Zum Inhalt springen

ADB:Westermayr, Konrad

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Westermayr, Konrad“ von Wilhelm Grotefend in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 189–191, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Westermayr,_Konrad&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 05:50 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Westfal, Joachim
Band 42 (1897), S. 189–191 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Conrad Westermayr in der Wikipedia
Conrad Westermayr in Wikidata
GND-Nummer 119430797
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|42|189|191|Westermayr, Konrad|Wilhelm Grotefend|ADB:Westermayr, Konrad}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119430797}}    

Westermayr: Konrad W. (Westermayer), Maler und Kupferstecher, am 30. Januar 1765 zu Hanau geboren, Sohn des Daniel Jakob W., weimarischer Hofrath und Mitdirector der Zeichenakademie zu Hanau, † daselbst am 5. October 1834, widmete sich zuerst der Goldschmiedekunst. In der Zeichenakademie seiner Vaterstadt, die er besuchte, weil Fertigkeit im Zeichnen damals für den Goldarbeiter unerläßlich war, gewann er nach und nach die Preise aller Classen, sodaß er im letzten Jahre freiwillig auf die Bewerbung verzichtete. Die dermalige Nothlage des Goldschmiedhandwerks bewog W. sich der Malerei zuzuwenden. Er lernte Porträts auf Pergament mit Silberstift zeichnen, was ihm so wohl gelang, daß er seine Eltern unterstützen konnte. Von 1784 an in Deutschland und den Niederlanden von Stadt zu Stadt reisend fand er erst 1788 in Kassel Gelegenheit ernste Studien zu machen. Unterstützt durch Landgraf Wilhelm IX., der ihn von Hanau aus kannte, besuchte er die Kasseler Kunstakademie, welche zur Zeit unter Leitung trefflicher Meister wie Jakob Heinrich Tischbein[WS 1] in besonderer Blüthe stand. Seine ersten Arbeiten bestehen in Copien nach G. Dow, Rembrandt, H. Tischbein etc. Zugleich copirte er Bilder holländischer Meister in Gouache, Sepia und Kreide. Nach Ostern 1790 ging er, im Besitz eines landgräflichen Stipendiums von 200 Thalern, nach Weimar zu Professor Lips, um sich dort nach dessen Anweisungen in der Kupferstecherkunst zu vervollkommnen. In Weimar halfen die aus Kassel mitgebrachten Empfehlungen ihn bei den dortigen ersten Männern, u. a. Goethe, bestens einführen. Seine erste größere Arbeit war der Stich einer großen Platte, welche Götz von Berlichingen nach H. Wilhelm Tischbein darstellte, wie er Weislingen gefangen auf seine Burg brachte. Das Originalgemälde besaß Goethe, welcher mit der Uebertragung sehr zufrieden war. Weil in Weimar noch keine gute Kupferdruckerei war, so wurde das Bild nach Kassel geschickt, um dort gedruckt zu werden. Der Landgraf, dem das Bild gut gefiel, ertheilte W. daraufhin die „Adjunktion“ auf die erste Professorstelle an der Zeichenakademie zu Hanau mit dem Rechte der Nachfolge, doch sollte es noch eine Reihe von Jahren dauern, [190] bis W. thatsächlich nach Hanau berufen wurde. W. wurde damals von Bertuch’s Industriecomptoir beschäftigt, auch die Herzogin Amalie nahm sich seiner an. Im J. 1795 weilte W. acht Monate in Dresden, um sich als Landschaftsmaler auszubilden: er copirte zu diesem Zwecke u. a. Gemälde von Berghem und Jan Both. Im März 1796 reiste W. als Begleiter eines reichen Russen über Wien nach Italien, wo sie sich in Venedig länger aufhielten. Im Frühling 1797 kehrte W. nach Dresden zurück. Den übrigen Theil des Jahres brachte er in Dessau zu, wo die chalkographische Gesellschaft durch ihn Blätter in Aquatinta ausführen ließ. In Weimar verheirathete er sich dann im Herbst 1800 mit Christiane Henriette Dorothea Stötzer, zweiten Tochter des Stadtsyndikus Stötzer daselbst, zu der er sich wegen ihrer künstlerischen Neigungen und Fähigkeiten – sie malte, radirte und stickte – hingezogen fühlte. In engster Gemeinschaft hat W. mit seiner Frau bis an sein Lebensende gelebt. Durch beiderseitige Talente und Thätigkeit verschaffte sich das junge Ehepaar die Mittel zu seinem Unterhalte in vollem Maaße. Unter den jungen Gelehrten und Künstlern, die Schiller zu Grabe trugen, befand sich auch W., der ihm ebenso wie Goethe und Herder nahe getreten war. Als Weimar im J. 1806 durch die Franzosen besetzt wurde, verlor W. bei Gelegenheit der Plünderung der Stadt einen recht erheblichen Theil seines Vermögens und seiner Kunstsachen. „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat es genommen, der Name des Herrn sei gelobet. – Wir müssen von neuem beten und arbeiten“, waren die Worte, die er an seine Gattin richtete, wie er sein Haus verlassen und zu seinem Schwiegervater flüchten mußte. Erst drei Wochen nach der Schlacht bei Jena erhielt W. den Ruf an die Akademie nach Hanau, der bereits im September von Kassel an ihn ergangen war. In Hanau hatte W. anfangs viel durchzumachen, da er vorläufig nur einen Theil der Besoldung seiner Stelle bekam (400 Gulden), weil das übrige von seinem Vorgänger als Ruhegehalt bezogen wurde, auch die Akademie sehr heruntergekommen war. Westermayr’s Eingreifen gelang es indessen trotz der ungünstigen Zeitverhältnisse der Anstalt aufzuhelfen. Am 2. Februar 1812 erhielt er vom Herzog von Weimar den Charakter als Hofrath. Der Schwerpunkt von Westermayr’s Thätigkeit lag in Hanau, obwol er nach wie vor auch für sich viel stach, malte und zeichnete – er stach alle Kupfer für die Annalen der Wetterauischen Gesellschaft und zeichnete eine Menge Mineralien und andere Gegenstände für v. Leonhard’s und Kopp’s Einleitung und Vorbereitung zur Mineralogie –, auf pädagogischem Gebiete. Er nahm sich seiner Schüler, namentlich der ärmeren unter ihnen, sehr eifrig an. Seine Sonntage widmete er der Unterweisung der Handwerkslehrlinge und Gehülfen. Ein Hauptmittel zur Förderung seiner Schüler erblickte er in der Veranstaltung von Ausstellungen der Arbeiten seiner Schüler. Bis zum Jahre 1830 hatte er deren über 1800 zu verzeichnen. Für seine künstlerische und pädagogische Wirksamkeit wurden ihm mehrfach Auszeichnungen zu Theil, so anfangs 1808 das Diplom als Mitglied der Wetterauischen Gesellschaft, am 20. Juli 1815 das Diplom als ordentliches praktisches Mitglied der Hanauer Zeichenakademie und am 20. October desselben Jahres als auswärtiges Ehrenmitglied der Gesellschaft für die gesammte Mineralogie in Jena, am 12. Juli 1820 wurde er zum Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste in Kassel ernannt. Obgleich W. von auswärts mehrfach Angebote zugingen, so blieb er dennoch Hanau treu. Hierzu bewog ihn auch die große Anhänglichkeit an das angestammte Fürstenhaus, die er namentlich in der Zeit von dessen Verbannung bewiesen hatte, sodaß ihm wichtige Papiere Kurfürst Wilhelm’s I. anvertraut worden waren. Die Blätter Westermayr’s belaufen sich auf über 600, wie er denn auf allen Gebieten der Malerei thätig war und mit allen technischen [191] Mitteln vertraut. Seine Blätter befinden sich größtentheils in litterarischen Werken. Besondere Erwähnung verdienen u. a. die Bilder der hessischen Landgrafen Wilhelm IV., V., VI. und Ludwig V. zu Justi’s Vorzeit (Kupferstiche), zu Bertuch’s Bilderbuch und Naturgeschichte lieferte er allein mehr als 200 Quartblätter in Linienmanier. Geringer ist die Zahl seiner, allerdings keineswegs hervorragenden Gemälde in Gouache, Aquarell, Oelfarben und Miniatur. Darunter befinden sich an Originalen auf das Gefecht von Hanau im J. 1813 bezügliche Bilder (Oel bezw. Aquarell), Landschaften aus der Nähe von Hanau, Stadt und Schloß Aschaffenburg (Sepia oder Tusche), das Schießhaus zu Weimar (Aquarell), sowie eine schlafende Nymphe bei einer Quelle im Walde (Miniatur). Höher stehen jedenfalls die Verdienste Westermayr’s als Lehrer und Reorganisator der Hanauer Zeichenakademie. Auch als Mensch wurde er sehr geschätzt.

Justi (Strieder) a. a. O. S. 728–760. – Nagler a. a. O. S. 337 bis 339.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Da es einen Jakob Heinrich Tischbein nicht gab, sind wohl Johann Heinrich Tischbein der Ältere und sein Neffe Johann Heinrich Tischbein der Jüngere gemeint.