BLKÖ:Metternich-Winneburg, Clemens Lothar Wenzel Fürst

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Metelko, Franz
Band: 18 (1868), ab Seite: 23. (Quelle)
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Metternich-Winneburg, Clemens Lothar Wenzel Fürst (Staatsmann, Ritter des gold. Vließes, geb. zu Coblenz 15. Mai 1773, gest. zu Wien 11. Juni 1859, Nachmittag 21/2 Uhr). Sohn des Fürsten Franz Georg Karl Joseph Johann aus dessen Ehe mit Maria Beatrix Aloisia Gräfin von Kageneck. Von dem letzten Churfürsten von Trier, Clemens Wenzeslaus, königlichem Prinzen von Polen und Herzoge von Sachsen, wurde er aus der Taufe gehoben. Bis zu seinem fünfzehnten Jahre im Elternhause erzogen, kam er im Jahre 1788 auf die Universität zu Straßburg, wo er sich bis zum Jahre 1790, als eben die französische Revolution ausbrach, den philosophischen Studien widmete. Im nämlichen Jahre noch begab er sich von Straßburg zur Kaiserkrönung Leopold’s II. nach Frankfurt a. M., bei welcher er die Functionen eines Ceremonienmeisters des katholischen Theils des westphälischen Grafen-Collegiums versah, während damit für den protestantischen Theil dieses Collegiums der Graf von Solms-Laubach betraut war. Nach beendeter Krönung bezog Graf Clemens (damals noch Graf, die Reichsfürstenwürde erlangten Vater und Sohn im Jahre 1803) die zu jener Zeit berühmte Hochschule zu Mainz, wo sein Vater die Stelle eines bevollmächtigten Ministers bekleidete. Daselbst lag er bis 1794 den juridischen und diplomatischen Studien ob, nach deren Beendigung er vorerst eine Reise nach England unternahm, von welcher er aber in Folge des in den Niederlanden abgebrochenen Aufstandes, der für das Haus Oesterreich mit dem Verluste dieser Provinzen endete, in kurzer Zeit nach Wien zurückkehrte. Die kriegerischen Ereignisse in Holland verschoben seinen Eintritt in den Staatsdienst, denn er war ursprünglich für den Gesandtschaftsposten im Haag ausersehen, an dessen Antritt jedoch während des Krieges nicht zu denken war. Kurze Zeit darauf, im September 1795, vermälte er sich mit Maria Eleonora, einzigen Tochter des Fürsten Ernst und Enkelin des berühmten Staatsmannes Wenzel Anton Fürsten Kaunitz. Erst im Jahre 1797, nach dem Ableben seines Schwiegervaters Ernst Fürsten Kaunitz, übernahm er die Vertretung des westphälischen Grafen-Collegiums auf dem Congresse zu Rastatt, verließ jedoch denselben noch vor dessen Beendigung im Jahre 1799. Im J. 1801, nach zweijähriger Pause, kehrte der Graf wieder zu den öffentlichen Geschäften zurück und trat im November g. J. die ihm verliehene Stelle eines kaiserlichen Gesandten am damals chursächsischen Hofe an. Schon zwei Jahre später wurde er des Grafen Philipp Stadion Nachfolger in der Stelle eines kaiserlichen Gesandten am königlich preußischen Hofe, da Graf Stadion als [24] Botschafter nach St. Petersburg geschickt worden war. Als nach Ausbruch des Krieges zwischen Oesterreich und Frankreich im Jahre 1805 Kaiser Alexander persönlich in Berlin sich einfand, um durch seine Anwesenheit den Bund der drei Mächte Rußland, Oesterreich und Preußen, welches letztere vornehmlich durch Metternich’s Negotiationen für den Beitritt zur Allianz gewonnen worden war, gleichsam zu besiegeln, fand Kaiser Alexander an dem Fürsten solches Gefallen, daß er ihn als Gesandten an seinem Hofe wünschte; indessen hatte es von diesem bereits beschlossenen Arrangement in Folge anderer mittlerweile eingetretener Veränderungen sein Abkommen, Graf Metternich ging vor der Hand, im April 1806, als Botschafter nach Paris. Der kurz zuvor nach der unglücklichen Schlacht von Austerlitz (2. December 1805) geschlossene Preßburger Friede (26. December 1805) hatte die Auflösung des deutschen Reiches und den jämmerlichen Rheinbund zur Folge. Oesterreich selbst hatte einen großen Länderverlust erlitten; alle durch den Luneviller Frieden (9. Februar 1801) erlangten venetianischen Provinzen waren an das Königreich Italien, Tirol, Vorarlberg, Passau, Eichstedt und andere Landschaften an den Hauptstaat des Rheinbundes, an Bayern, der größte Theil des Breisgau’s an Baden, ein Theil seiner Besitzungen in Schwaben an Württemberg gefallen, dessen Churfürst, wie jener von Bayern, zu Königen avancirt waren, und als Entschädigung hatte Oesterreich Salzburg erhalten, Erzherzog Ferdinand Würzburg und Erzherzog Anton wurde erblicher Hochmeister des deutschen Ordens. Dieses durch so gewaltige Territorial-Veränderungen geschwächte, ja gedemüthigte Oesterreich hatte Metternich am Pariser Hofe zu vertreten. Zudem war noch immer ein großer Theil der österreichischen Erbländer von den Franzosen besetzt, die unter allerlei nichtigen Vorwänden ihren Abzug verschoben. Endlich gelang es den Bemühungen Metternich’s, den Abschluß der Convention zu Fontainebleau (10. October 1807) zu erwirken, durch welche alle noch schwebenden Streitfragen beglichen, und der Lauf des Isonzo als Grenze österreichischen Gebietes und des neuen Königreiches angenommen wurde. Während Napoleon’s Feldzug gegen Preußen, und während der Zusammenkunft der beiden Kaiser von Rußland und Frankreich zu Erfurt, im Jahre 1808, verblieb Metternich auf seinem Posten zu Paris. Im letztgenannten Jahre hatte Napoleon Spanien auf sein politisches Programm gestellt und den Krieg in diesem Lande begonnen. Indessen wuchs allenthalben mit jedem Tage der Un-, ja Widerwille gegen die von Frankreich über ganz Europa verhängte militärische Knechtung, und kam gerade in Oesterreich, das unter der Gewalt des Imperators und seiner Heere so schwer gelitten, mächtiger wie sonst irgendwo zum Ausbruche. Sobald Napoleon von der Erhebung Oesterreichs Kunde erhalten, traf er darnach seine Anordnungen, und es fand jene merkwürdige Unterredung zwischen ihm und dem kaiserlichen Botschafter (15. August 1808) Statt, in welcher der letztere dem ganzen Ungestüm des Welteroberers und allen seinen Drohungen Stand halten, und das von Napoleon schwer bedrohte Oesterreich auf das Entschiedenste vertreten mußte. Einen Monat später stand Napoleon an der Spitze seines Heeres[WS 1] jenseits der Pyrenäen. Im November g. J. folgte M. einem Rufe nach Wien und wohnte [25] daselbst den Cabinetsberathungen über die politische Lage der Dinge bei. Neujahr 1809 traf Metternich wieder auf seinem Posten in Paris ein, wohin auch Napoleon im nämlichen Monate noch zurückgekehrt war. Als am 10. April das kaiserliche Heer den Inn überschritten hatte, verlangte Metternich seine Pässe; diese wurden ihm aber verweigert und M. unter dem Vorwande einer künftigen Auswechslung gegen die in Ungarn befindlichen Individuen der französischen Botschaft am österreichischen Kaiserhofe zurückgehalten. Einige Tage nach dem Siege unserer Waffen bei Aspern traf M. unter militärischer Escorte in Wien ein. Aeußerlich als Staatsgefangener behandelt, sollte er auf Napoleon’s Verlangen in diesem für den Imperator kritischen Augenblicke eine Vermittlerrolle übernehmen, Metternich lehnte aber dieselbe beharrlich ab. Nachdem endlich am 2. Juli auf der Vorpostenlinie vor Komorn die Auswechslung des Botschafters stattgehabt, traf derselbe am 4. im kaiserlichen Hauptquartiere, welches damals zu Wolkersdorf sich befand, ein. Von dieser Zeit blieb der Fürst an der Seite des Kaisers. Als am 9. Juli zu Znaim Philipp Graf Stadion, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, den Entschluß aussprach, sich von den Geschäften zurückzuziehen, übertrug der Kaiser an Metternich das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, dessen provisorische Leitung derselbe vorderhand jedoch nur unter dem Titel eines Staatsministers annahm. Als der Kaiser zum Centrum der Armee in Ungarn nach Komorn sich verfügte, befand sich der Fürst an seiner Seite. Die mit der Ankunft des Kaisers in Komorn zugleich eintreffende Nachricht von dem zu Znaim abgeschlossenen Waffenstillstande brachte wesentliche Veränderungen in die bisherigen politischen Combinationen. Napoleon hatte an den Fürsten Metternich Anträge zu Unterhandlungen gesendet. Diese nahmen am 17. August zu Ungarisch-Altenburg ihren Anfang. Oesterreichischer Seits betheiligten sich als Bevollmächtigte daran Fürst Metternich und Laval Graf Nugent, französischer Seits Graf Champagny, Frankreichs damaliger Minister des Aeußern, General Graf Bubna aber wurde in das französische Hauptquartier entsendet, welches sich zu Wien und Schönbrunn befand. Die Verhandlungen zu Altenburg dauerten einige Wochen, als aber die Bevollmächtigten zu keiner Einigung gelangen konnten, wurden sie aufgehoben und am 14. October der Friede zu Wien zwischen dem als General en Chef commandirenden Feldmarschall Fürsten von Liechtenstein unserer Seits und dem Grafen Champagny französischer Seits unterzeichnet. Wenige Tage früher, am 8. October, hatte Metternich die definitive Leitung der auswärtigen Angelegenheiten übernommen, und war Ende December mit dem Kaiser aus Dotis, wo derselbe seit August 1809 sein Hoflager aufgeschlagen hatte, nach Wien zurückgekehrt. Am 7. Februar 1810 traf Napoleon’s Werbung um die Hand der Erzherzogin Maria Louise in Wien ein. Als sich nun die neue Kaiserin von Frankreich nach Paris zu ihrem Gemal begab, ging auch Fürst Metternich, dem mittlerweile der Orden des goldenen Vließes, den bereits sein Vater getragen hatte, verliehen worden, dahin ab und blieb bis in die zweite Hälfte des October dort. Neue Verwicklungen in den politischen Verhältnissen schienen sich vorzubereiten, als zu Anbeginn des Jahres 1812 die französischen [26] Heere an den Grenzen des russischen Reiches sich versammelten. Kaiser Franz hatte sich, von Metternich begleitet, nach Dresden begeben. Während ein kaiserliches 30.000 Mann starkes Armeecorps zu dem großen französischen Heere stieß, sammelte sich ein anderes zur Deckung der Grenzen in Galizien. Die Neutralität des Territoriums der österreichischen Monarchie, welche dadurch von jedem Durchzuge fremder Truppen verschont geblieben war, wurde von den kriegführenden Mächten anerkannt und garantirt. In den letzten Wintermonaten nach dem unglücklichen Feldzuge des Jahres 1812 sammelte Napoleon frische Kräfte zur Fortsetzung des Krieges. Oesterreich bot sich als vermittelnde Macht an und stellte seine Armee in Böhmen auf. Der Feldzug des Jahres 1813 begann. Es standen sich Preußen, verbunden mit Rußland, und Napoleon mit den Heeren des zum Kampfe gepreßten Rheinbundes gegenüber. Die Schlacht bei Großgörschen (2. Mai) war geschlagen und Napoleon hatte gesiegt. Auch der Erfolg des Gefechtes bei Stolpen, das zwischen Macdonald und dem russischen General Miloradowitsch stattgefunden, hatte die Verbündeten zum Rückzuge genöthigt, erst nach der Schlacht von Bautzen (21. u. 22. Mai), obgleich von den Franzosen gewonnen, waren Muth und Vertrauen in das Heer der Verbündeten zurückgekehrt, denn sie waren nur der Uebermacht gewichen, hatten im Kampfe freudigen Opfermuth bewiesen, einen Opfermuth, wie er nöthig war, an das schwierige Werk der Befreiung vom französischen Joche zu schreiten, das nicht mit einem Schlage abzuschütteln war. Als in den letzten Tagen des Mai die Nachricht von dem Ausgange der Bautzener Schlacht in Wien eingetroffen war, verfügte sich am 1. Juni der Kaiser in Metternich’s Begleitung nach Gitschin, dem Centralpuncte des dort aufgestellten Heeres. Von Gitschin begab sich der Fürst nach Opotschno, einem an der böhmisch-schlesischen Grenze gelegenen Orte, wo eine Zusammenkunft mit dem russischen Kaiser verabredet worden war. Das Ergebniß derselben war die Anerkennung der bewaffneten Mediation Oesterreichs von Seite der verbündeten[WS 2] Höfe von Rußland und Preußen. Als der Fürst von Opotschno wieder nach Gitschin zurückgekehrt war, fand er eine Einladung Napoleon’s vor, sich zu einer Unterredung mit ihm nach Dresden zu verfügen. Am 25. Juni traf der Fürst in Dresden ein und am 28. fand jene merkwürdige Unterredung zwischen Napoleon und Metternich Statt, in welcher sich der Imperator von der Hitze der Leidenschaft zu unziemlichen Verdächtigungen hinreißen ließ, und welche von Seite Napoleon’s mit dem denkwürdigen Fallenlassen des Hütchens, welches Metternich auf dem Boden liegen ließ, endigte. Unter allen anderen Umständen hätte sich der Fürst Metternich geneigt und den Hut aufgehoben, nach den wenige Minuten zuvor ausgesprochenen Worten des Kaisers unterließ er es. Diese Thatsache des moralischen Muthes und Selbstbewußtseins entzieht sich jedem Commentar. Das Ergebniß der Dresdener Verhandlungen war die am 30. Juni abgeschlossene Convention, welcher zufolge Frankreich ebenfalls die bewaffnete Mediation Oesterreichs anerkannte, Prag als den Ort der zu eröffnenden Verhandlungen bestimmt und deren peremtorischer Termin auf den 10. August festgesetzt wurde. Da am 20. Juli bereits der Waffenstillstand zu Ende ging, so wurde auch derselbe zwischen [27] den kriegführenden Mächten auf den 10. August verlängert. Die Bevollmächtigten der Höfe versammelten sich zu Prag. Der Kaiser übertrug Metternich das Geschäft der Mediation. Napoleon aber ließ seine Bevollmächtigten fortwährend ohne Instructionen, so daß mit dem peremtorischen Termine, für welchen der Schluß der Verhandlungen angesetzt war, das Friedensgeschäft noch gar nicht begonnen hatte. Am 12. August trafen die ersten Instructionen für die französischen Bevollmächtigten ein, Metternich aber hatte nicht länger gewartet, und in der Nacht vom 10./11. die von Gentz verfaßte Kriegserklärung gegen Frankreich unterzeichnet. Am Morgen des 11. überschritten auf telegraphische Zeichen die russischen und preußischen Heere die böhmisch-schlesische Grenze. Der Kaiser von Rußland und der König von Preußen vereinigten[WS 3] sich mit Kaiser Franz zu Prag, und errichteten am 1. September ihr gemeinschaftliches Hauptquartier zu Teplitz, wo der Fürst Metternich am 9. September die Quadrupel-Allianz zwischen Oesterreich, Rußland, England und Preußen im Namen seines Kaisers unterzeichnete. Bald nachher wurde auch der zu Ried mit Bayern abgeschlossene Vertrag ratificirt. Nach der Schlacht von Leipzig wurde M., der seit 1803 Reichsfürst gewesen, für sich und seine sämmtliche Nachkommenschaft in den Fürstenstand erhoben. „Die kluge Leitung des Departements der auswärtigen Verhältnisse“, heißt es im Diplom vom 20. October 1813, „zu welchem unser Vertrauen ihn in schweren Zeiten berufen hatte, wurde in einem der entscheidendsten[WS 4] Augenblicke für das Schicksal der Welt mit dem glücklichsten Erfolge gekrönt. Wir finden uns demnach bewogen, ihm einen öffentlichen Beweis unserer Erkenntlichkeit zu geben, und daher die fürstliche Würde, welche in seinem Hause nach dem Rechte der Erstgeburt bestehet, von heute nicht nur auf ihn, sondern auf alle seine ehelichen Nachkommen absteigender Linie beiderlei Geschlechts auszudehnen.“ Der Fürst befand sich nunmehr stets im Gefolge des Kaisers, die Orte Frankfurt a. M., wo die Verträge mit den Fürsten des aufgelösten Rheinbundes unterzeichnet und die bekannten Erklärungen vom 1. December an Frankreich erlassen wurden, Freyburg, wo die Aufhebung des Neutralitätsverhältnisses der Schweiz stattfand, Basel, wo sich im Jänner 1814 der erste Staatssecretär Großbritanniens, Lord Castlereagh, den Cabineten der Continentalmächte anschloß, Langres, wo die Dispositionen für den weiteren Feldzug, dessen Folge und Zweck unter den Mächten festgestellt wurde, und Chaumont, wo endlich der Tractat der Quadrupel-Allianz unterm 1. März 1814 ausgefertigt wurde, bezeichnen genügend die diplomatische Thätigkeit des Fürsten. Die Armee der Verbündeten hatte die Grenzen Frankreichs überschritten, zu Chatillon wurde ein Congreß sämmtlicher betheiligter Mächte eröffnet. Napoleon hatte die ihm gemachten Vorschläge im Princip angenommen aber, wie schon in Prag, auch dieses Mal mit einer für ihn so verhängnißvollen Hartnäckigkeit an den Einzelnheiten gemäckelt. Napoleon hatte immer zu siegen und Bedingungen zu setzen, aber niemals zu unterhandeln verstanden; geradezu unmöglich war es ihm aber, sich in die Rolle des Besiegten zu finden. Einen Augenblick, aber nur einen Augenblick lang, hatte der Herzog von Vicenza carte blanche zu unterhandeln, um jeden Preis einer Schlacht auszuweichen, durch welche die letzte [28] Hoffnung einer ganzen Nation auf’s Spiel gesetzt würde. Aber statt zum Vergleiche kam es zur Schlacht, und nicht zu einer allein, es folgten sich die Siege von Brienne, Champaubert, Montmirail, und diese erst brachten den Kaiser zu einem Entschlusse. Er schrieb dem Herzog von Vicenza, nichts zu unterzeichnen, ohne seinen ausdrücklichen Befehl, da er allein seine Lage kenne (parce que „seul je connais ma position“). „Wir müssen Opfer bringen“, antwortete ihm in aller Hast der Herzog von Vicenza, „und wir müssen sie bei Zeiten bringen, sonst entschlüpft uns wieder, wie es bei Prag geschehen, der geeignete Augenblick. Diese Unterhandlung, ich stehe nicht an, es zu wiederholen, gleicht keiner anderen. Sie ist gerade der Gegensatz von allen jenen, welche Majestät bisher geleitet haben. Wir sind weit entfernt, gebieten zu können, man will nichts als einen Vorwand, und finden wir uns außer Stande, uns dem Zwange der Umstände zu fügen, so wird uns Alles entgehen. Ich bitte Euere Majestät, wohl zu überlegen, welche Wirkung ein Bruch der Verhandlungen in Frankreich hervorbringen wird und die Folgen genau abzuwägen.“ Diese Worte des Herzogs waren nichts weiter als die wörtliche Wiederholung der vertraulichen Mittheilungen des Fürsten Metternich an ihn. Metternich war damals mehr denn je entschlossen, die napoleonische Dynastie aufrecht zu erhalten, war ja doch der Imperator der Schwiegersohn seines eigenen Monarchen. Diese Familienbande und das stets wachsende Mißtrauen gegen Rußland mochten auf ihn bestimmend wirken. Er sah den Sturm sich erheben. Das Uebergewicht, das er jenseits des Rheins bisher besaß, begann nach und nach zu schwinden; England schien sich den Bourbon’s zuzuneigen und auch Rußland hielt sich an diese Idee. Napoleon aber kämpfte noch immer mit sich selbst und verlangte, bevor er überhaupt verhandle, daß der französische Boden von fremden Truppen geräumt werde. „Kaiser Napoleon“, rief Metternich, „will uns Romane dictiren, er begreift nicht die Gefahr der Situation.“ Endlich öffnete Paris die Thore dem Fürsten Schwarzenberg, und während Kaiser Franz und sein Minister zu Dijon verweilten, um nicht der Einnahme der Hauptstadt beizuwohnen, wo Maria Louise regierte, zerhieb Kaiser Alexander, von einer Salonintrigue gewonnen, Angesichts der durch Erschlaffung erschöpften Nation, die dynastische Frage. In Dijon leitete Metternich die Verhandlungen mit Monsieur, Bruder Ludwig’s XVIII. (nachmals Karl X.), welcher in Nancy eingetroffen war. Nach erhaltener Nachricht von der Capitulation von Paris begab sich der Fürst in Begleitung der Minister von Großbritannien und Preußen, welche den Unterhandlungen in Dijon beigewohnt, nach der Hauptstadt, wo er die mit Napoleon geschlossene Uebereinkunft von Fontainebleau unterzeichnete. Er unterhandelte nun im Namen Oesterreichs den Pariser Frieden. Nach Abschluß desselben begab sich der Fürst im Auftrage seines Kaisers nach London, wohin sich gleichzeitig der Kaiser von Rußland und der König von Preußen begeben hatten. Gleich den beiden Monarchen, welche bei Gelegenheit eines Besuches der alten Universitätsstadt Oxford daselbst in feierlicher Weise die Doctorwürde empfingen, wurde auch dem Fürsten mit den Feldmarschällen Wellington und Blücher diese Auszeichnung zu Theil. Von London [29] kehrte Fürst Metternich gerade nach Wien zurück, um dort die Einleitungen zu jenem berühmten Congresse zu treffen, auf welchem die Schicksale Europa’s für mehrere Decennien festgestellt, und der Samen für jenes Weh eingelegt wurde, an dem der Kaiserstaat zur Stunde noch krankt. Am 8. October 1814 erfolgte die Eröffnung des Congresses und über einstimmigen Wunsch der versammelten Minister übernahm Fürst Metternich den Vorsitz der Conferenzen. Hat uns De la Garde die Freuden und berauschenden Festlichkeiten des Congresses in bezaubernder Weise geschildert, die deutschen Historiker der letzten zwei Jahrzehnde haben es nicht unterlassen, in verurtheilender Weise das Ergebniß dieses mehrmonatlichen politisch-diplomatischen Bachanals darzustellen. „Jede Macht“, schreibt ein Historiker, „nahm nur ihre Particularinteressen wahr, handelte nach ihren eigenen Sympathien und Antipathien. Es fände keinen Raum auf dem Papiere, um im Ganzen den großen Taumel Europa’s auf diesem Congresse zu schildern, der für einen Augenblick durch die hundert Tage unterbrochen und nach Waterloo fortgesetzt wurde. Frankreich wurde verstümmelt, Sachsen beraubt, Preußen in bizarrster Weise zusammengesetzt. Italien an Händen und Füßen gebunden Oesterreich überliefert, das unglückliche Polen zerstückt, Belgien der Gewalt Hollands überliefert. Die Föderativ-Acte vom 8. Juni, indem sie die liberalen Versprechungen der Proclamationen vom Jahre 1813 zu nichte machte, stellte für Deutschland das alte Feudal-Staffelsystem (echiquier) her, während Rußland, indem es sich über Polen hinüber ausdehnte, seine Armee bis nach Preußen ausstreckte. Nicht ohne Grund bemerkte de Pradt: „Der Unabhängigkeitskrieg Europa’s gegen Frankreich endete damit, daß Europa zu den Füßen Rußlands lag. Es war dieß Resultat solcher Mühen wahrhaftig nicht werth.“ Die Episode nach Napoleon’s Rückkehr von der Insel spielte sich in wenigen Monaten ab. Die bereits auf dem Rückmarsche aus Frankreich befindlichen Heere der Verbündeten erhielten Befehl zur Umkehr an die französische Grenze und vom Congresse wurde das Manifest vom 13. März gegen den im Anzuge auf Paris begriffenen Flüchtling aus Elba gerichtet. Zur Erinnerung an die gewaltigen Ereignisse der Jahre 1813 und 1814 stiftete Kaiser Franz ein Militär- und Civil-Ehrenzeichen, das erstere aus dem Erz des eroberten Geschützes, das letztere in zwei Classen, in Kreuzen aus Gold und in Kreuzen aus Silber. Zur Erlangung dieser Auszeichnungen waren der active Militärdienst ohne Unterschied der Grade im Verlaufe der Feldzüge der beiden letztgenannten Jahre oder eine directe ausgezeichnete Verwendung im Civildienste in unmittelbarer Beziehung auf die Ereignisse der Restaurationsepoche als nothwendige Bedingung festgesetzt. Von den zwei einzigen Großkreuzen der Verdienstzeichen erhielt das eine der Fürst Metternich. König Ferdinand von Neapel aber, nachdem er den Thron wieder bestiegen, wollte den Antheil, den Fürst Metternich an diesem politischen Ereignisse hatte, in seiner Weise anerkennen. Er verlieh dem Fürsten die herzogliche Würde des Königreiches beider Sicilien unter Benennung eines Herzogs von Portella, als desjenigen Grenzpunctes im neapolitanischen Gebiete, den das kaiserliche Heer auf seinem Siegeszuge gegen Neapel zuerst betreten hatte. Am 9. Juni [30] 1815 fand die Unterzeichnung der Wiener Congreß- und deutschen Bundes-Acte Statt, an deren Verhandlungen die Abgeordneten der deutschen Fürsten und freien Städte unter Vorsitz des Fürsten Metternich theilgenommen hatten. Nun begab sich der Fürst zu seinem damals in Heidelberg befindlichen Monarchen, den er auch auf dem zweiten Einzuge der Alliirten nach Paris begleitete. Daselbst unterhandelte und unterzeichnete er als österreichischer Bevollmächtigter den Pariser Frieden am 20. November, und begab sich sodann nach Venedig, wo er mit seinem Monarchen zusammentraf. Während des Aufenthaltes zu Mailand, im Winter 1816, verhandelte der Fürst den Münchener Tractat über die künftigen Grenzbestimmungen und Territorial-Verhältnisse zwischen Oesterreich und Bayern, dessen Unterzeichnung am 14. April zu München stattfand. Im folgenden Jahre begleitete der Fürst die dem Kronprinzen von Portugal und Brasilien vermälte Erzherzogin Leopoldine als kaiserlicher Uebergabs-Commissär nach Livorno, und auf seiner Rückreise brachte er mehrerer Verhandlungen wegen mit dem päpstlichen Stuhle längere Zeit in Rom zu. Im Jahre 1818 wohnte der Fürst als österreichischer Bevollmächtigter den Conferenzen des Aachener Congresses bei und begab sich von dort gleichzeitig mit dem russischen Kaiser an den königlich niederländischen Hof nach Brüssel. Die durch die Beschlüsse der heiligen Allianz nichts weniger als beglückten deutschen Völker gaben ihrer Mißstimmung immer deutlicheren und besorgnißerregenderen Ausdruck. Besonders waren es die deutschen Hochschulen, auf denen die Erbitterung über diese Enttäuschung sich zunächst Luft machte. Diese „Demagogenumtriebe der Burschenschaften und Turner“, wie man in maßgebenden Kreisen das erwachende, von dem Schmerze über solche Enttäuschung begleitete Volksbewußtsein zu nennen beliebte, gewannen immer größere Ausdehnung und erreichten mit der Ermordung Kotzebue’s ihren Höhepunct. Diese traurige Unglücksthat versetzte die Regierungen und Regierten in nicht geringe Bestürzung. Die Folge davon war eine an die deutschen Höfe erlassene Einladung zu Conferenzen, welche in Karlsbad stattfinden sollten. Die Cabinetsminister von mehreren deutschen Höfen hatten sich in Karlsbad eingefunden und im Juli daselbst die Berathungen unter dem Vorsitze des Fürsten Metternich begonnen. Nach deren Schlusse, am 31. August, wurden die daselbst gefaßten Beschlüsse am folgenden 20. September in Frankfurt zu Bundesbeschlüssen erhoben. Auch wurden zu Karlsbad Verabredungen dahin getroffen, daß zu Anbeginn des kommenden Jahres zur Vervollständigung der deutschen Bundes-Acte zu Wien Ministerial-Conferenzen unter Mitwirkung von Abgeordneten sämmtlicher Fürsten und freien Städte des Bundes stattfinden sollten. Diese begannen auch unter dem Vorsitze des Fürsten Metternich, als Bevollmächtigten des Kaisers von Oesterreich. Nachdem am 24. Mai 1820 diese Conferenzen geschlossen worden, wurden ihre Beschlüsse in eine förmliche Acte zusammengefaßt, von den Bevollmächtigten der Berathung unterzeichnet und denselben am 8. Juni g. J. die gesetzliche Sanction der deutschen Bundesversammlung ertheilt. In erhöhter Weise nahm die Aufmerksamkeit des Fürsten der politische Zustand auf der spanischen Halbinsel in Anspruch. Seit Anbeginn des Jahres [31] 1820 hatte daselbst die Revolution begonnen, und war um die Mitte desselben Jahres eine in Form und Zweck gleiche Umwälzung des sicilianischen Reiches ausgebrochen. Um sich über diese Vorfälle zu berathen und in den Maßregeln, die zu beobachten waren, zu einigen, versammelten sich zuerst zu Troppau die Monarchen von Oesterreich, Rußland und Preußen, während Frankreich und Großbritannien ihre Repräsentanten sendeten. Zu Anbeginn des folgenden Jahres, 1821, wurde der Congreß nach Laibach verlegt, und dessen Ergebnisse waren die Niederwerfung der neapolitanischen Bewegung, wie auch jener, die im März des Jahres 1821 in Piemont ausgebrochen war. Als der Fürst von diesen Verhandlungen nach der Reichshauptstadt zurückkehrte, überraschte ihn Kaiser Franz durch die ihm entgegengeschickte Nachricht seiner Erhebung zum Haus-, Hof- und Staatskanzler, welche Stelle seit dem Ableben des Fürsten Kaunitz (1794) nicht mehr besetzt worden war. Als nach Besiegung der neapolitanischen und piemontesischen Unruhen die Insurrection der Griechen ausbrach, fanden sofort, 1821/22, neue Berathungen zu Wien Statt, zu welchen die Repräsentanten der verbündeten Mächte sich eingefunden hatten und welche bis zum Beginne der Verhandlungen des Congresses von Verona (14. October 1822) fortgesetzt wurden. Diesen letzteren hatte der Fürst wieder in Person als Oesterreichs Bevollmächtigter beigewohnt. Als zur Aufrechthaltung des Friedens zwischen Rußland und der Pforte, und zur Wiederherstellung der durch den Griechenaufstand gestörten politischen Verhältnisse eine Zusammenkunft des Kaisers Franz und des Kaisers Alexander im September 1823 zu Czernowitz in der Bukowina stattfand, sollte auch der Fürst M. dieser Zusammenkunft beiwohnen, wurde aber durch Krankheit in Lemberg zurückgehalten und konnte nur die zwischen den beiden Monarchen verhandelten Gegenstände in Lemberg mit dem Grafen Nesselrode, der sich zur Unterredung mit dem Fürsten dahin begeben hatte, vereinbaren. Der auf dem Congresse zu Laibach den Völkern verkündete Grundsatz, „daß es den Fürsten allein zustehe, die Geschicke der Völker zu leiten und die zu diesem Zwecke erforderlichen Maßnahmen zu treffen und zu ändern, und daß die Fürsten für ihre Handlungen Niemand außer Gott verantwortlich seien“, hatte bei den Völkern keine Annahme gefunden, denn seit 1821, als dem Jahre, in welchem dieser Grundsatz zur Staatsraison erhoben worden, hatten die Volksaufstände sich bald da, bald dort wiederholt und es bereiteten sich immer neue Bewegungen im Schoße Europa’s vor, welche einerseits die Bemühungen der heiligen Allianz sehr stark in Anspruch nahmen, aber auch im Westen Europa’s einen sehr bedenklichen Charakter annahmen. Dabei mußte der Fürst nur zu bald gewahr werden, daß gerade ein Mitglied dieser Allianz sichtliche, ja Oesterreich selbst bedrohende Anstalten machte, sich auf Kosten der Türkei zu vergrößern. Während nun Preußen diese Bemühungen Rußlands in kindlicher Bewunderung durch Prägung einer Denkmünze, wie zur Belohnung des Fleißes, den Rußland an den Tag legte, verherrlichte, war Metternich im Einverständnisse mit England[WS 5] ernstlich beschäftigt, den General Diebitsch, der sich durch seine Siege am Balkan bereits den Namen Sabalkanski erworben, auf seinem Marsche gegen Constantinopel aufzuhalten. Der [32] Zukunft bleibt es einstweilen vorbehalten, den Schleier von dem zu lüften, was M. in den Jahren 1827–1829 zur Vereitelung russischer Pläne gethan. Da brach die Juli-Revolution des Jahres 1830 aus und versetzte den Staatsmann in nicht geringe Bestürzung. Die Maxime des „Königthums von Gottes Gnaden“ war über Nacht über den Haufen geworfen, und in die eines „Königthums von Volkes Gnaden“ verwandelt worden. Das Ereigniß ließ sich drohend genug an und schien die Arbeit eines ganzen Lebens mit einem Male in Frage zu stellen. Es ist bekannt, daß dieses Ereigniß den Staatsmann bei weitem besorgter machte, als irgend ein anderes oft drohenderes der früheren Zeit. So wenig der neue König als Bürgerkönig, als ein aus der Wahl des Volkes hervorgegangener Fürst, im Ganzen nach seinem Geschmacke war, so beeilte er sich doch, nicht nur mit seiner Anerkennung, sondern war nach dieser Seite hin auch an anderen Höfen thätig. Kaum aber war dieser erste Schrecken vorüber, als die Gährung in Deutschland einen immer drohenderen Charakter annahm, und der Juli-Revolution drei andere Erhebungen, in Belgien, Polen und Italien, so zu sagen auf dem Fuße folgten. War auch der Fürst bereit, alle drei im Keime zu ersticken, so fand er Widerstand, Frankreich erklärte sich nämlich bereit, Belgien zu schützen, und bewies es auch durch die That, indem es den Prinzen von Oranien verwarf, während England, ohne Einsprache zu erheben, es geschehen ließ. Unter solchen Umständen schien dem Staatskanzler irgend eine Einmischung in die belgische Frage wenig räthlich, er kam zu dem Entschlusse, das Kleinere fallen zu lassen, um das Größere zu retten, und so ging er denn über die Angelegenheiten Belgiens hinweg, um sich mit der ihm näheren und wichtigeren Polens und Italiens zu beschäftigen. Die polnische Revolution, für welche überdieß die Sympathien ganz Europa’s unverholen sich aussprachen, machte dem Staatsmanne große Sorge, sie war ihm dreifach widerwärtig, als Revolution an und für sich, ferner weil er um Galizien besorgt ward, und endlich, weil dadurch Rußland zum Kampfe und endlich auch zum Siege kam, dessen Ergebniß doch nur wieder eine Vergrößerung der Macht Rußlands war. Wenn Metternich Frankreich wenig zugethan war von wegen der Principien, für die dasselbe immer in den Kampf ging, nicht geringere Unruhe fühlte er über Rußland, dessen Ideen einer allgemeinen Herrschaft über die slavischen Völker immer[WS 6] deutlicher durchschimmerten. Für Polen in diesem Kampfe einzustehen, widerstrebte ebenso seinen politischen Ansichten, als er sich das gewaltige Rußland als einen etwas heiklichen Nachbar nicht auf den Hals jagen wollte; so ließ er es denn geschehen, daß der Czar Polen vernichtete, und wendete seine ganze Aufmerksamkeit den italienischen Angelegenheiten zu, die bei den engen Verwandtschaftsbanden den meisten Fürsten Italiens mit dem Hause Oesterreich in der That für den Augenblick die wichtigsten waren. Im Römischen hatte die Erhebung stattgefunden, und diese konnte sich über die Lombardie und Venedig hinaus ausdehnen. Es galt also, den Aufstand im Keime zu ersticken, ehe Frankreich, das lange noch nicht beschwichtigt und in dem gährenden Zustande, in welchem es sich befand, stets bereit war, wo es Revolution gab, Partei zu nehmen, sich in die Angelegenheit zu mischen den Entschluß faßte. Das Ministerium Lafitte, welches damals [33] die Geschicke des Bürgerkönigthums leitete, argumentirte folgendermaßen: „Wenn Oesterreich in Modena einrückte, ist der Krieg möglich, rückt es in die Romagna ein, ist er wahrscheinlich, marschirt es auf Piemont zu, ist er gewiß. Unter diesen drei Möglichkeiten nahm der Fürst Metternich keinen Anstand, es mit zweien zu versuchen, und ließ zuerst in Modena, dann in der Romagna einrücken; und wahrhaftig, Frankreich bemächtigte sich Ancona’s, aber Italien wurde gebändigt und ein Krieg hatte nicht Statt. Der Fürst hatte für den ersten Augenblick die beste Wahl getroffen. Nachdem diese Hindernisse für den Moment beigelegt waren, wurde die Aufmerksamkeit des Fürsten nach einer anderen Seite hin in Anspruch genommen. Die Allianz Englands und Frankreichs machte stündlich Fortschritte; gegenüber der heiligen Allianz, welche das Banner des Absolutismus aufgepflanzt, und welche die Staaten des Ostens und Nordens bildeten, schien sich im Westen eine Allianz der constitutionellen Freiheit zu organisiren, welche den Interessen der heiligen Allianz wenig förderlich werden konnte. Es galt also, das innige Einvernehmen, das zwischen England und Frankreich sich zu bilden schien, zu beseitigen, und in der That gelang es dem Fürsten, es dahin zu bringen, daß sich England und Rußland, so fern beide Staaten in ihren Interessen und letzten Zielen auch sonst gegenüber standen, einander näherten und daher jene Gefahr zu beseitigen, welche aus einem Bunde Englands und Frankreichs für Oesterreich entstehen mochte. Nach dem Tode des Kaisers Franz behielt der Fürst seinen vollen Einfluß, obgleich eine Schmälerung desselben von einer Seite mit allen Mitteln versucht wurde. Als der Staats- und Conferenzminister Karl Graf Zichy starb, erhielt der Fürst Metternich auch noch den Vorsitz in den Ministerial-Conferenzen für die inneren Angelegenheiten. Mit dem Kaiser Ferdinand begab sich der Fürst im September 1835 nach Teplitz und nach Prag zur Zusammenkunft mit den Monarchen von Preußen und Rußland. In den orientalischen Wirren der Jahre 1840 und 1841 entwickelte er wieder ungemein große Thätigkeit, und bewirkte, um den Einfluß Rußlands in dieser Frage nach Kräften zu schwächen, den Tractat vom 15. Juli 1841, welchem zufolge die freundschaftlichen Beziehungen zwischen England und Frankreich wieder hergestellt wurden. Die Politik des Fürsten war so immer darauf hin gerichtet, den Status quo in Europa nicht zu stören. Diese Status quo-Politik des Fürsten ließ ihn hauptsächlich zwei Ziele verfolgen: die Wahrung des Friedens und die Aufrechterhaltung des conservativen Princips. Die Weisheit und Klugheit des Staatskanzlers in Bekämpfung der sogenannten[WS 7] anarchischen und revolutionären Elemente des deutschen Staatslebens fand von vielen Seiten große Bewunderung; von einer jedoch, welche sich aber, wie es den Anschein hat, allmälig Geltung verschafft, von jener nämlich, welcher die Freiheit des Denkens und Glaubens und die freie Gestaltung des Staatslebens höher steht, als äußere Ruhe und äußerer Friede, wurde über die Weisheit des Staatskanzlers rückhaltlos das Verdammungsurtheil gesprochen. Das System des Fürsten im Innern hatte sich überlebt, es wurde von der Zeit überholt, und gewiß trifft ihn auch die mindeste Schuld, denn man schilderte ihm alles mit rosigen Farben, und es ist gewiß, daß der Fürst, wenn er einen flüchtigen Blick in die inneren [34] Angelegenheiten des polyglotten Staates that, nicht selten den Kopf schüttelte, weil es ihm, wie es da stand, ganz und gar nicht gefallen wollte. Die Lage Oesterreichs war aber auch in seiner ganzen Zusammensetzung eine nahezu verzweifelte. Von einer Seite von Preußen gedrängt, das vor keinem Mittel zurückschreckte, um seine materielle Macht zu vergrößern und eines Tages – den wir nun auch erlebt – sich an die Spitze Deutschlands zu stellen; auf einer anderen von Rußland bedroht, welches nach und nach alle Slavenstämme unter einen Hut zu bringen sucht, und unaufhörlich daran arbeitet, sich eines Tages aller dieser Gebiete zu bemächtigen, die es im Geiste bereits als sein Eigen betrachtet; im Besitze seiner italienischen Länder theils durch Bewohner derselben selbst, theils durch Frankreich, das seinen Einfluß auf der italienischen Halbinsel nicht aufgeben will, ist Oesterreich immer in einer Lage gewesen, welche die Leidenschaft Metternich’s für seine Status quo-Politik. wenn nicht entschuldigt, so doch vollständig erklärt. Daß er von der Unhaltbarkeit seines Systems für die Dauer selbst überzeugt gewesen, will man aus der Antwort ableiten, die er einem deutschen Gelehrten gegeben, als ihm dieser entgegenhielt, er habe zu sehr für die Gegenwart, aber zu wenig für die Zukunft gethan, und welche Antwort das sprichwörtlich gewordene „Apres moi le deluge“[1] gewesen sein soll. Die Sündfluth brach noch früher herein. Die Märztage des Jahres 1848 zerstörten mit einem Male nicht nur die Status quo-Politik des Fürsten, sondern machten seine eigene Position unhaltbar. Am 12. März wurde dem Kaiser eine Volksadresse mit 10.000 Unterschriften überreicht, in welcher um Verleihung einer Constitution, Preßfreiheit, Geschwornengerichte und anderer freisinniger Institutionen, mit einem Worte um eine gänzliche Umänderung des Metternich’schen Regierungssystems gebeten wurde. Am anderen Tage zogen die durch die Vereinigung mit den Polytechnikern gegen 2000 Mann starken Studenten der Wiener Hochschule von einer unübersehbaren Volksmasse begleitet vor das Gebäude der Landstände, und brachten der kaiserlichen Familie, dem Militär und dem Papste donnernde Hochs, dem Fürsten Metternich „Nieder“. Da die Aufregung von Minute zu Minute stieg, so rückte Militär aus und stellte sich schlagfertig auf, dieß brachte den Aufstand zum vollen Ausbruche, das Zeughaus wurde erstürmt, zwei Thore der Linie niedergebrannt, und Garten und Villa des Fürsten auf dem Rennwege verwüstet. Auf beiden Seiten gab es Verwundete und Todte. Endlich verkündeten um 7 Uhr Abends Bürgergarde-Officiere in den Straßen: „Fürst Metternich habe seine Entlassung eingereicht“. Mit namenlosem Jubel wurde diese Nachricht aufgenommen, die Stadt wurde illuminirt und der Kampf hatte vorerst geendet. Am 14. März wurde Preßfreiheit und Errichtung einer Nationalgarde bewilligt; Bürger und Studenten zogen bewaffnet durch die Straßen und erhielten die Ruhe. Der Fürst hatte sich mit seiner Familie über Sachsen nach Holland und von da nach England begeben. In England fand er eine der Bedeutenheit seiner langjährigen Wirksamkeit entsprechende Aufnahme. Als die Stürme sich etwas gelegt hatten, wendete [35] er sich im November 1849 nach Brüssel, im Juni 1851 nach dem ihm von dem Kaiser Franz im Jahre 1816 geschenkten Schlosse Johannisberg, wo der König von Preußen ihn noch im nämlichen Jahre besuchte, um ihm seine „alte unveränderte Hochachtung“ zu bezeugen. Nun wurde die Straße von Biberich nach Geisenheim nicht leer von Diplomaten und anderen hoch- und niedriggestellten Personen, welche nach dem Johannisberg sich begaben, um bei dem Nestor der alten deutschen Diplomatie sich Rathes zu erholen und seiner Gnade sich zu empfehlen. Einer eigenhändigen Aufforderung des Kaisers von Oesterreich zufolge hatte der Fürst sich im September 1851 nach Wien zurückbegeben, um seine neu hergerichtete Villa am Rennweg zu bewohnen. Er wurde bei seiner Rückkehr mit aller Auszeichnung empfangen. Offenen Antheil an den Geschäften hatte er nicht wieder genommen, in der orientalischen Frage aber wurde öfter sein Rath eingeholt. Auf seiner Villa lebte der Fürst noch mehrere Jahre. Im Monat Mai 1859, seit mehreren Tagen leidend, war jedoch sein Zustand durchaus nicht derart, daß er eine nahe Gefahr hätte befürchten lassen, und noch den Tag vor seinem Tode hatte der Fürst einen Theil des Abends in seinem Garten zugebracht. Den Tag über war er seiner Gewohnheit gemäß in seinem Arbeitszimmer gewesen. An seinem Todestage um 10 Uhr Vormittags traten so auffallende Beweise schwindender Lebenskraft ein, daß sein Arzt, Professor Jäger, den Tod für nahe erklärte. Der Fürst erhielt nun die h. Sterbesacramente, traf seine letzten Anordnungen, und um halb 3 Uhr verschied er. Das Bewußtsein war bis zum letzten Augenblicke nicht geschwunden. Der Fürst war 86 Jahre alt geworden. Außer seinem vieljährigen Leibarzte Dr. Jäger und den intimen Personen seines Hauses befanden sich während seiner letzten Stunden der Fürst Paul Eßterházy, der Graf Münch-Bellinghausen und der ehemalige siebenbürgische Hofkanzler, Baron Josika, bei ihm. Des Fürsten ältester Sohn, Fürst Richard, befand sich zu jener Zeit im Hauptquartiere Sr. Majestät des Kaisers zu Verona, und erhielt dort durch den Telegraphen die Kunde von dem Ableben seines Vaters. Wenige Tage nach seinem Ableben fand durch den Landesgerichts-Präsidenten Ritter von Mitis in Gegenwart des Vertreters der fürstlichen Familie, Dr. Zelinka (gegenwärtigen Bürgermeisters) und der üblichen Zeugen die Eröffnung des Testaments Statt. Der älteste Sohn, Fürst Richard, war der Haupterbe. Das ganze Testament war von des Fürsten eigener Hand geschrieben. In einem Nachtrage vom Jahre 1849 hieß es, daß, nachdem die Zeitverhältnisse sich derart gestalten, daß nicht zu bestimmen ist, ob nach den Gesetzen und Verordnungen, die zur Zeit des Ablebens gelten werden, sein Wille befolgt werden könne, der Fürst bitte, denselben nach Möglichkeit zu erfüllen. Am 15. Juni wurde die Hülle des Verblichenen um 3 Uhr Nachmittags in der Karlskirche eingesegnet und sodann in die Familiengruft nach Plaß in Böhmen geführt. Der vorzüglichsten Ehren, welche der Fürst bei Lebzeiten erhalten, wurde schon in der Lebensskizze gedacht, noch ist zu bemerken, daß ihm der König von Spanien nach erfolgter Unterdrückung der spanischen Revolution im Jahre 1824 die Grandezza erster Classe mit herzoglichem Titel verlieh. Außer dem Orden des goldenen Vließes besaß er noch österreichischer Seits das Großkreuz [36] des St. Stephan-Ordens (in Brillanten) und das goldene Civil-Ehrenzeichen, von dem das zweite (es gab ihrer nicht mehr) der Fürst Schwarzenberg erhalten hatte. Außerdem besaß der Fürst von allen Staaten – England ausgenommen – Orden, von mehreren, wie von Frankreich und Rußland, mehrere, und zwar die Großkreuze oder jene der ersten Classe, englischer Seits war er nur, wie in der Lebensgeschichte berichtet ist, Doctor der Oxforder Hochschule; überdieß war der Fürst wirkl. geh. Rath, Kämmerer, Kanzler des militär. Maria Theresien-Ordens, Conservator der Universität Krakau und Ehrenmitglied der Wiener kaiserlichen Akademie der Künste. Der Fürst war dreimal vermält: seit 27. September 1795 mit Maria Eleonora, Tochter Ernst’s Fürsten von Kaunitz-Rittberg (geb. 10. October 1775, gest. 19. März 1825); seit 5. März 1827 mit Maria Antonia Freiin von Leykam, Gräfin von Beilstein (geb. 15. August 1806, gest. 17. Jänner 1829) und seit 30. Jänner 1831 mit Melanie Marie Antoinette Gräfin Zichy-Ferraris (geb. 28. Jänner 1805, gest. 3. März 1854). Aus erster Ehe stammen sieben Kinder, drei Söhne, vier Töchter, von denen nur die jüngste Tochter, Hermine Gabriele (geb. 1. September 1815) am Leben ist und die Stelle einer savoyischen Honorar-Stiftsdame bekleidet. Aus der zweiten Ehe stammt Fürst Richard, der gegenwärtige Chef des Hauses und kais. Botschafter am kaiserlich französischen Hofe, seit 30. Juni 1856 vermält mit seiner Nichte, Fürstin Pauline Clementine Marie Walburga gebornen Gräfin Sándor (geb. 26. Februar 1836); aus dritter Ehe stammen Prinzessin Melanie (geb. 27. Februar 1832), Sternkreuz-Ordens- und Palastdame Ihrer Majestät der Kaiserin, vermält (seit 20. November 1853) dem Grafen Joseph Zichy-Vasonykeö[WS 8]; Prinz Paul (geb. 14. October 1834), k. k. Major und Flügel-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers; Prinz Lothar (geb. 13. September 1837), k. k. Kämmerer und Statthaltereirath in Wien. Die genealogische Tafel gibt nähere Aufschlüsse. Ueber die politische Thätigkeit des Fürsten sind in den zahlreichen geschichtlichen Werken der Neuzeit die verschiedenartigsten, mitunter geradezu sich widersprechende Ansichten ausgesprochen worden. Der Hauptvorwurf, der ihm und noch in der Gegenwart gemacht wird, ist, daß er, als er die Idee, daß das Haus Habsburg auch die deutsche Kaiserdynastie sei, aufgab, dem Reiche, an dessen Spitze nunmehr das Haus Habsburg steht, eine Organisation hätte geben sollen, welche mit den Ideen in Uebereinstimmung stand, die damals in Europa aufzudämmern begannen. Aber wenn er auch geistige Größe genug besaß, um einen solchen Plan zu fassen, besaß er denn auch die Macht über die verschiedenartigen Bestandtheile des Reiches, um ihn zur Ausführung zu bringen? Welches ist denn die Basis, auf der er eine Regeneration des Reiches gründen sollte? Oesterreich, Böhmen, Ungarn, Italien – schon die Aufzählung dieser verschiedenen Nationalitäten deutet die Unmöglichkeit ihrer gänzlichen Verschmelzung an. Getrennt von einander durch Sprachen, Sitte, Vergangenheit und Alles, was den moralischen Charakter der Nationen ausmacht, durch welche Geschicklichkeit wäre es möglich gewesen, sie auf immer zu vereinigen? Ihre Verschiedenheit, welche nur möglich macht, sie durch kaiserliche Unumschränktheit zu regieren, machte eine kaiserliche [37] Constitution unmöglich. Der Tact des Staatsmannes konnte also nur im Stande sein, das Machiavellistische Princip: gouverner l’une par l’autre so milde, so unfehlbar, wie möglich walten zu lassen, aber selbst der Abbé Sieyes würde es unausführbar gefunden haben, sie in eine Constitution zusammen zu fassen, welche auf Einheit Anspruch machen konnte. In England weiß man durch die mit Irland gemachten Erfahrungen, wie schwer ein solches Problem ist; wie schwer ist es für Oesterreich – jeder Tag in der Gegenwart überzeugt uns ja davon – nahezu ein Dutzend Länder nicht allein mit der Centralgewalt des Reiches, sondern mit einander auszusöhnen. Es ist leicht in politischen Dingen retrospective Kritik zu üben und im selbstbewußten Dünkel auszurufen: so hätte es geschehen sollen. Als wenn sich Länder wie die Abschnitte eines Blattes Papier zusammenleimen, wie die Bestandtheile einer Wohnung in einheitlichem Geschmacke lackiren ließen. Mag das Urtheil über sein politisches Verhalten wie immer ausfallen, unter allen Umständen wird er als ein vollendeter Staatsmann und Diplomat einer vergangenen Zeit angesehen werden müssen. Sein Benehmen war stets adelich ohne Hochmuth, hofmännisch, ohne servil zu sein, und während seine Geschicklichkeit in diplomatischen Unterhandlungen allgemein anerkannt wird, kann Niemand ihm niedrige Künste vorwerfen. Vor allen Dingen war er ein Mann des Friedens und brachte nie die Ruhe der Welt in Gefahr, indem er auf die Schwäche seiner Nachbarn zählte, noch durch unwürdige Intriguen, wie so viele Diplomaten aus der französischen Schule. In den Quellen folgen einige Urtheile, die über Metternich gefällt wurden, ferner eine Uebersicht der verschiedenen Bildnisse, die von ihm in die Oeffentlichkeit gelangten, der auf ihn geprägten Denkmünzen u. dgl. m.

I. Zur Biographie des Fürsten Metternich, a) Selbstständige Werke. Alvensleben (Ludwig v.), Fürst Metternich; biographische Skizze, nach den besten Quellen und den neuesten Ereignissen entworfen (Wien 1848, 8°.). – Binder (Wilhelm), Fürst Clemens von Metternich und sein Zeitalter. Geschichtlich-biographische Darstellung u. s. w. (Ludwigsburg 1836, 8°., mit Portr.). – Groß-Hoffinger (Anton Johann), Fürst Metternich und das österreichische Staatssystem. 2 Bde. (Leipzig 1846, 8°.). – (Hormayr, Joseph von) Kaiser Franz und Metternich. Ein nachgelassenes Fragment (Berlin 1848, 8°.). – (Loménie, Louis de) M. de Metternich, par un homme de rien (Paris 1840, 12°.). – Schmidt-Weißenfels, Fürst Metternich. Geschichte seines Lebens und seiner Zeit. 2 Bde. (Prag 1860, Kober u. Markgraf, 8°.). – L... (E...), Auszüge aus den geheimen Memoiren des Fürsten Metternich, ehemaligen k. k. österreichischen Staatskanzlers (herausgegeben von Friedrich Meinhart) (Weimar 1849, 8°.). – Diplomatische Geschichte der Jahre 1813, 1814 und 1815. Zwei Theile (Leipzig 1863, Brockhaus, gr. 8°.). – Europäische Geheimnisse eines Mediatisirten. Metternich und Europa. Wien und Oesterreich (Hamburg 1836, Georg Boomann, gr. 8°.).
I. b) Einzelnes, in historischen und encyklopädischen Werken Zerstreutes. Züge aus dem Leben des Fürsten u. dgl. m. Es würden hier die zahlreichen einzelnen Biographien in den vielen kleineren Blättern der deutschen Staaten ganz unberücksichtigt geblieben sein, wenn nicht manche derselben der Ausdruck der Stimmung wäre, welche in dem betreffenden Lande über den dahingegangenen Staatsmann herrschte, und somit auch für den Historiker Interesse darböte. Daher werden im Folgenden neben anderen Skizzen, Episoden aus seinem Leben u. dgl. m. auch einige der wichtigeren Nekrologe, welche nach seinem Tode erschienen sind, angeführt. L’Assemblée nationale (Pariser Parteiblatt, Fol.) Feuilleton du 19. Juin 1851: „Le prince de Metternich a Bruxelles“. – Augsburger Postzeitung 1855, Beilage zur Nummer vom 23. Mai, S. 462; „Fürst Metternich“ [38] [anläßlich seines 83. Geburtstages]. – Aus Böhmen nach Italien. Von G. v. S. (Frankfurt a. M. 1862) [enthält Einzelnheiten über Metternich’s Flucht aus Wien im Frühlinge 1848. Diese Episode des Büchleins ist auch in der „Reichenberger Zeitung“ 1862, Nr. 84, abgedruckt]. – Badischer Beobachter (Stuttgarter polit. Blatt, kl. Fol.) 1864, Nr. 230: „Einzelne Züge aus dem Leben des Fürsten“. – Biographie des hommes vivants ... (Paris 1818, L. G. Michaud, 8°.) Tom. IV, p. 421 [nach dieser geb. 8. Mai 1773]. – Brockhaus’ Conversations-Lexikon, 10. Auflage, Bd. X, S. 431. –Le Charivari (Pariser Spottblatt) 1854, Nummer vom 5. Februar: „Le silence de M. de Metternich“. – Coblenzer Anzeiger 1848, Nr. 195, 196 u. 197: „Fürst Clemens Metternich“. – Deutsche Jahrbücher für Politik und Literatur. Bd. VI (1863), Januarheft: „Fürst Clemens Metternich“, von Ferdinand Wolf. – Didaskalia. Blätter für Geist, Gemüth und Publicität (Frankfurt a. M., 4°.) 1859, Nr. 167 u. 168: „Fürst Metternich“. – Die feierliche Sitzung der kaiserl. Akademie der Wissenschaften am 30. Mai 1860 (Wien, Staatsdruckerei, 8°.) S. 39 u. f. [nimmt in dem dem Fürsten als Ehrenmitglied der Akademie gewidmeten Nachrufe für denselben die Errichtung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien in Anspruch]. – Gallerie des contemporains illustres par un homme le rien [par Loménie] (Bruxelles 1841, 8°.) Tome II. – Geißel (Wiener polit. Spottblatt, 4°.) 1848, Nr. 35: „Fürst Metternich und Herwegh“. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) Erster Band (1843), S. 65: „Metternich“; – dieselbe, Bd. VI (1847, 1. Semester), S. 5: „Fürst Metternich in seinem Cabinet“ [mit der Abbildung desselben im Holzschnitte]; S. 356 u. f.: „Villa Metternich in Wien“ [mit zwei Ansichten, einmal von der Straßen-, das anderemal von der Gartenseite]; – dieselbe, Bd. XXXIII (1859), S. 1: „Metternich“ [mit einem vortrefflichen, den Fürsten in seinem hohen Alter darstellenden – nach einer Photographie ausgeführten – Holzschnitte]. – Innsbrucker Nachrichten (Localblatt, 8°.) Jahrg. 1862, Nr. 259, S. 2276: „Metternich und Napoleon“ [Metternich lernte im Jahre 1788 in Straßburg mit Bonaparte, wo Letzterer als Artillerie-Lieutenant und der Fürst als Studiosus an der Universität sich befand, zu gleicher Zeit fechten]. – Iris (Gratzer Mode- und Musterblatt, schm. 4°.) I. Jahrg. (1849), Lieferung 5 u. f.: „Wenzel Fürst Metternich. Nach dem Französischen des Baron v. Marst. ... von Aimé von Wouwermans. – Männer der Zeit. Biographisches Lexikon der Gegenwart (Leipzig 1860, Karl B. Lorck, 4°.) I. Serie S. 137 [früher in der Europa von Gustav Kühne, 1858, Sp. 1265 u. f.]. – Mannheimer Unterhaltungsblatt. Belletristische Beilage zum Mannheimer Journal. I. Jahrg. 4. Bd. (1848), Nr. 58, S. 230: „Ein Ball beim Fürsten Metternich“. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XXI, S. 456, Nr. 5 [nach diesem geb. am 20. Mai 1773]. – Národný listy (Prager politisches Journal, Fol.) 1861, Nr. 288, 292, im Feuilleton: „Kniže Kliment Mettrnich (sic) rakousky státní kancléř“. – Neue illustrirte Zeitschrift. Illustrirtes Volksblatt, 1846, Nr. 7: „Charaktere der Gegenwart. Deutsche Staatsmänner. Fürst v. Metternich“ [mit Holzschnitt]. – Neue Münchener Zeitung, Jahrg. 1859, Morgenblatt Nr. 143: „Fürst Metternich“; – dieselbe 1859, Abendblatt S. 599: „Unterredung Veuillot’s mit Metternich im Jahre 1849“. – Neuer Plutarch oder Biographien und Bildnisse der berühmtesten Männer und Frauen aller Nationen und Stände von den älteren bis auf unsere Zeiten. Vierte Auflage. Mit Verwendung der Beiträge des Freiherrn Ernst von Feuchtersleben neu bearbeitet von Aug. Diezmann (Pesth, Wien und Leipzig 1808, C. A. Hartleben’s Verlags-Expedition, 8°.) Bd. II, S. 214. – Nouvelle Biographie générale ... publiée par MM. Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1850 et s., 8°.) Tome XXXV, p. 223 [ein Artikel, der sich von anderen, wie man sie in lexikalischen Werken dieser Art zu finden pflegt, wesentlich unterscheidet]. – Omnibus (Beiblatt des politischen Journals „Neuigkeiten“ in Brünn) 1857, Nr. 70 u. 71 : „Die Unterredung Napoleon’s mit dem Fürsten Metternich zu Dresden“ [aus Thiers’ „Geschichte des Consulates und Kaiserreichs“]. –Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann(Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 653. – Pappe, Lesefrüchte (Hamburg, 8°.) Jahrg. 1829, Bd. III, S. 256 [ein interessanter Zug der Gemeinheit, [39] in welche Napoleon, wenn er sehr bedrängt war, zeitweise zu verfallen liebte, und der Kaltblütigkeit Metternich’s]; – dieselben, Jahrgang 1848, Bd. II, S. 209: „Metternich“; Jahrg. 1849, Bd. I, Stück 2, S. 17: „Metternich’s politische Laufbahn“. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1858, Nr. 76: „Zur Biographie des Fürsten Metternich“; – dieselbe 1859, Abendblatt Nr. 142: „Fürst Metternich“; – dieselbe 1861, Nr. 75: „Was eine halbe Stunde werth ist“ [eine Scene aus Metternich’s Leben, viel in anderen Blättern abgedruckt, z. B. im Gratzer Blatte „Die Tagespost“ 1858, Nr. 80]; – dieselbe 1862, Nr. 37, im Feuilleton: „Aus halbvergangener Zeit. IV. Fürst und Fürstin Metternich als Censoren“, von Ludwig August Frankl; – dieselbe 1864, Nr. 251: „Fürst Metternich und Lord Byronn“, von Dr. L. A. Frankl; – dieselbe 1865, Nr. 151, im Feuilleton: „Stägemann. Metternich“; Nr. 173: „Fürst Metternich. Heinrich Heine“. – v. Raumer in seinem Werke: „Italien. Beiträge zur Kenntniß dieses Landes“ (Leipzig 1840, Brockhaus, gr. 12°.) [gibt Nachricht von einer Unterredung mit dem Fürsten Metternich, in welcher auch der Conflict der protestantischen Staatsgewalt mit dem Cölner Bischof zur Sprache kam]. – Die Reform. Ein Volksblatt für Hamburg und den Norden. 1859, Nr. 76: „Fürst Clemens Metternich. Ein Rückblick“. – Reichenberger Zeitung 1862, Nr. 272: „C. Fürst Metternich und seine Familie“. – Rheinische Blätter (Unterhaltungsbeiblatt des „Mainzer Journals“) 1859, Nr. 141, S. 562: „Metternich“. – Schmidl (Ad.), Zeitgenössische Geschichten (Berlin 1859, Duncker u. Humblot, 8°.) [enthält neben einzelnen wichtigen Aufschlüssen zur Zeitgeschichte Mehreres über Metternich; unter anderem auch eine zutreffende Charakteristik, von der weiter unten, wo die Charakteristik des Staatsmannes durch Aussprüche der Staatsmänner und Geschichtschreiber gegeben wird, einzelne Fragmente mitgetheilt werden]. – Süddeutsche Zeitung (Leipzig, kl. Fol.) 1862, Nr. 102: „Kaiser Nikolaus und Fürst Metternich“. [Aus dem Werke: „Pensées et réflexions morales et politiques du comte de Ficquelmont, ministre d’état en Autriche, par M. de Barante“ (Paris 1862), worin Metternich’s Politik dem russischen Hofe, richtiger Kaiser Nikolaus gegenüber, dargestellt wird.] – Taschenbuch für die vaterländische Geschichte. Herausgegeben durch die Freiherren von Hormayr und von Mednyanszky (Wien, Franz Ludwig, 8°.) VIII. Jahrgang (1827), S. 401–417: „Kurzer Abriß der Lebensgeschichte des Fürsten von Metternich“. – Theater-Zeitung (damals unter dem Titel: Oesterreichischer Courier) von Adolph Bäuerle (Wien, 4°.) Jahrg. 1849, Nr. 96: „Ein Schreiben des Fürsten Metternich an den Fürsten Pückler-Muskau“ [das Schreiben ist „Brighton 23. December 1848“ datirt; ein merkwürdiger Stimmungsmesser, für die Beurtheilung des Staatsmannes nach seinem unfreiwilligen Abtritt im Jahre 1848 interessant]; – dieselbe 1849, Nummer vom 28. October: „Porträt des Fürsten Metternich“ [nach des Grafen de la Garde „Fétes et Souvenirs da Congrès de Vienne“]; – dieselbe 1859, Nr. vom 26. Juni: „Fürst Metternich als Musik-Dilettant“. Von Dr. Leone. – Trollope (Miß), Wien und die Oesterreicher, sammt Reisebildern aus Schwaben. Bayern u. s. w. Aus dem Englischen von J. Sporschil (Leipzig 1838, Wigand, 8°.) Bd. III, 60. Brief [enthält lesenswerthe Einzelnheiten über den Fürsten und die Fürstin]. – Ujabb kori ismeretek tára, d. i. Neues ungarisches Conversations-Lexikon (Pesth 1850, Gust. Heckenast, Lex. 8°.) Bd. V, S. 368. – Unterhaltungsblatt des Badischen Beobachters 1864, Nr. 75: „Ein unfreiwilliger Republikaner“ [eine Episode aus dem Leben des Fürsten, wie nämlich dieser in freilich unfreiwilliger Weise als Jüngling zu den Bastillenstürmern gehörte]. – Vaterland (Wiener politisches Blatt) 1860, Beilage zu Nr. 82: „Aus dem fürstlich Metternich’schen Thiergarten zu Königswart“. – Vehse (Eduard Dr.), Geschichte des österreichischen Hofs und Adels und der österreichischen Diplomatie (Hamburg, Hoffmann u. Campe, kl. 8°.) Bd. IX, S. 227–237; Bd. X, S. 1–99, S 166–173 [Schilderung des Fürsten durch den Reisenden Moriz Wagner]; Bd. XI, S. 1–13 [Metternich in den Märztagen]. – Die Veranda (ein deutsches, in Breslau erscheinendes, mit der Gartenlaube rivalisirendes Unterhaltungsblatt, 4°.) Bd. II (1863). Nr. 1: „Ein Besuch beim Staatskanzler von Metternich“. Von Schmidt-Weissenfels. – Wiener Vorstadt-Zeitung 1857, Nr. 232: „Napoleon und Fürst Metternich“ [aus dem Leben des Staatskanzlers]. – Weser-Zeitung 1857, Nr. 4270, Morgen-Ausgabe: „Die Unterredung Napoleon’s I. mit dem Fürsten Metternich zu Dresden am [40] 28. Juni 1813“. – Zeitgenossen (Leipzig und Altenburg 1816, Brockhaus, gr. 8°.) Bd. II, S. 169: „Fürst Metternich und Graf Stadion“ [eine Parallele beider Staatsmänner]. – Zeitung für[WS 9] die elegante Welt. Von D. Laube redigirt (Leipzig, 8°.) Jahrgang 1841, S. 271: „Einige Aussprüche des Fürsten Metternich“ [darunter über Thalberg und Liszt: „Der Letztere spielt mit Unmöglichkeiten und ist durchaus romantisch. Thalberg dagegen bleibt immer classisch“].
I. c) Mit besonderem Hinblick auf des Fürsten Politik. Breslauer Zeitung (Fol.) 1855, Nr. 134: Nachricht von einem in der historischen Section der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur von Dr. Reimann gehaltenen Vortrage: „Fürst Metternich’s Ansichten über deutsche Einheit im October 1813“. – Constitutionelle österreichische Zeitung (Wien) 1862, Nr. 510: „Urtheil Metternich’s über Louis Napoleon“. – Didaskalia (Frankfurter Unterhaltungsblatt, 4°.) 1865, Nr. 42: „Ueber die Bücher-Censur unter Metternich“. – Grenzboten (polit. Wochenblatt, 8°.), herausg. von M. Busch, Jahrg. 1863, Nr. 26: „Oesterreich unter Metternich“; – dieselben 1865, Nr. 18: „Metternich und Huetlin“; – dieselben 1866, Nr. 16: „Fürst Metternich und die Trias“. – Allgemeine Moden-Zeitung (Leipzig, Baumgärtner, 4°.) Jahrg. 1848, S. 176: „Metternich’s System“. – Pilsner Bote (Localblatt, 4°.) V. Jahrg. (1861), Nr. 28 u. 29: „Fürst Metternich’s diplomatische Schule“ [auch in der Frankfurter „Didaskalia“ 1860, Nr. 319] – Presse (Wiener politisches Blatt), Jahrg. 1861, Nr. 299: „Eine Denkschrift Metternich’s über Ungarn“ [auch in der Schlesischen Zeitung 1861, Nr. 524]; Nr. 300, unter den „Wiener Nachrichten“ [eine Notiz, den Ursprung dieser Denkschrift betreffend. Die Pest-Ofner Zeitung 1861, Nr. 254, bezweifelt die Echtheit dieses Actenstückes]; – dieselbe, Jahrg. 1865, Nr. 26, 33, 57: „Fürst Metternich und die vormärzliche Presse. I. II. III.“ Von L. A. Frankl. – Springer (Anton), Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809 (Leipzig 1864 und 1865, S. Hirzel, gr. 8°.) Bd. I, S. 128–138; Bd. II, S. 102 [übrigens enthält das ganze Werk, das aber als reines Parteibuch mit großer Vorsicht zu benützen ist, reiches Detail zur Politik Metternich’s]. – Unsere Zeit. Jahrbuch zum Conversations-Lexikon (Leipzig, F. F. Brockhaus, gr. 8°.) Bd. V (1861), S. 401 bis 441: „Fürst Clemens Metternich“. – Vorstadt-Zeitung (Wiener polit. Blatt) 1859, Nr. 149:. „Fürst Metternich und der Bonapartismus“. – Hierher gehören ferner auch alle neueren, die deutsche Geschichte des laufenden Jahrhunderts behandelnden Werke, wie von Häusser, Gervinus u. a., die zahlreichen Special-Biographien der großen deutschen Männer aus den Befreiungskriegen, Pertz, Stein, Hardenberg u. a., ferner die Werke von Guizot, Thiers u. dgl. m.
II. Porträte. Außer den zahlreichen Bildnissen des Staatskanzlers, welche im Holzschnitt, Lithographie, Stahl- und Kupferstich erschienen, bei denen aber weder Zeichner noch Stecher, Xylo- und Lithograph angegeben sind, folgen hier nur jene Bildnisse, deren Künstler bekannt sind oder die sich auf dem Blatte genannt haben. 1) (Benedetti sc.) (8°.). – 2) Molteni p., Benedetti sc. (Fol.). – 3) Fr. Bolt sc. (im Gothaischen Almanach) (8°.). – 4) Gaet. Bonatti inc. (Milano, 4°.). – 5) Nach Lawrence gest. von Cousins (London, H. Graves u. Comp., Fol.). – 6) F. Hof del., C. Guerin sc. (Fol.). – 7) Lith. von Herr mit Rahmen (Wien, Neumann, kl. Fol.). – 8) Nach Heuß lith. von Heuster (Wien, Müller, Imp. Fol.). – 9) Nach Böhm’s Modell Höfel sc. (4°.). – 10) F. Lieder gez., Hyrtl und Franz Stöber in Stahl gest. Wien 1830 (8°.). – 11) (C. Mayer sc.) (8°.). – 12) C. F. Merckel sc. Leipzig. Nach einem Gemälde von Lawrence vom J. 1815. – 13) Unterschrift: Le prince de Metternich. Imp. de Pernel René & Comp. Ohne Angabe des Z. u. St. – 14) A. Torlet sc. (radirt, 8°.). – 15) F. Gerard p., P. Torchiana sc. (Fol.). – 16) Stahlstich von C. E. Weber (Berlin 1838, 4°.) – 17) F. Lieder del., E. E. Weber sculp. (Berlin 1830). – 18) Stahlst. von Weger u. Singer in Leipzig (4°.). – 19) F. Gerard p., D. Weiß sc. – Mit Fürst Kaunitz, Götz von Berlichingen, Hutten, Copernicus, Halley auf einem Blatte. Stahlstich von Carl Meyer’s Kunstanstalt in Nürnberg. Das Mignon-Bildniß ist einem größeren, das aus derselben Anstalt hervorgegangen, nachgestochen. – Oesterreichisches Archiv für Geschichte, Erdbeschreibung, Staatenkunde, Kunst und Literatur. Herausg. von Johann Ridler (Wien, 4°.) 11. Jahrg. (1832), Nr. 44: „Ein Porträt des Fürsten von Metternich. Aus den Memoiren des Malers Lawrence“.
[41] III. Medaillen. 1) Avers. Das Metternich’sche Mittelschild mit der Fürstenkrone, von den Ordensketten des goldenen Vließes und des Stephan-Ordens umhangen. Ohne Umschrift. Revers. Inschrift: C.(lemens) W.(enceslaus) L.(otharius) | PRINCEPS A | METTERNICH | J. WEISS F(ecit). Achteckige Klippe. – 2) Avers. Das große fürstliche Wappen ohne Umschrift. In einem Eichenkranze die Inschrift: CLEMENS | WENCESLAUS | LOTHARIUS | PRINCEPS | A | METTERNICH | WINNEBURG. Achteckige Klippe in Silber, 1 Loth. – 3) Avers. Zwei Medaillons nebeneinander, das rechtsgestellte mit dem Kopfe und der Umschrift: CARL FÜRST VON – SCHWARZENBERG. Das linke ebenfalls mit dem Kopfe und Umschrift: CLEMENS W.(enzel) FÜRST – VON METTERNICH. Dazwischen oben ein Bouquet von einem Lorber-, einem Eichen- und einem Palmenzweige. Unten ein Storch. Unter dem Medaillon Schwarzenberg’s eine Kriegs-Trophäe, auf deren Schilde die Inschrift: FORTITUDO. Unter dem Medaillon Metternich’s die Embleme der Staatsklugheit mit einer Tafel, worauf die Inschrift: PRU | DEN | TIA. Am Rande: STUCKHARDT. Revers. Inschrift: DER STAATSMANN WOB ] AM EINTRACHTS-BAND | DER HELD BESCHÜTZT’ ES | MIT STARKER HAND, | ES SEGNET SIE DANKBAR | DAS VATERLAND. | 1814. Silber-Medaille. 115/16 Loth, und in Kupfer. – 4) Avers. Kopf. Umschrift: CLEM.(ens) WENC.(eslaus) LOTH.(ar) F.(ürst) V.(on) METTERNICH. W.(inneburg). Revers. Das fürstliche Mittelschild mit der Krone. Umschrift: KRAFT IM RECHT. Unten: 1816. Es sind zwei Medaillen, in Gold und Silber, welche sich nur dadurch von einander unterscheiden, daß bei der einen die Schrift im Revers größer ist. – 5) Avers. Kopf. Darunter: F. PUTINATI. Umschrift: oberhalb des Kopfes nach innen: CLEMENS WENC.(eslaus) LOTHARIUS METTERNICHII VINEBURGI PRINCEPS. Unter dem Kopfe nach außen: ANNO EJUS MINISTERII XXV. FAUSTE FELICITER EXEUNTE. Revers. Eine allegorisch-weibliche Figur lehnt an einer Säule mit der Inschrift: KRAFT | IM RECHT. Ohne Umschrift. Im Abschnitte: VII OCTOBRIS | A.(nni) MDCCCXXXIV. Medaille in Silber, 4 Loth, und in Kupfer. – 6) Avers. Kopf. Darunter: PICHLER. Umschrift: CLEMENTI. W.(enceslao) LOTH.(ario) PRINCIPI. A. METTERNICH. Revers. Allegorische weibliche Figur. Umschrift: LIB.(erarum) ARTIUM. QUINQUE. PER. LUSTRA. CURATORI. ET. DECORI. Im Abschnitte: ACAD.(emia) GRATA. | VINDOB.(onae) | MDCCCXXXV. – 7) Avers. Kopf. Umschrift: CLEM.(ens) W.(enceslaus) L.(otharius) PRINC.(eps) A METTERNICH DOMUS AULAEQ.(ue) IMPERAT.(oriae) REIQ.(ue) PUBL.(icae) AUSTR.(iae) CANCELLARIUS. Revers. Austria, stehend an einem Altar mit dem fürstlichen Wappen. Umschrift: SECURITAS AUSTRIAE. Im Abschnitte: 1836. G. LOOS DIR.(igente). E. HELD FEC.(it). Silber-Medaille 3/4 Loth. – 8) Avers. Kopf. Darunter: CONR.(ad) LANGE 1841. Umschrift: CLEMENS W.(enzel) LOTH.(ar) FÜRST V.(on) METTERNICH. Revers. Zwei weibliche Figuren, die Gerechtigkeit und den Frieden darstellend, stehen nebeneinander. Umschrift: KRAFT – IM RECHT. Auf dem Abschnitte das große fürstliche Wappen. Medaille in Silber, 3 Loth, und in Kupfer. – 9) Avers. Kopf. Darunter: K. L. (Konrad Lange). Ohne Umschrift. Revers. Inschrift: KRAFT | IM | RECHT | 1843. Umschrift: CLEMENS W.(enzel) LOTH.(ar) FÜRST V.(on) METTERNICH. Medaille in Silber, 3/8 Loth. – 10) Avers. Brustbild. Darunter: TOTTER F.(ecit) 1847. Umschrift: CLEMENS W.(enzel) LOTHAR – FÜRST VON METTERNICH. Revers. Inschrift: SEINER | DURCHLAUCHT | DEM | HERRN FÜRSTEN | VON | METTERNICH | IN | TIEFSTER EHRFURCHT | GEWIDMET. Ohne Umschrift. Kupfer-Medaille. – 11) Avers. Kopf. Umschrift: CLEM.(ens) W.(enceslaus) METTERNICH – PRINC.(eps). Revers. Zwischen zwei Lorbeerzweigen die Freundschaftsbündel. – 12) Avers. Kopf. Umschrift: CLEM.(ens) W.(enceslaus) METTERNICH – PRINC.(eps). Revers. Ein Palmenzweig und eine Posaune kreuzweise gelegt. Diese und die vorige sind kleine Medaillen in Silber, jede 7 Gran schwer. [Die Abbildungen der vorbeschriebenen zwölf Denkmünzen auf den Fürsten Metternich sind in dem Werke von Heinrich Ottokar Miltner: „Beschreibungen der bisher bekannten böhmischen Privatmünzen und Medaillen. Herausgegeben von dem Vereine für Numismatik in Prag“ (Prag, 4°.) [42] auf Tafel XXXI, Nr. 264, auf Tafel XXXII, Nr. 265–271 u. 273, und auf Tafel XXXIII, Nr. 272 u. 274, enthalten.]
IV. Zur Charakteristik des Staatsmannes Metternich. Unbefangener als die deutschen Historiker, welche bald in Preußens Verhimmelung aufgehen und für alles Weh, das der Weltgeist über die Völker brachte, den Fürsten Metternich verantwortlich machen, oder aber aus Princip Alles, was aus Oesterreich kommt, schlecht finden, ruhiger, besonnener, nüchterner sind die Engländer in ihren Urtheilen über die Staatsmänner fremder Länder. Das März- und Februar-Heft von Fraser’s Magazine, 1844, enthält eine ausführliche Lebensskizze des Fürsten Metternich und schließt dieselbe mit folgender Charakteristik: „Groß als Minister, Diplomat und Staatsmann, bewunderungswürdig in Wien, kalt und gemessen zu Rastatt, bis in die kleinsten Details mit der neueren Geschichte aller Länder vertraut. Als Diplomat gewandt, deutlich und bestimmt; als Oesterreicher seinen Kaiser schwärmerisch verehrend; als Deutscher nimmer vergessend, daß Deutschland sein großes Vaterland ist; leidenschaftlicher Anhänger der absoluten Monarchie, aufmerksam auf die Bedürfnisse des Volkes; Feind aller Revolutionen, gemäßigt, aber entschieden und bestimmt in seinen Plänen und in deren Ausführung. Verabscheuend den Krieg, dem Frieden ergeben, ein Feind „politischer“ Freiheit, ein Freund der städtischen und Provinzialrechte, eifriger Katholik, guter Christ, treuer Unterthan, liebender Gatte, zärtlicher Vater, ein Mann von physischer Kraft und von eminenten geistigen Fähigkeiten, ein treuer Freund, und ein eifriger Streiter für Recht und Wahrheit. Das ist der Fürst von Metternich.“ – Die „Presse“ über Metternich. Unmittelbar nach dem Tode des Fürsten widmete ihm dieses Blatt in einem Rückblicke auf sein Leben unter anderem folgende Worte: „... er hat es, wie selten Einer, verstanden, Oesterreich im Rathe der Regierungen Ansehen und entscheidende Stimme zu verschaffen. Auch eine große Lehre gibt Metternich’s Leben, besonders den Kleinlauten, die sich beugen lassen von jedem halben Erfolge des Feindes, jedem anfänglichen Mißgeschick: Metternich sah Napoleon’s I. Glück, aber auch sein Ende. Er sah, wie der kleine Hut auf der Stange befestigt war, und alle vorübergehenden Fürsten und Völker Deutschlands sich vor dem corsischen Geßler beugen mußten; er sah aber auch, wie dieser kleine Hut, als Napoleon einst mit Metternich conferirte, zur Erde fiel. Der österreichische Diplomat, stolz wie ein Grand von Spanien, der er auch wirklich war, bückte sich nicht, um ihn aufzuheben. Metternich sah Jena und Austerlitz, er erlebte aber auch Aspern und Leipzig! ... Seine Figur und sein ganzes Wesen waren ganz dazu geeignet, sich jenen, die sie einmal gesehen, für immer einzuprägen. Fürst M. trug völlig das Gepräge dessen, was er war; er wird in jener Auffassung, wie ihn der berühmte englische Maler (Lawrence) dargestellt, typisch bleiben für den Diplomaten der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts. Die hohe feine Gestalt, der ruhige festgeschlossene Mund, welcher der Beleg aus Fleisch und Blut war für den oftgenannten Ausspruch von Metternich’s Zeitgenossen Talleyrand[2]; die feine, gebogene, scharfgeschnittene Nase, das unergründliche, etwas matte Auge, das gewöhnlich von dem halbgeschlossenen Deckel wie einem wolkengleichen Schleier umzogen war: kurz, die ganze Bestimmtheit der Gestalt, welche durch die Grazie der Bewegung anmuthig-schön gemildert wurde, das war so völlig das Bild dessen, was Metternich wirklich war, daß man sich sagte, so und nicht anders mußte er aussehen. ... Fürst Metternich, wie sehr ihn auch die großen Fragen seiner Zeit beschäftigten, wie ernst ihn die allgemeine Lage oft stimmte, hatte doch noch immer Zeit und Lust, sein persönliches Leben schön zu gestalten. Er war in seinen jüngeren Jahren ein großer Günstling der Damen, und später war sein Haus stets der Sammelplatz alles dessen, was sich in Wien durch Schönheit und Geist auszeichnet. Künstler waren da gern gesehene Gäste, und selten war die österreichische Kunst irgendwo vollständiger repräsentirt als in den Albums der Fürstin Metternich. Wem fällt hier nicht, nebenbei gesagt, ein, daß Lieutenant Waghorn die Fürstin für die Idee der Ueberlandspost dadurch gewann, daß er ihr einen Ast mit frischen Datteln überreichte? Der Fürst war noch ein Mann jener Zeit, welche die Bedeutung des Geistes in ihrem vollen Werthe [43] anerkannte. Er schätzte zwar nur jene Geister, die sich ihm zur Disposition stellten, und er fürchtete nichts mehr, als jenen Geist, der, wie er glaubte, „in falschen Bahnen irregeleitet wäre“; allein stets fühlte er das Bedürfniß und die Nothwendigkeit, sich mit Denkern und Schriftstellern zu umgeben. Fürst Metternich wußte, was die Form werth war, welche die „Schreiber“, wie man sie oft nennt, seinen Gedanken zu geben verstanden, und oft waren es auch die Gedanken dieser „Schreiber“, denen er ein williges Ohr lieh. Metternich verfolgte die Literatur mit dem gespanntesten Interesse, nie wendete er seine Blicke von der deutschen literarischen Bewegung seiner Zeit ab, und stets ging er einher, forschend, wen er gewinne. Berief er auch keine Professoren aus Norddeutschland, um das Volk zu erziehen, so berief er doch um so häufiger Journalisten, wie Gentz u. s. w., die dem Volke die Lehre von der Wichtigkeit seines Princips auseinandersetzen mußten. Fürst Metternich starb im hohen Alter, wie viele ausgezeichnete Männer: Denker, Staatsmänner und Künstler. Es scheint, daß es auch eine Gymnastik des Geistes gibt, die das Leben verlängert, wie körperliche Ausbildung und Strapatzen die Lebensdauer ausdehnen. Die letzten Jahre seines Lebens bewohnte er sein Palais auf dem Rennwege. Ein Gartenhaus trug daselbst in goldenen Lettern die Inschrift: „Parva domus magna quies“. Diese Worte prägten sich ihm damals, wo der Fürst fern von Oesterreich lebte, in seiner eigenthümlichen Bedeutung tief ein. Er mußte oft daran denken. Heute haben sie einen anderen noch tieferen Sinn. Der Fürst ruht im Grabe. Parva domus magna quies!“ – Adolph Schmidt über Metternich. In anderer Weise faßt dieser Geschichtschreiber in seiner „Zeitgenössischen Geschichte“ den Fürsten auf. „Ein Wahn ist es“, schreibt Schmidt, „Metternich für einen allmächtigen Minister, seinen Einfluß für einen unbeschränkten zu halten oder auszugeben. In der inneren Verwaltung wurde er sogar, wie Graf Hartig behauptete, „selten gehört und absichtlich fern gehalten“. Das war vielmehr das Gebiet, worin der Kaiser selbst „wie ein Bureauchef“ arbeitete, und so emsig, daß er sich selbst das Zeugniß gab: er hätte wohl „ein brauchbarer Hofrath“ werden können. Aber es gab auch noch andere Schranken für Metternich’s Einfluß. Vermeinte dieser gleich, daß er „nicht einen persönlichen Feind in der Welt habe“ : so ist doch nichts gewisser, als daß Neid, Eifersucht und eine Fülle abweichender Auffassungen und Wünsche von oben und unten her seine Stellung umflossen und bedrohten, ja mehr als einmal in ein Schwanken und in ernstliche Gefahren brachten. Und dann war es doch nicht immer bloß die allerdings in allen Regionen tief eingewurzelte Meinung, daß er der Unentbehrliche oder Unvermeidliche sei, wodurch seine Stellung erneute Festigkeit oder, besser gesagt, fernere Dauer gewann; sondern vielmehr eben die Schwäche seiner Natur, vermöge deren er zumal bei Anlässen, wo jedes Mitglied der kaiserlichen Familie und jeder höhere Staatsbeamte mitreden zu dürfen glaubte, ebenso leicht, ja leichter noch im Angriffe als im Widerstande erlahmte und nach allen Richtungen hin eine Nachgiebigkeit bethätigte, welche die Betheiligten oder Näherstehenden beschwichtigte, und von den Millionen, die fern standen, bei ihm am allerwenigsten vorausgesetzt ward. Metternich erschien der Welt mittelst der Wirkungen der äußern und innern Politik Oesterreichs, wie die spinnende Urkraft im Centrum eines ungeheuren Gewebes der politischen Intriguen; während die Fäden desselben in ihm mehr nur einen Durchgangs- als einen Ausgangspunct fanden, und während er in der That weder ein urkräftiges Wesen, noch die Ader eines Intriguanten oder eines Despoten besaß. Um das eine oder das andere zu sein, war er in geistiger und sittlicher Beziehung viel zu straff und concentrisch geartet, war er viel zu sehr ein galanter, entgegenkommender und redseliger Lebemann. Niemand war schlechter auf ihn zu sprechen als Graf Stadion, als er 1809 bei Beendigung des Krieges das Portefeuille des Aeußern an Metternich abgeben mußte, der damit die Stellung errang, die er seitdem ununterbrochen behauptete. Dennoch gab ihm Stadion, selbst in der höchsten Culmination seines Unmuthes alles eher, als das Zeugniß eines Intriguanten oder eines Kraftmenschen. „Ich würde glauben“, äußerte er, „Metternich habe diese Riesengluth entzündet, bloß in der Gier, mein Portefeuille an sich zu reißen und auf meinem Platze zu stehen, wenn ich diesen leichtsinnigen Lebemann eines so ernsten und festen Gedankens fähig erachten könnte.“ Und wirklich war Metternich selbst bei [44] den Anlässen, die ihn emporbrachten, nur das Werkzeug Anderer, eines Talleyrand und eines Fouché. Auch Vorkämpfer des Liberalismus sprachen ihn vom Vorwurfe der Intrigue frei. „Oesterreich“, sagte Heine um 1830, „ist beständig ein offener und loyaler Feind gewesen, der niemals, auch nur augenblicklich, den Krieg abgeläugnet oder unterbrochen hat, den er gegen den Liberalismus führt; Metternich hat niemals der Göttin der Freiheit den Hof gemacht, hat niemals in der Angst seines Herzens den Demagogen gespielt.“ Gegen den Vorwurf des Despotismus nahmen ihn insbesondere seine Anhänger in Schutz. Seine Politik, sagten sie, ist „offen und gerecht“; die Stützen seiner Staatskunst sind die „väterlich-monarchischen Grundsätze“; nicht „Zwang und gewaltsames Durchgreifen“, nicht jenes „despotische Glücklichmachenwollen und jene Centralisirungswuth“, wie sie in Frankreich zur Zeit der „Republik und noch mehr des Kaiserthums“ geübt worden, sondern „milde Nachsicht, Achtung der Sitten und Gewohnheiten jedes Volkes“, der „nationalen Besonderheiten“, im Gegensatze zu dem russischen Princip der „Uniformirung“. Die ganze Persönlichkeit Metternich’s, sein Benehmen, die Art seiner Unterhaltung war himmelweit davon entfernt, den Eindruck eines Weltbeherrschers oder eines Tyrannen zu machen. Wer sich mit solchem Vorurtheile ihm nahte, sah es alsbald an seinem freundlich entgegenkommenden Wesen, an seiner leutseligen Unbefangenheit zerfließen, die selbst weit unter ihm Stehenden gegenüber nicht selten in Wort und Geberde bis zu einer gewissen Vertraulichkeit sich stimmte. Bis an die Schwelle des Greisenalters war er in Wuchs und Gestalt, in Blick und Bewegung eine regelrechte und anmuthige Erscheinung, von mittlerer Statur durchgängig Maß und Ziel. Die hohe gewölbte Stirne, die hellen blauen Augen voll Milde, die nur mäßig gebogene Nase, die schönfärbigen, ebenso reichen als weichen und sorgfältig geordneten Haare bildeten – wie Hormayr sich ausdrückt – ein „zaubervolles Ganzes“. „Nur – setzte er hinzu – um den höchst einladenden Mund spielte ein halblächelnder, etwas sybaritischer, zugleich listiger und lüsterner Zug.“ Auge und Mund waren die Angeln, womit er die Gemüther derer, die sich ihm naheten, ergründete und fing. Durch die Schärfe seines Adlerblickes vermochte er in einem Momente das ganze Wesen des ihm Entgegenkommenden bis in das Innerste zu durchdringen, und durch seine gewinnende Freundlichkeit wußte er das Vertrauen, auch des Befangensten und selbst des Mißtrauenden, nicht nur zu erwecken, sondern bis zum offenen Ergusse anzustacheln. Eine Audienz bei ihm hatte stets etwas Pikantes; in seinen Gesellschaften zeigte er sich liebenswürdig und zuvorkommend, selbst gegen Schriftsteller, vorausgesetzt, daß es Ausländer oder Ausländerinen waren; denn den einheimischen war, mit Ausnahme von Hammer und Zedlitz, als Beamten der Staatskanzlei, und von Majláth, als ungarischen Parlamentsredner, sein Salon so ziemlich verschlossen. Seine diplomatischen Abendzirkel fanden in der Regel jeden Sonntag nach dem Schauspiele Statt; sie waren das Stelldichein des gesammten diplomatischen Corps.“ – Varnhagen berichtet eine im Jahre 1834 mit dem Fürsten stattgehabte Unterredung, welche Varnhagen in ihrem Kerne gleich am Abend desselben Tages, an welchem sie stattgefunden, niedergeschrieben zu haben vorgibt und in welcher Metternich seine Stellung in der Politik folgendermaßen präcisirte: „Ich habe in Geschäftssachen keinen Haß und keine Vorliebe, sehe auf die Sache und demnächst auf die Brauchbarkeit der Menschen, die ich dabei zu verwenden habe; wer redlich eingreift und das Werk fördert, ist mir willkommen, sei er mir persönlich bis dahin auch noch so sehr entgegen gewesen oder in allgemeinen Ansichten von mir verschieden. Nie habe ich Jemanden als Person verfolgt, nur immer die Wirksamkeit , die ich bestreiten oder unterdrücken mußte. Die Grundsätze, welche ich mir von Anfang meiner Laufbahn gewählt, haben sich mir in allen Lebens- und Geschäfts-Erfahrungen erprobt, und ich kann sagen, daß seit 25 Jahren, die ich an der Spitze des Cabinets stehe, mich nie Etwas gereut hat.“ Nach einigen Zwischenworten fuhr der Fürst Metternich fort: „Wo Alles wankt und wechselt, ist vor Allem nöthig, daß irgend Etwas beharre, wo das Suchende sich anschließen, das Verirrte seine Zuflucht finden könne. Dieß Beharrende bin ich gewesen, hier hat alles Bedürftige seine Anlehnung gehabt, hier hat das früher Feindlichste sich friedlich vereinigt. Es hat Zeiten gegeben, wo Rußland, andere, wo Frankreich mich hätte stürzen mögen; doch bald wandten [45] sich die Dinge so, daß jene einsehen mußten, ich sei für sie der rechte Mann. Wie von den Staatsmächten, gilt dieß auch von den Parteien. Durch mein Feststehen, durch meine stete Gleichmüthigkeit habe ich Vertrauen erworben, Freunde und Feinde bezeigen es mir im höchsten Grade; die bedeutendsten Männer aller politischen Parteien – hören Sie wohl, ich sage aller – haben sich mir genähert, mehr oder minder mit mir angeknüpft, ihre geheimsten Pläne mir eröffnet, und Keiner hat sich schlecht dabei befunden. Jedem habe ich das ihm Nöthige gesagt, Keinen je dem Anderen verrathen; im Gegentheil! Wie der katholische Beichtvater, habe ich in mißlichen Collisionsfällen stets lieber mich geopfert und oft schwer dafür gelitten, daß ich das mir bewiesene Vertrauen geehrt und fremdes Geheimniß wohl bewahrt habe. Sie wissen es aber auch Alle, Freund und Feind, und geben immerfort neues Zeugniß davon.“ Nach einer Weile sagte der Fürst: „Ich habe ein Princip und nach diesem handle ich unwandelbar. Ein Princip ist aber keine Doctrin, beide sind im Gegentheile sehr verschieden; jenes ist in der moralischen Welt, was in der physischen ein Felsen, fest, unbezwinglich, überall sich gleich; eine Doctrin ist immer willkürlich und in ihrer Folgerichtigkeit gewaltsam, für den Staatsmann ein schlechtes Werkzeug. Im Princip darf der Staatsmann nie wanken, er muß dasselbe unerschütterlich festhalten, dagegen in der Anwendung darf er sich tausend Modificationen gestatten, ja, er muß sie von selbst aufsuchen und wählen, wenn er seine Sache und sich nicht freventlich in die Luft sprengen will; der Staatsmann darf keine Stange Eisen sein, er muß eine Stahlfeder sein, die sich unter jedem Drucke biegt, ihm aber auch widerstrebt und gleich wieder, so wie er aufhört, die frühere Gestalt annimmt.“ Dabei verwahrte er sich stärkstens, kein Mann des sogenannten juste milieu zu sein, noch sein zu können. „Wer ein Princip hat“, sagte er, „der muß auf das Aeußerste gehen, nicht eine Mitte behaupten wollen, die in Wahrheit keine ist, sondern nur eine scheinbare, ein elendes Zusammenhalten widerstrebender Enden.“ Fürst Metternich, damals 61 Jahre alt, war, wie Varnhagen ihn beschreibt, zwar vom Alter noch nicht gebeugt, aber sehr ernst gemacht; die frühere Eleganz und Anmuth war in strengere Haltung und Würde übergegangen.

  1. Diese Phrase führte Frau von Pompadour im Munde [Essai sur la Marquise de Pompadour, in den Memoiren der Frau du Hausset, 1824, S. XIX].
  2. Der Mensch hat die Sprache erhalten, damit er seine Gedanken verberge.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Heeees.
  2. Vorlage: verbündten.
  3. Vorlage: vereingten.
  4. Vorlage: entscheidensten.
  5. Vorlage: Engand.
  6. Vorlage: immmer.
  7. Vorlage: sogenannnten.
  8. Vorlage: Joseph Zichy-Vasonykö.
  9. Vorlage: fur.