ADB:Wiedeburg, Johann Bernhard
Tobias W. sich auch viel mit Mathematik beschäftigt, so daß er (1647–1717) von 1679–1697 an der Universität Helmstedt die Professur dieser Wissenschaft bekleiden konnte, die er nachher mit derjenigen der Moraltheologie vertauschte. Auch J. B. W. studirte in Helmstedt, erwarb dort 1710 das Magisterium, habilitirte sich im gleichen Jahre und wurde 1718 als ordentlicher Professor der Mathematik und Inspector des Convictoriums nach Jena berufen. Im J. 1737 erhielt er den Titel Kirchenrath und zwei Jahre später den Auftrag, auch theologische Vorlesungen zu halten. Seine Ehe war mit einer Tochter und sechs Söhnen gesegnet, von welchen zwei uns demnächst als Männer begegnen werden, welche in die Fußtapfen ihres Vaters traten.
Wiedeburg: Johann Bernhard W., Theolog und Astronom, geboren am 22. Januar 1687 zu Helmstedt, † am 29. April 1766 zu Jena. Er entstammte einer angesehenen Theologenfamilie, doch hatte schon sein VaterDie ziemlich ausgebreitete litterarische Thätigkeit Wiedeburg’s erschöpfte sich in akademischen Gelegenheitsschriften, wenn wir von einem kleinen Lehrbuche der Astrognosie (Jena 1745) und der Buchstabenrechnung (ebenda 1751) absehen. Mehrfach beschäftigte er sich mit den Kometen und deren Bedeutung für den allfallsigen Weltuntergang, den er in einer Abhandlung (ebenda 1734) von der mechanischen Seite zu würdigen suchte. Seiner Doppelstellung entsprechen eingehende Untersuchungen über die im 18. Jahrhundert so beliebte „biblische Mathematik“ (ebenda 1727–30); hier wird z. B. die Frage, „ob es unzählig viele Sterne gebe?“, durch den Hinweis auf Galilei’s Entdeckungen in der Milchstraße, also mit Ja, beantwortet. Relativ den größten wissenschaftlichen Werth kann wohl eine Dissertation (ebenda 1733) beanspruchen, in welcher die seitliche Ablenkung eines vertikal in die Höhe geschossenen Projectiles untersucht wird. – Ungedruckt sind anscheinend zwei Gutachten Wiedeburg’s geblieben. Das eine derselben, auf Wunsch des Weimarer Hofes erstattet, erklärte sich gegen die damals von den Protestanten noch immer argwöhnisch betrachtete Kalenderreform, weil angeblich im Gregorianischen Kalender noch immer viele Fehler enthalten seien; W. kommt aber zu dem vernünftigen, leider auch heute noch nicht durchgeführten Vorschlag, das Osterfest zu fixiren, weil sich dagegen kein dogmatisches Bedenken erheben lasse. Ein zweites Mal handelte es sich um die Wolf’sche Philosophie, über deren bedenkliche Seiten die thüringische Hochschule, auf eine von Tübingen ausgegangene Agitation hin, sich auszusprechen hatte. W., der als Mathematiker die Dinge besser kannte und vorurtheilsfreier betrachtete, [380] reichte in Verbindung mit seinem Collegen Stolle ein von dem der Mehrheit abweichendes Separatvotum ein.
- Zedler, Vollständiges Universallexikon, 55. Band, Sp. 1754 ff. Leipzig-Halle 1748. – Spangenberg, Handbuch der in Jena seit beinahe fünfhundert Jahren dahingeschiedenen Gelehrten, Künstler, Studenten und anderen bemerkenswerthen Personen, S. 80. Jena 1819.