BLKÖ:Kollonitz, Leopold Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 12 (1864), ab Seite: 361. (Quelle)
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12. Leopold Graf K. (Erzbischof von Gran, Cardinal und Primas von Ungarn, geb. zu Komorn 26. October 1631, gest. zu Wien 19. Jänner 1707). Ein Sohn des Grafen Ernst [s. d. Nr. 3] aus dessen zweiten Ehe mit Anna Elisabeth Freiin von Kuefstein. Kam, 14 Jahre alt, auf die Hochschule nach Wien und dann an den Hof des jüngeren Königs Ferdinand, später Kaiser Ferdinand III. Im Jahre 1650 trat er in den Malteserorden und begab sich nach Malta selbst, wo er bald tüchtige Proben seines Muthes gab. Namentlich that er sich vor dem von den Türken besetzten Candien hervor. 21 Malteserschiffe wurden von 27 Türkenschiffen angegriffen und lange schwankte die Entscheidung, bis Kollonitz auf eines der feindlichen Schiffe sprang, die türkische Fahne herunterschlug und die weiße mit dem Kreuze bezeichnete an ihre Stelle setzte, wodurch die Seinigen, zu neuem Muthe entflammt, wieder vordrangen und den Sieg errangen. Zum Lohne dieser Heldenthat wurde K. von dem Großmeister des Ordens zum Castellan von Malta ernannt, eine Würde, die vor ihm Niemand in so jungen Jahren erlangt hatte. Bis zum Jahre 1659 blieb K. in Malta, dann kehrte er nach Oesterreich zurück, wo er zum Commandanten der Festungen Mailberg und Eger ernannt worden. Aber schon nach einigen Jahren gab er die kriegerische Laufbahn auf und wählte den Priesterstand. Im Jahre 1657 erhielt er zu Neutra die h. Weihen. Im Jahre 1668 wurde er daselbst Bischof, 1670 Bischof von Wiener-Neustadt und 1672 Kammerpräsident in Ungarn. Hatte der Kirchenfürst schon im Jahre 1679, als die Pest in Oesterreich wüthete, durch seine echt christliche aufopfernde Hingebung bewiesen, wie er das Priesteramt angesehen wissen wollte, so trat sein hochherziges Benehmen noch herrlicher an den Tag, als 1683 die zweite Türkenbelagerung Wien in Schrecken und Jammer versetzte. Schon im Juni g. J. begab sich K. nach Wien; zahllose Wägen mit Lebensmitteln beladen brachte er mit; die gefährlichsten Posten besuchte er in Person, um die Leute zu ermuthigen und zur Ausdauer anzuspornen; in den Spitälern pflegte er selbst die Verwundeten und traf sonst die besten Anstalten zu ihrer Unterkunft und Pflege; war ferner bedacht, Lebensmittel um niedere Preise beizuschaffen, die Löschanstalten der häufigen, durch das feindliche Feuer verursachten Brände wegen zu überwachen, u. dgl. m. Unvergeßlich blieb aber und wurde poetisch und künstlerisch verherrlicht ein Zug des edlen Kirchenfürsten, nachdem die Stadt Wien von den Feinden entsetzt war. Kollonitz ging in das von den Türken verlassene Lager, wo arme erkrankte Christen in großer Menge schmachteten, und mit 500 dem höchsten Elende preisgegebenen verwaisten Kindern kehrte er in die Stadt zurück, wo er für ihre Pflege und Unterkunft alle Sorge trug. Im Jahre 1685 erhielt K. das Bisthum zu Raab und den Cardinalshut, im Jahre 1691 das Erzbisthum Kolocsa mit Beibehaltung des Raaber Bisthums; im Jahre 1692 ernannte ihn der Kaiser zum wirklichen Staats- und Conferenzminister, Präsidenten der Hofkammer in Wien und 1695 zum Erzbischof von Gran und Primas von Ungarn, welche Stelle er bis zu seinem Tode bekleidete. Kollonitz war für die Ausbreitung und Stärkung des katholischen Glaubens in einer Zeit, wo dieser als solcher, wie überhaupt die christliche Kirche schwer bedrängt und gefährdet war, sein ganzes Leben hindurch sehr thätig. In Siebenbürgen [362] gelang es ihm, 20.000 Walachen zum Uebertritte von der griechischen zur katholischen Kirche zu bewegen. Nach Eperies und Komorn berief er die Väter der Gesellschaft Jesu und ließ ihnen auch in Preßburg bei der von ihm gegründeten St. Salvatorskirche ein eigenes Collegium erbauen. In Tyrnau aber errichtete er eine eigene Buchdruckerei und auch sonst noch in Ungarn viele Kirchen, Seminarien, Schulen, Spitäler und Armenhäuser. Unter fremdem Namen versteckt, soll er ein deutsches Büchlein mit dem lateinischen Namen: „Augustana et Antiaugustana Confessio“ (1681) geschrieben haben, auf welches Professor Valentin Alberti mit einer Gegenschrift (Leipzig 1684) geantwortet hat. K. erreichte das hohe Alter von 77 Jahren und starb in Wien. Auf seine Anordnung wurde aber sein Leichnam nach Preßburg gebracht und in der dort von ihm gestifteten St. Salvatorkirche beigesetzt, wo ein in rothem Marmor aufgeführtes Denkmal noch seine Ruhestätte zeigt. [Kellerhaus (Heinrich), Ehrensäule aus den vornehmsten Tugenden des Herrn Cardinale L. von Kollonitz, Erzbischofs zu Gran u. s. w. (Wien 1767, Fol.). – Sellenitsch (Joseph), Oratio funebris s. lumen perpetuum ad urnam sepulchralem cardinalis L. e comitibus de Kollonitsch archiepiscopi Strigoniensis (Viennae 1707, Fol.). – Echo laudum et luctuum ad tumulum cardinalis L. v. Kollonicz persolutorum in bivertice Parnassi colle repercussa (Viennae 1707, 12°.). – Ungarischer Plutarch oder Nachrichten von dem Leben merkwürdiger Personen des Königreichs Ungarn und der dazu gehörigen Provinzen. Aus authentischen Quellen geschöpft ... von Carl Vincenz Kölesy und Jakob Melzer (Pesth 1815, Jos. Eggenberger, 8°.) Bd. I, S. 203 [nach diesem geb. 26. October 1631, gest. 21. Jänner 1707]. – Realis, Curiositäten- und Memorabilien-Lexikon von Wien (Wien 1846, gr. 8°.) Bd. II, S. 109 [nach diesem geb. 1. November 1631, gest. 20. Jänner 1707]. – Ehrentempel der katholischen Geistlichen (Wien 18.., Dirnböck, 8°.) S. 165 [Gedicht von Ludwig Halirsch; auch abgedruckt in der (in Wien 1842 erschienenen) „Oesterreichischen Adels-Halle“, S. 128]. – Oesterreichischer Zuschauer, herausg. von J. S. Ebersberg (Wien, 8°.) Jahrgang 1838, Bd. IV, S. 1356 [nach diesem geb. 7. November 1631, gest. 20. Jänner 1707]. – Taschenbuch für die vaterländische Geschichte. Herausgegeben von Hormayr und Mednyansky (Wien, kl. 8°.) V. Jahrg. (1824), S. 268. – Geusau (Anton Edlen von), Geschichte der Haupt- und Residenzstadt Wien ... (Wien 1793, 8°.) Theil IV, S. 106, 121 und 164. – Faust. Polygraphische Zeitschrift. Herausgegeben von M. Auer (Wien, gr. 4°.) Jahrgang 1855, Nr. 20 [nach diesem geb. 16. October 1631, gest. 20. Jänner 1707]. – Porträte. 1) Unterschrift: Cardinal Collonics. Jac. Breitschopf del., J. Jaresch sculp. (8°. und 4°.); – 2) in Boor’s „Oesterreichs Ehrentempel“; – die Scene, wie Bischof Kollonitz den Kindern im Türkenlager Rettung bringt, ist von Rahl gemalt worden (6 Fuß lang und 4 Fuß hoch) und befindet sich das Bild im Besitze des Herrn Vincenz Huber, Sensenschmides in Randegg; – Christian Meyer hat Rahl’s Original auf Kupfer für die Staatsdruckerei geschabt. Das Blatt ist 253/4 Zoll hoch und 381/4 Zoll lang und Exter hat es in Holz geschnitten.] –