BLKÖ:Bettoni, Nikolaus

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 1 (1856), ab Seite: 361. (Quelle)
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Bettoni, Nikolaus (Typograph, geb. zu Portogruaro in der Lombardie, lebte noch im J. 1840). Trat jung in öffentliche Dienste, und diente in amtlichen Anstellungen zu Verona, Udine und zuletzt zu Brescia, daselbst als Generalsecretär der Präfectur. In dieser Stelle sich nicht behaglich fühlend, trat er aus seinem Amte und übernahm die Leitung der Departemental-Druckerei zu Brescia. Die Prachtausgabe einer nach Alfieri’s Tode herausgegebenen Tragödie dieses Dichters, betitelt „Alceste“, lenkte die Aufmerksamkeit des Vicekönigs Eugen Beauharnais auf Bettoni, den er dafür mit einer kostbaren Dose beschenkte. Nun begann er eine Ausgabe sämmtlicher Werke des Euripides, eine Uebersetzung des Titus Livius und einige von ihm verfaßte im Druck erschienene Briefe bewirkten seine Ernennung zum Mitglied des Athenäums von Brescia. Von der Regierung begünstigt, brachte er seine Anstalt zu bedeutender Höhe, errichtete nacheinander 4 Druckereien u. z. zu Padua, Alvisopolis, Mailand und in seiner Vaterstadt Portogruaro. Dabei entwickelte er [nach seinen eigenen Mittheilungen in den Memoiren, die aber von unbändiger Eigenliebe diktirt, oft übertrieben sein dürften] eine so großartige Thätigkeit, daß er in einer kleinen Reihe von Jahren über 5 Millionen Bände gedruckt hat. Wenige Monate vor dem Sturz der französischen Regierung in Italien begann B. die Herausgabe des Prachtwerkes: „Ritratti e vite degli illustri Italiani“ (gr. 4°.). Der Vicekönig unterstützte B. mit 20,000 Fr. zur Ausführung dieses Werkes. Nach der Vertreibung der Franzosen aus Italien wendete sich auch B.’s Glückstern, ein Unfall nach dem andern traf ihn; dabei, wie er selbst in seinen Memoiren bekannte, fehlte es in seinen Etablissements an einer gehörigen Aufsicht, wodurch Unterschleife, mit großen Nachtheilen verbunden, entstanden, und der luxuriöse Haushalt gab ihm den letzten Stoß. B.’s Ruin war eine Thatsache. 1832 begab er sich nach Florenz, in der Hoffnung sich daselbst wieder aufzuhelfen, aber alle Wege schlugen fehl, und endlich rettete er sich durch die Flucht, indem er sich mit einem seiner Söhne heimlich nach Paris begab. Vermögenslos, suchte B. sich Credit zu verschaffen, begann großartige Unternehmungen auf Actien, die Unternehmungen kamen aber nicht zu Stande. Zuerst begann er: „Discours et faits mémorables du général La Fayette“. Dieses Werk sollte 3 Bde. in 12°. und 3 Bde. in 8°. umfassen, es erschien davon nichts als der Prospectus, 1834; – dann sollten erscheinen: „Panorama monumental de Paris, ou Collection des monuments et édifices de Paris, en 6 planches gravées [362] d’après les dessins de M. Gillo“. Auch davon kam nichts mehr als der Prospectus heraus; – „Le Panthèon des Nations“. Dieses sollte 100 Porträte berühmter Menschen aller Zeiten und aller Völker, von 100 ausgezeichneten Künstlern gestochen, mit den Biographien von 100 Schriftstellern, enthalten. Diesem Werke voran schickte B.: „Lettere intorno all’ edizione del Panteon delle nazioni che dal tipografo Nic. Bettoni si eseguisce in Parigi“ (Parigi 1833, 8°.). Doch erschien von diesem Pantheon nur das 1. Heft in italienischer und französischer Ausgabe; – „Iconographie et Biographie des Francais illustres“. Dieses Werk sollte 130 Porträte auf 30 Tafeln und einen angemessenen Text enthalten, doch erschien davon 1836 nur die 1. Liefrg. 12 S. in Fol. mit 8 Porträten; – „Cours d’études pour la jeunesse francaise“. Von diesem auf 40 Bde. angelegten Werke kam nur das: „Programme spécimen du Cours d’études pour la jeunesse“ (Paris 1840) heraus; – endlich: „l’Ape italiana rediviva, Annali di scienze, lettere ed arti“ welche auch schon mit dem ersten 1836 ausgegebenen Hefte geschlossen waren. In den angeführten 6 Unternehmungen tritt B. ausschließlich als Speculant auf. Sonst erschienen von ihm: „Pièces du procès sur les loteries et sur les publications de librairie avec primes aux souscripteurs, soumises au jury d’opinion publique“ (Paris 1836); – „Rossini et sa musique“ (Paris 1836), und „Mémoires biographiques d’un typographe italien“ (Paris, Guiraudet, 1835), wovon auch eine italienische Ausgabe erschien. Von welchem Eigendünkel Bettoni, trotz den ihm als Typographen gebührenden Verdiensten, erfüllt war, wird folgende Stelle seiner Memoiren beweisen: „Mes mémoires à ne les considérer même comme notices biographiques, pourront exciter quelques intérèt, puisque j’ai vécu dans le siècle de Napoléon, de Canova, de Rossini“. Wie viele Menschen können dasselbe von sich sagen, und haben es doch nicht über alltägliche Liebesbriefe und gewöhnliche Speculationen gebracht. Wohl mögen große Geister das Ergebniß großer Zeitepochen sein: aber in den größten Perioden der Geschichte, in welchen gewaltige Persönlichkeiten wie Meteore mit einem Male hervortraten, war die Masse kleinlich, haltlos und erbärmlich, und fiel auf den Einzelnen von der Größe des Giganten auch nicht ein Stäubchen.

Quérard (J. M.), La Littérature française contemporaine 1827–1840 (Paris 1840, Daguin) I. Bd. S. 433. – Mémorie biografiche di un tipografo italiano (Parigi 1836, dai torchi di Bacquenois).