BLKÖ:Mayer, Christian

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 18 (1868), ab Seite: 93. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Christian Mayer in Wikidata
GND-Eintrag: 117542628, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Mayer, Christian|18|93|}}

22. Mayer, Christian (Kupferstecher, geb. zu Wien im Jahre 1812).[BN 1] Sein Vater war ein schlichter Arbeiter in der kais. Staatsdruckerei zu Wien. Der Sohn wurde durch einen glücklichen Zufall mit Vincenz Georg Kininger [Bd. XI, S. 271], der damals Professor der Schabkunst an der Wiener Akademie der bildenden Künste war, bekannt, und dieser unterrichtete den talentvollen Jüngling im Zeichnen, nahm ihn in sein Haus auf und wurde ihm ein zweiter Vater. Unter dieses Meisters Anleitung bildete sich M. in der Kunst, in der er später so Vortreffliches leistete. In Kininger’s Haus blieb Mayer, bis er sich durch seine Heirath den eigenen häuslichen Herd gründete. Seither arbeitet M. ununterbrochen in Wien und ist es namentlich er, der unablässig so herrliche Blätter in Schabmanier ausführt, welche seit 1847 an der Akademie gar nicht mehr gelehrt wird. Mit dem bereits verewigten Maler Rahl innig und seit Jahren befreundet, hat er manches Werk dieses berühmtesten österreichischen Künstlers der Neuzeit, namentlich mehrere kraft- und geistvolle Studienköpfe und Bildnisse desselben, von denen einige die polygraphische Zeitschrift „Faust“ veröffentlicht hat, in geschabter Manier auf das Gelungenste ausgeführt. Das erste Blatt, mit welchem M. vor die Oeffentlichkeit trat, war die im Jahre 1828 vollendete „Ariadne“, nach Reynolds. Nach mehreren anderen Arbeiten, welche nun folgten, erregte das schöne Blatt „Madonna mit dem Kinde“, nach Lelio Orsi, allgemeine Aufmerksamkeit, es erlangte auch den kaiserlichen Preis und machte Mayer’s Namen im Auslande auf das Vortheilhafteste bekannt. Der thätige, für Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse in Deutschland so hochverdiente Vorsteher des bibliographischen Institutes in Hildburghausen, ein Namensvetter Mayer’s, trat sofort mit dem Künstler in Verbindung, der nun für das Institut mehrere Jahre hindurch zahlreiche Arbeiten zu liefern hatte. Von den bedeutenderen Werken, welche M. vollendete, sind bemerkenswerth: „Mutterliebe“, nach Danhauser, von dem Pesther Kunstverein [94] als Prämienblatt gekauft; – „Das Bildniss des Erzherzog Karl“, welches dieser Prinz eigens von Mayer ausgeführt wünschte. Dieser, zu bescheiden, die Ausführung des Blattes, das den Helden von Aspern darstellen, sollte, allein zu übernehmen, vollendete die Platte im Jahre 1840 in Gemeinschaft mit seinem väterlichen Freunde und Lehrer Kininger. Diese Arbeiten hatten schon den Ruf des Künstlers fest begründet. Da die Kunst nach Brot geht und nicht immer Arbeiten liefern kann, die sie mochte, sondern die sie muß, so hatte M. leider nur wenig Muße, sich nur solchen Werken zuzuwenden, die seinen Künstlerruf in ungeschwächter Weise wahrten. Nichtsdestoweniger gingen doch mehrere ganz vorzügliche Blätter unter seinem Grabstichel hervor. Die bemerkenswertheren sind: „Mädchenvertraulichkeit“, nach Johann Ender, im Auftrage des Pesther Kunstvereins gestochen; – „Napoleon“, nach Steuben; – „Das Mädchen von Saragossa“, nach Wilke; – „Der Erzbischof von Breslau, Diepenbrock“, nach Jacob Scheel; – „Die Kreuzabnahme“, nach Paul Veronese, im Auftrage der kais. Hof- und Staatsdruckerei; – „Die Bildnisse von Peter Hess“, – „Wilhelm Kaulbach“, – „Karl Rahl, Vater“, – „Heinrich Hess“ und „Peter Cornelius“, sämmtlich nach Karl Rahl, Sohn, im Auftrage des Directors der Staatsdruckerei, Alois Ritter von Auer; – „Die Poesie“, nach Rahl (1855); – „Studienkopf“, nach Aigner (1857); – „Kollonitsch, die verwaisten Christenkinder im türkischen Lager sammelnd“, nach Karl Rahl; – „Die Christenverfolgung in den Katakomben“; – „Bildniss des Dichters Ludwig August Frankl“; – „Bildniss des Architekten Theophil Hansen“, sämmtlich nach Rahl; – „Die vier Welttheile durch vier Hauptflüsse dargestellt“, nach P. P. Rubens, Prämienblatt für den österreichischen Kunstverein im 10. Vereinsjahre 1866; „Io“, nach Correggio, ein Blatt, dessen Feinheiten durch den Druck gelitten, so daß sich der Künstler zum Behufe eines besseren Druckes an Goupil in Paris gewendet. Gegenwärtig ist Mayer mit der Ausführung der Cartons des Frieses für die Universität in Athen, mit dessen Ausführung Baron Sina den Maler Rahl beauftragt, beschäftigt. Derselbe besteht aus fünf Blättern. Zwei Blätter: „Prometheus bringt dem Menschengeschlechte das himmlische Licht“ – und „Paulus predigt das Evangelium am Areopag zu Athen“, sind als Prämienblätter des österreichischen Kunstvereins für 1867 bestimmt. Die übrigen drei werden gleichfalls als solche in den folgenden Jahren zur Ausgabe gelangen. Mayer, der, wie ein Kunstkritiker anläßlich der Beurtheilung seiner Werke schreibt, „wenn er möchte, wohl ein Lied singen könnte, was es heißt, wenn man sich in Wien untersteht, ein Kupferstecher zu sein“, ist einer der tüchtigsten Künstler der Gegenwart in seinem Gebiete. Trotz der Ungunst der Verhältnisse ist er keinen Augenblick aus der frischen Strömung des Schaffens herausgekommen. In seinen Arbeiten ist er wie in seinem ganzen Wesen, solid, allen eitlen Schein verschmähend. In merkwürdiger Weise ist es ihm gelungen, Rahl’sche Werke, welche auf malerische Wirkung berechnet sind, im Stiche wiederzugeben. Aus dem Kampfe zwischen dem Coloristen und dem Kupferstecher ist er siegreich hervorgegangen. Diese Vorliebe für Rahl’s Werke mochte auch zunächst dazu beitragen, daß Mayer sich vornehmlich der Schabmanier zugewendet, die von allen Manieren, auf Metall zu zeichnen, diejenige ist, welche den geschmeidigsten, [95] der Farbenentwickelung am nächsten kommenden Ton gestattet, welche eine reiche Abstufung von Tönen zuläßt, und die Entfaltung großer Licht- und Schattenmassen begünstigt. Ein Kunstkritiker, der Mayer’s Werke mit tiefem Verständniß würdigt, kann es nicht unterlassen, auszurufen: „Welchen Anwerth, welche Schätzung würde ein solches Talent in Paris finden, ja nur in München, Berlin oder Dresden! Es ist wahrlich ein wenig beneidenswerthes Los, ein österreichischer Künstler zu sein.“ Was uns aus Mayer’s Werken den Eindruck der echten Künstlernatur zunächst entgegenbringt, ist, wie ein anderer Kunstkritiker bemerkt, die Erscheinung, daß er seinen Vorwurf nie nach individuellen Zwecken ummodelt, sondern sich rückhaltlos dem Gegenstande hingibt und in demselben aufgeht. Mit derselben Liebe vertieft er sich in das Kleinleben einer Spitzenklöpplerin von Slingelandt, wie in eine in großem Style componirte Kreuzabnahme von Paul Veronese, und beide Gegenstände bringt er mit der gleichen Meisterschaft der Technik zur Darstellung. Welcher Gegensatz besteht nicht zwischen der kleinbürgerlichen Kunst eines Danhauser und Ender und der grandiosen Kraftentfaltung eines Rubens! Und nun betrachte man einmal die Stiche, welche Mayer nach Danhauser’s „Mutterliebe“, nach Ender’s „Mädchenvertraulichkeit“ und nach einem in der Lamberg’schen Gallerie hängenden Gemälde von Rubens, „Die Schönheit von der Zeit entführt“, ausgeführt hat, und man wird finden, daß er hier wie dort der jedesmaligen Art und Weise des vorliegenden Originals gerecht zu werden versteht, daß er vom Eigenen nur hinzuthut, was der Unterschied seiner und der Kunst der Anderen nothwendig erfordert. „Die Christenverfolgung“ und „Bischof Kollonitsch im Türkenlager (jedes 40 Zoll hoch und 30 Zoll breit) sind bisher Mayer’s Hauptwerke. Von seinen Kindern hat sich ein Sohn, Anton, der Malerkunst gewidmet [s. S. 82, Nr. 9], und seine bisherigen Leistungen berechtigen zu den schönsten Hoffnungen.

Faust. Polygraphisches Journal (Wien, gr. 4°.) 1855, Nr. 12. S. 108. – Presse (Wiener politisches Blatt) 1860, Nr. 56, im Feuilleton: „Der Kupferstecher Christian Mayer“. – Oesterreichische Zeitung (Wiener polit. Blatt) 1855, Nr. 474, im Feuilleton: „Ein Wiener Künstler“. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1866, Nr. 597, 686, 734. – Fremden-Blatt von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1864, Nr. 124; 1867, Nr. 51. – Frankl (L. A.), Sonntagsblätter (Wien, 8°.) II. Jahrg. (1843), S. 1179; III. Jahrg. (1844), S. 573. – Kataloge der Monats- Ausstellungen des österreichischen Kunstvereins (Wien, 8°.) 1853, November Nr. 53, 54, 36, 57; 1854, Juni Nr. 56–60; 1855, November Nr. 51, 68; 1857, December Nr. 88; 1858, April Nr. 70, 71, 76; 1860, April Nr. I, Mai Nr. I; 1865, November Nr. 46.

Berichtigungen und Nachträge

  1. Mayer, Christian [Bd. XVIII, S. 93, Nr. 22], gestorben zu Wien am 7. September 1871.
    Deutsche Roman-Zeitung. herausg. von Otto Janke (Berlin, 4°.) VIII. Jahrg. (1871), Bd. I, Sp. 75, in der „Todtenschau“. [Band 28, S. 366]