BLKÖ:Palárik, Johann
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 21 (1870), ab Seite: 195. (Quelle) | |||
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Johann Holly [Bd. IX, S. 230] angeregt wurde; ferner mit jenem der deutschen und französischen Sprache. Ob seiner Hinneigung zu den slavischen Interessen, für deren liberale Entwickelung in Religion und Politik er unablässig thätig war, hatte er von der Partei der Magyaronen, welche auf Unterdrückung, ja Ausrottung des Slavismus in Ungarn hinarbeitete, manches Ungemach zu bestehen, wenngleich er selbst in der Förderung der Interessen seines Volksstammes in gemäßigter Weise vorging. Im Jahre 1847 wurde P. zum Priester der Graner Diöcese geweiht und kam sofort als Caplan nach St. Tekov, dann nach Levic, wo er die Wirren der Revolution 1848 und 1849 glücklich überlebte. Im Winter 1850 kam P. zuerst nach Windschacht, später nach Stavnice und daselbst begann seine eigentliche literarische Wirksamkeit, indem er am 14. März die Herausgabe des ersten slavischen Kirchenblattes unter dem Titel: „Cyril a Method“ begann und dessen Redaction führte. Während seine im nationalen Sinne geschriebenen kirchlichen Artikel unter der niederen Geistlichkeit der slavischen Gebietstheile jener Gegend eine zustimmende Aufnahme fanden, riefen sie beim Episcopat ernste Bedenken, magyarischer Seits aber Widerstand hervor, und vornehmlich trat als Gegner der Ansichten und Reformvorschläge Palárik’s das magyarische Kirchenblatt „Religio“ und dessen Redacteur Danielik auf, welcher Widerstand sich alsdann noch steigerte, als P. gegen die Beschlüsse der im Jahre 1849 in Gran gehaltenen bischöflichen Conferenzen, vor Allem aber gegen jenen Protest erhob, welchem zu Folge jeder Geistliche in Ungarn zur Erhaltung und Unterstützung der Seminarien eine jährliche Abgabe zu leisten verpflichtet wurde. In Folge dessen erhielt P. eine Vorladung vor das geistliche Gericht, welches ihn, wenn er in seiner Zeitung nicht widerrufe, mit Excommunication und selbst mit Haft bedrohte. Als P. diesem Ansinnen nicht nachkam. wurde er zu einem Monate Klosterhaft verurtheilt, welche er im Franziskanerkloster zu Gran abbüßte. In der Zwischenzeit aber wurde eben in seinem Blatte der Kampf von seinen Anhängern und Stellvertretern mit um so größerer Heftigkeit fortgeführt, als er selbst ob seiner Verurtheilung als Märtyrer der Wahrheit angesehen wurde. Mit einem Male aber erschien eben in seinem Blatte in lateinischer Sprache eine Erklärung, in welcher er selbst drei von dem Consistorium verurtheilte Puncte widerruft. Diese Erklärung war, während er in Haft saß, ohne sein Wissen und seine Zustimmung auf Befehl des Primas in das Blatt eingerückt worden. [196] Die Erklärung machte eine zweifache Wirkung. Palárik’s Anhänger nannten ihn einen Verräther und Heuchler, er selbst aber gerieth im Gefängniß, als er zur Kenntniß dieses nichtswürdigen Verfahrens gelangt war, in solche Aufregung, daß der Hausarzt des Primas zu Hilfe gerufen werden mußte. Endlich wurde er seiner Haft entlassen und er kehrte als Caplan nach Stavnice zurück, jedoch wurde ihm noch unter Androhung der Excommunication aufgetragen, über höheren Orts unliebsame Gegenstände als über Regulirung der Kirchengüter, über die Union der christlichen Bekenntnisse u. dgl. m. nicht zu schreiben. So waren für den Moment die kirchlichen Wirren in Ungarn beigelegt. P. setzte die Redaction des „Cyrill und Method“ fort und gab überdieß die pädagogische Beilage: „List pro výchovu, školu a literaturu“, d. i. Blatt für Erziehung, Schule und Literatur heraus. Da er aber in beiden Blättern, wenngleich im gemäßigten, aber doch in rein nationalem Sinne fortschrieb, wurde alsbald seine Entfernung beschlossen und er am 6. Juni 1851 auf die deutsche und überdieß sehr beschwerliche Station nach Pesth übersetzt, wo er bis Anfang December 1862 als Caplan und Katechet in Thätigkeit war. Vor seinem Abgange von Stavnice wendete er sich an den Bischof von Bystricz, Stephan Moyses [Bd. XIX, S. 167], mit der Bitte, sich als Mäcen der Slaven in Ungarn des Kirchenblattes „Cyrill und Method“ ferner anzunehmen. [Ueber die weiteren Schicksale und Wandlungen dieses Blattes vergleiche Franz Doucha’s čechisches Bücherlexikon: „Knihopisný slovník česko slovenský“, S. 21, Artikel „Cyrill a Method“.] Im Jahre 1862 erhielt P. durch Helena Gräfin Eßterházy, geborne Russin Bezobrazoff, eine Pfarre zu Majtechov, einem slavischen Dorfe in der Tyrnauer Gespanschaft, auf welchem Posten er sich zur Stunde noch befindet. Noch ist über P.’s literarische Wirksamkeit Einiges zu bemerken. Bald nach seiner Uebersetzung nach Pesth begründete er ein neues Kirchenblatt: „Katolické Noviny pro dom i cirkev“, welches der St. Stephan-Verein herausgab und P. bis zum Jahre 1856 redigirte. Da es ihm nicht gerathen schien, in demselben die kirchlichen Kämpfe zu erneuern oder vielmehr, da der ausschließlich magyarische Interessen verfolgende St. Stephan-Verein dafür sorgte, daß es nicht geschah, führte er einen minder gefährlichen und zwar einen ABC-Krieg über die Schreibweise des Slovakischen gegenüber den Forderungen der čechischen Grammatiker; betheiligte sich sehr thätig an der im Jahre 1852 in Preßburg stattgehabten privaten Versammlung slavischer Philologen, in welcher die slovakische Schreibweise nach der Grammatik Hattala’s angenommen und zu diesem Zwecke die Regeln einer kurzen slovakischen Sprachlehre festgesetzt wurden. Noch gab er aus Anlaß dieser sprachlichen Kämpfe die Schrift heraus: „Ohlas Pravdy na ohlas strany dalšeho vydávania Cyrilla a Methoda v záležitosti spisovného jazyka slovenského“, d. i. Stimmen der Wahrheit gegenüber der Stimme der nunmehrigen Redaction des Cyrill und Method in Angelegenheiten der slovakischen Schreibweise (Pesth 1852, 8°.). Auch wurde P. in den Ausschuß zur Errichtung eines Denkmals für Johann Holly [Bd. IX, S. 230] gewählt, wofür er früher schon im „Cyrill und Method“ Beiträge gesammelt, wie er überhaupt für die Realisirung dieser Denkmalangelegenheit sehr [197] thätig gewesen, und auch bei Enthüllung des Denkmals am 11. Mai 1854 eine Gedächtnißrede auf Holly gehalten hat. Gegen das Ende des Jahres 1855 mußte P. seiner leidenden Gesundheit wegen die Redaction der „Katolické Noviny“ niederlegen, um aber nicht ganz literarisch unthätig zu sein, begann er eine slovakische Uebersetzung der Jugendschriften von Christoph Schmid, von denen auch schon etliche Hefte: „Štědrý večer“ (d. i. der Christabend), „Velikonoční vajicka“ (d. i. die Ostereier), „Květinový košík“ (d. i, das Blumenkörbchen), in Ofen bei Bago erschienen sind. Diese mechanische Beschäftigung sagte ihm aber nicht lange zu. Da rief der Besuch einiger Vorstellungen, welche Emil Devrient während eines Gastspiels auf der Pesther deutschen Bühne gab, in P. eine alte Neigung für das Drama wieder wach, und er schrieb etliche Stücke in slovakischer Sprache, in welchen er ein Spiegelbild des Lebens und der Sitten seines Volkes zu geben bemüht war. In dem mit Victorin gemeinschaftlich herausgegebenen slovakischen Taschenbuche: „Konkordia. Slovanský letopis“, welches zu Ofen im Jahre 1858 erschien, veröffentlichte er außer einigen kleineren Dichtungen ein nationales Lustspiel, betitelt: „Incognito“, welchem in den ersten zwei Jahrgängen des von J. Victorin herausgegebenen Taschenbuchs: „Lipa. Národní zabavník“ (Pesth 1860 u. 1862) noch die beiden Lustspiele: „Drotár“ und „Smierenie“ folgten. Als das eine dieser Stücke, „Incognito“, im Jahre 1861 von einer serbischen Schauspielertruppe in Ofen aufgeführt wurde, widerfuhr dem Autor, welcher der Aufführung seines Stückes beiwohnte, die Auszeichnung der öffentlichen Bekränzung, da zwei serbische Studenten, die den Dichter unter den Zuschauern erkannt hatten, denselben unter dem Freudezuruf des Publicums auf die Bühne führten, wo ihm die berühmte serbische Schauspielerin Maria Dukova unter Zivio- und Slavarufen einen Kranz auf’s Haupt setzte. Bei der im Jänner 1861 von J. Victorin zu Ehren Wenzel Hanka’s in Ofen veranstalteten Todtenfeier hielt P. die Festrede, welche dann auch unter dem Titel: „Reč kterú pri slavných zadušnicach za zvečneleho Vácslava Hanku držal ...“ (Ofen 1861, 8°.) im Drucke erschien. Sein nunmehriges Verhalten in politischer Hinsicht, das keiner der verschiedenen Parteien, die damals in Ungarn ihr Wesen – oder Unwesen – trieben, zusagen wollte und das ihn auch bei seiner Nation in den Verdacht der Abtrünnigkeit brachte, glaubte P. selbst durch eine öffentliche Erklärung rechtfertigen zu müssen. Die nationale Partei hatte nämlich ihn auch als einen Vorkämpfer der im Thurocz-Sz. Mártoner Memorandum enthaltenen Wünsche und Forderungen bezeichnet. P. erklärte diese Ansicht für irrig und schrieb, „er sei wohl slavischer Schriftsteller und werde im Interesse der slavischen Nationalität und der Aufklärung des slavischen Volkes nach wie vor wirken, doch könne die Zerstückelung des theuren Vaterlandes und die Zerstörung der brüderlichen Eintracht nicht seine Absicht sein, da ihm alle Gefühle, die nicht diejenigen eines treuen Patrioten sind, ferne stehen. Er habe auf dem Slavencongresse zur Minorität gehört, die gegen das Memorandum kämpfte und dasselbe nur deßhalb mitunterschrieben, weil er von der Versammlung hiezu einstimmig gewählt wurde. Eine weitere Erklärung, wie das [198] möglich ist, etwas zu unterschreiben, womit man vollends nicht übereinstimmt, hat P. bisher nicht gegeben. Auf seiner Pfarre in Majtechov beschäftigt sich P. mit Landwirthschaft und mit der Seelsorge, überdieß schreibt er slovakische Schulbücher für den Unterricht in den katholischen Elementarschulen in Ungarn. So hat er schon außer dem Katechismus folgende Elementarbücher: „Slabikář slovenský“, d. i. Slovakisches Buchstabirbüchlein; – „První čítanka a mluvnici“, – „Druha čítanka i t. d.“, – „Třetí čítanka“, d. i. Erstes, zweites und drittes Lesebuch nebst Sprachlehre u. s. w. verfaßt, welche als Lehrbücher in den katholischen Schulen der slovakischen Districte in Ungarn eingeführt sind; dann ist er noch immer ein fleißiger Mitarbeiter kirchlicher Zeitschriften und bleibt auch der Polemik in Kirchensachen nicht fern. Sein Lustspiel „Incognito“ ist in serbischer Uebersetzung ein beliebtes Repertoirstück der serbischen Bühne, sein „Drotár“ aber, von Vapkovic in’s Croatische übersetzt, ist auf der Agramer National-Bühne heimisch geworden.
Palárik, Johann (slavischer Schriftsteller, geb. zu Rakov in der Trencsiner Gespanschaft 27. April 1822). Sein Vater war Lehrer und Organist. P. erhielt den ersten Unterricht in der Ortsschule und lernte nebstbei Musik und Singen. Das Gymnasium besuchte er in Silein und Kecskemét, 1839 trat er zu Gran als Cleriker in’s Seminar und erhielt später zu Preßburg und Tyrnau seine wissenschaftliche Ausbildung. Unter Einem beschäftigte er sich viel mit dem Studium der slavischen Literatur, wozu er insbesondere durch die Dichtungen von- Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. VI, S. 36. – Pester Lloyd (politisches Journal) 1861, Nr. 185.