BLKÖ:Lazarich von Lindaro, Joseph Freiherr

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Lazari
Band: 14 (1865), ab Seite: 254. (Quelle)
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Lazarich von Lindaro, Joseph Freiherr (General-Major und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Triest im Jahre 1784, gest. zu Weißkirchen im Banate 27. Jänner 1859). Als im Jahre 1808 in Folge des bevorstehenden Krieges die Landwehr errichtet wurde, trat L. aus freien Stücken, angenehme Lebensverhältnisse dem Dienste für das Vaterland opfernd, im Juni genannten Jahres als Gemeiner in das erste Triester Landwehr-Bataillon ein. Schon im März des folgenden Jahres wurde er Lieutenant. Bei der Blokade von Palmanuova, bei welcher Gelegenheit er aus eigenem Antriebe mit mehreren Soldaten einen feindlichen Ausfall zurückwarf, machte er sich zum erstenmal bemerkbar. Er wurde Oberlieutenant, und bei Prewald am 17. Mai schwer verwundet. In Folge dessen mußte er in Pension treten und erhielt, da er freiwillig auf die Pension verzichtete, den Hauptmanns-Charakter. Seit dem Jahre 1811 besorgte L. unentgeltlich die Consulatsgeschäfte in Triest, eine Function, welche damals in der Epoche der französischen Occupation des Küstenlandes und Illyriens sehr wichtig war. Nachdem im Jahre 1813 Oesterreich dem Kaiser Napoleon den Krieg erklärt hatte, war es L. mit großer Vorsicht gelungen, mit mehreren für die Kriegsoperationen wichtigen Depeschen nach Croatien zu entkommen. Da er in der Zwischenzeit körperlich hergestellt war, trat er sofort wieder in active Dienste und würde bei der Brigade des nach Istrien operirenden General-Majors Grafen Nugent eingetheilt. Die Istrianer hatten immer zum Hause Oesterreich gehalten und schon im Jahre 1809 sich der französischen Besitznahme kräftig, wenn auch vergeblich widersetzt. Als daher im Jahre 1813 Oesterreich sich gegen Napoleon erhob, war die Mitwirkung der Istrianer im Kampfe gegen Frankreich zu erwarten. Es kam zunächst darauf an, daß durch den Einmarsch einer österreichischen Abtheilung in das von den Franzosen besetzt gehaltene Land der erste Impuls zur allgemeinen Erhebung gegeben wurde. Die Brigade des Grafen Nugent schien zur Ausführung dieses Unternehmens zu schwach. Es mußte in anderer Weise in’s Werk gesetzt werden, und dazu erbot sich Hauptmann Lazarich. Den Landesbewohnern seit den Jahren 1809 rühmlich bekannt, die topographischen und politischen Verhältnisse Istriens selbst genau kennend, war er bereit, wenn er die Genehmigung erhielt, den Volksaufstand zu organisiren, zu leiten und mit dessen Hilfe Istrien dem Kaiserhause zurückzugewinnen. Sein Antrag wurde angenommen und ihm ein Officier, 47 Mann Infanterie, 1 Corporal und 6 Huszaren – denn mehr konnte General-Major Nugent von seiner schwachen Brigade nicht entbehren – zur Verfügung gestellt. Mit dieser kleinen Truppe marschirte L. am 2. September mit Tagesanbruch von Fiume und erreichte am nämlichen Tage noch Castua, besetzte Veprimatz am Monte maggiore und sicherte sich durch mehrere kleine in [255] Lovrana in Bereitschaft gesetzte Schiffe die Verbindung mit Fiume und mit der an der adriatischen Küste kreuzenden englischen Flotille. In Vragna, das am Fuße des Monte maggiore lag, und wohin er noch am Abend desselben Tages gelangt war, erhielt er Kundschaft, daß die französischen Besatzungen von Pola und Rovigno am 3. in Mitterburg eintreffen, am 4. gegen den Monte maggiore vorrücken und sich dort mit der Nationalgarde des exvenetianischen Antheils von Istrien vereinigen würden, worauf sie den General Nugent im Rücken anzugreifen beabsichtigten. Die Stärke der regulären Truppen wurde auf 3000 Mann mit 12 Geschützen, jene der Nationalgarden auf 4000 Mann angegeben. Waren diese Angaben auch weit übertrieben, so stand doch den 55 Mann des Hauptmanns Lazarich unbedingt eine vielmal stärkere Truppe gegenüber. Aber L. rechnete auf das Landvolk und von diesen unterstützt, wollte er den Feind wenigstens so lange aufhalten, bis General-Major Nugent die Anstalten zur Abwehr jenes Angriffes getroffen hätte. In der That hatte sich L. nicht verrechnet, das Landvolk stand auf, empfing L. im Dorfe Voogliunz feierlich als Befreier und folgte begeistert seinem Führer dem Feinde entgegen, über dessen Stärke nunmehr sichere Angaben vorlagen, denn die Colonne des Feindes bestand aus einem 1100 Mann starken leichten Bataillon, aus einer Division Ottočaner, achtzig französischen Kanonieren und Gendarmen und 3 Geschützen mit Munition. Bei Cevouglie, wo sich die Straßen nach Triest und Fiume scheiden, machte L. Halt und erwartete den anrückenden Gegner. Am Abend des 3. ließ L. die Bewohner der rückwärtsliegenden Ortschaften aufbieten und die Nacht über von allen Thürmen Sturm läuten. Am Morgen des 4. September hatten sich thatsächlich einige hundert Bauern dem Detachement des Hauptmanns Lazarich angeschlossen, aber sie waren nicht hinlänglich bewaffnet und völlig undisciplinirt; und so wirkten sie denn vor der Hand nur als Masse. Der Gegner, der früh von Mitterburg aufgebrochen war, rückte heran und zwar in folgender Ordnung: 2 Compagnien des leichten Bataillons bildeten den Vortrab, dann folgte die Artillerie mit der Munition und Bagage, dann der Rest der Ottočaner (denn 150 Mann waren in der Nacht zu Lazarich übergegangen, konnten aber ihrer französischen Montur wegen in dem zu gewärtigenden Gefechte nicht verwendet werden) dann die Gendarmen, und den Schluß bildeten die noch übrigen 4 Compagnien leichte Infanterie. Als die Spitze der feindlichen Colonnen am Fuße des Lindaberges ankam, empfing der Landsturm, uneingedenk der gegebenen Verhaltungsmaßregeln, den Feind mit Schüssen. Es war dieß ein bedenklicher Augenblick; wenn der Feind, die wahre Situation der Unseren kennend, zum entschiedenen Angriff schritt, so ist der Ausgang der Katastrophe nicht schwer zu errathen. Hauptmann L. traf nun treffliche Anstalten, theilte in die verschiedenen Haufen des ordnungslosen Landvolkes einige erfahrene Grenzer ein und unterhielt nun ein stundenlanges Geplänkel, das den Rückzug der Franzosen zur Folge hatte. Arge Verstöße in der Führung des Feindes benutzte der scharfsichtige L. mit großer Umsicht und stets sich steigerndem Erfolge. Die kleinen Niederlagen, die der Feind sofort an verschiedenen Puncten erfuhr, machten die Unseren drängender, den Feind selbst verzagter, und als endlich gar der feindliche Commandant, nachdem er sich in einem engen [256] Thale von dem Landsturme und dem Detachement eingeschlossen sah, an der Rettung verzweifelte, ergab sich um 3 Uhr Nachmittags die ganze Colonne bedingungslos. Sie zählte 3 Stabs-, 26 Oberofficiere und 900 Mann. Im neunstündigen Gefechte hatte sie 40 Mann an Todten und Verwundeten verloren, die Unseren zählten 7 Verwundete. L. begab sich nun mit seinen Gefangenen nach Mitterburg, welche Stadt er für seinen Kaiser in Besitz nahm, sich der Staatseffecten versicherte und eine provisorische Verwaltung aufstellte. Uebrigens war trotz alledem L.’s Lage noch immer eine mißliche. Die Gefangenen durften die eigentliche Stärke, richtiger Schwäche, seines Detachements, das sich zu ihnen wie Eins zu Zwanzig verhielt, nicht ahnen. L. durfte sie eben deßhalb in Mitterburg nicht lassen, um sie aber nach Fiume zu geleiten, war hinreichende Bedeckung nöthig. L. entschloß sich, den Gefangenen-Transport selbst zu führen, indem seine Anwesenheit noch die meiste Garantie für die glückliche Lösung der bedenklichen Aufgabe bot. Noch immer war er vom Angriffe der Nationalgarde bedroht. Am Morgen des 5. September brach L. von Mitterburg ab und kam noch am nämlichen Tage glücklich nach Castua, wo er erfuhr, daß die Nationalgarde, nachdem sie Nachricht von dem traurigen Ende der Linie erhalten hatte, sich in alle Winde zerstreut habe. Am 6. kam die Colonne in Fiume an. Daselbst wurde sein Detachement auf 120 Mann verstärkt; am 9. war Lazarich wieder nach Mitterburg zurückgekehrt. Mit einem Theile seines Detachements. vereint mit dem Landsturm, besetzte er am 11. Pola, dessen Garnison auf Schiffen nach Venedig sich flüchtete, 57 Kanonen den Unseren als Beute zurücklassend. Einer anderen Abtheilung öffnete das feste Pinguente die Thore. Am 12. wurde mit Hilfe einer englischen Fregatte, welche den Angriff zur See unterstützte, Capo d’Istria umzingelt und nachdem es mit der Beschießung bedroht wurde, ergab sich ein Oberst mit zwei Bataillons Nationalgarde auf Capitulation. 7 Kanonen und viele Munition fiel in die Hände der Unseren. Noch am Abend des nämlichen Tages hatte L. schon die Höhen ober Triest besetzt und die Herstellung der Verbindung mit dem General-Major Grafen Nugent eingeleitet. So ward in zehn Tagen (2. bis 12. September) die Eroberung Istriens vollendet; eine Volksmasse von 120.000 Seelen für Oesterreich gewonnen; an weit ausgedehnten Küsten die Verbindung mit den Engländern und die Unterstützung der folgenden Operationen zur See eröffnet, eine feindliche Truppenzahl von Tausend und einigen Mann außer Gefecht gebracht und 67 Geschütze erbeutet. Wird auch bei dieser Unternehmung einerseits die Feigheit und Unwissenheit der Gegner, anderseits die Ergebenheit und eifrige Mitwirkung des Landvolkes in Anschlag gebracht, so wird auch dadurch nicht im Geringsten der Werth der Thatsache geschmälert, daß dieses in der Kriegsgeschichte einzig dastehende Ereigniß eigentlich mit 55 Mann regulären Truppen ausgeführt wurde. Die Volksthümlichkeit des Hauptmanns L. wuchs durch diese Thatsache in einflußreicher Weise. So war es ihm gelungen, im Zeitraum von 3 Tagen im altösterreichischen Istrien ein Bataillon von Tausend Freiwilligen aufzustellen, welches sogleich bei der Blokade von Triest und nach dessen Einnahme unter Commando des indessen zum Major vorgerückten Lazarich treffliche Dienste leistete, Ende 1814 nach beendetem Feldzuge aber aufgelöst [257] wurde. L. wurde für seine Waffenthat in dem im Jahre 1815 abgehaltenen Capitel mit dem Ritterkreuze des Maria Theresien-Ordens ausgezeichnet und den Statuten gemäß im Jahre 1819 in den Freiherrnstand erhoben. Nach Auflösung seines Bataillons wurde Major L. nun bei Lusignan-Infanterie eingetheilt, aber bei Ausbruch des Feldzuges 1815 wieder zur Errichtung zweier Bataillone Istrianer aufgefordert, welche er auch durch freiwillige Werbung innerhalb 6 Wochen aufstellte, so daß sie sofort zum Dienste in der Armee verwendet wurden. Als im Jahre 1816 auch diese beiden Bataillone wieder aufgelöst wurden, wurde L. mit einer aus Freiwilligen dieser Truppen zusammengesetzten Division dem 9. Jäger-Bataillon einverleibt. So diente er bis zum Jahre 1834 abwechselnd bei den Jägern, in der Grenze und dann in der Linie. Im Jahre 1834 wurde er Platz-Oberstlieutenant zu Mantua, im Jahre 1839 Festungscommandant zu Cattaro, im September 1847 aber als Oberst in Ruhestand versetzt. Nicht lange genoß er diesen; obwohl sehr leidend, begab er sich im Jahre 1848, einer Aufforderung des Grafen Nugent folgend, nach Istrien, „wo“, nach Nugent’s Worten, „seine Gegenwart schon eine Verstärkung ist“, errichtete abermals ein Bataillon von Freiwilligen und befehligte bis zum Jahre 1850, nachdem er schon 1849 den General-Majors-Charakter erhalten hatte, eine Brigade. Später erhielt er einen Platz in der Elisabeth-Militärstiftung. Zur Erinnerung an das denkwürdige Ereigniß der in so kurzer Zeit und mit so geringen Streitkräften vollbrachten Eroberung Istriens, wurde aus dem Metall der von den Bauern aus der Foiba (so heißt eine Bergschlucht in jener Gegend, welche am 4. September 1813 Schauplatz des Kampfes war) gesammelten 110 Bomben am 4. September 1819 (?) auf dem Franziskanerplatze zu Mitterburg ein Denkmal aufgestellt. Hier sei auch noch der Bravsten unter den Braven, die Lazarich in seinem Unternehmen so wirksam unterstützt, in kurzem gedacht, denn es ist die Aufgabe der Geschichte, solche Namen der Zukunft zu erhalten. Diese sind: der Lieutenant Deuß vom Warasdiner-Kreuzer Regiment, der Corporal Morawetz mit seinen sechs Huszaren; ferner von den Anführern des Landsturmes: der Caplan Picot von Galignana, Martin Nuglan, Franz Battai von Boglinez, Johann Sestan aus Paaß, Flora und Scheglich von Lindar und Franz Defranceschi von Galignana. Corporal Morawetz wurde mit der silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet, die einflußreichsten der Volksanführer mit der großen, die übrigen derselben mit der goldenen Civilmedaille mit Oehr und Band belohnt.

Freiherrnstands-Diplom vom 2. November 1819. – Tapferkeits-Zeugnisse des General-Majors Grafen Nugent ddo. 9. November 1813 – und des Freiherrn von Hiller ddo. Vicenza 2. December 1813. – Die Eroberung Istriens im Jahre 1813 (Wien 1822, Anton Strauß, 8°.) [auch in der von Schels herausgegebenen Oesterreichischen Militär-Zeitschrift 1819, Bd. II, S. 110, abgedruckt]. – Hirtenfeld ( J.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 18537, Staatsdruckerei, 4°.) S. 1193 u. 1749. – Oesterreichischer Militär-Kalender, herausg. von J. Hirtenfeld (Wien, kl. 8°.) XI. Jahrg. (1860), S. 222. – Militär-Zeitung, herausg. von J. Hirtenfeld (Wien, gr. 4°.) Jahrg. 1859, S. 85. – Wiener Zeitung 1859, Bd. I, S. 607. – Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser (Gotha, Justus Perthes, 32°.) Jahrg. 1863, S. 514. – Kneschke (Ernst Heinrich Dr.), Neues allgemeines deutsches [258] Adels-Lexikon (Leipzig, Fr. Voigt, gr. 8°.) Bd. V, S. 424. – Heutiger Familienstand der Freiherren von Lazarich. General-Major Lazarich war zweimal vermält; in erster Ehe (seit 24. August 1824) mit Therese gebornen Freiin Lazarinni-Jablanitz (geb. 12. November 1805, gest. 24. December 1824); in zweiter Ehe (seit 4. September 1827) mit Elise von Rotzy (gest. 11- April 1831). Aus seiner zweiten Ehe stammen: Emma Theresia Juliane (geb. 17. Mai 1829), vermält mit Ferdinand Zupan, k. k. Hauptmann im 14. Grenz-Infanterie-Regimente und Ernst (geb. 8. August 1830, gest. 16. August d. J.). Es ist sonach das Geschlecht der Freiherren von Lazarich im Mannsstamme erloschen. – Wappen. Ein von einem schrägrechten blauen Balken roth und Gold getheilter Schild. Der blaue Balken ist mit drei hintereinander liegenden eisernen Kugeln belegt. Im oberen rothen linken Felde ragt aus dem Schildesrande ein geharnischter Arm hervor, der in seiner Hand den goldenen Buchstaben I (als den Anfangsbuchstaben Istriens) hält. Im unteren rechten goldenen Felde erheben sich zwei grüne Berge, von denen der hintere den vorderen überragt. Auf dem kleineren steht aufrecht ein einwärtssehender rother Löwe, der in der rechten Vorderpranke ein entblößtes Schwert hält. Auf dem Schilde ruht die Freiherrnkrone, auf der sich zwei zueinandergekehrte goldgekrönte Turnierhelme erheben. Aus der Krone des rechten Helms wächst der obbeschriebene Löwe hervor; auf der Krone des linken erhebt sich ein doppelter blauer Flug, der beiderseits mit einer eisernen Kugel belegt und dem auch eine solche eingestellt ist. Die Helmdecken sind rechts roth mit Gold, links blau mit Silber belegt.