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BLKÖ:Liechtenstein, Bertha von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 15 (1866), ab Seite: 119. (Quelle)
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6. Bertha von L. (geb. 1430, gest. zu Wien im Jahre 1476). Sie ist eine Tochter des im Hussitenkriege so berühmt gewordenen Oberstburggrafen Ulrich von Rosenberg und Katharina’s von Wartenberg. 19 Jahre alt, wurde sie zu Krumau mit Johann (Hanns) von Liechtenstein vermält. 25 Jahre währte diese unglückliche, kinderlos gebliebene Ehe. Nicht nur daß Johann, ihr Gemal, ein wüstes und ausschweifendes Leben führte, überdieß verbitterte er seiner Gattin Bertha durch eine wüthende Eifersucht das Dasein. Der Sage nach kehrte Bertha nach ihres Gatten Tode in das Vaterhaus zurück und lebte zu Neuhaus bei ihrem unvermälten Bruder Heinrich von Rosenberg, wo sie sich mit der Tonkunst und Erziehung mehrerer Waisen aus ihrer Familie, und zwar der Knaben ihres Vetters. des berühmten Meinhard von Neuhaus, mit ganzer Seele hingab. Als die Burgen Neuhaus in Böhmen und Teltsch in Mähren umgebaut wurden, erschien sie täglich in der damals üblichen weißen Witwentracht, daher sie schon bei Lebzeiten von den Arbeitern und Frohnleuten „die weiße Frau“ genannt wurde. Nach Vollendung dieser Bauten gab sie allen Unterthanen und Arbeitern ein köstliches Mahl in den weiten Burghallen und stiftete jährlich ein gleiches auf den Schlössern Neuhaus, Teltsch und Rosenberg jeden grünen Donnerstag. Dieses Mahl, bei welchem sich oft weit und breit her gegen zehntausend Hungrige einfanden, führte von seinem Hauptgericht, einer böhmischen Nationalspeise, den Namen der „süßen Kasche“. In Teltsch wurde diese „süße Kasche“ im Jahre 1783 zum letzten Male in natura ausgetheilt, im Jahre 1784 aber in Geld reducirt und die Zinsen der entfallenen Summe zur unentgeltlichen Heilung kranker Unterthanen verwendet. Auch im Tode blieben die Gatten getrennt; während Johann bei Maria-Stiegen beigesetzt ist, ruht Bertha bei den Schotten in Wien. Bald nach ihrem Tode verbreitete sich die Sage, die als Wohlthäterin von ihren Unterthanen beweinte „weiße Frau“ erscheine vor jedem wichtigen Ereignisse ihrer Familie auf den Schlössern Krumau, Wittingau, Frauenberg, Bochin, Schwamberg und Teltsch. In späteren Zeiten soll sich ihr [120] Geist auch sogar an den mit ihr in einiger Verwandtschaft stehenden Höfen zu Berlin, Kopenhagen, Stockholm, Baden, Bayreut u. m. a. als ein wohlwollender freundlicher Schatten gezeigt haben. Dieser Glaube an die „weiße Frau“ war noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts Gegenstand mehrerer gelehrten Abhandlungen, in denen ihr Dasein vertheidigt wurde. Noch wurzelt im Volke der Glaube an sie und selten gewann eine Sage wie jene von der „weißen Frau“ eine solche Verbreitung und selbst einige politische Wichtigkeit. Ihr Bildniß war noch in den Dreißiger-Jahren unseres Jahrhunderts auf dem Schlosse Teltsch zu sehen. Auf demselben ist sie eine Frau von mittlerer Größe, schlanken Wuchses, von zarter und weißer Haut, schmaler Stirne, von tiefliegenden melancholischen Augen, überaus schönem Munde und etwas aufgestülpter Nase. Sie trägt ein langes weißes Sammtkleid, ein weißes Barett, das etwas seitwärts auf den reichen Lockenkopf gedrückt ist. Die Aermel des Gewandes sind reich mit Gold besetzt. [Taschenbuch für die vaterländische Geschichte von Joseph Freiherrn von Hormayr (Stuttgart, Franckh, Taschenbuch-Format), Neue Folge, I. Jahrg. (1830), S. 441: „Die weiße Frau“. – Schiffner (Jos. Joh.), Gallerie merkwürdiger Personen Böhmens (Prag 1804 u. f.. 8°.) Bd. IV, S. 155–183.] –