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Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section/H22

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Heft 21 des Leipziger Kreises Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke (Hrsg.)
Heft 22 der Section Leipziger Kreis
Heft 23 des Leipziger Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Rochlitz
  2. Paunsdorf
  3. Güldengossa
  4. Neukirchen bei Wyhra


[169]
Rochlitz,


in einer fruchtbaren und anmuthigen Gegend, auf dem linken Ufer der Zwickauer Mulde, 8 Meilen von Dresden, 5 Meilen von Leipzig, 3 bis 4 Meilen von Chemnitz und Altenburg gelegen, zieht sich nahe an der Mulde von dem östlichen Ausläufer des bekannten Rochlitzer Berges über eine kleine Anhöhe hin. Auf einer nur durch Menschenhände vom Berge getrennten Anhöhe erblickt man das altehrwürdige, in der Abbildung befindliche, 3 Etagen hohe Schloss. Es ist ein alterthümliches aus mehrern grösseren und kleineren Häusern zusammengesetztes Gebäude, das mit der Stadt und dem Berge durch steinerne Brücken verbunden ist, von denen aus man eine der herrlichsten Aussichten auf den Fluss und die Stadt geniesst.

Das Schloss selbst zieren zwei hohe viereckige Thürme, sonst die Rochlitzer Jupen genannt, welche von einer ungeheuren Stärke der Mauern sind und wahrscheinlich erst im Jahre 1390 erbaut wurden.

Zwischen Stadt und Mulde zieht sich eine bald schmälere, bald breitere Ebene hin, über welche sich im Norden der Stadt die fruchtbaren sogenannten Pfarrfelder befinden, die im Westen durch einen fruchtreichen Berg begrenzt werden. Die schönste Aussicht hat der Beschauer vom Rochlitzer Berge oder den Steinbrüchen. Von diesem Berge aus übersieht man das Muldenthal eine Stunde weit und die darüber liegenden Höhen bis zu den böhmischen Gebirgen. Hart an den dunkeln Wald, welcher sich allmählig zur Mulde hinabsenkt, schliesst sich hier Schloss und Stadt in einer Entfernung den Wandrer, die Alles mit einem nicht zu beschreibenden Zauber überkleidet. Im Nord-Osten wird das Colditzer Schloss sichtbar, während im Süd-Ost das Auge die herrliche Sedlitzer Kirche und eine grosse Anzahl von Dörfern mit Obstgärten erblickt.

Wenn und von Wem eigentlich das ursprüngliche Schloss erbaut worden ist, lässt sich mit Bestimmtheit nicht ermitteln. Als Stadt wird Rochlitz zuerst im Jahre 1010 vom Bischof Dittmar zu Merseburg erwähnt; allein vorher schon war eine Burg hier, an deren Stelle im 11ten Jahrhundert ein neues Schloss mit fünf Thoren und drei Zugbrücken erbaut wurde, welches als eine starke Veste galt und ihren besonderen Schloss-Commandanten hatte.

Die Grafen von Rochlitz sind als die ersten Besitzer dieser Veste uns bekannt. Kaiser Konrad III. gab die Grafschaft Rochlitz im Jahre 1143 dem Markgrafen Konrad von Meissen zum erblichen Eigenthume, dessen dritter Sohn, Dedo, sich lieber einen Grafen von Rochlitz als einen Markgrafen der Lausitz nennen liess. Im Jahre 1210 belieh Kaiser Otto IV. den Markgrafen Dietrich den Bedrängten von Meissen mit der, durch das Erlöschen der Linie Dedos dem Reiche anheimgefallenen, Grafschaft Rochlitz, welche seit dieser Zeit fortwährend im Besitze der Meissnischen Markgrafen geblieben ist. Das Schloss wurde deshalb später oft von fürstlichen Personen bewohnt. Rochlitz war die Residenz der Herzogin Amalie von Bayern, Schwester der Herzöge Ernst und Albert, (1483 bis 1502); des deutschen Ordens Hochmeisters Friedrichs dritten Sohnes des Herzog Albert († 1510) und des Herzog Johann, des Sohnes Georgs des Bärtigen († 1537, wie man gewöhnlich findet, aus Aerger über ein unfeines Wort Luthers.)

Johanns Wittwe, Elisabeth von Hessen, erhielt Rochlitz zum Leibgedinge und Wittwensitz, bewies sich ganz als Landesherrin, führte die Reformation ein und baute unter andern auch die nahen Landstrassen. Ihr Bruder, Philipp, besuchte sie im Jahre 1838[VL 1] und hielt auf dem Markte zu Rochlitz ein Turnier ab; ihr damaliges Hoffräulein Marie von der Sahle liess er sich später an die linke Hand trauen.

Diese Elisabeth hielt es nachher mit der Parthei Johann Friedrichs, welcher mit ihrer Hülfe am 3ten März 1547 allhier den Markgrafen Albrecht von Brandenburg in der Morgendämmerung von Chemnitz aus überfiel, als er zu Moritzens Corps stossen wollte, ihn schlug, ihn selbst und den Landgraf von Leuchtenberg gefangen nahm und mit ihnen nach Geithain zog. Albrecht, welchen Elisabeth berauscht hatte, entkam mit Noth.

[170] Der Churfürst entliess die Gefangenen auf ihr Ehrenwort und – in der Mühlberger Schlacht waren sie wieder seine Gegner.

Bald nachher musste Elisabeth vor Moritzens Unwillen weichen.

Im Jahre 1530 grassirte in Leipzig die Pest auf eine furchtbare Weisse, wovon Rochlitz verschont blieb, weshalb in dieser Zeit die Universität, das Oberhofgericht und der Schöppenstuhl von Leipzig hierher verlegt wurde.

Später, im Jahre 1591, fiel Rochlitz der Wittwe Christians[WS 1] I. der Sophie von Brandenburg zu. Auch die Wittwe Johann Georg I. besass Rochlitz als Leibgedinge und im 17ten Jahrhundert das Fräulein Magdalena Sybille von Neitschütz.

Das jetzige Schloss ist indessen nur die obere Hälfte des alten doppelten Schlosses. Denn bis zum 20. September 1632 bedeckte einen Theil des Hügels an der Petrikirche (wovon wir weiter unten sprechen werden), woraus jetzt Gärten formirt sind, das tiefer gelegene und daher sogenannte untere Schloss, welches damals mit einem grossen Theile der Stadt verbrannte, ungeachtet die mitten innen liegende Petrikirche verschont blieb.

Im dreissigjährigen Kriege musste der verschont gebliebene Theil des Schlosses viele Belagerungen aushalten. Das obere Schloss diente als Vestung, welche die Sachsen den 31. Juli 1644 den Schweden abnahmen, worauf letztere es seit dem 30. November 1644 belagerten, aber nicht eroberten; die zweite Belagerung hingegen, 1645 vom 24. Febr. bis zum 3. August endigte mit der Uebergabe.

Eine Zeit lang diente auch das hiesige Schloss als Staatsgefängniss wozu die an der südwestlichen Seite des Schlosses die zwei ganz egal gebauten Thürme dienten, welche, wie oben schon erwähnt wurde, die Rochlitzer Jupen hiessen, (wahrscheinlich ihrer Form wegen so genannt.)

Man pflegte von diesem Staatsgefängniss, den Rochlitzer Jupen, zu sagen, dass der, welcher sie anhabe, weder friere, noch sie ausziehen könne. In diesen Rochlitzer Jupen sass unter Andern auch Dr. Peucer, Melanchthons Schwiegersohn und Leibarzt des Kurfürsten August I., wegen Verdachts des Kriptocalvinismus.

Später wurde das Schloss zum Sitze der Justizbehörde, des Rentamtes und der Kreissteuereinnahme erkoren und ist von diesen Behörden bis auf die neueste Zeit bewohnt worden. Einige Jahre hindurch befand sich auch auf demselben die Expedition der Amtshauptmannschaft.

Ueber die Entstehung des Namens der Stadt existiren übrigens sehr verschiedene Versionen. Die Einen wollen den Namen von einem slavischen Worte herleiten, welches einen Ort mit vielen Holzwegen oder Rissen bedeutet. Es münden gerade hier allerdings sehr viele kleine enge Thäler ins Muldenthal ein, und noch zu Ende der 30er Jahre konnte man nicht in die Stadt einfahren, ohne zuerst einen unangenehmen Hohlweg passirt zu haben.

Die Andern wollen den Namen von den im Stadtwappen befindlichen zwei Figuren des Schachspieles, von den zwei Rochen herleiten.

Die Erklärung einer dritten Parthei, dass der Name von den rothen Steinen, welche hier gebrochen werden, herrühre, ist diejenige, welche die wenigste Wahrscheinlichkeit für sich hat, und die erstere Meinung ist wohl die richtigere.

Die ersten Anlagen zur Stadt sind beim Schlosse zu suchen, wo durch dessen Nähe nur die kleine Anhöhe etwas geschützt war. Später entstand die sogenannte breite Gasse, hinter der man noch in den neuesten Zeiten die Spuren der ursprünglichen Stadtmauer bemerken konnte. Im Anfange des 11ten Jahrhunderts war die innere Stadt bereits schon angelegt, wogegen erst zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts die Stadtmauer erbaut wurde, welche die alte Stadt ausschloss.

Die im Osten an das Schloss angebaute Kapelle beweist, dass die Besitzer und Herren von Rochlitz kirchlichen Sinn und frommen Glauben bewahrten.

Mit dem Ausbaue der Stadt vermehrten sich auch die Tempel des Herrn, unseres Gottes und so entstanden nach und nach drei Kirchen die Petri-, die Kunigunden- und die heilige Geist-Kirche.

Unmittelbar am Schlosse, mit dem sie früher durch einen hölzernen Gang verbunden war, auf einer kleinen Anhöhe zwischen der Peniger Strasse und der Mulde steht die Petrikirche. Den Grund zur ersten christlichen Kirche an diesem Platze legten Kaiser Heinrich I. und seine Gemahlin Mathildis, Tochter des Grafen Dietrich zu Ringelheim, zwischen 910 und 938, weshalb auch diese Kirche einen Kelch früher mit der Inschrift besessen hat: Henricus et Mathildis me compararerunt.

Die Petrikirche ist ein gothisches Gebäude mittlerer Grösse, von Rochlitzer Quadern aufgeführt, durch viele Pfeiler von massiger Breite geschützt.

Der Wanderer, welcher die andern Kirchen der Stadt in Augenschein nehmen will, muss die kleine Anhöhe nach der Stadt zu herabgehen, wobei ihm das alte Diaconat rechts bleibt, und am Garten der Superintendentur hin, von wo sich der Weg rechts den Berg hinauf zieht.

Oben erinnert der Brunnen linker Hand, der Schulborn, durch seinen Namen, dass vor alter Zeit in dieser Gegend die Stadt stand, und der Graben, der noch sichtbar ist, zeigt, dass die innere Stadt anfängt, weshalb auch früher ein Thor, das Oberthor, hier stand. Beim Eintritt in die nun folgende Burggasse zeigt sich in der Form ein hoher weisser Thurm mit Schieferdach. Auf diesen zu ist die Richtung des Weges einzuschlagen und bald gelangt man auf den breiten und ebenen Marktplatz, der rings um von neuen freundlichen Häusern umgeben und im Osten durch das Rathhaus begrenzt wird, welches einen freundlichen Anblick gewährt. Den Markt rechts lassend, wenden wir an den Häusern der sogenannten Sommerseite uns hin, wobei wir die Bemerkung machen, dass für verdeckte Schleusen, reinliches Pflaster und nächtliche Beleuchtung sehr gut gesorgt ist – und gelangen weiter unten an einen andern, auch ebenen und regelmässigen Marktplatz, den Topfmarkt. Von ihm aus führt eine schmale Gasse, die Kirchgasse, weiter und kaum in dieselbe eingetreten so erblickt auch unser Auge die westliche Seite der Kunigundenkirche, ein edles gothisches Bauwerk des funfzehnten Jahrhunderts, welche einer besondern Beschreibung vom verstorbenen Dompropst Dr. Stiglitz [171] gewürdigt worden ist in seiner Schrift über die Kirche der heiligen Kunigunde zu Rochlitz und die Steinmetz-Hütte daselbst, mit der er 1829 dem berühmten Prof. Dr. Daniel Beck, als einem der Ersten, die der richtigen Ansicht über das Mittelalter den Weg bahnten, zu seiner 50jährigen Lehrthätigkeit gratulirte.

Wer der eigentliche Erbauer der Kunigundenkirche war, ob der deutsche König Heinrich II. selbst, der nebst seiner Gemahlin Kunigunde zweimal hier abgebildet ist, oder der Markgraf Hermann von Meissen, der jenem seine Würde zu danken hatte, bleibt ungewiss, nur so viel steht fest, dass die Kirche an 850 Jahre alt ist.

Unter mehreren Epitaphien sieht man auch das des sächs. Schlosscommandanten Engelin, der sich 1644 gegen den schwedischen General Königsmark so tapfer behauptete.

Endlich findet man die dritte Kirche vor dem untern Thore, welche an die vordere südwestliche Seite des Gottesacker stösst. Dieselbe ist ein weniger bedeutendes Gebäude, welches für eine Filialkirche der Kunigundenkirche gilt.

Sie heisst auch die Spitalkirche, weil das Hospital daran angebaut ist, zu welchem die Landgräfin Elisabeth von Hessen, geborne Prinzessin von Sachsen, 1300 Gülden legirte.

In der Nähe des Hospitals führt über die Mulde die berühmte Brücke, welche eine der längsten Brücken Sachsens ist, abgerechnet die Dresdner und Meissner Elbbrücken.

Historisch merkwürdig ist der Rochlitzer Bund den die drei Markgrafen gegen Böhmen im Jahre 1401 schlossen, dessen baldige Folge die Belagerung von Prag war.

Aber auch in der Industrie ist Rochlitz nennenswerth. Denn die Zeug- und Merinosfabriken von hier haben einen bedeutenden Namen erlangt, weil solche hinter der Zeit nicht zurückgeblieben sind, sondern mit allen Fabriken des Auslandes zu wetteifern suchten.

Von besonderem Interesse sind der oben schon berührte Rochlitzer Berg oder die Steinbrüche, indem sich dieser Berg durch seine Gebirgsart, einen festen Porphyr, von allen umliegenden Bergrücken und Bergen absondert und als ein völlig isolirtes Mittelgebirge betrachtet werden muss. Dieser Porphyr besteht aus einem Gemenge von sehr verhärtetem Thon und äusserst feinen, aber sehr zahlreichen Quarztheilen und würde nur ein zelliges, lockeres Ansehen haben, wären nicht die kleinen Zellen wieder mit einem weichern Thon ausgefüllt, der gewöhnlich eine Fleisch- oder ziegelrothe, zuweilen auch eine weisse oder bläuliche Farbe hat. Der gewöhnliche Name dieses Porphyrs ist „Rochlitzer Stein“. In allen Brüchen, in den tiefsten sogar, hat man ihn durchaus ohne horizontale Klüfte gefunden, dagegen sind perpendiculäre Klüfte sehr häufig. Diese Klüfte sind nicht selten mit dem sogenannten Rochlitzer Steinmark ausgefüllt, welches man vom Zwickauer Steinmark (oder der sächsischen Wundererde) wohl unterscheiden muss: Es besteht in einer fleischfarbigen thonähnlichen Rinde, welche im Gestein von einer seifenartigen Weichheit gefunden wird, zu Tage aber allmählig verhärtet. In den alten Zeiten schrieb man diesem Steinmark so viel Heilsamkeit zu, dass ein besonderes Edict vom Jahre 1595 seinen Verkauf einschränkte und regulirte; später wurde dieses Edict wieder aufgehoben. Vorzüglich wirksam soll sein Gebrauch gegen gewisse Pferdekrankheiten sein.

In der Menge der intressanten Gesichtspunkte von diesem Berge starrt das Auge ungewiss umher, denn jede Seite hat ihre besonderen Reize, doch vor allen zwingt das Hochgebirge am südlichen und südöstlichen Horizonte zur Betrachtung und Bewunderung.

Am entzückendsten ist aber ganz nahe das vielfach gekrümmte Muldenthal. Wie ein grosser Garten breitet sich die nächste Gegend jenseits der Mulde mit ihren fast unendlich vielen Dörfern, Obstalleen, Plantagen u. s. w. aus und ihre Reize erhebt der schöne Muldenspiegel.

In Nord und Ost ergiesst der Blick sich in ferne Ebenen und in lieblicher Ferne erscheint noch der Petersberg bei Halle.

Interesse bietet auch im Norden das Hohburger Gebirge jenseits Wurzen.

Man zählt überhaupt 20 bis 22 Städte und 8 Bergschlösser, welche hier sichtbar sind. Vorzüglich aber giebt die vortreffliche Gruppirung der Objecte der Aussicht ihre Schönheit, eine gemüthliche und doch zugleich erhebende Stimmung durchdringt unwillkührlich von hier aus den Beobachter.

Rochlitz ist eine Stadt von 456 Häusern mit 4596 Einwohnern und der Sitz eines Bezirksgerichts und eines Gerichtsamtes, einer Amtshauptmannschaft, eines Superintendenten, zu dessen Inspection 91 Ortschaften gehören, nämlich vier Städte, 87 Dörfer, 23 Kirchen, darunter 18 Haupt- und Mutterkirchen, vier Filialkirchen und eine Begräbnisskirche, mit 21 Geistlichen, 37 Schulen mit 49 Lehrern und 25,000 Seelen.

Dem Stadtrathe zu Rochlitz steht das Collaturrecht über die Kunigundenkirche zu, während das Cultusministerium solches über die Petrikirche übt.

Rochlitz die Stadt mit ihren Behörden ist dem Regierungsbezirke Leipzig zugewiesen.

M. G.     



[172]
Paunsdorf


mit Schönfeld, dem heiteren Blick, Sommerfeld, Mölkau, Stünz und Sellerhausen rainend, ist 450 pariser Fuss über das Meer erhaben und die Gegend erhebt sich von hier sehr merklich gegen Nordosten.

Das frühere alte Schloss, dessen Erbauer nicht bekannt ist, brannte am 18. October 1813 ab und die jetzigen Rittergutsgebäude sind daher in ganz neuem Styl erbaut.

Das altschriftsässige Rittergut gehörte in früheren Zeiten der Familie von Thümmel, von welcher es der Geheime Kammerrath und Bürgermeister zu Leipzig, Herr Dr. Christian Wilhelm Küstner acquirirte, von dem es später an Professor Arndt in Leipzig kam. Dann war es Eigenthum der Körner’schen Familie. Jetzt besitzt solches seit 1844 H. Alwin Körner.

Paunsdorf hat eine sehr nutzbare Oeconomie und beträchtliche Schäferei. Auch gehören zum Gute einige Teiche und die mit demselben durch eine schöne Lindenallee verbundene im Süden stehende Windmühle. Die früher so frequente Chaussee von Leipzig nach Dresden berührt das östliche Ende des Ortes.

Paunsdorf ist geschichtlich merkwürdig geworden durch die Leipziger Völkerschlacht. Paunsdorf bildete einen Hauptpunct, dessen endliche Erstürmung durch das Armeecorps des Königs von Schweden besonders mit Hülfe Congrevescher Raketen zur Entscheidung der Schlacht viel beitrug.

Bei Paunsdorf erfolgte auch der Uebergang der sächs. Truppen zu dem Heere der Verbündeten, ein Umstand, der zu Napoleons Verderben ebenfalls viel mitwirkte.

Paunsdorf hat in jener Zeit unsaglich viel gelitten, der grössere Theil des Dorfes wurde ein Raub der Flammen und Vieh und Wirthschaftsgeräthe ging durch Plünderung verloren.

Indessen haben die Einwohner sich bald wieder erholt. Die vielen hier erbaut werdenden Küchengewächse verschaffen einen reichlichen Gewinn und das nahe Leipzig bietet den übrigen Einwohnern, welche dort Arbeit suchen, hinreichende Beschäftigung. Im Jahre 1814 erhielt Paunsdorf von dem Leipziger Unterstützungsverein zur Wiederaufhülfe 2620 Thaler. Die Zahl der abgebrannten Häuser in der Leipziger Schlacht betrug 35.

Die Gemeinde bildet einen eigenen Schulbezirk, und hat jetzt sein eignes Schulhaus, während sonst sich die Schule und Lehrerwohnung in einem gemietheten Locale befand. Das Collaturrecht über die Schulstelle hat die Gemeinde.

Die dasige Kirche hat der vormalige Gerichtsherr Dr. Christian Wilhelm Küstner im Jahre 1784 grösstentheils auf eigne Kosten aufführen lassen, doch musste bereits im Jahre 1839 der Thurm, welcher einzustürzen drohte, wieder abgetragen werden.

Zur Besorgung des Gottesdienstes in dieser Kirche besteht seit fast dreihundert Jahren die Einrichtung, dass ein Candidat des Predigtamtes in Leipzig als Katechet oder Hülfsprediger drei Sonntage hinter einander predigt und der Pfarrer von St. Thekla am vierten Sonntage die Predigt und Communion hält, der Katechet predigt alsdann in St. Thekla und Mockau. St. Thekla als Parochie hat zwei Tochterkirchen unter sich, wovon eine eben Paunsdorf, die andere Mockau ist. St. Thekla hat wohl eine der ältesten Kirchen hiesiger Gegend. Sie ist, wie bekannt, auf einem Hügel erbaut, der früher als heidnischer Opferplatz gedient haben mag. In der Volkssprache wird sie „die Tiegelkirche“ genannt.

Als Schutzpatronin muss man dem Namen zufolge, die heilige Thekla betrachten.

Diese Thekla war, wie die Legende erzählt, die Tochter eines reichen Bürgers in Ikonium, der Hauptstadt Lykaonines in Kleinasien, und die Verlobte eines jungen Mannes Namens Thamyrus. Als der Apostel Paulus nach Ikonium kam, um das Evangelium zu verkündigen, hörte ihn auch Thekla, welche, da ihre Wohnung der seinigen gegenüber lag, seine Predigten recht gut hören konnte. Sie gab, ergriffen von der Rede des Apostels, dem Pförtner seiner Wohnung ihr kostbares Ohrgehänge, um Zutritt zu dem Gottesmanne zu erlangen und wurde bald darauf Christin.

Sie wurde dann von ihrer Mutter und ihrem Bräutigam angeklagt und vom Richter zum Feuertode verurtheilt. Nach der Legende blieb sie von den Flammen verschont, und als sie von wilden Thieren zerrissen werden sollte, liebkosete sie der eine der Löwen und auf diese Weise erfolgte ihre Rettung.

Die Nachwelt hat sie zur ersten Märtyrerin erhoben und als Heilige verehrt.

[173] In dieser Kirche zu St. Thekla ist ein Bild Luthers vom Jahre 1532. Dieses Bild ist in übergoldetes Leder gepresst und sehr schön zu nennen.

Die Predella des Altarschreins zeigt in einem Gemälde die Vision eines heiligen Papstes, dem, als er vor dem Altare kniet, der Heiland erscheint, bedeckt mit Blut und Wunden. Auch ist die ganze Leidensgeschichte Jesu in verschiedenen Köpfen und Zeichen dargestellt. Neben dem Altar rechts ist noch das Tabernakel zu sehen, davor befindet sich eine alle eiserne durchbrochene Thüre.

An einigen Seiten des Hügels, worauf die Kirche steht, sind noch Ueberreste von den doppelten Gräben zu finden, welche die Schweden im 30jährigen Kriege anlegten, um den Berg als Schanze zu benutzen.

Die Aussicht von demselben auf die Parthenaue herab, von Plaussig bis nach Schönfeld, ist wahrhaft entzückend. Die Menge Dörfer, Leipzig und Taucha, welche das Auge erschaut, gewähren ein liebliches Bild.

Die Kirche in Paunsdorf enthält nichts besonders Erwähnenswerthes. Sie steht ziemlich am östlichen Ende des Dorfes und diente von jeher jeden angehenden Candidaten der Theologie als geeignete Stelle, ihre ersten Proben in der Kanzelberedtsamkeit abzulegen.

Manchen ältern Pastor hört man oft mit Thränen der Rührung heute noch erzählen: In Paunsdorf habe ich meine erste Predigt gehalten; in Paunsdorf habe ich zuerst Muth gefasst, als Prediger öffentlich aufzutreten.

Das Collaturrecht über die Kirche zu St. Thekla steht dem Leipziger Stadtrath zu und sind in die Kirche zu St. Thekla eingepfarrt Cleuten, Plösen und Neutzsch.

Durch die Filiale Paunsdorf und Mockau sind Geschäfte und Einkommen des Pfarrers ansehnlich. Wenn der Pastor für Paunsdorf keinen Katecheten hält, so muss derselbe Sonntags früh drei Mal predigen und einen Weg von drei Stunden machen.

Paunsdorf hat ausser dem Rittergute der Kirche und Schule noch zwei ansehnliche Gasthöfe, 12 Güter und 68 Häuser und gehört mit 800 Einwohnern zum Gerichtsamt Taucha, zum Bezirksgericht Leipzig.

M. G.     





Güldengossa.


auch schlechthin Gossa, Jossa, die güldene Gosse genannt, liegt in einem kleinen Thale und bildet mit Liebertwolkwitz und Wachau ein vollkommenes Dreieck, von dem es gegen Süden die Spitze desselben bildet. Es ist zwei Stunden von Leipzig entfernt und liegt im Bereiche der Leipziger Schlacht.

Napoleon hatte, um die grosse Böhmische Armee auf diesen Punkt zu ziehen, schon mehrere Tage vor der Schlacht die Höhe zwischen Güldengosse und Göhren, aus dem 7jährigen Kriege her der Wachberg genannt, verschanzen und mit Kanonen besetzen lassen, zum Schein, als wolle er von hier aus den Verbündeten den Weg nach Leipzig streitig machen. Vielleicht auch, dass diese Verschanzungen bei einem Rückzuge der Alliirten deren Niederlage vollenden sollten.

Nur erst dann, wie Napoleon den ersten Endzweck dieser Befestigungen erreicht hatte und sich die verbündeten Truppen von Altenburg und Borna her zahlreich vor denselben sammelten, wurde die Anhöhe den 13. October am späten Abend verlassen und der Rückzug nach Wachau angetreten und hiermit der Marsch auf das angewiesene Schlachtfeld der grossen Böhmischen Armee freigegeben. Um 8 Uhr des Morgens vom 16. October stand die kaiserl. Oesterr. Armee in einer Linie, mit dem linken Flügel an der Pleisse gelehnt, den Rücken an Krostewitz, die Schäferei Auenhain, Güldengosse und die nordwestliche Spitze des Universitätholzes gestützt, den rechten Flügel an Grosspössna und Seifertshain ruhend, zum Kampfe bereit. Nach 8 Uhr begann der Kampf. Die Schäferei [174] Auenhain, Güldengosse, Liebertwolkwitz und Wachau wurden mehre Male genommen und blieben zuletzt in französischen Händen.

Poniatowsky, der sich vornehmlich ausgezeichnet hatte, erhielt auf dem Schlachtfelde die französische Marschallswürde.

Die Wohnungen und das Eigenthum der Bewohner von Güldengossa wurde durch diesen Kampf aber völlig zerstört, Kirche, Pfarre und Schule unbrauchbar und unbewohnbar gemacht und nur nach und nach konnten die Spuren dieses schrecklichen Kampfes vertilgt werden.

Eine Zierde des Ortes ist jetzt das Schloss des hiesigen Rittergutes. Dieses Rittergut ist zwar nicht in Hinsicht auf den Flächeninhalt seiner Felder ausgezeichnet, wohl aber in Rücksicht auf seine herrlichen schönen Gartenanlagen.

Die Gründung des Ortes nebst der herrschaftlichen Wohnung ist nicht so genau bekannt. Die ersten uns bekannt gewordenen Besitzer des Gutes sind die Herren von Burkersroda, dem Herr Johann Ernst Kregel von Sternbach folgte, welcher sich durch Kirchlichkeit und Wohlthätigkeit ein bleibendes Andenken erworben hat. Derselbe bewerkstelligte gegen Osten einen neuen Anbau der Kirche, in welche er einen schönen Altar und eine herrliche Kanzel setzen liess. Letztere war vorher an einer Seite der Kirche angebaut. Herr von Sternbach und seine Gemahlin schenkten auch dem hiesigen Gotteshause zwei schöne Glocken, an denen ihre Namen prangen.

Diesem edlen Manne folgte der königl. Amtshauptmann Johann Ernst Kregel, von welchem Güldengossa der Dr. jur. Carl Friedrich Brähme in Leipzig acquirirte.

Später und zwar Ende des achtzehnten Jahrhunderts gelangte das Gut in die Hände des Kauf- und Handelsherrn Herrn Küstner in Leipzig von welchem es dessen Sohn gleiches Namens erbte. Dann kaufte das Gut der Amtsinspector Victor August Schoch, nach dessen Tode es auf seine Erben überging und zwar an Gustav Wilhelm Schoch. Der jetzige Besitzer seit zwei Jahren ist Herr Simon.

Der Besitzer des Gutes ist zugleich Collator über Kirche und Schule.

Die Kirche des Ortes ist eine der schönsten in der Leipziger Ephorie. Sie ist geräumig und lichtvoll. Sie ist aber blutarm, so dass den Parochainen die Erhaltung derselben so wie der übrigen geistlichen Gebäude und die Leistung aller Lasten obliegt.

Der Kirchhof enthält kein Denkmal von Schönheit und Merkwürdigkeit. In der Nähe desselben ist die Wohnung des Schullehrers.

In Güldengossa lebte von 1795 bis 1811 der Pastor J. C. A. Bauer, der sich als Volks- und historischer Schriftsteller bekannt gemacht hat.

Der Ort bildet nur eine Gemeinde, die aus 19. Bauergütern und mehrern Häuslern besteht.

Besondere andere merkwürdige Punkte giebt es hier nicht, denn das Dörfchen liegt zwischen ganz unbedeutenden Hügeln, von welchen aus man nur Leipzig und die in der Gegend herum liegenden Orte und Dörfer sehen kann.

Auch im Dorfe selbst zeichnen sich ausser dem Schlosse und der Kirche keine Güter weiter aus und die Bewohner desselben leben grösstentheils vom Feldbau und von Handarbeit, nur Wenige treiben eine Profession und für Manche ist das ein Nahrungszweig, dass sie Guirlanden und Kränze, von Blumen und Laub gewunden, nach Leipzig tragen und verkaufen.

Die Ableitung des Namens, den dieser Ort führt, ist nicht recht ermittelt worden.

Einige wollen solchen daher leiten, weil bei nasser Witterung hier eine wahre Gosse sei.

In Südosten grenzt Güldengossa mit dem historisch ebenfalls merkwürdig gewordenen Wachau, Napoleons Hauptquartier. Schon am 14. October bei dem Treffen bei Wolkwitz reichte das Kampffeld bis hierher. Auch war der Kampf am 18. October früh nördlich beim Dorfe, indem von hier aus anfangs die Angriffe auf Meusdorf, dann auch jene auf Probstheida geschahen, sehr mörderisch.

An dem südlichen Ende des herrschaftlichen Garten von Wachau steht die schöne Linde, die wir diesem Album früher schon gratis beigegeben haben, zu deren Spitze eine Wendeltreppe führt. Ob Napoleon, wie das Gerücht geht, selbst auf dieser Linde gewesen sei, um die Umgegend zu übersehen, bleibt ungewiss und nur so viel ist factisch, dass hochgestellte commandirende Generale sie mehrmals bestiegen haben, um das Terrain zu recognosciren, aber auch eben so oft von den feindlichen Batterien bemerkt und von herüberspielenden Kugeln verscheucht wurden.

Güldengossa mit seinen 49 bewohnten Gebäuden und 311 Einwohnern gehört zum Gerichtsamt Leipzig I., dem es bezüglich der übrigen höhern Behörden dieser Stadt ebenfalls einverleibt, sowie es mit den übrigen Orten dieses Gerichtsamtes der Amtshauptmannschaft Borna zugewiesen ist, Wachau dagegen steht unter dem Gerichtsamte Leipzig II.

M. G.     



[175]
Neukirchen


an dem durch seinen romantisch schönen Thalgrund bekannten Flüsschen Wyhra, gegenüber dem Dorfe Wyhra, wovon das erstere den Namen erhalten haben mag, am östlichen Rande einer schönen Wiesenaue gelegen, ist von Borna 1¼ Stunde, von Frohburg ¾ Stunden enfernt, sein schön und ganz regulär erbautes Rittergut hält 200 Scheffel Feld, 40 Scheffel Wiesen, 30 Scheffel Holz, grosse Gärten, eine bedeutende Rindvieh- und Schaafzucht, eine bedeutende Brennerei und Brauerei.

Auch gehörten ausserdem noch zum Gute mehre Allodialgrundstücke und hatte solches vor der Ablösung 3 Proc. Kauf- und 3 Proc. Sterbelehngeld sowie 120 trockne Zinsen.

Die eigentliche Zeit der Gründung des Dorfes und die Erbauung des Schlosses sind nicht mit Bestimmtheit anzugeben.

Schon im neunten Jahrhundert war der Ort Neukirchen bekannt, wogegen die Rittergutsgebäude erst später sich erhoben.

Im dreizehnten Jahrhundert hat der Ort mit der übrigen Umgegend durch die Befehdungen Albrechts des Unartigen mit seinen beiden Söhnen, Friedrich mit der gebissenen Wange und Dietzmann, viel gelitten. Eben so war diese Gegend Zeugin von dem im Jahre 1308 vorgefallenen Gefechten Friedrichs mit dem kaiserlichen General Philipp von Nassau, welcher die Mörder des Bruders Dietzmann gedungen haben sollte. Im Hussittenkriege wurde Neukirchen völlig verheert und im 30jährigen Kriege, wo vor dem Einrücken der grossen Wallensteinischen Armee im Herbste 1632 der kaiserliche Oberst, Markus Corpitz, mit einem Regiment Croaten einen Streifzug durch Oederan, Siebenlehn, Penig, Kohren, Neukirchen und Gnandstein machte, wurden beide letztern Orte Aschenhaufen. Und was Feuer und Flammen noch verschont hatten, das wurde im darauf folgenden Jahre ein Opfer der Pest. Der 7jährige Krieg drückte Neukirchen mit neuer Last. Zu jener Zeit wurden von den Preussen hinter dem Dorfe jene Schanzen aufgeworfen, die um einen Theil der Pfarrfelder heute noch sichtbar sind. Die Lage Neukirchens an einer belebten Strasse war die Ursache von den häufigen Durchmärschen.

Mehr noch als im 7jährigen Kriege hatte der Ort im Jahre 1813 zu ertragen.

Blieb es auch, wie im April gedachten Jahres das Blücher’sche Corps die hiesige Gegend volle zehn Tage bedrückte, von Einquartirung befreit, weil zu jener Zeit das Nervenfieber hier seine Opfer forderte, so drangen doch zwei Tage nach der Schlacht bei Lützen die Franzosen ein und zwangen die unglücklichen Einwohner zu ungewöhnlichen Leistungen. Im October desselben Jahres, wo das grosse Böhmische Heer der Verbündeten über Chemnitz nach Leipzigs Ebenen zur entscheidenden Völkerschlacht vordrang und Poniatowsky mit den Polen Frohburg besetzt hielt, zog sich letzterer langsam hierher zurück und ganz in der Nähe von Neukirchen kam es zu einem Gefechte, ohne jedoch entscheidend zu werden oder die Verwüstung eines Dorfes herbeizuführen. Nach der Leipziger Schlacht trafen Neukirchen nur Durchmärsche, Lieferungen und Requisitionen, die oft nicht zu beschaffen waren.

Durch diese Drangsale, durch die Verwüstungen im Hussitten- und 30jährigen Kriege ist es auch gekommen, dass die früheren Nachrichten über Neukirchen gänzlich mangeln.

Die ersten bekannten Besitzer des Gutes datiren erst vom Jahre 1560 [176] wo es ein Thimotheus von Neustadt besessen hat. Im Jahre 1580 kam es an Victor von Wolkau, welcher am 13. März 1590 von seinem Diener Haus Winter von Nesselroda bei Eisenberg gleich neben der Ecke des Kuhstalls mit einem Zaunpfahl ermordet worden ist. Ihm folgte sein Sohn Friedrich von Wolkau, welcher es blos bis 1593 besass, und solches seinem Bruder Dietrich von Wolkau überliess.

Um das Jahr 1600 finden wir als Erb-, Lehn- und Gerichtsherrn Conrad von Stein, von dem es kurze Zeit darauf Wolf von Draschwitz übernahm, um es 1616 wieder an Georg Heinrich von Draschwitz abzutreten. Bei dieser Familie blieb es noch bis zum Jahre 1636 und hatten solches Alexander von Draschwitz und Wolf von Draschwitz inne. Im Jahre 1636 waren Wolf von Keyna und 1640 N. von Keyna Besitzer worauf wieder 1650 ein Hans Wolf von Draschwitz damit beliehen war.

In schneller Reihenfolge waren Gerichtsherren von Neukirchen 1718 Karl von Pöllnitz, 1720 Georg von Pöllnitz, 1725 Hofrath Carl Gottfried Weidlich, 1747 Carl Erdmann Weidlich, 1749 Dr. Michael Teutscher, Fürstl. Schönburgischer Rath und Amtmann in Penig, 1776 Johann August Teutscher, churfürstl. Sächs. Commissions-Rath; dann erhielt es 1803 der Hofrath und Justizamtmann spätere Amtshauptmann in Chemnitz Johann Friedrich Carl Dürisch in Lehen, von welchem es dessen Erben Frau Christiane Wilhelmine verw. Dürisch und Consorten übernahmen, von denen es 1825 Johann Heinrich Schlunzig, Kaufmann in Zeitz, acquirirte. Im Jahre 1831 kaufte es der Fürstl. Ratzinsky’sche Oberförster in Obersitzlo in Preussisch-Polen, Herr Friedrich Kamprad. Seit 1848 war Richard d’Orville von Löwenklau im Besitze, von welchem es seit 1856 an Herrn Traugott Bienert auf der Hofmühle im Plauischen Grunde bei Dresden übergegangen ist.

Zum schriftsässigen Rittergute wurde Neukirchen erst im Jahre 1708 erhoben und leistete ½ Ritterpferd.

Der jedesmalige Besitzer von Neukirchen ist Collator über die dasige Kirche, welche ursprünglich nur eine Kapelle war. Sie ist später oft erweitert und verändert worden. Zuletzt im Jahre 1830 durch das Wegreissen der schadhaften Vorhalle und Vorrücken der Stirnwand ist die Kirche merklich verschönert worden. Der in der Mitte der Kirche angebrachte Thurm ist sehr hoch und gewährt deshalb eine herrliche Fernsicht.

Um die Kirche befindet sich der Friedhof und dabei ist Pfarr- und Schulwohnung. Die erstere ist seit einigen Jahren ganz neu und massiv aufgeführt.

Neukirchen bildet nur eine Gemeinde, welche aus 6 Pferdnern, 14 Hintersässern besteht und ausserdem 35 Häusler zählt. Ein Bauergut und Hintersässergut sind, wie oben schon erwähnt worden, mit dem hiesigen Rittergute verbunden, zwei andere Hintersässergüter mit Bauergütern vereinigt.

Die Hauptnahrung ist der Landbau, ausserdem beschäftigen die ergiebigen Braunkohlengruben eine grössere oder geringere Anzahl Arbeiter.

Bemerkenswerth ist hier noch die Fabrik der sogenannten Müllerdosen, die von einem Müller Bach[1] in Buchholz bei Annaberg erfunden von einem Schwiegersohne des Letzteren, Johann August Hellge und dessen Söhnen ächt und von vorzüglicher Güte in grosser Auswahl bis auf die neueste Zeit gefertigt wurden.

Das am sanften Abhange zweier Hügelreihen eine halbe Stunde von Neukirchen entfernte Schönau ist das Filialdorf und hat seit dem Jahre 1836 eine freundlich restaurirte Kirche.

Der Ort selbst gehörte sonst zu den Gerichten von Priessnitz, jetzt ist Schönau wie Neukirchen dem Gerichtsamte zu Borna und den übrigen höhern Behörden daselbst einverleibt. Neukirchen zählt jetzt über 300 Einwohner.

M. G.     




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  1. Bach wollte erst Gold machen, ward dies endlich müde und suchte nach Mongolfiers Vorgange Luftballons zu fertigen. Um das Seidenzeug luftdicht zu verschliessen, bedurfte es eines Firnisses oder Lacks, der von Bach durch die Auflösung des Copals erfunden wurde und ihm den ersten Gedanken zur Verfertigung seiner Dosen gab.

Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: 1538

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Christans


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