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BLKÖ:Riedl, auch Riedel, Jacob

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 26 (1874), ab Seite: 91. (Quelle)
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Riedl, auch Riedel, Jacob (Tiroler Landesvertheidiger, geb. im Thaldorfe Fiegen in Tirol um das J. 1790, gest. zu Ried 3. Februar 1821?). Sein Vater betrieb das Gerberhandwerk und Jacob, da es mit dem Schulbesuche schlecht bestellt war, übte sich im Schießen, wozu ihm bei dem starken Wildstande im Zillerthal-Reviere reichlich Gelegenheit geboten war. Mit zehn Jahren streifte er mit einem, ihm von seinem Vetter Speckbacher geschenkten Stutzen in den Gebirgen umher, dessen Wege und Stege er bald genauer als irgend Jemand in der Gegend kannte. So wuchs er als tüchtiger Jäger, der selten sein Ziel verfehlte, heran, und als er achtzehn Jahre alt war, zog er mit Speckbacher aus, da es nicht mehr auf Wild, sondern auf Franzosen und ihre dem deutschen Vaterlande treulos gewordenen Verbündeten zu schießen galt. Auf dem Berge Isel stellte sich Riedel als selbstständiger Anführer einer kleinen Schaar zur Vertheidigung des Engpasses und vernichtete aus sicherem Versteck eine ganze bayerische Compagnie. Das traurige Ende des Tiroler Kampfes ist bekannt; als Speckbacher’s Adjutant leistete er wohl noch einige Zeit Dienste; als aber das Land in Feindesmacht sich befand und jede Hoffnung auf Befreiung aus derselben für die nächste Zeit erloschen war, mußte R. sich wie viele Andere flüchten und gelangte endlich auf Schleichwegen nach Oesterreich, von da nach Sachsen und zuletzt nach Preußen, wo er nach Art seiner Landsleute einen Handel mit Handschuhen, Hosenträgern, Teppichen u. dgl. m. zu betreiben begann, um sich einen Unterhalt zu verschaffen. Im Jahre 1810 soll er sogar mit geheimen Aufträgen nach London geschickt worden sein. Der stämmige, saubere, damals 19jährige Tiroler mit seinem Franzosenhasse, den er gar nicht verhehlte, fand bald überall Sympathien und sogar der König, als er von dem wackeren Teppichkrämer gehört, wollte ihn kennen lernen, und R. wurde an den Hof und vor den König beschieden, wo er bald ein gern gesehener Gast wurde. Indessen nahmen die politischen Ereignisse in Europa nach Napoleon’s mißglücktem Feldzuge nach Rußland eine immer verhängnißvollere Wendung, und Riedel, der an des Frankenkaisers Unglücksstern mit aller Zuversicht zu einer Zeit glaubte, in der noch Niemand seinen Fall ahnte, machte bereits Vorbereitungen, ließ seine in Preußen und Sachsen zerstreuten Landsleute durch Vertraute von allen Vorgängen, von denen er durch sein stetes Verweilen in Berlin und durch seinen Verkehr mit Leuten vom Hofe auf das Genaueste unterrichtet war, in Kenntniß setzen und hieß sie auf den ersten Wink zu Berlin um ihn sich zu versammeln und eine Tiroler Scharfschützen-Compagnie zu bilden, die gegen die Franzosen zu Felde ziehen sollte. [92] Riedel’s Landsleute nahmen die ihnen gewordene Kunde mit einem Enthusiasmus ohne Gleichen auf und die Vorbereitungen zu einem freiwilligen Jägercorps waren getroffen. Indessen machte auch Preußen bereits Anstalten, den Kampf gegen Frankreich wieder aufzunehmen. Riedel war vom Könige von Breslau aus bevollmächtigt, seine Landsleute zu sammeln, und binnen Kurzem war eine Compagnie von 268 Mann formirt. Der König ernannte den wackeren Tiroler zum Premier-Lieutenant und Commandanten dieses preußisch-tirolischen Detachements, bei welchem Ennemoser und noch Andere angestellt wurden. Riedel’s Scharfschützencorps, bekannt unter dem Namen der „wilden Tiroler Jagd“, bildete zunächst einen Kerntheil des berühmt gewordenen Lützow’schen Freicorps. Diese Schützen-Compagnie leistete überall, wo sie hinkam, die trefflichsten Dienste, die Zeitungen und Armeeberichte jener Tage sind voll des Ruhmes über das tapfere Benehmen derselben. Riedel’s Hauptpraxis, die er seinen Leuten zum Gesetze machte, war: den Schuß nur dann abzugeben, wenn die Kugel auf dem Blatt sitzen mußte. Dieses Blatt war das Kreuz, welches das Säbel- und Patrontaschen-Bandelier auf der Brust des Soldaten bildet, also der Fleck, wo das Herz liegt. Dabei hatten seine Leute immer den Auftrag, zunächst die Officiere, dann die Hornisten und Tamboure auf’s Korn zu nehmen. Eine Abtheilung, der ihr Officier und mit demselben durch den Fall des Hornisten das Commando und das Signal fehlt, ist halb und halb verloren. So leistete Riedel mit seiner Compagnie die trefflichsten Dienste und wurde im Verlaufe des Feldzuges 1813 von dem Könige von Preußen mit dem eisernen Kreuze und von dem Kaiser von Rußland mit dem Annen-Orden ausgezeichnet. Nach dem Pariser Frieden zerstreute sich die tapfere Schaar, von der noch Mehrere mit Orden geschmückt wurden. Premier-Lieutenant Jacob Riedel nahm nach beendetem Kampfe seinen Teppichhandel nicht wieder auf, sondern heirathete eine wohlhabende Berlinerin, mit der er nach Tirol zurückkehrte, wo er in der Nähe von Schwaz ein Landgut gekauft haben soll, das er bewirthschaftete. Als sich Riedel vor seiner Rückkehr in die Heimat von dem Marschall Vorwärts verabschiedete und von demselben für seine preußisch-tirolischen Kameraden ein Andenken sich erbat, schenkte ihm Blücher eine Uniform mit den Ordenssternen, die er im Felde getragen. Diese Uniform befindet sich nach einer Version in einem Glasschrein in der Pfarrkirche von Riedel’s Geburtsort für immerwährende Zeiten aufbewahrt; nach einer anderen sei sie in Riedel’s Hause lange aufbewahrt gewesen, bis sie, von Motten zerfressen, auseinanderfiel. Das oben angegebene Todesdatum halte ich auch nicht für sicher, da es das seines Bruders Sebastian sein könnte, der an der Tiroler Landesvertheidigung in den Jahren 1805 und 1809 auch betheiligt gewesen, und dem von Einigen das im Vorstehenden Erzählte doch mit Unrecht zugeschrieben wird.

Allgemeines Familien-Journal zur Unterhaltung und Belehrung (Leipzig, Payne, 4°.) XXVI. Bd. (1866), S. 71: „Jacob Riedel, der tapfere Tirolerführer in Lützow’s Freischaar. Ein Geschichtsbild aus dem deutschen Befreiungskriege“. Von V. v. L. – Staffler (Johann Jacob), Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, Felician Rauch, 8°.) Bd. I, S. 709. – Schallhammer (Ant. Ritter v.), Kriegerische Ereignisse im Herzogthume Salzburg [93] in den Jahren 1800, 1805 u. 1809 (Salzburg 1855, Mayr, gr. 8°.) S. 314.