BLKÖ:Luschin, Franz Xaver
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 16 (1867), ab Seite: 164. (Quelle) | |||
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Luschin, Franz Xaver (Fürsterzbischof von Görz, geb. in der Nähe von Lind nächst dem Gute Peggein in Kärnthen 3. December 1781, gest. zu Görz 2. Mai 1854). Sein Vater Leonhard Luschin, Besitzer der gleichnamigen Hube, hatte außer ihm nur noch eine Tochter und gab beiden Kindern eine, wenngleich einfache, standesmäßige, doch sorgfältige Erziehung. Franz besuchte die Schule zu Teinach unter dem braven Lehrer Joseph Wedenigg. Dieser und die dortige Geistlichkeit stimmten den Vater, da des Knaben Anlagen und Fleiß zu den schönsten Hoffnungen berechtigten, dahin, daß er ihn in die Normalschule nach Klagenfurt und hierauf auch daselbst an’s Gymnasium schickte, wo ihn sein Fleiß und seine Eingezogenheit besonders empfahlen. Im Jahre 1797 hatten die Stürme der französischen Revolution, so wie die Staaten und Völker auch die Geister aufgeregt, und bereits Luschin’s Heimat, Kärnthen berührt. Nachdem alle kaiserlichen Behörden sich aufgelöst und die Beamten bis auf wenige das Land verlassen hatten, bemächtigte sich dieses Gefühl der Unsicherheit, des Bangens vor der Zukunft, auch der Jugend, und unser Luschin, wie mehrere seiner Collegen verließen die Hörsäle, um in ländlicher Abgezogenheit dem drohenden Schicksale zu entgehen. Franz Luschin, den Unwillen seiner Eltern über eine solche Entfernung von seinen Studien befürchtend, kam bei nächtlicher Weile von dem nahen Klagenfurt in sein Vaterhaus zurück, schlich sich in die Kammer der Knechte und suchte an der Seite eines derselben die Ruhe. Seine Ankunft wurde zuerst von der weckenden Magd bemerkt und der Mutter entdeckt, worauf dieselbe zum Sohne eilte und aus dessen Munde die niederschlagende Kunde seines Entschlusses vernahm, den Studien Lebewohl zu sagen und am heimischen Herde von der Erdscholle das karge Brot zu gewinnen. Wie den zornigen Vater beschwichtigen und die erstaunte Nachbarschaft aufklären? Endlich wagt sie zitternd den Schritt, und kaum entgleitet dem bebenden Munde das Wort: Franz ist gekommen und will nicht mehr studiren, sondern Bauer werden. Der Vater war ruhiger als zu erwarten. „So soll er denn Bauer werden, es ist schon recht“, antwortete der kurz angebundene Mann, ließ den Sohn kommen, befahl ihm die Stadtkleider abzulegen, reichte ihm das bäuerliche Gewand, seine eigenen Holzschuhe, legte ihm ein Strohband um die Hüfte, wie es die dortigen Knechte beim Mähen zu haben pflegen, gab ihm Sense und Kumpf und schickte ihn mit den barschen Worten auf die Wiese: „Hast du bei den Knechten geschlafen und gegessen, so magst du auch mit ihnen arbeiten“. Somit war der künftige Primas von Galizien, der Fürstbischof von Trient und Erzbischof von Görz, Sr. Majestät geheimer Rath und Ordensritter nach Knechtesweise standesmäßig adjustirt und installirt! Franz, der eine Zeit die Stadt im Bauerngewand Säcke tragend betreten hatte, ging aber mit nächstem Studienjahre wieder von dem Pfluge zu den Schulbänken über, die er vor einem halben Jahre vermeintlich aussichtslos verlassen hatte. Aber noch sollten herbere Prüfungen über ihn kommen. Im Jahre 1800 wurde Franz zu Klagenfurt vom Nervenfieber befallen, das ihn an den Rand des Grabes brachte. Seine Schwester, fünf Jahre älter als er, eilte auf die Nachricht davon an sein Krankenbett [165] und verließ es nicht bis er genas; dafür hatte sie den Keim des Todes geholt und nach Hause gebracht, wo sie am 15. April 1800 als Opfer der Schwesterliebe starb. Die Mutter hatte sie gepflegt, der Krankheitsstoff sich auf sie verpflanzt, und da sank auch sie, von Herzensleid bereits zerknickt, am 6. Mai 1800 dem Tode in die Arme. Der von so schwerem Weh heimgesuchte, bereits alternde Vater folgte ihnen am 10. Juli 1804 in die Ewigkeit nach und hinterließ dem einzigen Sohne das freudenleere Haus. Keines von Allen hatte es erlebt, was sie so sehr ersehnt, den geliebten Franz am Altare opfern zu sehen. Die väterliche Behausung übergab nun Franz dem Sohne des Bruders seines Vaters, Besitzers der Tonitz-Hube im Dorfe Teinach. Als Luschin, den 30. August 1804 zum Priester geweiht, kurz darauf zu Teinach primizirte, war von seinen nähern Anverwandten Niemand mehr am Leben und selbst die Primiztafel war nicht in Lind, sondern im Herrenhause zu Peggein, dessen Besitzerin, die Witwe Margareth Maurer, Luschin’s geistliche Mutter war. Franz trat in die Seelsorge und war Stadtcaplan bei St. Egiden zu Klagenfurt, vom December 1806 bis Ende Jänner 1808. Doctor Rupert, damals am Lyceum zu Klagenfurt, Professor des Bibelstudiums, hatte als solcher Luschin’s besondere Vorliebe und Fähigkeit für das Studium der orientalischen Sprachen kennen gelernt, er munterte ihn nun auf, seine Forschungen im theologischen, besonders im Bibelfache, fortzusetzen, behalf ihm mit den einschlagenden Werken und bereitete ihn auch in den anderen Doctrinen der Theologie in der Art vor, daß er in der Lage war, bereits im Jahre 1807 in Wien, wo er die Vorlesungen des berühmten [BLKÖ:Jahn, Johann|Jahn]] hören konnte, die Rigorosen zu bestehen, in Folge dessen er am 16. Jänner 1808 zum k. k. Professor der morgenländischen Sprachen und des Bibelstudiums zu Gratz ernannt wurde. Nun konnte er sich vollends in seinem Fache ausbilden und die damals noch seltene Promotion zum Doctor der Theologie wurde ihm im Jahre 1813 zu Theil. Auch hielt Luschin vom Jahre 1810–1814 die akademischen Exhorten am Gratzer Lyceum und wurde vom Collegium der Professoren für das Studienjahr 1815 zum Rector erwählt; man glaubte den allseitig tüchtigen und geehrten Mann am würdigsten dadurch auszuzeichnen, daß man ihm im Mai 1818 das Doctorat der Philosophie verlieh. Diese so vielseitige Verwendbarkeit Luschin’s machte ihn zu einer Oberleitung des geistlichen und Studienfaches vorzüglich berufen. Als daher der Posten eines Gubernialrathes zu Innsbruck zu besetzen kam, erfolgte seine Ernennung dazu mit Allerh. Entschließung vom 6. Jänner 1820. Wer die Veränderungen erwägt, welche Tirol während der Bayern- und Franzosenherrschaft erlitt, zu deren Wiederherstellung doch nur erst eine sehr kurze Zeit geboten war, kann die Schwierigkeiten ermessen, welche Luschin bei Reorganisation der ihm obliegenden Fächer, bei der Durchführung der Pfründen-Dotation und der gleichartigen Schuleinrichtung zu überwinden hatte. Drei Jahre hatte Luschin rastlos in seinem Referate gearbeitet, nun ernannte Kaiser Franz den als Priester und Geschäftsmann, als Theologen wie als Organisator gleich bewahrten Mann unterm 12. November 1823 zum Fürstbischof von Trient. Am 3. October 1824 zu Salzburg von seinem Metropoliten, Fürsterzbischof Augustin Gruber zum Bischof consecrirt, [166] zog der Kirchenfürst am 17. desselben Monats in seiner Residenz ein. Vor Allem erstreckte sich seine Sorgfalt auf die Erziehung des Clerus. Er erweiterte mit nicht geringen eigenen Kosten das Priesterseminar, betheiligte sich mit den ihm inwohnenden Kenntnissen an den Studien der Alumnen und an ihren geistlichen Uebungen. Er bewirkte die Restauration des Kathedral-Capitels und benahm sich bei diesem schwierigen Geschäfte mit Gerechtigkeitsliebe und standhaftem Eifer für das Beste der Religion und Disciplin. Hatte er in seines Umgebung das Feld bereitet, so konnte er desto ungehinderter seinem Drange folgen und seine unter zwei so verschiedenartige Nationalitäten getheilte Diöcese in ihrem ganzen Umfange, mitunter in ihren schwer zugänglichen Theilen durchreisen und überall die Merkmale seiner Hirtenliebe, seines frommen und wohlthätigen Sinnes hinterlassen. Die Veranlassung, Luschin aus dem Kreise seiner Heerde abzurufen, war die eingetretene Nothwendigkeit für den leer gewordenen Sitz des Primas von Galizien und Lodomerien, für den Metropolitanstuhl zu Lemberg einen geeigneten Repräsentanten zu finden. Fürsterzbischof Andreas Alois Graf von Ankwicz hatte seinen bisherigen Bischofssitz mit dem gleichbedeutenden eines Fürsterzbischofs von Prag vertauscht. Luschin, von Kaiser Franz I. am 10. Februar 1834 zum Erzbischof von Lemberg ernannt, verließ im August d. J. Trient und traf Anfangs November in Lemberg ein, aber aus Allem, was er bereits bei seiner Inthronisation wahrnahm, stellte sich ihm die traurige Ueberzeugung zur vollen Gewißheit dar, daß hier der Ort seines Wirkens und Bleibens nicht sei. Er bat daher Se. Majestät um eine anderweitige, wenn auch noch so untergeordnete in Verwendung, und so erhielt er den gerade damals erledigten Sitz eines Fürsterzbischofs von Görz und Metropoliten von Illyrien. Der am 9. Jänner 1835 ausgefertigten Ernennung folgte am 9. April g. J. die Bestätigung des heil. apostol. Stuhles und am 22. August 1835 feierte Görz die Ankunft seines neuen Kirchenfürsten. Nicht leicht konnte eine Wahl glücklicher getroffen sein: denn Erzbischof Franz Xaver brachte außer seinen erprobten Hirteneigenschaften die volle Kenntniß der dort sich als an Deutschlands Endpuncte vereinigenden drei Nationalitäten: der deutschen, slovenischen und italienischen mit. In der Zeit von Luschin’s neunzehnjährigem Wirken an seinem neuen, nun auch letzten Posten, hatte die Revolution der Juliustage Frankreichs herrschende Dynastie gestürzt. Die exilirte Königsfamilie war, nachdem sie bereits mehrere Male ihren Aufenthalt gewechselt, nach Görz übersiedelt, und zwar im nämlichen Jahre, in welchem Luschin seine neue Kirchenwürde antrat. Luschin war nun der königlichen Familie Tröster und Gesellschafter. Dieses Ereigniß bildete einen der Hauptabschnitte in Luschin’s sonst zurückgezogenem, aber thatenvollen Leben. Eine seiner vorzüglichsten Bemühungen war die Gründung und Erhaltung wohlthätiger Institute. Als solche nennen wir die Taubstummen-Anstalt, das Krankenhaus für das weibliche Geschlecht und alte Arme; ferner ein Institut für arme verlassene Kinder. Außer, daß er diese, so wie er ihr Gründer war, mit reichen Almosen unterstützte, übte er an allen andern bestehenden Anstalten dieser Art, an den dort zahlreichen Schaaren der Armen jeder Gattung die Tugend der Wohlthätigkeit in solchem Maße, daß man nach seinem Tode nicht einmal so [167] viel an Baarschaft fand, die nothwendigen Begräbnißkosten aus derselben bestreiten zu können, daß er, um bei dem zunehmenden Mangel – und dieser hatte im Mißjahre 1853, wo die Traubenkrankheit die letzte Hoffnung des Landmannes vernichtete, den höchsten Grad erreicht – in seinen alten Tagen selbst seine Pferde veräußerte, und sonach, wenn es das Kirchenfest oder sonst der Anstand forderte, sich der Postgelegenheit bedienen mußte. Im Jahre 1849 wurde L. zur Versammlung der österreichischen Bischöfe nach Wien berufen. Seine Mäßigung, seine Bescheidenheit und sein richtiger Takt erwarben ihm die allgemeine Hochachtung. Se. Majestät ehrten seine Verdienste mit der Ernennung zum geheimen Rathe und im Jahre 1852 durch Verleihung des Großkreuzes des Leopold-Ordens. Im Jahre 1851 beging Luschin die Säcularfeier der Errichtung des Görzer Erzbisthums und widmete ihr ein eigenes, die betreffenden historischen Notizen enthaltendes, gleichzeitig in Görz erschienenes, typographisch würdig ausgestattetes Heft. Im Jahre 1854 starb L. im hohen Alter von 73 Jahren. Bei dem Leichenbegängnisse fanden sich über 500 Bürger mit Wachsfackeln ein und von allen Gegenden kamen Leute herbei, um sich dem Zuge anzuschließen, den der hochwürdigste Bischof von Triest, Bartholomäus Legat, führte. Die sterblichen Ueberreste wurden in der Gruft der in der Mitte des Friedhofes stehenden Capelle, welche sein Vorfahrer, Erzbischof Walland, für sich und seine Nachfolger hatte bauen lassen, eingesenkt. Das Testament bestimmte, daß sein ohnehin fast nur aus Paramenten und Einrichtungsstücken bestehendes Vermögen in drei Theile getheilt werden solle. Einen davon erhielten die Görzer barmherzigen Schwestern, den zweiten die Stadtarmen daselbst und den dritten sein Hauscaplan und Secretär, die Dienstleute und die Klagenfurter Elisabethinerinen ebenfalls zu gleichen Theilen.
- Carinthia (Klagenfurter Blatt, 4°.) 43. Jahrgang (1854), Nr. 43: „Franz Xaver Luschin“; – dieselbe im nämlichen Jahrgange, Nr. 62 bis 64. [Dieser ausführliche Nekrolog ist auch im Salzburger Kirchenblatte, III. Jahrg. (1854), Nr. 27, und in dem vom Paulusvereine zu Gratz herausgegebenen Katholischen Wahrheitsfreunde, VI. Jahrg. (1854), Nr. 39, abgedruckt.] – Hermann (Heinrich), Handbuch der Geschichte des Herzogthums Kärnthen in Vereinigung mit den österreichischen Fürstenthümern (Klagenfurt 1860, J. Leon, 8°.) III. Band, 3. Heft: Culturgeschichte Kärnthens vom Jahre 1790–1857, S. 399 [daselbst ist irrig der 8. statt des 3. December als Luschin’s Geburtstag angegeben]. – Rozman (Jos.), Drobtince za novo leto (Klagenfurt, Leon, 8°.) X. Jahrg (1855), S. 109. – Der deutsche Antheil des Bisthums Trient. Topographisch, historisch, statistisch und archäologisch beschrieben von Mehreren und herausgegeben von den Vereinen für christliche Kunst und Archäologie in Botzen und Meran (Brixen 1866, A. Weger, 8°.) Bd. I, S. 47.