäten, besonders im Verkehr mit Damen, er ist Maler, nach Originalen von seiner Hand sind die 85 Illustrationen der Berliner Handschrift D copirt, er ist Geograph, der Schöpfer der Tabula Peutingeriana und noch weiterer, in die Liebesbriefe verflochtener deutscher Verse. Ein romanhaftes Universalgenie, das nie existirt hat, das Kugler überdies zu einem autobiographischen Roman „Werner von Tegernsee. Ein Bericht aus dem Klosterleben des 12. Jahrhunderts“ verleitet hat, worin von dem tüchtigen Regisseur, dem Dramatiker und reuevollen Marienepiker, dem Maler und Humanisten, dem Minneritter in der Kutte und der verführerischen Gräfin Lauretta aus Provencerland gebührend die Rede ist (Belletristische Schriften, Band 7, Erzählungen, Stuttgart 1852, S. 1 ff.). Alfred Meißner hat daraufhin ein Epos „Werinherus“ geschaffen (Sämmtliche Werke XVIII, 1872). Kugler hat in seiner Berliner Dissertation auch die Behauptung aufgestellt, Wernher sei von früher Kinderzeit an im Tegernseer Kloster erzogen worden.

Mit allen diesen Dingen hat Wernher nicht das mindeste zu thun. Es [50] gibt keinen Wernher von Tegernsee, wohl aber einen „priester Wernhêr“, einen Weltpriester, keinen Mönch, wie er sich selber v. 1135 seines Werkes bezeichnet:

Der priester heizzet Wernhêr (: sêr)
der des liedes began

(cf. weiter v. 4809 ff.). Er hat uns mit einer seltenen Genauigkeit über Zeit und Umstände der Entstehung seines einzigen Werkes, des Marienlebens, unterrichtet. Im J. 1172 ist die Dichtung entstanden, dreizehn Jahre nach Ausbruch des Schismas, da Papst Alexander III. in Bedrängniß war (1159), zur Zeit des Polenfeldzugs Friedrich’s I.,

dô er zwei und zweinzec iâr
was gewesen keiser

(4809 ff.). Damals

wurden diu liet alliu driu
volbrâht von der maget

(4870). Ein Priester Manegold war die unmittelbare Veranlassung zu seinem Werk, der ihn in sein Haus lud, ihm alle Unterstützung zur Vollendung angedeihen ließ, ihm hinsichtlich des Quellenmaterials an die Hand ging (v. 4820 ff.). Man hat an den 25. Abt Tegernsees, Manegold de Berg, de Monte, aus dem Geschlecht der schwäbischen Grafen von Berg gedacht, seit 1189 Abt von Tegernsee, früher in Kremsmünster, seit 1206 Bischof von Passau, † am 9. Juni 1215, eine Annahme, die nicht vertheidigt werden kann, selbst wenn man, wie Feifalik, einen Wernherus capellanus ad a. 1173 in einer Passauer Urkunde des Bischofs Dietbold von Berg und Bruders jenes Manegold nachweisen kann. Für keinen Fall wäre hieraus ein Wernher von Tegernsee, eher noch ein ebenso unhaltbarer „Wernher von Passau“ zu erschließen. Am ehesten käme noch, wie auch Kochendörffer und Friedrich Vogt für möglich halten, der von Greiff nachgewiesene Senior, d. h. Pfarrer Manegold der Gemeinde zu St. Ulrich in Augsburg, der mit dem gleichnamigen Stift verbundenen Pfarrei, der 1182 Abt des durch seine Schreibschule neben Tegernsee berühmten Klosters wurde, in Betracht. Zudem tritt in einer Augsburger Urkunde von 1180 zu einem Streitfall zwischen den Klöstern St. Ulrich und St. Georgen ein Wernherus presbyter maioris ecclesiae Augustensis auf, wonach Wernher dem Domcapitel Augsburg zugehört haben könnte. Jedenfalls wäre auch dieser Manegold ein Mann von gleich vornehmer Qualität, von den nämlichen materiellen Machtmitteln und geistigen Interessen, wie sie der von Wernher charakterisirte Gönner zu eigen gehabt haben muß. Dazu kommt, daß gerade der Augsburger Episcopat und die Aebte von St. Ulrich sich die Propagirung und Feier der von Wernher so gepriesenen Immaculata conceptio besonders angelegen sein ließen.

Für jeden Fall ist hiefür auch mit der Sprache, der phonetischen Qualität der Reime Wernher’s zu rechnen. Und die weisen nach Bartsch, Edw. Schröder, Kochendörffer, Zwieržina und meinen eigenen Studien mit aller Bestimmtheit von Tegernsee als Geburts- oder Erziehungstätte Wernher’s (Kugler), überhaupt von dem inneren Baiern fort, also auch von Passau weg: die Heimath Wernher’s, dieses zu allem hinzu mit Wernher dem Gartenære, Wernher vom Niederrhein und Wernher dem Schweizer Verwechselten, kann nur ein bairisch-schwäbisch-fränkisches Grenzgebiet sein, das schon sehr bedeutsame fränkische Influenz aufweist. Zweifellos basirt Wernher’s Sprache auf dem Bairischen, wozu sich schwäbische und in erster Linie ausgeprägt fränkische Spracheigenthümlichkeiten ganz organisch, der Natur eines Grenzbezirks gemäß, gesellen. Bestimmteres – jedenfalls ist die Heimath des Wirnt von Gravenberc [51] ausgeschlossen – läßt sich kaum ermitteln. Ein genau fixirter Heimathsort ist so wenig wie nur eine Spur von Wernher’s Geburts- und Todesjahr zu ermitteln. Heimathsort Wernher’s kann Augsburg nicht gewesen sein, sehr wohl möglich ist aber nach Wernher’s eigenen Worten eine Berufung nach Augsburg. In diesem Sinne kann Edw. Schröder Wernher für „die schwäbisch-augsburgische Litteratur“ in Anspruch nehmen. Den Dichter an den Mittelrhein zu setzen, wie Bruinier thut, ist eine Unmöglichkeit, ebenso, wie wenn er Manegold zum „Präposituts einer Margarethenkirche“ macht. Völlig unannehmbar ist der Versuch Bruinier’s, eine Mitarbeiterschaft Manegold’s wahrscheinlich zu machen, der gerade die ihm weniger gut scheinenden Theile der Dichtung zufielen.

Wernher trägt vielmehr nach allen Seiten eine sehr große Selbständigkeit zur Schau, die sich am genauesten in der geschmackvoll, mit sicherem dichterischen Instinct auswählenden Behandlung der wieder mit litterarhistorischer Genauigkeit von ihm angegebenen Hauptquelle (v. 77–133, 170 ff., 1138–48, 2733, 177–189), dem apokryphen Evangelium des Pseudomatthäus, dem Liber de infantia sanctae Mariae et Christi Salvatoris kundgibt. Diese vielbenutzte Quelle hat noch bis ins 14. und 15. Jahrhundert ihre Kraft bewahrt, Michel Beham hat sie benutzt und der Mystiker Marquard von Lindau hat für seine reizvolle Darstellung des Tagewerks, der Umgebung Mariens in seinem Dekalogwerk (handschriftlich z. B. München cgm. 506. 234 etc.) aus ihr geschöpft. Daneben kommen das Lukasevangelium und vielleicht noch der eine oder andere Fundort in Kleinigkeiten in Betracht. Hinter allem aber steht ein ganzer Dichter, der frisch darzustellen, eindringlich zu mahnen, von hitziger Wundersucht sich freizuhalten und in allem einen angenehmen, den orientalisch-christlichen Vorgang in die gemüthliche Behaglichkeit deutsch-mittelalterlichen Lebens rückenden Realismus festzuhalten versteht. So gehören „die driu liet von der maget“, wie Wernher selbst sein Werk benennt (2505. 4809 ff.), zum reizvollsten der geistlichen Poesie des 12. Jahrhunderts. Die altdeutsche Mädchenarbeitsstube, in der Maria spinnt und stickt, die Gespielinnen sich gerne von der Bearbeitung „des rûhen hars“ drücken möchten, die Dienstbotenscene in Anna’s Haus mit der spitzigen, patzigen Magd, die der Herrin ihr Mißgeschick in der Ehe boshaft vorwirft, die kostbare Ueberraschung, als Joseph die unberührte Maria infolge der mit vielem Liebreiz geschilderten Beschattung durch den hl. Geist schwanger vor sich sieht – er ist gerade von Schiffsreparaturarbeiten bei fremden Fürsten heimgekehrt –, energisch von den Gefährtinnen im Hause Aufklärung verlangt und allen Reden der unwissenden Mädchen gegenüber erklärt, in dem Falle lasse er sich nichts vormachen, der die Jungfrau besuchende Engel sei natürlich ein Mann aus der Stadt gewesen, sind dichterische Werthe, die wir in unserer Litteratur nicht missen möchten. Neben der großen culturgeschichtlichen Bedeutung als Document der Entwicklung des Mariencults – Greiff will sie sogar in bewußter Opposition gegen die von Clairvaux ausgehende, die unbefleckte Empfängniß befehdende Bewegung abgefaßt wissen – eignet diesen drei, vielleicht von dem Predigtschema der Zeit beeinflußten Liedern von Joachim und Anna und Mariens wundersamer Geburt (I), von der Erziehung und Vermählung des auserwählten Mädchens (II) und der verfolgten und gehetzten Gottesgebärerin (III) mit Ausblick auf das Wunderleben Christi bei der alterthümlichen Sprachform, den vielen Assonanzen und dem dipodischen, nun vor den Thoren der neuen, höfischen Zeit noch auf die Zweihebigkeit des alten Alliterationsverses basirten Versbau eine hohe Bedeutung für die Geschichte unserer Sprache und Metrik. Für die Volkskunde sind sie fast unverwerthet.

[52] Das Gedicht, dessen Lectüre vor allem den Frauen ans Herz gelegt wird, denen es in Kindesnöthen hilft, muß viel verbreitet gewesen sein. Annähernd vollständig bringen es eine Wiener Handschrift (A), von Feifalik edirt [Des Priesters Wernher driu liet von der maget, Wien 1860], und eine noch dem 12. Jahrhundert zugehörende Fassung D, nun in Berlin, inhaltlich und rhythmisch den Anforderungen der höfischen Gesellschaft gemäß überarbeitet und wie die 2., jüngere Umarbeitung A gekürzt, immerhin aber in vielem verlässiger, namentlich im Reim, als dieses. D muß dem Dialekt Wernher’s sehr nahe gestanden haben. Die ursprüngliche Fassung liegt am wenigsten ungetrübt in einer fragmentarischen Augsburger, Münchener, Nürnberger und vor allem einer Heidelberg-Karlsruher, wohl in der Nähe Nürnbergs oder dort selbst geschriebenen Fassung C vor, die Bartsch in seinen Beiträgen zur Quellenkunde (Straßburg 1886, S. 6 ff.), Mone im Anzeiger für Kunde des deutschen Mittelalters VII (1837), S. 156 ff., Keinz in den Münchener Sitzungsberichten (1869) II, 295 ff. veröffentlicht haben. D wurde von Oetter (Nürnberg und Altorf 1802) edirt, ein 2. Mal in Hoffmann’s Fundgruben II, 145 ff. Das Handschriftenverhältniß wurde bis auf Bartsch und Greiff gründlich verkannt, von Bruinier noch in neuester Zeit. Wie der fehlende kritische Text zu gewinnen ist, hat Bartsch, Kochendörffer, vor allem Eduard Sievers (s. u.) gezeigt. Bemerkenswerth ist, daß keine der Handschriften aus Tegernsee stammt, was zu dem Wernher „von Tegernsee“ übel paßt. Besonders möchte ich noch die Fabelei Bruinier’s abweisen, die Bearbeitung D stamme von einer Frau.

Außer den schon genannten Ausgaben vgl. zu den Augsb.-Fragmenten Greiff, Germania VII (1862), 305 ff., zu den Abdrücken der kleineren Fragmente am besten Dr. Paul Piper, Die geistliche Dichtung des Mittelalters (Kürschners Dtsche. Nationallit. III, 1) 1888, S. 249 ff. – Goedeke I², 41 ff.; a. a. O. auch eine Uebersetzung ins Nhd. – Zur apokryphen[WS 1] Wernher-Litteratur: a) Ludus: Texte von Pez, Thesaurus anecdot. nov. T. II, p. III 186 ff. – G. v. Zezschwitz, Vom römischen Kaiserthum deutscher Nation, S. 213 ff. Leipzig 1877. – R. Froning (Kürschners Nationallit. 14, 199 ff.) – am besten bei Meyer, s. o. – b) Epistolarcodex: Pez, a. a. O. – Minnesangs Frühling4 (1888), S. 221 ff. – Biographisches und Litterargeschichtliches: die im Text und oben angeführten Werke. Ferner: Oberbayr. Archiv I (1839), 15 ff. (Joseph v. Hefner), L (1897), 18 ff. (P. Pirmin Lindner, Familia S. Quirini in Tegernsee). – P. Pirmin Lindner, Monasticon Metropolis Salzburgensis. Salzburg 1908. – Conradus Eubel, Hierarchia catholica medii aevi, s. v. Münster 1898. – Gams, Series episcoporum. Regensb. 1873, s. v.Dr. Rob. Reinsch, Die Pseudoevangelien von Jesu und Maria’s Kindheit in der rom. und germ. Literatur. Halle 1879. – Zeitschrift für deutsches Alterthum 32 (1888), 387 ff. (Traube), 45 (1901), 43 A. 3 (Zwieržina). – Schade, Liber de infantia Mariae et Christi salvatoris. Königsberg 1869, S. 7 ff. Riezler, Geschichte Baierns I, 811 ff. Gotha 1878. – Germania 6 (1861), 117 (Bartsch). – Göttingische Gelehrte Anzeigen 1884, Bd. II, 569 (Edw. Schröder). – Scherer, Geschichte d. deutschen Dichtung im 11. u. 12. Jahrh. Straßburg 1875 (Quellen u. Forschungen 12). – J. W. Bruinier, Krit. Studien zu Wernher’s Marienliedern. Greifswald 1890. – Steinhäuser, Wernher’s Marienleben in seinem Verhältniß zum „liber de infantia“. Berlin 1890 (beide Diss.; vgl. dazu Archiv für das Studium der neueren Sprachen 85. Bd. (1892), S. 320 (Weinhold), Litteraturblatt für german. u. roman. Philologie 1892, Sp. 147 ff. (John Meyer), Deutsche Literaturzeitung [53] 1892, Nr. 39 (S. Singer), und vor allem Anzeiger der Zeitschrift f. dtsch. Alterthum XIX (1893), 137 ff. (K. Kochendörffer). – Ed. Sievers, Zu Wernher’s Marienliedern (Festgabe f. Rud. Hildebrand, Leipzig 1894, S. 11 ff.) – Günthner, Geschichte der lit. Anstalten in Bayern I, München 1810; ders. in Westenrieders Beiträgen N. F. I, 156 f. – Franz Kugler, De Werinhero saeculi XII monacho Tegernseensi. Berlin 1831 (Diss.), ders., Kleine Schriften I, 12 ff. – H. Holland, Geschichte der altdeutschen Dichtkunst in Bayern, S. 367 ff. Regensburg 1862. – Weitere Litteratur an den angegebenen Stellen, über Wernher im 18. Jahrhundert Oetter’s und Freifalik’s Einleitungen zu ihren Ausgaben. – Uebersetzungen des Ludus von Zezschwitz und Widde: s. Goedeke, Grundriß² I, 200 f. – Friedrich Vogt in Paul’s Grundriß der german. Philologie II².


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: apykryphen