BLKÖ:Schmelkes, Gottfried

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Schmelz, Philipp
Band: 30 (1875), ab Seite: 165. (Quelle)
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Schmelkes, Gottfried (Badearzt, geb. zu Prag 22. September 1807, gest. zu Interlacken in der Schweiz 28. October 1870). Sein Vater Salomon war ein feingebildeter jüdischer Kaufmann und seiner Zeit so angesehen, daß er der einzige Jude war, der mit seiner Gattin zum Krönungsbankette: Kaiser Leopold’s II. auf der Hofburg in Prag geladen wurde. Seine Mutter Charlotte geb. Frankl war eine Tante des Dichters L. A. Frankl. Von vier Kindern dieser Eltern der einzige Sohn, vereinigte derselbe mannigfache Talente in sich, darunter ganz besonders für das Zeichnen, so daß der damalige Director der Prager Kunstakademie, Joseph Bergler [Bd. I, S. 309], den Vater zu bereden suchte, den Sohn der Kunst zu widmen, wobei der Vater doch meinte, für seinen Sohn entsprechender zu sorgen, wenn er ihn für einen praktischeren Lebensberuf heranbilden lasse. So mußte der Knabe, der selbst Vorliebe für die Kunst besaß, zu seinem Leidwesen die Piaristenschule in der Prager Neustadt besuchen. In der Schule zählte S. immer zu den ausgezeichnetsten Schülern und erfreute sich ihn bevorzugender Theilnahme des Generals der Kreuzherren, des freisinnigen Theologen Köhler, [166] während Herz Homberg, in seiner Jugend Erzieher im Hause Moses Mendelssohn’s, ihn in der Religion, Dr. Z. Frankel, der nachmalige Director des jüdisch-theologischen Seminars in Breslau, in der hebräischen Sprache unterrichteten. Der Verkehr, der ihn während seiner Studien mit K. Egon Ebert, Gerle, Wilh. Marsano zusammenbrachte, sowie jener mit seinen Verwandten mütterlicherseits, welche in der Kunst oder Literatur oder sonst in irgend einer Richtung eine ehrenvolle Stellung in der bürgerlichen Gesellschaft einnahmen, blieb nicht ohne nachhaltige Wirkung auf den jungen vorwärts strebenden S., der sich damals bereits mit poetischen Arbeiten beschäftigte und deren in der „Monatschrift der Gesellschaft des vaterländischen Museums“ 1828, in der „Wiener Theater-Zeitung“ und in einigen auswärtigen Almanachen und Journalen veröffentlichte. Unterdessen hatte er nach beendetem philosophischen Studium sich der Medicin zugewendet. Als er in den letzten Jahrgang derselben trat, suchte 1831 die Cholera-Epidemie auch Prag heim. Es war Noth an Aerzten und der berühmte Kliniker Krombholz [Bd. XIII, S. 247] wußte für ein eben errichtetes Filialspital keinen besseren Leiter als Schmelkes zu empfehlen. Dieser hatte sich der ihm übertragenen Aufgabe gewachsen gezeigt. Indessen war auch der Poet nicht müssig geblieben, und ein in dem von Gubitz herausgegebenen, seiner Zeit tonangebenden belletristischen Blatte: „Der Gesellschafter“ erschienenes erzählendes Gedicht: „Mila“, das im Jahre 1832 auch in einer Separatausgabe herauskam, war in die Hände einer älteren, in Wien lebenden Dame, der Gräfin Therese Trauttmansdorff, gebornen Gräfin Nádasdy (geb. 1771, gest. 1847) gelangt, worüber Letztere einen Briefwechsel mit dem Poeten anknüpfte, der in den Antrag auslief, in ihr Haus als Leibarzt einzutreten und in Wien die Doctorwürde zu erlangen. S. folgte diesem Rufe, brachte den Winter in Wien, den Sommer mit der Familie auf der Herrschaft Jamnitz in Mähren zu, lernte im Hause der geistvollen Dame die bedeutendsten Persönlichkeiten der aristokratischen und diplomatischen Welt kennen und eignete sich jene feinen Umgangsformen an, die ihm in seiner späteren Stellung als Chefarzt eines Weltbades so sehr zu Statten kamen. Im November 1833 erlangte er die medicinische Doctorwürde; der Vorschlag, eine Professur anzunehmen, scheiterte an seiner Weigerung, dem Judenthume zu entsagen, auch zog ihn eine Jugendliebe zu seiner nachherigen Frau nach Prag, welches er schon im folgenden Jahre verließ, um seine Stelle als Primararzt am israelitischen Hospitale und Badearzt in Teplitz anzutreten, welche er bis an sein im Alter von 63 Jahren erfolgtes Lebensende mit edelster Uneigennützigkeit und gewissenhafter Pflichttreue bekleidete. Als Arzt in diesem berühmten Curorte trat er in persönliche, öfter freundschaftliche Beziehung mit Männern, wie Hufeland, Gräfe, Schönlein, Ammon, Carus, Langenbeck, Frerichs, Walther, Oppolzer u. A. Dadurch wuchsen sein Ansehen und sein Ruf. Durch einen Freund ließ er eine Analyse des bei Eichwald, Freysunker und Gudendorf am Fuße des Erzgebirges vorkommenden Kohlenmineral-Moores unternehmen und veröffentlichte die Resultate dieser Untersuchung in der Schrift: „Physikalisch-medicinische Darstellung des Kohlenmineral-Moores und dessen [167] Anwendung zu Bädern“ (Prag 1835, 8°.); dieser Schrift folgten im Laufe der Jahre: „Die Thermalbäder zu Teplitz. Eine medicinisch-physikalische Skizze“ (Berlin 1837); – „Teplitz und seine Mineralquellen mit besonderer Rücksicht auf ihren Werth als Heilmittel“ (Dresden und Leipzig 1841); – „Teplitz gegen Lähmungen. Ein Beitrag zur Balneotherapie der Neurosen“ (Dessau 1855, 8°.); – „Teplitz gegen Neuralgien. Fortgesetzte Beiträge zur Balneotherapie der Neurosen“ (Berlin 1861); – „Sedimente meiner Praxis an den Thermen zu Teplitz“ (ebd. 1867). In seiner Wirksamkeit als Arzt und Fachschriftsteller war er mannigfach ausgezeichnet worden. Mehrere gelehrte Gesellschaften, wie zu Berlin, Dresden, Danzig, Leipzig, München, Paris und Warschau, hatten ihn unter ihre Mitglieder aufgenommen, die Könige von Sachsen und Preußen ihn mit Orden, Letzterer auch mit der goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet; sein eigener Monarch hatte ihm das goldene Verdienstkreuz mit der Krone verliehen. Im Jahre 1849 regte er den Gedanken an, ein Hospital für kranke Soldaten und Beamte, zunächst für solche aus dem Königreich Sachsen, in’s Leben zu rufen. Schon im nächsten Jahre, nachdem S. den Bauplatz aus eigenen Mitteln erworben, stand das Hospital fertig da, und durch 20 Jahre wirkte er als menschenfreundlicher Gründer, unbesoldeter Arzt und Director desselben. Sachsen ernannte ihn dafür zum Sanitätsrathe, nachdem er schon früher herzoglich anhalt’scher Rath geworden war. Für das israelitische Hospital, das er bis ein Jahr vor seinem Tode durch 35 Jahre unentgeltlich geleitet, spendete er, als er seine Stelle niedergelegt, 2000 fl. zu einer wohlthätigen Stiftung an demselben. Es bleibt nur noch Einiges über seine poetische Richtung zu sagen, welcher zu folgen ihm bei seinem ärztlichen Berufe, der bald den ganzen Menschen in Anspruch nahm, wenig Zeit blieb. Ueber Aufforderung des Fürsten Metternich schrieb er, als im Jahre 1835 die Kaiser von Oesterreich, von Rußland und der König von Preußen in Teplitz zu einem Congresse zusammenkamen, ein Gelegenheitsgedicht: „Die Stimmen der Todten“, ein zweites zur Begrüßung der Monarchen in Teplitz führt den Titel: „Die Adler und die Quellen im Bilathale“. So hatte er sich in vormärzlicher Zeit viel mit Poesie beschäftigt und eine Sammlung Gedichte im Style Anastasius Grün’s, den er unter den modernen Poeten zumeist liebte, war auch druckbereit, als die Märzereignisse dazwischen kamen und der Druck unterblieb. Von seinen lyrischen Gedichten sind mehrere in Almanachen und Journalen zerstreut; was sich in seinem Nachlasse vorfand, hat sein Biograph Ludw. Aug. Frankl gesammelt und der Lebensskizze als poetischen Nachlaß angehängt. Es befinden sich in demselben neben Xenien, Epigrammen und einigen Zeitgedichten das treffliche Gedicht: „An Rothschild“, mit dem ernsten Schlußverse: „Sprich, was hast du für die Freiheit deines Volkes je gethan?“ und sein schon erwähntes längeres erzählendes Gedicht: „Mila“. In dem Orte, in welchem S. so viele Jahre und so erfolgreich gewirkt, erfreute er sich allgemeinen Vertrauens. Als im Jahre 1849 Oesterreich den Gemeinden die autonome Wirksamkeit einräumte, wurde S. in das erste Stadtverordneten-Collegium gewählt und von demselben einhellig zum Stadtrathe ernannt, und als im J. 1858 der Bürgermeister seine Stelle niederlegte, fiel die Wahl für dessen Stellvertreter auf ihn. Aus seiner Ehe mit Rosalie Pollak [168] hatte er vier Töchter, von denen zwei im jugendlichen Alter starben, eine, Marie, sich mit dem Verlagsbuchhandler Heinrich Voigt in Weimar, dem Verleger des leider aufgegebenen „Neuen deutschen Nekrologs“, vermälte; die andere, Doris, unvermält in Teplitz lebt. Schmelkes, dessen Nervenleben in seinem aufreibenden Berufe sehr angegriffen war, unternahm im Herbste 1870 eine Erholungsreise nach Interlaken, wo ihn der Tod, nachdem ihn am 13. October der Schlag gerührt, am 28. October schmerzlos in’s unbekannte Jenseits hinüberführte. Die Leiche wurde von den Angehörigen nach Teplitz überführt und dort feierlich am 6. November bestattet, seine Gattin Rosalie, die seit Jahren schon leidend war, überlebte ihn nur um wenige Monate und folgte ihm am 29. März 1871 in’s Grab.

(Ludw. Aug. Frankl) Dr. Gottfried Schmelkes, Badearzt zu Teplitz u. s. w. Biographische Skizze nebst poetischem Nachlasse. Manuscript für Freunde (Weimar o. J. B. F. Voigt, gr. 8°.) S. 1–24: Biographische Skizze, S. 25–29: Poetischer Nachlaß. – Fremden-Blatt. Von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1870, Nr. 302, unter den „Tagesneuigkeiten“. – Jüdisches Athenäum. Gallerie berühmter Männer jüdischer Abstammung und jüdischen Glaubens u. s. w. (Grimma und Leipzig 1851, Verlags-Comptoir, 8°.) S. 220. – Porträt. Photographie von Thiele mit dem Facsimile des Namenszuges: Dr. Schmelkes.