Am alten Schloß

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Autor: Ernst Ziel
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Titel: Am alten Schloß
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 6, S. 92, 93
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Am alten Schloß.

Jung trag’ ich es noch in den Sinnen,
0 Ob grau mir der Bart auch sproß –
Mit Brücken und Erkern und Zinnen
0 Das gartenumduftete Schloß.

In den Hallen die Wappenschilder,
0 In den Sälen manch prunkender Schrein,
Der Satyr, die Götterbilder
0 Im quellendurchrieselten Hain!

Wo Sphinx und Marmorsibylle
0 Sich spiegeln am rauschenden Wehr,
Da kam in des Abends Hülle
0 Mein schlankes Mädchen daher.

Ich wollte, ich’ wäre gestorben,
0 Als heiß mich ihr Odem umfloß – –
Mein Mädchen, das ist verdorben;
0 In Trümmern liegt das Schloß.

Und Satyr und Sphinx und Sibylle
0 Umwuchert nun Epheu und Moos;
Darüber schläft heimliche Stille,
0 Schwermüthig und schweigend und groß.

Die rieselnden Quellen verronnen,
0 Verödet der Gärten Kranz –
Im Hofe der gothische Bronnen
0 Verlernte sein Plätschern ganz.

Ein Dornbusch steht daneben;
0 Dran hangen, so weiß wie Schnee,
Unter knospenden Rankengeweben
0 Die wilden Rosen wie eh’.

Ich pflück’ aus dem Knospengetriebe
0 Eine Rose vom schwanken Zweig –
Die blickt, wie die todte Liebe,
0 So weh mich an und so bleich.

Mich faßt ein unendliches Trauern,
0 Daß Jugend und Liebe vorbei –
Hoch über zerborstenen Mauern
0 Durchschreit’ ich die öde Bastei.

Da rauscht aus den Mauerringen
0 Ein Adler über das Land
Und schüttet den Schutt aus den Schwingen
0 Auf die Rose in meiner Hand.

 Ernst Ziel.

[93]

Altes Schloß. Nach dem Oelgemälde von Professor W. Schuch.