Zum Inhalt springen

ADB:Wolfgang, Johann Georg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wolffgang, Johann Georg“ von Werner Weisbach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 61–63, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wolfgang,_Johann_Georg&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 10:45 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 44 (1898), S. 61–63 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Georg Wolfgang in der Wikipedia
Johann Georg Wolfgang in Wikidata
GND-Nummer 122781961
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|44|61|63|Wolffgang, Johann Georg|Werner Weisbach|ADB:Wolfgang, Johann Georg}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=122781961}}    

Wolffgang: Johann Georg W., Kupferstecher, wurde im J. 1664 in Augsburg geboren. Mit seinem Bruder Andreas Matthaeus zusammen erhielt er bei seinem Vater Georg Andreas W., der ebenfalls Kupferstecher war, den ersten künstlerischen Unterricht. Um sich weiter auszubilden, gingen die Brüder im J. 1684 nach Amsterdam. Von dort aus unternahmen sie einen Ausflug nach England, wurden indessen auf der Rückfahrt von algierischen Korsaren gefangen genommen und nach Algier mitgeführt, wo sie die niedrigsten Sclavendienste verrichten mußten. Durch Vermittelung eines Juden gelang es ihnen schließlich, mit ihrer Vaterstadt Verbindungen anzuknüpfen und durch ein Lösegeld, das ihr Vater zahlte, die Freiheit zu erlangen. Nach Augsburg zurückgekehrt, war Johann Georg bis zu seiner Verheirathung mit Maria Barbara Lomer im J. 1696 gemeinschaftlich mit seinem Vater thätig. Im J. 1704 wurde er laut Patent vom 19. Februar zugleich mit dem Augsburger Kupferstecher Elias Christoph Heiß zum königlich preußischen Hofkupferstecher ernannt. Sie waren beide am königlichen Hofe in Cleve erschienen, um dort von ihrem neuen Herrn ihre Aufträge entgegenzunehmen. Wolffgang’s Berufung erfolgte wesentlich, um an der neu errichteten Akademie der Künste und Wissenschaften in Berlin zu wirken und zugleich die kürzlich erfolgte Königskrönung in einer Reihe von Stichen darzustellen. Anfangs scheint er sich dort in ziemlich drückender Lage befunden zu haben, die er dem Könige in einem Schreiben schildert, in dem er um die Pension des verstorbenen Malers de Clerck bittet. Diese wurde ihm auch am 29. Juni 1705 in der Höhe von 200 Thalern gewährt. Am 4. Juli 1707 erhielt er die Weisung, von jeder Kupferplatte, die auf Befehl des Königs angefertigt würde, 100 Abdrücke an den Director der Kunstakademie einzuliefern. Der König sorgte auch dafür, daß der Künstler für seine Arbeit in den Besitz von gutem Material gelangte und ließ zwei messingene Pressen zum Abziehen der Platten für ihn herstellen, die im J. 1730 wegen möglicher Feuersgefahr auf Befehl aus seinem Hause in die Bibliothek gebracht wurden. Bis zu seinem am 21. December 1744 erfolgten Tode lebte W. in der preußischen Hauptstadt. – Während seines langen Lebens schuf er eine beträchtliche Anzahl von Werken. In seinen jungen Jahren suchte er sich an den Stichen Edelinck’s zu bilden und copirte verschiedene von diesen, so besonders das nach Lebrun gestochene Crucifix und eine Maria Magdalena. Von Arbeiten, die er in Augsburg schuf, ist ferner noch die von ihm in Gemeinschaft mit Jacob Müller illustrirte Symbolographie des Jacobus Boschius, die im J. 1701 bei Caspar Beucard (Augsburg und Dillingen) erschien, sowie die allegorische Verherrlichung eines gewissen Weiße nach Joh. Andr. Thelot (1702) zu erwähnen. Die Thätigkeit Wolffgang’s in Berlin ist zum Theil eine nur in sehr geringem Maße künstlerische gewesen. Von Seiten des Hofes erhielt er eine Reihe von Aufträgen, bei denen es mehr auf sachlich getreue Darstellung, als auf künstlerische Wiedergabe ankam. So hatte er gleich nach seiner Ankunft einen großen Kupferstich nach Schlüter’s Standbild des Großen Kurfürsten anzufertigen. Die Krönungsceremonie, zu deren Herstellung er nach Berlin berufen war, erschien im J. 1712 bei Ulrich Liebpert unter dem Titel: „Der Königlich-Preußischen [62] Crönung Hochfeierliche Solemnitäten. – – – – In zwantzig Kupffer-Platten vorgestellet Durch Joh. G. Wolffgang.“ (Text von Joh. von Besser.) Im gleichen Verlage erschien ein „Trauer-Ehren-Gedächtnis“ für die Königin Sophie Charlotte und für den König Friedrich I. mit Kupfern von Wolffgang. Für das letztere Werk wurden 17 Platten durch den Kupferstecher Otte angefertigt. Ferner bewahrt das königl. Kupferstich-Cabinet in Berlin einen kleinen „Schreib Calender vor den königl. Preuss. Hoff auf das Jahr MDCCXXXIII“, den W. mit Kupfern ausgestattet hat. Auch zur Wiedergabe von Festlichkeiten, die am Dresdener Hof stattfanden, wurde er herangezogen. Im Dresdener königl. Kupferstich-Cabinet befinden sich 26 Stiche eines Damencaroussels, von W. in den Jahren 1718/19 nach Vorlagen von Johann Samuel Mock angefertigt. – Das Beste leistete der Künstler entschieden auf dem Gebiete des Porträtfaches. Eine beträchtliche Reihe von Bildnissen ist uns von seiner Hand erhalten, zum größten Theil nach Gemälden von Antoine Pesne. Seine Stellung am preußischen Hof brachte es natürlich mit sich, daß er eine Anzahl Porträts von Angehörigen des königlichen Hauses in Kupfer stach. Er schuf mannigfache Bildnisse der drei preußischen Könige, in deren Diensten er stand, der Königinnen, sowie einzelner Mitglieder des Hofes. Von Darstellungen bekannterer Zeitgenossen sind u. A. erhalten Porträts von G. F. Händel (nach einem Gemälde des G. A. Wolffgang), Aug. Herm. Francke, J. Ernst von Grumbkow etc. – Die Arbeiten Wolffgang’s auf dem Gebiete des Porträtstiches sind sehr ungleich; daher ein großer Abstand zwischen seinen besten und den geringeren Leistungen. Er bemühte sich, in seinen Stichen die Technik der Franzosen nachzuahmen, vermochte jedoch deren Effecte, namentlich in der wirkungsvollen Gegenüberstellung von Licht- und Schattenpartien nicht zu erreichen. Besondere Sorgfalt verwendet er auf die Modellirung des Gesichtes, die er bei seinen besten Arbeiten in peinlichster Weise durchführt. Eine kräftige Wirkung erzielt er niemals. Seiner Darstellungsweise haftet etwas Weichliches an. Frauenbildnisse gelingen ihm daher am besten. Ihre zarten Fleischtöne weiß er durch Anwendung feiner Uebergänge der Strichlagen in anmuthiger Weise wiederzugeben. Vortrefflich ist ihm namentlich das Brustbild der Freifrau Beata Sophia Juliana von Ende geglückt, ein lebensvolles, liebreizendes Gesicht mit großen schelmischen Augen (1717). Vornehm in der Haltung ist das Porträt der Königin Anna von Großbritannien. Auch die Bildnisse des Fräulein Catharina Elisabeth von Chwalkowska nach Pesne (1713) und der Frau Elisabeth Charl. Mylius (1726) gehören zu den besten Leistungen des Künstlers. Alle seine Frauenporträts zeigen eine elegante Behandlungesweise, wie er sie von den Franzosen gelernt hatte. Eine natürliche, keine gesuchte Anmuth macht sich bei ihnen in Haltung und Ausdruck bemerkbar. Bei den männlichen Bildnissen tritt die mangelnde Kraft in der Grabstichelführung vielfach störend hervor. Eins der bekanntesten ist das Porträt des Goldschmiedes Dinglinger nach Pesne (1722), (abgebildet bei Seidel a. a. O.). Bei großen Blättern, wie diesem u. a., fallen Mängel, wie die einförmige Behandlung des Hintergrundes, die ungenügende, zu wenig energische Gegenüberstellung von Licht- und Schattencontrasten in weit höherem Grade auf als bei Stichen kleineren Formates. Unter diesen giebt es einige, namentlich von Männern mit weichen Gesichtszügen, die ganz vortrefflich sind: vor allem das fein abgestimmte Bildniß des Kölner Erzdiakons Johannes Schindler nach S. Beesendorff, sowie das Porträt des Professors Friderich Hoffmann nach Pesne und das kleine zierliche Brustbild des Eosander v. Göthe, ebenfalls nach Pesne. – Ist W. auch gerade keine bedeutende künstlerische Erscheinung, so ragt er doch über das Mittelmaß der deutschen Kupferstecher damaliger Zeit hinaus. Er darf in Berlin als ein Vorläufer des großen Georg Friedr. Schmidt angesehen werden, dem allerdings von dem [63] Handwerksmäßigen, das bei W. doch vielfach hervortritt, nichts mehr anhaftet. Ob Schmidt an der Berliner Akademie, an der er seine erste Ausbildung erhielt, den Unterricht Wolffgang’s genoß, läßt sich mit Sicherheit nicht feststellen.

Reisen und wunderbare Schicksale zweyer in die Algierische Leibeigenschaft geratener Brüder Andr. Matth. u. Joh. G. Wolffgang – – – von dem Sohne eines derselben. 1767. – Huber u. Rost, Handbuch für Kunstliebhaber und Sammler. Zürich 1796. Bd. 1, S. 317. – Nicolai, Beschreibung der Königl. Residenzstädte Berlin und Potsdam. Berlin und Stettin 1786. Anhang. S. 120. – Nagler, Künstler-Lexikon 1852. Bd. 22, S. 64. – Seidel, Die Berliner Kunst unter Friedr. Wilhelm I. Ztschr. f. bild. K. 1888. S. 196.