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Apollinaris (Pröhle)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Heinrich Pröhle
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Titel: Apollinaris
Untertitel:
aus: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten, S. 176–178
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Tonger & Greven
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Erscheinungsort: Berlin
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans eines Exemplares der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung Berlin, Signatur 19 H 104 auf Commons; E-Text nach Deutsche Märchen und Sagen
Kurzbeschreibung:
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[176]
Apollinaris.

Auf dem erzbischöflichen Stuhle zu Köln saß einst Graf Reinald von Dassel. Um sich den Segen des heiligen Vaters zu holen, reiste er nach Rom. Daselbst aber geriet der Graf in Entzücken über die vielen Reliquien, die dort aufgehäuft waren. Er bat den heiligen Vater, daß er ihm einige derselben mit nach Köln gäbe, und dieser beschenkte ihn mit den Überresten der heiligen drei Könige und den Reliquien des heiligen Apollinaris, des heiligen Felix und des heiligen Nabor.

Mit dem teueren Geschenke stieg nun der Erzbischof von Köln über die Alpen. Schon in der Schweiz setzte er sich auf ein rheinisches Fahrzeug. Die Rheinreise war anfänglich mit mancherlei Mühseligkeiten verknüpft. Aber als er nach Koblenz gelangte, war jede Gefahr vorüber.

Dort empfing ihn der Bischof von Trier. Er veranstaltete große Processionen zu den Reliquien, welche der Erzbischof von Köln bei sich führte. Am anderen Tage sollte abermals eine kirchliche Feier wegen der Reliquien stattfinden. Allein den Erzbischof ergriff die Sehnsucht nach dem heiligen Köln, welchem er durch die Reliquien, die er dahin führte, erst die eigentliche Weihe zu geben gedachte.

Er bestellte Schiffe, welche ihn in der Nacht stromabwärts nach Köln führen sollten.

[177] Ehe die Schiffer die nächtliche Fahrt antraten, wurden sie in Koblenz aufs beste bewirtet.

Herrlich ging der Mond auf über dem Rhein, und mit dem ganzen Sternenhimmel spiegelte er sich in den goldenen Wellen des Stromes. Kein Hindernis stellte sich der Fahrt in den Weg, und wie ein Pfeil schoß das Schiff in der Flut dahin.

Der Erzbischof stand freundlich auf seinem Schiffe. Vor seinen Blicken tauchte bereits das uralte Remagen und die St. Martinskirche auf.

Plötzlich erhielt der Erzbischof einen Stoß, daß er zur Erde fiel. Der Lauf des Schiffes war plötzlich gehemmt: es schien auf eine Sandbank oder gar auf ein Felsenriff geraten zu sein.

Eine Verletzung hatte der Erzbischof durch seinen Fall nicht erhalten.

Als er sich vom Boden des Schiffes erhoben hatte, bemerkte er, wie auf dem Fahrzeuge alle durcheinander liefen. Man untersuchte, ob das Schiff eine Kenter erhalten hätte. Dies war aber nicht der Fall. Nun fing man an, das Bett des Rheinstromes an dieser Stelle zu untersuchen, und es fand sich, daß das Schiff hoch über dem Rheingrunde frei auf dem Wasser schwebte. Jetzt wurde wieder gerudert, aber das Schiff bewegte sich noch immer nicht von der Stelle und folgte durchaus nicht den strömenden Wellen, welche es von allen Seiten brausend umgaben. Da kniete der Erzbischof nieder und betete, daß Gott selbst ihm seinen Willen an dieser Stelle kund thun solle.

Während dieses Gebetes hatten die Ruder geruht, da die Schiffer an dem Gebete teilnamen. Allein kaum hatte der Erzbischof laut sein Amen gesprochen, da drehte sich der Schnabel des Schiffes dem Berge zu, auf welchem die Martinskirche stand. In demselben Augenblicke fingen die Glocken des Kirchleins oben auf dem Berge von selbst an zu läuten.

In dem Geiste des Erzbischofs war bereits die Vermutung entstanden, daß er die Reliquien eines der Heiligen hier zurücklassen solle. Während des Geläutes der Glocken griff er in den kostbaren Schrein, der die Überreste des heiligen Apollinaris enthielt. In demselben Augenblicke verstummten die Glocken, woraus der Erzbischof ersah, daß er die Gebeine dieses Heiligen hier zurücklassen solle.

Das Schiff legte ohne weitere Lenkung am Ufer an. Der Erzbischof [178] stieg mit den ihn begleitenden Priestern ans Land, und in feierlicher Prozession wurden des Heiligen Gebeine den Berg hinan getragen. Die Bewohner von Remagen, durch das Geläut der Glocken aufmerksam gemacht, begleiteten sie. Auf der Mitte des Weges kam ihnen der Propst der St. Martinskirche mit seinen Kaplänen entgegen. Auch sie waren bereits auf ein wunderbares Ereignis vorbereitet worden. Das Nähere erfuhren sie erst durch den Erzbischof.

Kaum hatte man den Schrein auf dem Altare der St. Martinskirche niedergesetzt, so begannen die Glocken abermals zu läuten. Man hörte zu gleicher Zeit, wie die Glocken von Remagen in dies Geläute einstimmten.

Dies galt dem Erzbischof für ein sicheres Zeichen, daß er des Herrn Willen erfüllt habe, indem er einen Teil der Reliquien für die Kirche des heiligen Martin bestimmte.

Er eilte mit seinen Priestern den Berg hinab. Kaum hatten sie das Schiff wieder betreten, so stieß dieses von selbst wieder vom Lande und begab sich in die Mitte des Stromes. Weder die Ruderknechte noch der Steuermann hatten nötig, sich noch anzustrengen; schneller als je fuhr das Schifflein dahin. Es schien, daß es die Zeit wieder einbringen wolle, welche in Remagen versäumt war, damit das heilige Köln sobald als möglich in den Besitz der Reliquien kommen möchte.

Die Kirche bei Remagen war 1826 dem Einsturz nahe. Da ließ Graf Egon von Fürstenberg-Stammheim unter der Leitung des Kölner Dombaumeisters Zwirner und mit Beihülfe der besten Düsseldorfer Maler die neue Appollinariskirche in gotischem Stile ausführen: ein allgemein bewundertes Kunstwerk inmitten einer herrlichen Landschaft.