Zum Inhalt springen

ADB:Westermann, Georg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Westermann, George“ von Paul Zimmermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 184–186, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Westermann,_Georg&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 12:08 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Westerburg, Gerhard
Nächster>>>
Westermann, Johann
Band 42 (1897), S. 184–186 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
George Westermann in der Wikipedia
George Westermann in Wikidata
GND-Nummer 118767496
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|42|184|186|Westermann, George|Paul Zimmermann|ADB:Westermann, Georg}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118767496}}    

Westermann: George W., Verlagsbuchhändler, † 1879, wurde geboren in Leipzig am 23. Februar 1810. Sein Vater Heinrich C. C. W., † 1835, war ein künstlerisch gebildeter Goldschmied und auch seine Mutter, Josepha Karoline Schönkopf, † 1864, stammte von einem solchen ab. Wie sein älterer Bruder, Anton, welcher Professor der Philologie wurde, erhielt auch George W. eine sorgfältige Erziehung, bei der auch der Sinn für Kunst und Litteratur früh geweckt wurde. Er besuchte das Gymnasium in Freiberg und trat dann, da er Buchhändler werden wollte, am 8. Juli 1827 bei der Vieweg’schen Buchhandlung in Braunschweig in die Lehre. Hier nahm sich sein Chef Friedrich Vieweg, der Schwiegersohn J. H. Campe’s, der an dem strebsamen Jünglinge Gefallen fand, seiner mit besonderer Fürsorge und Liebe an. W. brachte daher seine ganze Lehrzeit in Braunschweig zu und sah sich dann zu weiterer Ausbildung in anderen Buchhandlungen um, so u. a. in den damals besonders hervorragenden Geschäften von Bornträger in Königsberg, Barth in Leipzig, Perthes, Besser und Mauke in Hamburg. Nachdem er darauf zu demselben Zwecke, sowie zum Studium des englischen Buchhandels und der damaligen litterarischen Verhältnisse längeren Aufenthalt in England genommen hatte, wodurch seine Vorliebe für englisches Wesen, die mit einer gewissen Abneigung gegen Frankreich verknüpft war, verstärkt wurde, eröffnete er am 21. Mai 1838 in Braunschweig ein eigenes Verlagsgeschäft. Noch in demselben Jahre vermählte er sich (29. November 1838) mit Blanka Vieweg, der jüngsten Tochter von Friedrich Vieweg und der Schwester von Eduard Vieweg (vgl. über diesen A. D. B. XXXIX, 690 ff., wo S. 693 der Todestag seiner Frau in den 4. October 1872, der Geburtstag seines Sohnes Heinrich in den 17. Februar zu ändern ist). Um seinem Verlage schnell eine größere Ausdehnung zu geben, kaufte er von mehreren Verlagsbuchhandlungen, wie z. B. von C. P. Melzer in Leipzig und W. Trinius in Stralsund, Verlagsartikel und Büchervorräthe an, so von [185] ersterem besonders Thibaut’s französisches Wörterbuch, das sich bald eines großen Rufes und außergewöhnlichen Absatzes erfreute, und das unter Westermann’s Leitung mehrfach zeitgemäß umgearbeitet bis 1896 in 132 Auflagen erschienen ist. Ueberhaupt waren Sprache und Sprachwissenschaft eine der Hauptrichtungen seines Verlages (Herrig’s Archiv f. d. Studium der neueren Sprachen von 1849 bis 1896 in 96 Bänden erschienen; zahlreiche Wörterbücher, wie Molé, Cousin, Elwell, Klotz, Rost etc.), daneben belletristische Litteratur, Geschichte (Rotteck, Macaulay etc.) und Geographie (Schmarda, Heuglin). An letztere Richtung schloß sich bald ein sehr bedeutender kartographischer Verlag an, aus dem vor allem der während mehrerer Decennien mustergültig gebliebene Schulatlas von Frh. v. Liechtenstern und Lange (begonnen 1853, vollendet 1857), der weitverbreitete Lange’sche Volksschulatlas (bis 1896 in mehr als zwei Millionen Exemplaren erschienen) und der von G. W. vorbereitete, aber erst nach seinem Tode durch seinen Sohn Friedrich vollendete, jetzt als der bedeutendste und verbreitetste Atlas bekannte Schulatlas von C. Diercke (erschienen 1883 und bis 1896 in 32 Auflagen verbreitet), zu nennen sind. Um eine eigene Anstalt für die technische Herstellung der Druckplatten zu gewinnen, gründete er 1873 in Leipzig ein geographisch-artistisches Institut, das später dem Braunschweiger Hause eingefügt wurde. Eine eigene Druckerei hatte er bald nach Eröffnung seines Geschäftes (1845) in Braunschweig errichtet, die er mit Erfolg auf eine immer höhere Stufe zu heben suchte, so daß sie das Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1877 „hinsichtlich ihrer praktischen Einrichtung und Ausstattung die schönste und mustergültigste Deutschlands“ nannte. Im December 1848 errichtete W. im Verein mit seinem Bruder Bernhard eine buchhändlerische Filiale in Newyork, lange Zeit die erste deutsche Sortimentsbuchhandlung in den Vereinigten Staaten. Doch überließ er das Unternehmen, als es gesichert war, 1852 seinem Bruder zur alleinigen Fortführung. Für die deutsche Litteratur und unser gesammtes Geistesleben war ein wichtiges Ereigniß die Begründung der illustrirten deutschen Monatshefte. Mit klarem Blicke erkannte W., daß sich in der damals aufblühenden illustrirten Zeitlitteratur eine Lücke zeigte, durch deren Ausfüllung erst der ganzen Richtung die tiefere Bedeutung gegeben wurde. Die anderen Nationen, namentlich Engländer und Amerikaner, hatten bereits mit ihren illustrirten Reviews und Monthlys den Weg gezeigt und so entstanden die von W. geplanten, im Verein mit dem Schriftsteller und Philologen Dr. Boegekamp aufs sorgsamste vorbereiteten Westermann’schen Monatshefte, die im October 1856 unter Redaction von Dr. Adolf Glaser ins Leben traten. Es war die erste große deutsche Revue, die unter Ausschluß von dem, was die Zeit in politischer und religiöser Hinsicht bewegte, dem deutschen Volke und vor allem der deutschen Familie die Ergebnisse und neuen Erzeugnisse aus Wissenschaft, Litteratur und Kunst in edler, verständlicher Sprache zu bieten suchte. Die Monatshefte sollten, wie es im Prospect hieß „dem Mangel eines größeren Centralorganes für die nach Volksthümlichkeit ringende Bildung unserer Zeit abhelfen und mit ernstem Wollen die Richtung verfolgen, deren Streben darauf geht, die Wissenschaft lebendig zu machen und sie ins Leben zu tragen“, und sie haben, wie wir jetzt hinzufügen können, fast fünf Jahrzehnte lang der Zeit dienend, aber nie den wechselnden Modelaunen huldigend, diese hohe Aufgabe treulich erfüllt, so daß sie mit Recht nicht nur das älteste, sondern auch das vornehmste Familienblatt Deutschlands zu nennen sind. Der Aufschwung der Novelle in Deutschland ist zu einem großen Theile diesen Monatsheften zuzuschreiben, da gerade die namhaftesten deutschen Schriftsteller mit besonderer Vorliebe ihre Werke zuerst in den Monatsheften veröffentlichten: es genügt an Namen wie Storm, Roquette, Auerbach, Raabe, Riehl, Spielhagen, Rosegger, Heyse, Laube etc. zu erinnern. [186] Verständnißvolle Theilnahme schenkte den Blättern besonders auch Westermann’s Gattin, die ein schweres Leiden lange Jahre auf das Krankenlager geworfen hatte, von dem sie erst am 23. Februar 1879 der Tod erlöste. Am 8. Juli 1877 feierte W. in voller Rüstigkeit sein 50jähriges Buchhändlerjubiläum und ehrte den Tag in sinniger Weise durch die Begründung einer Altersversorgungsanstalt für sein Buchdruckerpersonal und eine Stipendiumstiftung für die unbemittelte Schuljugend der Stadt Braunschweig. Die Regierung erkannte sein verdienstvolles Wirken durch die Verleihung des Commerzienrathstitels an. Seit dieser Zeit ging es mit Westermann’s Gesundheit abwärts; während er gegen ein gichtisches Leiden in Wiesbaden Heilung suchte, machte hier am 7. September 1879 ein Herzschlag seinem thätigen Leben plötzlich ein Ende. Am 11. September wurde er in Braunschweig auf dem Familienfriedhofe, den der Großvater seiner Gattin, J. H. Campe, begründet hatte, bestattet. An dem Sarge widmete nach dem Geistlichen Friedrich Spielhagen dem Verstorbenen einen Nachruf, in dem er die großen litterarischen Verdienste des Verstorbenen beredt würdigte. Die Leitung des umfangreichen Geschäftes übernahm nun der älteste Sohn Friedrich W., geboren am 11. Februar 1840, der schon am 8. Mai 1868 in dasselbe eingetreten war.

Vgl. den Aufsatz: In memoriam! in den Monatsheften vom April 1880, 4. F., B. IV, S. 1–24. – Mittheilungen aus der Familie.