BLKÖ:Lorinser, Karl Ignaz

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 16 (1867), ab Seite: 52. (Quelle)
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Lorinser, Karl Ignaz (Arzt und Fachschriftsteller, geb. zu Niemes in Böhmen 24. Juli 1796, gest. zu Patschkau in Preußisch-Schlesien 2. October 1853). Der älteste Bruder der beiden vorgenannten Friedrich Wilhelm [s. d. S. 49] und Gustav [s. d. S. 51]. Er studirte zuerst in Prag und legte dabei eine große Vorliebe für Naturwissenschaft und Geschichte an den Tag. Des damals an den österreichischen Unterrichtsanstalten herrschenden Schulzwanges überdrüßig, brach er das philosophische Studium dort ab und ging im Jahre 1814 nach Berlin, wo er im Jahre 1817 die medicinische Doctorwürde erlangte. Hierauf begab er sich nach Wien und widmete seine ganze Zeit dem Besuch der Hospitäler. Im Jahre 1818 verließ er abermals sein Vaterland und kehrte nach Berlin zurück, wo er eine Anstellung bei der neu organisirten Thierarzneischule erhielt. Doch schon nach zwei Jahren schied er aus diesem Dienstverhältniß, um sich später als Privatdocent zu habilitiren. Die Erfolge seiner entwickelten Thätigkeit gewannen ihm das Vertrauen einflußreicher Männer, welche damals an der Spitze des preußischen Medicinalwesens standen. Im Jahre 1822 wurde L. zum Rath und Mitglied des Medicinalcollegiums in Pommern, im Jahre 1823 zum Regierungs- und Medicinalrath in Cöslin ernannt und 1825 in gleicher Eigenschaft nach Oppeln in Oberschlesien versetzt. Hier fand er häufig Gelegenheit, durch eine eben so unermüdliche als erfolgreiche Thätigkeit bei den daselbst herrschenden Menschen- und Thierseuchen sich auszuzeichnen, [53] in Folge dessen wurde ihm von Seite des Staatsministeriums die wichtige Sendung, wegen der damals bis an die preußische Grenze vorgedrungenen orientalischen Pest sämmtliche, an der russischen und türkischen Grenze gelegenen k. k. Contumaz-Anstalten zu besuchen und nach genauer Prüfung über die zu treffenden Sicherheitsmaßregeln gutächtliche Berichte zu erstatten. Dieser Aufgabe entledigte sich L. im Winter 1829–1830. Anstrengende Berufsgeschäfte hatten allmälig seine Gesundheit geschwächt, weßhalb er im Jahre 1842 nach Italien ging und den folgenden Winter in Rom zubrachte. Nachdem er am 24. November 1850 sein 25jähriges Dienstjubiläum als Rath bei der Regierung zu Oppeln gefeiert hatte, schied er aus dem Staatsdienste und verlebte den Rest seiner Tage zu Patschkau in Schlesien. Bereits einige Zeit leidend, erlag er endlich den schmerzhaften Anfällen seiner Krankheit im Alter von 57 Jahren. Sein Leichnam wurde nach Oppeln geführt und daselbst am 6. October von seinem einzigen Sohn (dem als Schriftsteller und Redacteur der schlesischen Kirchenzeitung bekannten Doctor der Theologie Franz Lorinser) eingesegnet und beerdigt. Seine vorzüglichsten größeren Schriften sind: „Dissertatio de functione hepatis sana et lassa“ (Berolini 1817); – „Entwurf einer Encyklopädie und Methodologie der Thierheilkunde“ (Berlin 1820, Rücker, 8°.); – „Die Lehre von den Lungenkrankheiten nach ihrem gegenwärtigen Standpuncte und mit vorzüglicher Rücksicht auf pathologische Anatomie“ (ebd. 1823, mit 1 Kupfer); – „Versuche und Beobachtungen über die Wirkung des Mutterkorns auf den menschlichen und thierischen Körper“ (ebd. 1824); – „Untersuchungen über die Rinderpest“ (ebd. 1831); – „Zum Schutz der Gesundheit in den Schulen“ (ebd. 1836); – „Die Pest des Orients, wie sie entsteht und verhütet wird“ (ebd. 1837); – „Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien, historisch, medicinisch und mystisch beleuchtet“ (Oppeln 1845, 8°.). Unter seinen zahlreichen kleineren Schriften und Aufsätzen machte am meisten Aufsehen: eine Recension vom Jahre 1831, in welcher er die Nutzlosigkeit der Militärcordons und Contumaz-Anstalten gegen die Cholera bewies, und welche die schleunige Aufhebung dieser Maßregeln zur Folge hatte. Noch lebhafter war die Bewegung, welche seine oben angeführte Abhandlung: „Zum Schutze der Gesundheit in Schulen“ im Jahre 1836 unter den Schulmännern und Philologen von halb Europa hervorrief, so daß über diesen Gegenstand ein wissenschaftlicher Streit ausbrach, der über 70 Streitschriften dafür und dagegen, endlich aber doch die Reform der preußischen Gymnasien und die Beseitigung der ärgsten Mißbräuche zur Folge hatte.

Karl Ignaz Lorinser. Eine Selbstbiographie. Vollendet und herausgegeben von seinem Sohne F. Lorinser. 2 Bde. (Regensburg 1864, Manz, gr. 8°., mit L.’s Bildniß). – Nowack (Karl Gabriel), Schlesisches Schriftsteller-Lexikon oder bio-bibliographisches Verzeichniß der im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts lebenden schlesischen Schriftsteller (Breslau 1838 u. f., W. G. Korn, 8°.) Heft II, S. 94. – BrockhausConversations-Lexikon, 10. Aufl. Bd. IX, S. 702. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XIX, Abtheilung 2, S. 963. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1850 et. s., Didot, 8°.) Tome XXXI, p. 663. – Biographisch-literarisches Lexikon der Thierärzte aller Zeiten und Länder u. s. w. Gesammelt von G. W. Schrader. Vervollständigt und herausgegeben von Med. [54] Dr. Eduard Hering (Stuttgart 1860, Ebner und Seubert, gr. 8°.) S. 256.