ADB:Westermayr, Christiane Henriette Dorothea

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Artikel „Westermayr, Christiane Henriette Dorothea“ von Wilhelm Grotefend in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 187–188, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Westermayr,_Christiane_Henriette_Dorothea&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 12:34 Uhr UTC)
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Westermayr: Christiane Henriette Dorothea W., Konrad’s (s. u.) Gattin und treue Gehülfin, war die Tochter des Stadtsyndikus Johann Adam Stötzer († 1809) und der Christiane Johanne geborenen Schellhorn in Weimar († 1819), geboren daselbst am 1. Januar 1772, † nach dem 5. October 1834 – wann unbekannt –, und stammte aus einer Familie, in welcher der Kunstsinn seit 100 Jahren heimisch war. Mutter und Tante stickten, der Mutterbruder Rentkammerrath Schellhorn war ein trefflicher Miniaturenmaler, ebenso die ältere Schwester Christianens, die Brüder gute Zeichner, der Vater ein Kunstenthusiast. Chr. W. besuchte die Akademie ihrer Vaterstadt, wo sie schnell erfreuliche Fortschritte machte. Als ihr späterer Gatte im J. 1792 in das Haus ihrer Eltern eingeführt wurde, erkannte er die vorzüglichen Eigenschaften der Tochter sehr bald, was ihn bewog sich ihrer Weiterbildung besonders anzunehmen. Der erste Erfolg Christianens bestand in einer Medaille, die ihr die Akademie zuerkannte. Außer im Sticken und Zeichnen bildete sie sich im Malen in Oel, Gouache, Aquarell und Sepia aus, auch lernte sie bei W. radiren und in Kupfer ätzen. Zu den in Weimar veranstalteten Ausstellungen lieferte sie manches Gute, so daß ihr Name mit Ehren genannt wurde. Die Vermählung mit ihrem gleichgestimmten Gatten hatte eine Beeinträchtigung ihres künstlerischen Strebens nicht zur Folge, zumal ihnen Kinder versagt blieben. Aus dieser Zeit (nach 1800) verdienen von ihr Porträts in Oel und Copien nach Rafael und andern Meistern, namentlich aber zwei Marien nach Leonardo da Vinci (Aquarell) lobende Erwähnung. Im J. 1803 unternahm sie mit ihrem Manne und mehreren andern Künstlern eine Reise nach Kassel, die ihr einen außerordentlichen Genuß bereitete. Die damals noch vollständige Kasseler Gemäldegalerie, das Malercabinet des Kurfürsten im 1811 abgebrannten Residenzschlosse, das Museum, die Antiken und geschnittenen Steine nebst den sonstigen dort vorhandenen Kunstgegenständen und der Wilhelmshöhe besaßen für die damalige Zeit ganz besondere Anziehungskraft. Nach ihrer Rückkehr in die Heimath wurde das Bild nach Rafael, auf dem die Mutter von dem schlafenden Kinde den Schleier abnimmt, trefflich copirt. Für das Weimarische Kunstcomptoir radirte Chr. W. eine Reihe von Platten zu dem von demselben herausgegebenen großen Bilderbuche, auch stach sie in Kupfer. Die herzogliche Familie, deren Gunst und Achtung sie sich erworben hatte, übertrug ihr den Stickunterricht bei der Prinzessin Karoline. Im Mai 1807 folgte sie ihrem Gatten nach Hanau. Zwar wurde ihr der Abschied von Weimar sehr schwer, doch versöhnte sie die freundliche Aufnahme, die sie bei den Landsleuten Westermayr’s fand, und die geistige Athmosphäre Hanaus alsbald mit dem Wechsel. Sie stand W. bei seinem Streben der verfallenen Zeichenakademie aufzuhelfen, so thätig zur Seite, daß auch ihr Verdienst an dem Emporblühen kein geringes ist. In Hanau malte sie besonders Porträts und Landschaften in Oel, Gouache und Aquarell, auch verfertigte sie höchst geschmackvolle Stickereien im großen Stile. Ihr am besten gelungenes Porträt ist das von Wallenstein nach van Dyck in Oel. In Hanau wurde ihren künstlerischen Leistungen die gleiche Anerkennung zu Theil wie früher in Weimar. Speciell für ihre Leistungen im Sticken verlieh ihr der [188] Großherzog von Frankfurt, der damalige Landesherr von Hanau, der kunstliebende Karl von Dalberg, im J. 1810 die große Huldigungsmedaille am hellblauen Bande. Der Tod ihres Freundes und Gönners Wieland gab ihr Veranlassung zu einer allegorischen Zeichnung in Sepia, die sie der Herzogin Louise von Weimar übersandte, von der sie dafür die goldene Medaille, welche auf Wieland geprägt war, erhielt. Die Schrecknisse des Jahres 1813 vermochten ihrem Schaffensdrang keinen Abbruch zu thun. Sie malte damals einen schlafenden Amor nach Guido Reni und das Porträt von Goethe in Oel; Bescheidenheit und Eitelkeit nach Leonardo da Vinci, Simeon im Tempel das heilige Kind segnend nach Fra Bartolomeo in Sepia, außerdem zahlreiche Landschaften. Ihrem rastlosen Fleiße gebrach es nicht an äußeren Ehrungen, so bekam sie am 20. Juli 1815 das Diplom als Mitglied der Hanauer Zeichenakademie, am 20. October 1815 das Diplom als Ehrenmitglied der Societät für die gesammte Mineralogie in Jena, am 6. April 1817 das Diplom als Ehrenmitglied der Wetterauer Gesellschaft für die gesammte Naturkunde. Im J. 1824 malte sie die heilige Margarethe nach Rafael und zwei schöne Rheinlandschaften in Schütz’scher Manier in Oel, nach der Natur aber Großsteinheim am Main gegenüber Hanau. Die Herzogin von Anhalt-Bernburg wurde ihre Schülerin in Aquarell- und Oelmalerei. Neben der Lehrerin und Künstlerin lebte in Chr. W., obgleich sie keine Kinder hatte, die deutsche Hausfrau im besten Sinne des Wortes. Ihrem gleichstrebenden Gatten hat sie nach 34jähriger ungetrübter Ehe am 5. October 1834 die Augen zugedrückt. Nagler’s Angabe, sie sei 1830 gestorben, ist falsch. Die Anzeige vom Tode ihres Mannes in der Zeitung trägt ihren Namen. Weitere Nachrichten über sie fehlen leider.

Karl Wilhelm Justi, Grundlage z. e. Hessischen Gelehrten-, Schriftsteller- u. Künstler-Geschichte vom J. 1806 bis zum J. 1830 (Forts. v. Strieder). Marburg 1831, S. 760–768. – G. K. Nagler, Neues allg. Künstler-Lexikon oder Nachrichten a. d. Leben u. d. Werken d. Maler etc. München, Bd. 21, 1851, S. 337.