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BLKÖ:Schoeller, Johann Christian

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 31 (1876), ab Seite: 92. (Quelle)
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Schoeller, Johann Christian (Maler und Zeichner, geb. zu Rappoltsweiler im Jahre 1782, gest. zu Wien 10. November 1851). Als Knabe schon zeigte er großes Talent für die Zeichenkunst und Malerei, mußte aber der idealen Richtung zur Kunst entsagen, um in eine praktische, den Kaufmannsstand, zu treten, in welchem er auch mehrere Jahre, zuletzt als Buchhalter in einem ansehnlichen Kaufmannshause in Augsburg thätig war. Aber in seinen Mußestunden betrieb er noch immer seine Kunst, und als sich nach dem Tode des Handelsherrn die Firma auflöste, widmete sich S. ausschließlich seiner Neigung, obgleich die damals herrschenden Kriegswirren der Ausübung der Kunst nichts weniger denn förderlich waren. Der Münchener Hofmaler Klotz und die Schätze der Münchener Gallerie, vorzüglich die Künstler der niederländischen Schule waren es, deren Studium ihn beschäftigte. Diese Richtung gab sich in seinen späteren Arbeiten, freilich in der höchst manierirten Weise, in der er sie auffaßte, kund. Nun besuchte er mehrere Städte der Schweiz, wie Zürich, Bern, Lausanne, Genf, und da er sehr zur Miniaturmalerei hinneigte, fand er in letztgenannter Stadt, wo ein Aarland und Boursier arbeiteten vielfache Anregung. Aus der Schweiz begab er sich nach Paris, wo die Herbst-Ausstellung des Jahres 1812 mit ihren Miniaturen ihn vor Allem fesselte. Mit einer reichen Ausbeute von Oel- und Emailbildern verließ er die Seinestadt und malte im Winter genannten Jahres in der Provence Miniaturbildnisse. Nun kehrte er in seine Heimat zurück, bereiste die Gegenden des Rheins, von wo ihn der Congreß nach Wien zog, wo er, wie es den Anschein hat – mit einigen durch Kunstreisen veranlaßten Unterbrechungen – seinen bleibenden Aufenthalt genommen hatte, denn dort traf ihn Herausgeber dieses Lexikons noch gegen Ende der Vierziger- und zu Beginn der Fünfziger-Jahre in sehr kümmerlichen Verhältnissen. Aus dem Künstler war ein Chargenzeichner mittelmäßiger Art geworden, der um wenige Gulden Chargen und satirische Bilder für die einst so beliebte „Theater-Zeitung“ malte. Freilich trug auch der alte Bäuerle, der eben nur Wiener Tageswitze grell und pikant chargirt brauchen konnte, an dieser ihn vom Wege der Kunst ablenkenden Richtung nicht geringe Schuld. Und als die Manier Schoeller’s abgenützt und das Publicum durch das Anschauen der verzeichneten und verschobenen Spottgestalten abgestumpft war, trat Cajetan [Elfinger, Bd. XI, S. 401] an dessen Stelle und Schoeller fristete elend genug sein bischen Leben. In der ersten Zeit, da Schoeller nach Wien gekommen, zur Zeit des Congresses, da gab es für ihn genug Beschäftigung, er machte von da aus auch eine Reise nach Italien, über welche er ein Tagebuch geführt und [93] von welcher er eine reiche Mappe Studien mitgebracht. Auch eine zweite Reise nach Paris gab ihm reiche Ausbeute. In Wien malte er in jener Zeit in Miniatur mehrere Copien berühmter Gemälde der dortigen Gallerien, und in den Jahres-Ausstellungen in der k. k. Akademie der bildenden Künste bei St. Anna waren von ihm folgende Bildnisse und sonstige Miniaturen zu sehen: im Jahre 1820: „Die Rückkehr des verlorenen Sohnes“, nach dem Gemälde des Leon Spada; – „Miniatur-Bildniss der Gräfin Tomatis“ – 1822: „Selbstbildniss des Malers P. P. Rubens“; – „Madonna della Seggiola“, nach Raphael; – „Fragment aus dem Gemälde: Amor als Bogenschnitzer“, nach Corregio; – 1826: „Bildniss des Hofschauspielers Friedrich Joseph Korntheuer“, wovon eine ganz mißlungene Lithographie der Leopoldstädter Theater-Almanach brachte; – „Bildniss Ludwig’s des XIV.“ Von seinen sonstigen Arbeiten sind mir mehrere Folgen: „Scenen aus Wien“, – „Satirische Bilder“ und „Costume-Bilder“, meist für die Wiener Theater-Zeitung gezeichnet, bekannt, von denen ich einen großen Theil – einige sogar im Original – besitze. Die besseren darunter sind: in den „Scenen aus Wien“: „O du mein lieber Himmel! Schon wieder ein Erdbeben!“ – „Kauft’s schöne Leinwand?“ – „Der Dampfwagen nach Hietzing“, – „Die Zeitungsliebhaberei“, – „Man sollte Sie für Schwestern halten“, – „Es reiten drei Reiter nach Simm’ring hinaus“, – „Auf Ein Mal oder auf zwei Mal?“ – „Nur den nächsten Weg, meine Damen, der Strauß hat schon angefangen“, – „Der Empfehlungsbrief“, – „Die drei Perioden des schönen Geschlechtes“, – „Aber Mosje Chrisostomus! jetzt hätten Sie mir bald mit Ihrem Schnurbart die Augen ausgestochen!“ – „Weiß es deine Frau, daß du hier bist?“ – „Es ist zum Verzweifeln, alle Tage Ball und kein Kreuzer Geld im Sack“, – „Aber Frau Morgenroth, das ist ja keine alte Henne, das ist ja ein alter Schuh!“ – „Die Kunstausstellung in Wien“, – „Der große Galopp von Joh. Strauß“, – „Das ist eine schöne Geschichte! Ich bin eingeladen“, – „Wenn ich mir da was aussuchen dürfte“, – „Schleichen wir vorüber, damit uns der Schuster nicht sieht!“ – „Was ist denn das für eine Bedienung? Ich habe ein Seitel Wein bestellt und man treibt mir den Hut an!“ – „Ich bitt’ um Vergebung!“ – „Die Sonntagsreiter im Prater“, – „Bei diesem Regimente möchte ich dienen!“ – „Sie haben den unrechten Zahn erwischt!“ – „Der Harem im Elisium“, – „Der Hausherr wird Augen machen, wenn er erwacht und entdeckt, daß wir ausgezogen sind, ohne den Zins zu bezahlen“, – „Einer foppt den Andern“, – „Eine Scene auf dem Wasserglacis“. Unter den vorgenannten Wiener Scenen, die ein gutes Stück Wiener Leben der Dreißiger-Jahre enthalten, ist manches wirklich komische Bild, wo der Humor des Künstlers die oft starke Verzeichnung übersehen laßt. Weniger glücklich ist S. mit seinen Satirischen Bildern, in welchen die Satire nicht selten bei den Haaren herbeigezogen erscheint oder nicht fein genug ausgeführt ist. Von den besseren sind anzuführen: „Dampfwagen und Dampfpferde im Jahre 1942 im Prater in Wien“, – „Scene hinter den Coulissen“, – „Ballscene“, – „Der Triumph des kalten Wassers“, – Die Hundeliebhaberei“, – „Ihre Liebe schützt mich vor den Schlägen des Schicksals“, – „Die Neujahrs-Scene“, – „Ein Windstoß“ u. s. w. Seine Costume-Bilder [94] sind zugleich Porträte der damals beliebten Schauspieler, welche in besonders wirksamen Scenen gern gesehener Possen und Lustspiele dargestellt sind. Die besseren darunter sind: Beckmann als „Windmüller“ in „Der Vater der Debütantin“; – Korntheuer als „Gisperl“ in Bäuerle’s „Gisperl und Fisperl“; – Nestroy als „Norddeutscher Student“, – als „Sansquartier“ in „Zwölf Mädchen in Uniform“,– als „Hanswurst“, in „Der Doctor Nolens volens“ von Milius, – als „Amtsschreiber Nigowitz“ in der Posse „Das Gut Waldegg“, – als „Lumpazivagabundus“, – als „Baldrian Zwickel“ in „Hutmacher und Strumpfwirker“ – und als „Bedienter Hecht“ in der „Aff und Bräutigam“; sämmtlich köstliche Chargen des berühmten Komikers, von denen mehrere in S.’s Darstellung in Porzellan, Gyps nachgebildet worden und die Runde durch die Welt gemacht haben; – Theaterdirector Carl als „Staberl“ in „Staberl’s Reiseabenteuer“, als er fragt: Haben Sie denn keinen höheren Fußboden? – Dlle Henriette Carl als „Antonie“ in der Oper „Belisar“; – Wenzel Scholz als „Schneider“ in „Der Schneider und seine Töchter“, – als „Augustin“ und „Robert der Deixel“, – als „Jonas Froschmaul“ in der Posse: „Das Gut Waldegg“, – in der Posse: „Die Localsängerin und ihr Vater oder das Theater im Theater“, – in der Cachucha, – als „Cyprian Deckel“ in „Hutmacher und Strumpfwirker“, – als „Peter“ in „Der Färber und sein Zwillingsbruder“; treffliche Chargen, welche sich an die oberwähnten köstlichen Nestroy’s anreihen. Ein besonders seltenes Blatt ist „Der Theater-Zettel“ zu Adolph Bäuerle’s Benefice: „Die Giraffe in Wien“ im Jahre 1828, mit der von Schoeller gezeichneten Staberliade. Staberl: Wer da? Badian: Für das Vergnügen des Publicums lauter gute Freunde! Staberl: Passirt! Von S.’s colorirten und getuschten Handzeichnungen besitze ich: „Ball-Salon zur Kettenbrücke“; – „Das französische Theater im k. k. kleinen Redoutensaale“, dieses wie das vorige bezeichnet: Schoeller del. 1827; – „Die Serenade. Eini mit dem Herzenskron! Außi mit der Fanni! August 1837“; – „Dampf-Zeichnungs-Bureau“ und „Luft-Landstraße“. Ich sehe ihn noch lebendig vor mir, den kleinen spindeldürren Mann mit den vergilbten Gesichtszügen, in ärmlicher Kleidung, mit fuchsrother Perrücke, wenn er, um sein Dasein zu fristen, zum Aerger Bäuerle’s seine aus der Mode gekommenen satirischen Bilder zum Kaufe ausbot. Kurze Zeit darnach war er, bald siebzig Jahre alt, gestorben. Er erscheint öfter Schöller (mit ö) geschrieben, er selbst schrieb sich mit getrenntem oe und erscheint auch auf allen Bildern so unterschrieben.

(Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) 1821, Nr. 27 u. 28, S. 109. – Kataloge der Jahres-Ausstellungen in der k. k. Akademie der bildenden Künste bei St. Anna in Wien /8°.) 1829, S. 11, Nr. 23; S. 12, Nr. 28; 1822, S. 9, Nr. 7, 15; S. 10, Nr. 27; 1826, S. 8, Nr. 113.