ADB:Wolf, Christian Sigismund

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Artikel „Wolf, Christian Sigismund“ von Paul Tschackert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 543–545, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wolf,_Christian_Sigismund&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 23:56 Uhr UTC)
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Wolf ***): Christian Sigismund W., evangelisch-lutherischer Theologe, † 1699. W. wurde am 12. August 1632 in Berlin geboren, wo sein Vater Johann W. Pastor zum Heil. Geist, auch Beichtvater und Hofprediger des Kurfürsten war. Hier erhielt er seine Vorbildung, studirte darauf in Wittenberg seit 1651 und in Rostock seit 1653 und wurde 1655 Rector zu Parchim im Herzogthume Meklenburg. In dasselbe Jahr fällt seine Promotion zum Magister. Gegen Ostern des Jahres 1661 wurde er von dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg zum Pastor primarius und Inspector des Bisthums Lebus berufen; folgte aber 1667 einer Berufung in das Pastorat an der St. Nicolaikirche zu Berlin, wo er am Sonntage Invocavit eingeführt wurde. Das geschah gerade in der Zeit, als hier der confessionelle Hader fast unleidliche Verhältnisse geschaffen hatte. Daß diese Zustände nicht ausschließlich durch die orthodoxen Lutheraner verschuldet waren, sondern daß die Reformirten ebenso gehässig agitirten, kann heute als ausgemacht gelten. Auch W. hatte von den Reformirten viel zu leiden, „als welche ihm und seinem Kollegen den Consensum fundamentalem aufbürden, den Elenchum nominalem verbieten und die mutuam tolerantiam in thesi et antithesi anzunehmen zwingen wollten“. Da sie sich widersetzten, wurden zunächst Wolf’s Collegen aus ihren Aemtern entlassen. Als darauf W. bei einer „vornehmen“ Taufe, welcher hohe kurfürstliche [544] und „fürstliche Personen assistiren sollten“, den Ritus exorcismi auszulassen sich weigerte, wurde auch er abgesetzt. Er ging daher (1672) nach Hamburg, erhielt aber schon im folgenden Jahre das Inspectorat des Gymnasiums in dem damals unter schwedischer Herrschaft stehenden Bremen. 1674 begleitete er den schwedischen Gesandten Grafen Benedict Oxenstierna als Ober-Legationsprediger nach Wien. 1675 finden wir ihn von da wieder zurückgekehrt in Wismar. Im folgenden Jahre, 27. April 1676, führte ihn eine Berufung nach Hamburg in das Pastorat der dortigen Domkirche, mit dem er zugleich das Amt eines Lector secundarius der heil. Schrift erhielt. Am 24. August 1680 promovirte ihn die Kieler theologische Facultät zum Doctor der Theologie, nachdem er dort unter Kortholt disputirt hatte. Seinen vielfachen Verdiensten war es zuzuschreiben, daß er 1690 vom Könige von Schweden zum wirklichen Consistorialrathe und Beisitzer des Königlichen Consistorii in den Herzogthümern Bremen und Verden ernannt wurde. In dieser seiner amtlichen Function machte er 1699 eine Reise nach Stade; dort erkrankte er aber schwer; zwar erholte er sich noch einmal einigermaßen. Aber in Hamburg, wohin er sich begeben, kehrte die Krankheit wieder und raffte ihn noch in demselben Jahre dahin. Er starb am 2. Mai 1699 zu Hamburg im 67. Jahre seines Alters.

Von seinen Söhnen ist Johann Joachim W. Licentiat der Theologie und Prediger zu Magdeburg geworden.

Schriften. I. Lateinische: „Disputatio inauguralis de libero hominis arbitrio“, unter dem Vorsitze des D. Joh. Kortholt (Kiel 1674); „Diss. de libero arbitrio contra Pelagianos, Calvinistas, Remonstrantes et modernos Syncretistas, secundum libros ecclesiarum Lutheranarum symbolicos expedita“ (Hamburg 1675); „Programma invitatorium ad solennem panegyrin inauguralis aperturae Collegii cathedralis et lectiones de theologia Augustana anti-syncretistica“ (ebd. 1676); „Disputatio doctoralis de sensu fidei, electionis atque salutis charactere“, unter dem Vorsitz des D. Kortholt (Kiel 1680). – II. Deutsche: „Selige Nachfrage nach Christo, in einer Predigt zu Hamburg aus dem 3. Advents-Sonntags-Evangelio“ (Stade 1673); „Christianismus Salviani illustratus oder geläutertes Christenthum, in 2 Theilen verfasset, deren der erste vom wahren Christenthum und wahren Christen ingemein, der andere von dem wahren Tugendschatze eines jeglichen Christen in Gestalt etlicher Kleinode handelt“ (Ratzeburg 1678); „Thränenquelle öffentlich in unterschiedlichen Aufmunterungen vor bußfertigen Seelen oder Buß-Predigten über einige Oerter der Heil. Schrift angewiesen“ (ebd. 1682); „Golgatha oder Passionsbetrachtungen vom Fürsten des Lebens Jesu Christo und seinem heiligen Leiden und Sterben in 10 Predigten vorgestellet“ (Hamb. 1683); „Beweis, daß die evangelisch Luthersche die rechte Lehre sei, wider den Jesuiten Rudolph Dorth“ (ebd. 1689); „Christliche Betrachtung der Chiliastischen Visiologie, was nach der H. Schrift ohne Rhetorication davon zu halten? wobei erwiesen wird, daß die Einbildung der 1000jährigen Freude auf Erden eine Phantasei und die neue innerliche Offenbarung ein Fallstrick des leidigen Teufels sei“ (Ratzeburg 1692); „Glorwürdiges Ehrengedächtnis der mit Gott festgehaltenen Alliance oder Leich-Predigt über Carolum XI König in Schweden aus 2. Chron. XXXI, 20. 21 im Thume zu Hamburg gehalten“ (Hamb. 1698); „Geistlicher Herzwecker oder Erklärung des 51. Psalms in 10 Predigten“. Außerdem hinterließ er handschriftlich „Biblischer Seelenschatz“ und „Nicodemus“.

Vgl. Moller, Cimbria literata.Fabricii Pietas Hamburgensis in celebratione Solemni Jubilaei bis secularis Augustanae Confessionis publice testata. — Fortgesetzte Sammlung von Alten und Neuen Theol. Sachen, 1730, S. 822. — Beuthner’s Hamburgisches Staats- und Gelehrten-Lexicon. [545] — (Zedler’s) Universallexikon 58. Bd. (1748), Sp. 679 ff. – Jöcher, Gelehrtenlexicon IV. Theil (1751), Sp. 2046.

[543] ***) Zu Bd. XLIII, S. 728.