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ADB:Windeck, Eberhard

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Artikel „Windeck, Eberhard“ von Arthur Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 381–387, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Windeck,_Eberhard&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:25 Uhr UTC)
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Band 43 (1898), S. 381–387 (Quelle).
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Windeck: Eberhard W., der Verfasser des Buches von Kaiser Sigmund, wurde zu Mainz um das Jahr 1380 geboren. Zwei eigene Angaben, aus denen sich sein Geburtsjahr erschließen läßt, stimmen nicht überein; die eine, bestimmtere, führt auf 1382, die andere auf 1379. Sein Vater war Kulmann W.; der Name seiner Mutter ist unbekannt. Die Familie nannte sich nach dem Hause Windeck, einem Eckhause an der Fischpforte zu Mainz neben dem Hause Hohenloh. Windeck kommt auch sonst als Mainzer Hausname vor. Ein Haus auf der obern Leergasse führte ihn, ferner, und zwar schon 1315, ein steinernes Haus hinter dem Hof zum Stein in der Vorstadt Selhofen. Auch [382] das Haus Wonneck, gegenüber St. Barbara gelegen, nach dem sich ein Geschlecht nannte, das oft mit dem Eberhard’s verwechselt wird, ist davon zu unterscheiden. Der erste, den man mit Sicherheit zu den Vorfahren Eberhard’s rechnen kann, ist Konrad zu W., gewöhnlich Kulmann genannt, 1310–1319 nachweisbar, 1311 mit Elisabeth von der Fischpforte verheirathet, 1318 im Haus Hohenloh wohnend, 1329 todt. Eckard, 1316 Domvicar, 1325–1344 Dechant von St. Johann zu Mainz, und dessen Bruder Eberhard, 1331–1341 erscheinend, 1332 unter den im Widerstand gegen die Zünfte zeitweilig auswandernden Rathsfreunden genannt, könnten Brüder Kulmann’s gewesen sein. Dieser hinterließ drei Söhne, Jakob, Hermann und Werner, welche 1329 Anwartschaften auf Kanonikate an Mainzer Stiftern erhielten, von denen aber Jakob, auch Jeckel genannt, in den weltlichen Stand zurückgekehrt ist, in dem er 1352–1377 vorkommt. Er oder der vorgenannte Eberhard mag der Großvater unseres W. gewesen sein. Vom Vater desselben wissen wir nur, daß er eine Zeit lang die städtische Goldwaage in Pacht hatte; er hatte die umlaufenden Goldmünzen auf ihre Vollwichtigkeit zu prüfen, erhob dafür eine Gebühr, durfte aber keine Wechselgeschäfte treiben. Aus angesehener Familie stammend, muß er doch in seinen Verhältnissen zurückgekommen sein; zu Ausgang des 14. Jahrhunderts lebte er, wie sein Sohn erzählt, im Hause zum Spiegel in großer Armuth. Das mag auch der Grund gewesen sein, daß der junge Eberhard frühzeitig seinen Blick in die Ferne richtete. Im Mai 1393 verließ er seine Eltern, anscheinend gegen deren Willen, und wandte sich nach Worms. Sein Vater aber ließ ihn wieder holen und behielt ihn zu Hause bis zur Herbstmesse. Da zog er wieder hinweg, offenbar als Gehülfe eines Kaufmanns, und zwar nach Erfurt. Hier blieb er bis zum folgenden Jahr (1394), worauf er durch Unterfranken wieder auf sechs Wochen nach Hause kam. Ein reicher Kaufmann nahm ihn dann mit nach Böhmen, zunächst nach Eger, wo er ein Vierteljahr bei Nikolaus Junker, Rüdiger Junker und Franz Benzelin war, dann nach Prag, von wo er 1395 wieder in der Heimath eintraf. Die nächste Reise führte ihn über Köln, Aachen, Brabant und Hennegau nach Paris. Hier verweilte er drei Jahre (1396–1399), reiste dann über Luxemburg nach Mainz zurück und blieb ein Jahr bei seinen Eltern. Am 31. Mai 1400 starb sein Vater und am 14. Juni wurde sein Bruder Hermann geboren. W. befand sich damals bereits wieder fern von Mainz, und zwar unter der Dienerschaft Herzog Stephan’s von Baiern-Ingolstadt, den er nach Paris, Brüssel, Lüttich und Aachen begleitete. 1402 suchte er den Herzog in Ingolstadt auf, um eine Forderung an ihn geltend zu[WS 1] machen, erhielt aber nichts. Auf der Donau fuhr er nach Regensburg, wo ihm seine Habe gestohlen wurde, und weiter hinab nach Wien. Hier trat er bei dem Nürnberger Kaufmann Lorenz Grolant ein und verließ Wien erst im J. 1406, um nach Ofen überzusiedeln. Eine Botschaft seiner Mutter rief ihn vorübergehend von Ofen nach Mainz zuück; er sollte seiner Schwester einen Mann verschaffen und fand auch einen solchen in Klaus Bockenheimer von Worms. 1408 reiste er von Ofen nach Venedig, um hier im Nürnberger Hof Gelder zweier Nürnberger Kaufleute und eigene zu hinterlegen. In der Fastenmesse 1409 war er in Nürnberg. Auch das folgende Jahr brachte eine Reise von Ofen nach Nürnberg. In dieser Zeit scheint W., der in Ofen offenbar Factor eines Nürnberger Großkaufmanns war und daneben auch für sich Geschäfte gemacht haben mag, zuerst in Berührung mit Angelegenheiten König Sigmund’s gekommen zu sein, indem er bei Uebernahme einer Summe von 40-000 Gulden, die der deutsche Orden an den König entrichtete und worüber dieser am 2. März 1410 quittirte, thätig war; er hat „die Gulden mit der großen Lilie, wie sie Ludwig und Ruprecht schlugen“, zählen helfen. [383] In Windeck’s Ofener Jahre fällt auch ein für ihn nicht eben rühmlicher Vorgang. Einem Bürger von Ofen schuldete er 50 Gulden, und da er nicht zahlen konnte, verpfändete er ihm dafür Edelsteine von entsprechendem Werth. Als nach Ablauf der Pfandfrist das versiegelte Säcklein, welches die Pfänder enthalten sollte, geöffnet wurde, fanden sich darin andere, fast werthlose Steine vor. Allerdings verübte W. diesen Betrug nur in einer augenblicklichen Geldverlegenheit; später verglich er sich gütlich mit dem Hintergangenen. Wie er in König Sigmund’s Dienst gekommen ist, erzählt er leider nicht, doch geschah es ohne Zweifel durch seine Verbindung mit Großkaufleuten, die zu dem in steter Geldverlegenheit befindlichen königlichen Hofe Beziehungen hatten. Er sagt nur, als der König in Ungarn Hof gehalten habe (es war im J. 1412), sei er im September von ihm gen Preßburg gezogen. Da hätten ihn, fährt er dann fort, die Preßburger gefangen gesetzt und würden schlimm mit ihm umgegangen sein, hätten sie eine Schuld an ihm gefunden; so aber hätten sie ihn gehn lassen müssen. Diesen lakonischen Bericht können wir aus Preßburger Nachrichten ergänzen. Danach hat W. in Preßburg eine Verschwörung der Gemeinde wider den Rath anzetteln wollen und wurde deshalb ins Gefängniß geworfen. Gegen Bürgschaft und das Versprechen sich dem Gericht zu stellen entlassen, setzte er von auswärts seine Umtriebe fort und ließ seine Bürgen im Stich. Eine vermögende Preßburgerin, die er geheirathet hatte, brachte er um Hab und Gut und ließ sie dann im Elend sitzen. Auch das Preßburger Spital soll er um 500 Gulden geschädigt haben. Von ihm selbst hören wir, daß er, der Preßburger Haft erledigt, durch Steiermark nach Cremona reiste. Hier fand er – es war um Weihnachten 1413 – König Sigmund und blieb bei ihm bis auf die Fasten, worauf er durch Kärnten nach Ungarn zog. Briefe, die ihm der König zur Beilegung seiner Preßburger Händel gegeben hatte, sandte er ein; sie halfen ihm aber nichts. Die weitere Reise ging nach Krakau, wo er sich vier Wochen aufhielt, und dann über Schlesien nach Berlin, wo ihn der Markgraf als Mühlenmeister in Dienst nahm. Er blieb hier von Mittsommer 1414 bis gegen Fastnacht des nächsten Jahres. Da mochte er, wie er sagt, kein Bier mehr trinken, nahm seinen Abschied und begab sich nach Mainz. Ende März 1415 wandte er sich nach Konstanz zu König Sigmund und begleitete diesen von dort aus auf der Reise nach Perpignan (Juli bis September). Zu Anfang des folgenden Jahres brachte er dem König Geld von Genf nach Lyon und zog alsdann im Gefolge desselben mit nach Paris. Von hier nach den Niederlanden verschickt, traf er in der ersten Hälfte des April wieder bei Sigmund in St. Denis bei Paris ein. Auch nach England folgte er dem König. Am 3. Mai 1416 fuhr er von Calais ab; die stürmische Ueberfahrt nach Dover dauerte zwei Tage und zwei Nächte. Nach der Rückkehr Sigmund’s aus England nach Calais bekam W. Ende October den Auftrag, die kostbaren Geschenke, welche Sigmund vom König von England erhalten hatte, in Brügge zu versetzen. Die Wiedereinlösung verzögerte sich; Sigmund schickte das Geld nicht. Im Juli 1417, kurz vor dem Verfalltag eilte W. von Brügge. wo er 17 Wochen gewartet hatte, zum König nach Konstanz und erhielt mit Mühe die erforderlichen Anweisungen. Binnen 81/2 Tagen war er von Konstanz wieder in Brügge. Die eingelösten Kleinodien sowie kostbare Stoffe und Pelze, die er für Sigmund gekauft hatte, ließ W. von Nürnberger Kaufleuten unter ihren eignen Waaren nach Köln schaffen, übernahm sie hier selbst und lieferte sie in Konstanz beim König glücklich ab. Unterwegs, in Mainz, hatte er sie seinen dortigen Verwandten gezeigt, seinem Vetter Konrad Iseneck, seiner Base Gutchen, Katherinen zu Schenkenberg, gleichfalls einem Bäschen, und Katharinen zum Floße. 1418 in den Fasten ließ Sigmund durch W. den Städten Mainz, Worms und Speyer [384] vorschlagen, die vom Reich an Kurpfalz verpfändeten Orte Oppenheim, Kaiserslautern, Odernheim, Winternheim, Ober- und Niederingelheim und Schwabsburg einzulösen. Die Verhandlungen führten jedoch nicht zum Ziele. Ende September sandte ihn der König dem vom Konstanzer Concil nach Rom reisenden Papst Martin V. mit Briefen nach. W. fand den Papst in Pavia, begleitete ihn nach Mailand und reiste dann über den Mont Cenis, den er am 27. October in tiefem Schnee passirte, nach Romelin zum Herzog von Savoyen. Ueber Genf kehrte er dann nach Mainz zurück, wo er längere Zeit blieb. Von da muß er sich wieder nach Ungarn gewandt haben, denn er erzählt, daß er in der Nacht des 23. September 1419 zu Ofen im Traum die zwei Thürme des Mainzer Domes und der Liebfrauenkirche in Brand stehen sah. Der Traum war vor Mitternacht und bekümmerte ihn darum so, daß er ihn nach Hause schrieb. Er erhielt die Antwort, Erzbischof Johann von Mainz sei in jener Nacht gestorben. Als König Sigmund am 4. März 1420 zu Breslau 23 Bürger wegen Empörung gegen den dortigen Rath enthaupten ließ, war W. anwesend und mit ihm ein anderer Mainzer, Christian Valkenberg. Anfangs August, als Sigmund Prag verlassen hatte, reiste W. nach Budweis. Aus dem Jahr 1421 wissen wir nichts von ihm. Im folgenden Jahre aber fand er Gelegenheit, von Sigmund eine Belohnung seiner Dienste zu erlangen. Er wußte, daß schon vor zwei Jahren Henne zum Echzeller der Alte, wohnhaft im Gelthus zu Mainz, der vom Reich die Aue bei Ginsheim an der Gerau zu Lehn getragen, gestorben und die rechtzeitige Muthung dieses Lehns unterblieben war. Er zeigte das dem König an, erbat und erhielt die Belehnung zu Regensburg am 21. Juli 1422. Um jedoch in den wirklichen Besitz des Lehns zu kommen, den ihm die Erben des verstorbenen Inhabers verweigerten, mußte er sich im März 1423 nach Ungarn zu Sigmund begeben. Am 23. Mai verließ er ihn zu Kaschau und kehrte, mit Empfehlungsbriefen an den Erzbischof von Mainz und die Burgmannen von Friedberg versehen, nach Mainz zurück. Im Juli 1423 sandte ihn Erzbischof Konrad von Mainz in der Geldrischen Erbschaftsangelegenheit zum Grafen von Egmont nach Arnheim, von wo er Ende August in Frankfurt bei seinem Auftraggeber wieder eintraf. Eine Reise in derselben Sache zu König Sigmund trat W. Ende September von Mainz aus an. Nachdem er im Wildbad die Aufträge des Erzbischofs entgegengenommen hatte, wandte er sich nach Ulm und fuhr von da die Donau hinab. Auf der Donauinsel Csepel bei Ofen traf er um Martini den König. Die Entscheidung verzögerte sich jedoch bis in den August 1424, während welcher Zeit W. in Ungarn in der Nähe des Königs blieb und bei diesem, gleichfalls im Auftrag Erzbischof Konrad’s, auch für die jungen Grafen von Bitsch thätig war, und fiel schließlich nicht zu Gunsten des Grafen von Egmont, da die von Sigmund geforderte Summe ausblieb. Während dieses Aufenthalts beim König benutzte W. einen günstigen Moment, um für sich selbst eine Gnade zu erwirken. Durch Urkunde vom 9. August 1424 erlaubte ihm Sigmund, eine Wochenrente auf dem Mainzer Rheinzoll von dem derzeitigen Pfandinhaber Peterchen zum Floße, dem Nachfolger des Langhenne zum Jungen, für 200 Gulden einzulösen und gab sie ihm für sich und seine männliche Erben zu Lehn. Die Freude, mit der er den Vorgang erzählt, läßt den Werth der Gabe erkennen. Aber erst im folgenden Jahre (1425) kam er in Besitz. Im Juni 1426 war er auf dem Reichstag zu Nürnberg. Fortan scheint er größere Reisen nicht mehr unternommen zu haben. In den Streitigkeiten, welche 1428 zwischen den Zünften und den Patriciern zu Mainz wieder ausbrachen, hat er auf Seiten der ersteren eine große Rolle gespielt. Er war in der von den Zünften gewählten Zehnercommission, welche über die städtische Schuld und die sonstigen Gebrechen des Gemeinwesens berathen [385] sollte. Es wird gewöhnlich behauptet, daß er dabei die Vergangenheit seiner Familie verleugnet habe. Jener oben angeführte Eberhard erscheint allerdings 1332 in der Partei der patricischen „Alten“. Ob sich aber die Windeck später auf der Höhe der Rathsgeschlechter gehalten haben, ist doch sehr zweifelhaft. In den Jahren 1428 und 1429 wird W. als einer der beiden Baumeister der Pfarrkirche von St. Quintin genannt. Eine ungedruckte Urkunde von 1430 bezeichnet ihn als Kürschner; vermuthlich hat er mit Pelzwaaren gehandelt, deren er auch schon früher für König Sigmund besorgte (Sigmundbuch S. 83) und sich der Kürschnerzunft angeschlossen. Im übrigen finden wir ihn theils als Inhaber, theils als Zahler von Zinsen auf verschiedenen Mainzer Häusern und Grundstücken. Zwischen 1424 und 1426 war sein älterer Bruder Henne, der anscheinend in guten Vermögensverhältnissen gelebt hatte, mit Hinterlassung eines Töchterchens, Gretchen genannt, gestorben, und seine Wittwe Clara hatte sich bald darauf mit Peter zum Jungen wieder verheirathet. Mit diesem gerieth W., der schon wegen der Zollablösung und wegen seiner politischen Haltung mit der zu den „Alten“ gehörenden Familie zum Jungen in Feindschaft lebte, über den Nachlaß seines Bruders in erbitterte Streitigkeiten, die bis zu seinem Tode währten. Im September 1428 kam es sogar zu Thätlichkeiten zwischen beiden Gegnern, und im folgenden Jahr machte sich Peter zum Jungen auf die Fahrt nach Preßburg, um dort gegen W., „den schnöden bösen landverlaufenen Bösewicht“, Material zu sammeln, das er dann in beglaubigter Form dem Mainzer Stadtrath unterbreitete. Seinem Spürsinn verdanken wir die oben benutzten Nachrichten aus Windeck’s Preßburger Zeit. Er mag auch veranlaßt haben, daß das Preßburger Spital in den Jahren 1430 und 1431 alte Schuldforderungen gegen W. geltend machte. Windeck’s Preßburger Frau, Elisabeth mit Namen, lebte noch im J. 1430 nach Peters zum Jungen Aussage im Spital zu Wien in den dürftigsten Umständen. Sie muß bald darauf gestorben sein, denn 1435 finden wir ihn mit einer Mainzerin, Anna Hexheim, vermählt. Ueber seine zweimalige Verheirathung hat er selbst nichts überliefert. Außer seinen schon genannten Geschwistern Henne, Hermann und der mit Claus Bockenheimer verheiratheten Schwester hatte er noch eine Schwester, Else, die mit Hanmann Gößel von Eltville verehelicht gewesen zu sein scheint. Die Streitigkeiten der dreißiger Jahre zwischen Stadt und Geistlichkeit zu Mainz verfolgte er mit großem Interesse und scharfer Parteinahme für die Stadt, ohne jedoch, wie es scheint, persönlich hervorzutreten. Als die Nachricht von Kaiser Sigmund’s Tode nach Mainz kam, mußte er, wie er klagt, manche Rede hören, die er nicht gern hörte, und dazu schweigen; der Rückhalt, auf den er bei seinen vielen Händeln wol oft gepocht, war nun dahin. W. wird zuletzt als lebend erwähnt in einer Urkunde vom 29. December 1439. Bereits im folgenden Jahre scheint er gestorben zu sein, da er in einem von Mittsommer zu Mittsommer laufenden Zinsverzeichniß des Mainzer Petersstiftes, in dem er zuerst 1435/36 als Ackerpächter aufgeführt ist, im Rechnungsjahr 1439/40 noch erscheint, während 1440/41 Claus Schenkenberg an seiner Stelle steht. Von seiner zweiten Frau Anna hinterließ er einen unmündigen Sohn Eberhard. Für diesen und seine Mutter wird in einem ohne Datirung überlieferten, aber mit Sicherheit um die Mitte des Jahres 1442 zu setzenden Lehnbrief König Friedrich’s Windeck’s Bruder Hermann als Lehnträger der Mainzer Zollrente bestellt. Der junge Eberhard hat den Stamm nicht fortgepflanzt, sondern muß früh gestorben sein, denn 1462 erhielt sein Oheim Hermann die Zollrente zu Lehn. Von diesem Hermann, der 1421 in Erfurt studirt hatte und in einer lustigen Mainzer Eßgesellschaft den Namen Kalbfleisch führte, stammt der doctor juris und kurmainzische [386] Rath Hartmann von Windeck, 1505–1517 Schultheiß zu Mainz. Sein Siegel zeigt noch das Wappen, wie W. es führte: zwei schwimmende Fische. Die Bilderhandschrift C des Sigmundbuches gibt auch die Farben an: der Schild war schwarz, die Fische weiß.

Nach Abschluß seiner Wanderjahre in seiner Vaterstadt seßhaft geworden, unternahm es der zu Wohlstand gelangte Geschäftsmann, was ihm aus der Geschichte seiner Zeit theils durch eigene Wahrnehmung, theils durch Mittheilungen Anderer bekannt geworden, um die Gestalt seines Herrn und Wohlthäters Sigmund gruppirt in einem umfangreichen Werke niederzulegen, das er „Kaiser Sigmunds Buch“ nannte. Ohne höhere Bildung und ohne Sinn für geordnete, geschweige gefällige Composition, hat er darin zusammengetragen, was ihm von Zeitungen, Urkunden, Actenstücken, historischen Liedern und ähnlichen Materialien zu Handen kam, und damit die Erinnerungen seines eignen bewegten Lebens verbunden. Nicht aus Gewinnsucht, sagt er in der Vorrede, habe er die Arbeit unternommen, sondern auf Bitten von Fürsten und Herren. Er mag hier, wie es auch sonst bisweilen den Anschein hat, den Mund etwas voll genommen haben. Jedenfalls macht das Werk, wie es vorliegt, mehr den Eindruck eines Hausbuches. Dazu paßt auch die Mahnung des Autors an die Jugend, es ihm nachzuthun, fremde Länder und großer Herren Dienst aufzusuchen[WS 2], um Ehre und Wohlstand zu erlangen. Tiefere Kenntniß der Geschichte seiner Zeit, Einblick in die Politik darf man bei W. nicht suchen; er ist ein an der Oberfläche der Dinge haftender Erzähler und mannichfachen Stoff vermittelnder Sammler. Aber innerhalb dieser Grenzen muß sein Buch als sehr werthvoll bezeichnet werden. Charakteristisch ist sein Zorn über die Habsucht der Pfaffen, der übrigens in den Mainzer Wirren zwischen Geistlichkeit und Gemeinde eine besondere Anregung fand. Bei der Ausarbeitung hat er sich der Hülfe seines Schreibers Heinrich von Nürnberg bedient. Die Mittheilungen aus seinem Leben, von denen manche einer gewissen ursprünglichen Kraft der Darstellung nicht entbehren, lassen sich hier und da deutlich als stückweise Dictate erkennen. Sie treten freilich sehr zurück hinter der Masse der übernommenen Bestandtheile, namentlich der Zeitungen. Fremdartige Stücke, wie die Nachrichten über den heiligen Hieronymus, die Beschreibung des heiligen Grabes zu Jerusalem, die Weissagungen der heiligen Hildegard, fallen aus dem Rahmen des Sigmundbuches heraus. Ihre Aufnahme erklärt sich nur aus dem Begriff eines Hausbuches, für welches der Urheber ohne Rücksicht auf das eigentliche Thema Alles zusammenträgt, was ihn interessirt. Die in der Regel aus dem Gedächtniß gegebenen Jahreszahlen sind unzuverlässig; starke Irrthümer erscheinen darin nicht selten. Blinde Verweisungen und ungehörige Wiederholungen stören mehrfach; das Ganze läßt eine endgültige Redaction vermissen. W. ist offenbar gestorben, ehe es zu einer solchen kam.

Wir besitzen das im J. 1438 abschließende, dann aber noch weitergeführte Sigmundbuch in zwei Fassungen. Die erste, mit einem von W. selbst oder doch aus seinen Materialien beigegebenen, bis zu Ende des Jahres 1439 reichenden Anhang, der 1440 fertiggestellt wurde und wahrscheinlich mit der Sage von Alter und Entstehung der Städte Trier und Mainz geendigt hat, stellt sich in der aus Mainz stammenden, um 1500 geschriebenen Handschrift H dar und ist als die ursprüngliche zu betrachten. In ihr sind die Textabschnitte nur durch räumliche Trennung markirt. Die zweite Fassung führt unter Streichung einiger Ausführungen, namentlich solcher Mainzischen Inhalts, den Anhang bis in das Jahr 1443, indem sie eine Beschreibung der Krönungsfahrt König Friedrich’s anfügt. Sie ist 1443 nach Windeck’s Tode hergestellt und zerlegt den Text (oft sehr ungeschickt) in Capitel mit Ueberschriften und Abbildungen. Es scheint, [387] daß ein Exemplar des Sigmundbuches bald nach Windeck’s Tod in die Hände eines oberdeutschen, wahrscheinlich Straßburger Buchmalers gerathen ist, der das Werk durch Fortführung bis auf die Gegenwart und Illustrirung interessanter zu machen suchte. Abkömmlinge dieser Fassung liegen in den Handschriften G C V1 V2 vor, von denen der neue Herausgeber W. Altmann die am stärksten interpolierte (V2) seiner Ausgabe zu Grund gelegt hat.

Man hat W. auch eines der drei Gedichte über die Mainzer politischen Wirren der Jahre 1428/29 zuschreiben wollen, aber mit Unrecht, wie ich näher nachgewiesen habe (Forschungen z. deutschen Geschichte XXV, 99–112).

Ueber Windeck’s Leben hat zuerst Droysen in den Abhandlungen der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften III, 147–229 ausführlich gehandelt. Neuerdings Altmann S. XXV–XXXIX seiner Ausgabe (Berlin 1893), der S. 473–516 ein Urkundenanhang zur Geschichte Windeck’s beigefügt ist. – Zu vergleichen ist A. Wyß, Eberhard Windeck’s Buch von Kaiser Sigmund und seine Ueberlieferung. Leipzig 1894. Aus d. Centralbl. f. Bibliothekswesen XI, 433–483 besonders herausgegeben.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: zn
  2. Vorlage: aufzuzusuchen