BLKÖ:Ficker, Franz

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Ficker, Adolph
Band: 4 (1858), ab Seite: 219. (Quelle)
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Ficker, Franz (Aesthetiker und Literarhistoriker, geb. zu Nokowitz in Böhmen 25. Februar 1782, gest. zu Wien 22. April 1849). Vater des Vorigen. Sohn wohlhabender Landleute, legte (1795–99) die Gymnasialstudien in Kommotau zurück, und bezog dann die Universität zu Prag, wo er bis 1805 die philosophischen und juridischen Lehrfächer absolvirte. Als im Winter 1800 die böhmisch-mährische Legion gebildet wurde, trat F. in eines der Corps der Prager Studirenden. Die Liebe zur classischen Literatur und Aesthetik, unter Lehrern wie Zappe und Meißner gefördert, führte ihn zunächst dem Lehramte der sogenannten „Humanitätsclassen“ zu. Schon 1806 wirkte er als Supplent zu Kommotau, dann definitiv (1807–11) zu Neuhaus, (1812–14) zu Jičin. Im J. 1814 erhielt er die Leitung des Jičiner Gymnasium’s (als Präfect) und 1816 die Lehrkanzel der classischen Philologie zu Olmütz, wo er auch, der Erste, Vorträge über Aesthetik und Kunstgeschichte eröffnete. Zur Lehrkanzel dieser beiden Fächer wurde F. 1823 nach Wien berufen, und trug daselbst von 1825–48 ununterbrochen classische Philologie vor, an der ersten Hochschule Oesterreichs eine große Menge von Zöglingen bildend, welche jetzt über alle Länder und Dienstzweige des Kaiserstaates vertheilt sind. Schon in Olmütz begann F. die Herausgabe einer theoretisch-praktischen Encyklopädie des classischen Studiums, wovon unter dem Titel: „Anleitung zum Studium der griechischen und römischen Classiker“, drei Bände (Wien 1821–25, 8°.) erschienen. Buchhändlerische Verhältnisse hinderten die Vollendung nach dem ursprünglichen Plane und bewirkten, da jeder Theil ein kleines Ganzes bildete, die Sonderung. Auch erhielt F. den Auftrag, eine dem Lehrplane von 1825 entsprechende Chrestomathie zum Gebrauche der philosophischen Obligatschüler zusammenzustellen, welche er 1827 vollendete. Nun folgte seine lange vorbereitete „Aesthetik oder Lehre vom Schönen und von der Kunst in ihrem ganzen Umfange“ (Wien 1830, gr. 8°.), ein Werk, welchem dessen lichtvolle Darstellung neben einer ansprechenden Fassung [220] viele Freunde gewann. Als Ergänzung desselben erschien noch: „Der geschichtliche Ueberblick der gesammten schönen Künste nach ihren einzelnen Sphären“ (Wien 1837). Noch ehe das System der genannten Werke abgeschlossen war, hatte tägliche Beschäftigung mit dem Gegenstande derselben, die Benützung der reichen Sammlungen Wiens und der Meinungsaustausch eines gelehrten Verkehrs F. zur Umarbeitung der drei hauptsächlichsten Theile geführt. Sie erschienen als selbständige Werke in neuer Gestalt, u. z. die „Anleitung zum Studium der Classiker“ (Wien 1832, Heubner, 8°.) als Einleitung der Sprachwissenschaft, Hermeneutik und Kritik; – die „Literaturgeschichte der Griechen und Römer“ (Wien 1835, 8°.), mit synchron. Tabelle über die Literatur- und Kunstgeschichte beider Völker; – und die „Aesthetik“ (Ebenda 1840), durch Abtrennung aller kunsthistorischen Theile abgerundet. In dieser verbesserten Gestalt wurden alle drei Werke von V. de Castro in das Italienische, die Literaturgeschichte von A. Thénard in das Französische übersetzt, und an Lehranstalten dieser Zungen eingebürgert. Lebhaften Antheil nahm F. an den „Oesterreichischen Blättern für Literatur und Kunst“, welche nebst zahlreichen Recensionen (z. B. über Bohtz, Kugler, Schnaase, Hillebrand u. A.) mehrere bemerkenswerthe Aufsätze über Studienreform enthielten. So brachte er schon im Jahrgange 1845 (der Erste in Oesterreich) die Nothwendigkeit eines philologischen Seminars und seine Einrichtung zur Sprache (S. 1040–1072), theilte 1846 Entwürfe zur Verbesserung der griechischen Grammatik (S. 657 ff.), und der Sprachlehre für die deutschen Volksschulen (S. 761 ff.) mit. Viele gelehrte Körperschaften, namentlich Italiens, zählten F. zu ihren Mitgliedern; die philosophische Facultät an der Wiener Hochschule verlieh ihm das Ehren-Doctorat. Kaum hatte er aber die erbetene Versetzung in den Ruhestand erreicht, als ihn, inmitten neuer schriftstellerischer Arbeiten, der Tod am 22. April 1849 hinwegraffte.

Oestr. Morgenblatt I. Jahrg. Nr. 9 u. 10. – Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer und Czikann), (Wien 1835) II. Bd. S. 138 [nach dieser geb. 25. Febr. 1782].