BLKÖ:Mayr, Leopold

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Meyer, Leopold von
Band: 18 (1868), ab Seite: 155. (Quelle)
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93. Mayr, Leopold (k. k. Hofbaumeister, geb. 1808, gest. zu Wien 19. März 1866). M. ist der Sohn eines wenig bemittelten Steinmetzmeisters, wendete sich aus Neigung dem Baufache zu, vollendete die dazu erforderlichen Studien in Wien und wurde in den Dreißiger-Jahren Stadtbaumeister in Wien. Unbekannten Namens, wollte es dem jungen Baumeister lange nicht gelingen, sich eine seinem Ehrgeize zusagende Existenz zu schaffen; die ihm anvertrauten Bauführungen waren alle untergeordneter Natur, und erst als er durch einen glücklichen Zufall mit dem Grafen Colloredo-Mannsfeld, dem Vater des nunmehrigen Landmarschalls von Niederösterreich, bekannt wurde, trat jene günstige Wendung in seinem Geschicke ein, die bis an seinen Tod fortdauerte. [156] Zu jener Zeit sollte nämlich ein neues Landhaus gebaut werden und durch den Grafen erhielt Mayr die Führung dieses Baues. Das unbestreitbare Talent, welches M. bei dieser ersten großen Arbeit an den Tag legte, richtete bald die Aufmerksamkeit auf den geschickten Baumeister, es wurde ihm sofort Bau um Bau übertragen und in wenigen Jahren war Mayr’s Baugeschäft das bedeutendste in der Residenz. M. führte eine große Anzahl von öffentlichen Gebäuden, Palästen, Privatwohnungen aus, und unter den mehr als vierhundert Bauten, welche er in Wien allein vollendet, sind außer dem Landhause zu nennen die Palais Kinsky und Hardegg, der Domherrenhof, der Westbahnhof und das großartige Arsenal vor der Favoritenlinie. Bei so großen Unternehmungen bedurfte er, wie es sich leicht begreift, ausgezeichneter Hilfsarbeiter, und M. war bei dem Scharfblicke, mit dem er Talente erkannte, in der Wahl derselben ebenso glücklich, als er es verstand, tüchtige und geschickte Arbeiter durch glänzende Entlohnung an sich zu fesseln; so geschah es denn, daß viele seiner Leute 20 bis 30 Jahre in seinen Diensten standen, M. hat sie aber auch reichlich in seinem Testamente bedacht. Ungeachtet einer so großen Beschäftigung blieb M. doch immer auch seiner Bürgerpflichten eingedenk, die er, so zeitraubend und anstrengend oft sie waren, mit gewissenhafter Pünctlichkeit erfüllte. Schon im Mai 1848 wurde M. in den Gemeindeausschuß gewählt, in welchem er bis 1851 in liberaler Weise die Angelegenheiten der Gemeinde vertrat und für zeitgemäße Reformen mit Energie einstand. Ein Zwiespalt mit dem damaligen Bürgermeister Dr. Seiller veranlaßte ihn, aus dem Gemeinderathe zu treten. Nun widmete er seine Thätigkeit der Escomptebank und der niederösterreichischen Sparcasse, welchen beiden Instituten er als Verwaltungsrath angehörte. Als bei den politischen Reformen, welche nach dem italienisch-französischen Feldzuge des Jahres 1859 im Kaiserstaate Platz griffen, auch das Gemeindewesen einen Umschwung erhielt und die Leitung der Gemeindeangelegenheiten einer aus freier Wahl hervorgegangenen Vertretung übergeben wurde, nahm M. im Jahre 1861 seinen Platz in der Gemeindevertretung wieder ein, und wurde von der liberalen Partei mit so viel freudigem Vertrauen begrüßt, daß er bei der Bürgermeisterwahl nur mit 10 Stimmen gegen Dr. Zelinka in der Minorität blieb. Das Amt eines Bürgermeister-Stellvertreters versah M. durch zwei Jahre, bis ihn die Krankheit, die seinen Tod herbeiführte, an der Ausübung seiner Bürgerpflicht hinderte. Alle Versuche einer Heilung seiner Leiden zeigten sich erfolglos und endlich erlag M. denselben im Alter von 58 Jahren. „In welcher Weise er als Arbeitgeber, Bauherr, Verwaltungsrath und Gemeindevertreter vorzugehen pflegte, davon können, wie es in seinem Nekrologe heißt, die Arbeiter der Ebenfurther Baumwoll- Spinnfabriken, deren öffentlicher Gesellschafter er war, Zeugniß geben, denen er zur Zeit der Baumwollenkrisis mit Gefahr seines Vermögens Arbeit und Verdienst verschaffte; die Talente, denen er ihren Wirkungskreis schuf und ihre Verwerthung vermittelte; die Anstalten, denen er die Tantièmen, welche ihm als Verwaltungsrath zufielen, regelmäßig für den Beamten-Pensionsfond dieser Anstalten hinterließ; die Bürger, deren Angelegenheiten er in liberaler Weise vertrat.“ So z. B. verfügte M. noch bei seinen Lebzeiten [157] über die Beträge, welche ihm als Verwaltungsrath der niederösterreichischen Escompte-Gesellschaft und des Creditvereins gebührten, zu Gunsten des Personals der niederösterreichischen Escompte-Gesellschaft. Diese Beträge, welche die Gesellschaft stets verzinste, wurden nach Mayr’s Tode in der runden Summe von zehntausend Gulden ö. W. mittelst Stiftsbriefes der Erben in das Eigenthum der Betheiligten förmlich eingeantwortet und bilden nun die Zinsen des unter dem Namen: „Mayr-Fonds“ gegründeten Stiftungs-Capitals einen der eigenen freien Verwaltung den Beamten übergebenen Unterstützungfonds für Beamte und Diener, deren Witwen und Waisen. Mayr bekleidete außer den bereits angeführten Aemtern noch die eines Ausschusses und Rechnungs-Directors der wechselseitigen Brandschaden-Versicherungsanstalt, eines Directors der ersten österreichischen Sparcasse und eines Landtags-Abgeordneten für Niederösterreich. Für seine Verdienste war er mit dem Titel eines k. k. Hofbaumeisters, mit der mittleren goldenen Civil-Verdienstmedaille und mit dem goldenen Verdienstkreuze mit der Krone ausgezeichnet worden. M. war seit dem Jahre 1835 mit Theresia Klee, der Tochter des Landschaftsmalers Hermann Klee [Bd. XII, S. 34], eines Schülers des berühmten Calame, vermält. Aus dieser Ehe stammen ein Sohn Moriz und eine Tochter Leopoldine, welche letztere mit Johann Liebig, der im Jahre 1861 Mitglied des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes war, vermält ist.

Waldheim’s Illustrirte Zeitung (Wien, kl. Fol.) I. Jahrg. (1862), S. 218. – Waldheim’s Illustrirte Blätter (Wien, gr. 4°.) 1866, S. 102. – Presse (Wiener politisches Blatt) 1866, Nr. 79. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1867, Nr. 978: „Ein Beispiel von Uneigennützigkeit“. – Porträte. 1) Nach dem Leben lithographirt von A. Dauthage (Wien 1861, Fol.), Kniestück, A. Dauthage’s Selbstverlag; – 2) Holzschnitt, ohne Angabe des Zeichners und Xylographen, in Waldheim’s Illustrirter Zeitung 1862, S. 220.