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BLKÖ:Molteni, Giuseppe

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Mon, Mathias Georg
Band: 19 (1868), ab Seite: 29. (Quelle)
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Molteni, Giuseppe (Maler, geb. zu Afferi in der Lombardie im Jahre 1800, gest. zu Mailand im Jänner 1867). Ein Sohn armer Eltern, verdankte Molteni der Unterstützung der Familie Brocca in Mailand, die früh auf sein Talent aufmerksam geworden war, seine künstlerische Ausbildung. Wie geschickt er aber auch war, so gelang es ihm doch erst nach vielen Mühen und Entbehrungen, sich Bahn zu brechen, dann aber ging es rasch vorwärts, seine Arbeiten fanden große Anerkennung und der Künstler wurde sehr gesucht. In der ersten Zeit verlegte er sich auf die Restauration von Bildern, worin er ein besonderes Geschick an den Tag legte. Nun malte er Bildnisse und in der Ausstellung in der Brera in Mailand im Jahre 1829 brachte er nicht weniger denn 18 Bildnisse vor das Publicum, welche seinen Ruf begründeten. Insbesondere erregte das Porträt der berühmten Sängerin Giuditta Pasta, welche als Nina in der Oper „Pazza d’amore“ gemalt war, allgemeine Bewunderung. Der Ausdruck des Irrsinns, den M. mit einer fast erschütternden Wahrheit wiedergab, beurkundete ihn als wahren Seelenmaler. Nicht minder glücklich war er auch mit anderen Bildnissen, und es sind aus jener Zeit zu nennen die Sängerin Favelli, die Maler Gozzi, Migliara u. A., welche alle durch ebenso große Aehnlichkeit als durch eine Virtuosität ohne Gleichen im Beiwerk sich auszeichneten. Als im September 1838 die Krönung des Kaisers Ferdinand zum Könige der Lombardie und Venedigs in Mailand stattfand, widmete man der bis dahin eben nicht sehr bevorzugten Kunst und ihren bedeutenderen Vertretern einigermaßen erhöhte Aufmerksamkeit. Damals wurde Pompeo Marchesi [Bd. XVI, S. 417] beauftragt, die Statue des Kaisers Franz zu modelliren, welche jetzt den Burgplatz in Wien schmückt; Molteni aber wurde nach Wien berufen, um das Bildniß des Kaisers Ferdinand zu malen, bei welcher Gelegenheit er auch die Bildnisse mehrerer höherer Würdenträger des Reiches ausführte. So z. B. malte Molteni damals den Fürsten Metternich, welches Bildniß später von Benedetti in Kupfer gestochen wurde, den Grafen Kolowrat und noch mehrere Personen der hohen Aristokratie. Auch wurde damals sein Genrebild: Die Beichte“ – von E. Wagner für das vom österreichischen Lloyd herausgegebene Bilderwerk: „Die Kunstschätze Wiens“ in Stahl gestochen – für die Belvedere-Gallerie in Wien angekauft, wo es sich noch zur Stunde in der Abtheilung „moderne Schule“ befindet. Später stellte Molteni noch einige Male in Mailand und Venedig aus, u. a. die Bilder: „Bambino nella conchiglia“; – „Soccorso ad un rovescio di [30] fortuna“ ; – „La derelitta“„La buona avventura“, von Riccardi gezeichnet und von Salvioni in Holz geschnitten, in Canadelli’s „Album Esposizioni di belle arti“, anno XIV (1852); – „Lucia“ aus Manzoni’s „Promessi sposi“; – „Una mendicante con putto“ von Riccardi gez. und von Salvioni in Holz geschn., in Canadelli’s „Album“, anno XV (1853); – „Il Rosario“ ; – „La Signora di Monza“; – „Spazzacamino assiderato dal freddo“ (alle drei 1855). Ein in Paris im Jahre 1855 ausgestelltes Bildniß: „Die Bettlerin“, wurde ob der seltenen Schärfe der Zeichnung und Sorgfalt in der Ausführung von Kunstkennern sehr gerühmt. In Wien hat M. nur einmal, im Mai 1853, ausgestellt, und zwar: eine „Madonna“ (1200 Lire); – eine „Heilige Familie“, Basrelief-Nachahmung (500 Lire) – und „Die Wahrsagerin“ (3500 Lire). Jedoch nur der geringste Theil von Molteni’s Arbeiten wurde durch Ausstellungen bekannt, denn die ungemein zahlreichen Aufträge, die er als gesuchter Bildniß- und Genremaler erhielt, bedingten ebenso rasche Arbeit als Ausfolgung des Fertigen an die Besteller, die nur in seltenen Fällen das theuer bezahlte Werk den Wechselfällen eine Ausstellung überlassen, Molteni wurde in der Folge zum Conservator an der Pinakothek in Mailand ernannt, welche Stelle er auch behielt, als die Lombardie ein Bestandtheil des neugeschaffenen aus geraubten Ländern gebildeten Königreichs Italien wurde. In letzter Zeit beschäftigte sich M. mit der Restauration des berühmten Abendmahlbildes (il cenacolo), das sich von Leonardo da Vinci in einem Kloster-Refectorium Mailands al fresco gemalt befindet. Das großartige Frescobild wurde bekanntlich während der französischen Occupation zu Anfang des laufenden Jahrhunderts von der Soldatesca des Kaiserreichs hart mitgenommen. Das Kloster war als Kaserne, das Refectorium als Stall für französische Reiter benützt und von diesen eine Verwüstung ärgster Art – so z. B. wurden Nägel in die Augen des Heilands und der Apostel geschlagen – angerichtet worden. Molteni unterzog sich dieser schwierigen Aufgabe und hat sie glücklich zu Stande gebracht. Was Molteni den Künstler betrifft, so stimmen Kenner in ihrem Urtheile über ihn ziemlich überein, er wird als einer der wenigen Maler der Neuzeit in Italien genannt, die, jeder in seiner Art, bahnbrechend gewirkt haben, so war es, wie z. B. Migliara die Prospectmalerei zur Geltung brachte, eben Molteni, der gewissermaßen die Genremalerei in Italien in Aufschwung gebracht, eine Gattung, welche bis dahin in dem Lande, wo der große Styl vorherrschend, wenig gekannt und noch weniger glücklich gepflegt war. Dabei besaß der Künstler ein tiefpoetisches Gemüth und war in Wahl seiner Stoffe ziemlich glücklich. Als Bildnißmaler ist er – jedoch nicht zutreffend – mit dem Wienermaler Ammerling verglichen worden, da der Vergleich nur äußerlich zutrifft, als sich nämlich in beiden Künstlern ein feiner, stark ausgeprägter Sinn für Farbe und in der Behandlung eine gewisse Breite und Leichtigkeit des Pinsels kundgibt; aber während Ammerling vornehmlich glücklich in Frauengestalten ist und mehr weich und verschwommen malt, ist Molteni’s Pinsel kräftig, markig und dabei doch schwungvoll. M. war auch ein erfahrener Sammler von Kunstgegenständen, und sein Atelier sah wie eine kleine Schatzkammer von kostbaren Werken verschiedenster [] Art alter Kunst aus. In seinem Umgange geistvoll und liebenswürdig, lebte er viel im Kreise von hervorragenden Persönlichkeiten der Kunst und Literatur, die sich auch zahlreich in seinem Atelier einfanden, und mit dem berühmten Staatsmanne und Künstler Massimo d’Azeglio stand er im freundschaftlichsten Verkehre. Die Wiener Zeitung, als sie in Nummer 15 (vom 18. Jänner) 1867 seinen Tod ankündigte, hat seinen Namen Molteni zu Molieni entstellt.

Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1867, Beilage zwischen Nr. 90–96. – Album esposizioni di belle arti in Milano ed altre città d’Italia (Milano, Carlo Canadelli, 4°.) Anno XIV (1852) p. 123, 158 e 161; anno XV (1853), p. 49. – Gemme d’arti italiane (Milano e Venezia, Paolo Ripamonti Carpano, 4°.) Anno VI (1853), p. 116. – Kunst-Blatt (Stuttgart, Cotta, 4°.) Jahrg. 1830, S. 345. – Deutsches Kunstblatt 1855, S. 324. – Springer, Geschichte der bildenden Künste im 19. Jahrhundert, S. 336. – Perger (A. R. v.). Die Kunstschätze Wiens im Stahlstich, nebst erläuterndem Texte. Herausgegeben vom Oesterreichischen Lloyd in Triest (Triest 1568, 4°.) S. 471. – Zellner’s Blätter für Theater, Kunst u. s. w. (Wien, kl. Fol.) 1867, Nr. 8. – Neues Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1867, Nr. 22. – Fremden-Blatt von Gust. Heine (Wien 4°.) 1867, Nr. 32.