BLKÖ:Metternich, Richard Clemens Lothar Fürst

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 18 (1868), ab Seite: 62. (Quelle)
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Metternich, Richard Clemens Lothar Fürst (Staatsmann und Ritter des goldenen Vließes, geb. zu Wien 7. Jänner 1829). Sohn des Staatskanzlers Clemens Wenzel Lothar Fürsten M. aus dessen zweiter Ehe mit Maria Antonia Freiin Leykam, Gräfin von Beilstein. Die Mutter erlag den Folgen der Geburt wenige Tage nach derselben (17. Jänner 1829). Fürst Richard erhielt, wie Vehse berichtet, durch einen Schweizer eine „Erziehung im liberalsten Sinne“. Noch bei Lebzeiten des Vaters betrat er die diplomatische Laufbahn, und war bereits im Jahre 1852, damals 23 Jahre alt. Attaché bei der k. k. österreichischen Gesandtschaft in Paris, kam dann in gleicher Eigenschaft zu jener nach London. Im Jahre 1855 kehrte er als Legations-Secretär zu der k. k. österreichischen Gesandtschaft in Paris zurück, wo er nach dem italienisch-französischen Kriege im Jahre 1859 als des Freiherrn von Hübner Nachfolger Botschafter wurde, welchen Posten der Fürst zur Stunde einnimmt. Der Fürst ist (seit 30. Juni 1856) mit Pauline Clementine Walburga (geb. 26. Februar 1836), der Tochter seiner Halbschwester Leontine Pauline (geb. 18. Juni 1811, gest. 16. November 1861 aus deren Ehe mit Moriz Grafen Sándor von Szlavnicza, also mit seiner eigenen Nichte, vermält. Als im Herbste des Jahres 1864 nach des Grafen von Rechberg Austritt die Berufung des Fürsten zur [63] Uebernahme des auswärtigen Amtes in Aussicht stand, welche jedoch nicht erfolgte, da Graf Mensdorff-Pouilly in das Ministerium Schmerling als Minister des Auswärtigen eintrat, schrieb ein demokratisches Blatt über den Fürsten Richard: „Richard Metternich hat Vieles vom Vater ererbt, unter anderem auch jene wahre grandiose Noblesse, welche dem heutigen Adel – Ausnahmen natürlich abgerechnet – so ziemlich abhanden gekommen ist. Richard Metternich macht keinem Menschen, und möge derselbe einem noch so untergeordneten Verhältnisse angehören, die Superiorität seiner Stellung fühlbar oder drückend. Ein gewisses Wohlwollen ist über seine ganze Handlungsweise verbreitet, er liebt es, statt traurige Gesichter, fröhliche Menschen um sich zu sehen, und thut, was an ihm ist, alles Erdenkliche, den Leuten keinen Anlaß zum Mißmuthe zu geben. Richard Metternich ist eine frohmüthige Natur, die gern Alles, was mit Kummer zusammenhängt, von sich abwehrt. Diese natürliche Fröhlichkeit erhält seinen Geist frisch und macht ihn zum erwünschten Gesellschafter. Mit jenem Frohsinn verbindet der Fürst ein reiches Geselligkeitstalent. Ein Clavierspieler ersten Ranges, der, wenn er arm geboren worden wäre, sich allein durch seine Fingerfertigkeit auf dem Piano hätte das tägliche Brot erwerben können, ein ziemlich glücklicher Tonsetzer [1860 sind bei Spina in Wien „Felsenlieder“, von dem Fürsten componirt, erschienen], ein guter Erzähler und erfindungsreicher Kopf, würde Richard M., wenn er auch einer minder begünstigten Sphäre angehörte, viel gesucht sein. Man hat ihm die Ausführung der oberwähnten Talente zum Vorwurf gemacht und die Meinung ausgesprochen, daß sie seinem eigentlichen Berufe Eintrag thäten. Es gibt keine falschere Behauptung als diese. Weßhalb soll besondere Beliebtheit in der Gesellschaft den diplomatischen Erfolgen zum Schaden gereichen? Wir glauben vielmehr, daß die Mißerfolge, welche die Mehrzahl der diplomatischen Missionen Oesterreichs im 17. und 18. Jahrhunderte begleiteten, mit dem völligen Mangel an geselligen Talenten der Vertreter der vaterländischen Regierung innig zusammenhängen. Aber jene trockenen, wenn auch noch so patriotischen Kanzleiseelen, welche die Winkelzüge der französischen Politik durchkreuzen sollten, hatten höchstens den Erfolg, in ihrem Bestreben, das sie nicht einmal zu verbergen im Stande waren, belächelt zu werden. Die französische Diplomatie hatte aus den entgegengesetzten Gründen entschiedenes Glück, weil sie überall durch die Leutseligkeit ihrer Träger für sich einnahm und die Gemüther der Fürsten für die Interessen Frankreichs zu gewinnen wußte. Fürst Richard hat an seiner Gemalin, einer gebornen Gräfin Sándor – und nicht Zichy, wie es im obbezogenen Artikel heißt – eine wichtige Verbündete, deren Bedeutung nicht leicht unterschätzt werden kann. Die Fürstin, eine Dame voll Geist und Phantasie, versteht es, wie selten eine Frau, ihrem Gatten die diplomatischen Pfade zu ebenen und jeden seiner Entwürfe auf das Nachhaltigste zu unterstützen, und man wird nicht zuviel sagen, wenn man behauptet, daß das gute Einvernehmen zwischen den Höfen von Wien und Paris, das ununterbrochen seit 1859 fortdauert und in der Zusammenkunft der beiden Majestäten, des Kaisers Franz Joseph und des Kaisers Napoleon, welche in den letzten Tagen des August 1867 zu Salzburg [64] statthatte, den beredetsten Ausdruck fand, das Werk der vereinigten Bemühungen des Fürsten und der Fürstin Metternich sei. Es gab seither so manchen Umstand, der ohne die geschickte Intervention des österreichischen Botschafters jenem glücklichen Einverständnisse hatte Eintrag thun können. Fürst Metternich gilt als Träger der österreichischen Politik der Zukunft, das heißt einer wahren und aufrichtigen Aussöhnung mit der in Italien vollzogenen Thatsache, des Anschlusses an die Westmächte und der Abnegation jener alten und veralteten Principien, die Oesterreich so namenlos unglücklich gemacht haben.“ Zu gleicher Zeit, als die oberwähnte Zusammenkunft beider Monarchen in Salzburg stattfand, erhielt Fürst M. als Ausdruck der höchsten kaiserlichen Gnade den Orden des goldenen Vließes, den vor ihm sein Vater und Großvater bereits getragen hatten.

Konstitutionelle Volks-Zeitung (Wien, 4°.) I. Jahrgang (1865), Nr. 104: „Fürst Richard Metternich“ [mit seinem Bildniß im Holzschnitt]. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1867, Nr. 1067, der Leitartikel.