BLKÖ:Korntheuer, Friedrich Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Korompay, Franz
Band: 12 (1864), ab Seite: 467. (Quelle)
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Korntheuer, Friedrich Joseph (Schauspieler, geb. zu Wien 15. Februar [468] 1779, gest. ebenda 28. Juni 1829). Nachdem er eine sorgfältige Erziehung erhalten, betrat er dem Wunsche seiner Eltern zu Folge die amtliche Laufbahn. Aber endlich kam seine seit Jahren gepflegte Liebe zur theatralischen Laufbahn zum Durchbruche und im Jahre 1803 (3. Jänner) – nicht wie es in der „Oesterreichischen National-Encyklopädie“ heißt, 1808 – betrat er zu Klagenfurt in Kotzebue’s „Verleumder“ zum ersten Male die Bühne. Schon im folgenden Jahre debutirte er im k. k. Hofburg-Theater in Wien in den Rollen des „Baron Rosenzweig“, „Jude Baruch“ und „Hanns Vuller“. Im April 1809 ging K. als Regisseur zum ständischen Theater in Brünn, erhielt aber im Jahre 1811 wieder einen Ruf an die Wiener Hofbühne, und da diese zu jener Zeit mit dem Theater an der Wien in Verbindung stand, wurde er auch Mitglied dieses letzteren. Im Jahre 1813 übernahm er selbst die Leitung einer Bühne, und zwar jene des ständischen Theaters in Brünn, welche er bis zum Jahre 1815 führte. Dann gab er die Direction auf und spielte das Jahr 1816 hindurch in Pesth, wo er mit kurzer Unterbrechung, während er nämlich auf dem Theater an der Wien engagirt war, bis zum Jahre 1821 als Regisseur blieb. Im genannten Jahre wurde er Mitglied der Leopoldstädter Bühne in Wien und blieb es bis December 1828, in welchem Monate er krankheitshalber entlassen wurde, und schon wenige Monate darnach seinem Leiden, das rasch überhand nahm, im Alter von erst 50 Jahren, erlag. Die Zeit seines Aufenthaltes an der Leopoldstädter Bühne war die eigentliche Glanzperiode seines Lebens, mit Schuster, Raimund und der Krones war er der vierte im Kranze. Groß ist die Zahl seiner Rollen, jedoch waren Gisperl in „Gisperl und Fisperl“, Rauterl in der „schlimmen Lisel“, Herr von Freydum in der „Fee aus Frankreich“, Longimanus im „Geisterkönig“, Schullehrer in der „Sylphide“, Schneider in der „Lindane“, Fabian in der „Ballnacht“, Tutu im „Barometermacher“ und Georgi in der „modernen Wirthschaft“ wohl seine vorzüglichsten. Wahrheit charakterisirte Korntheuer’s Spiel, die kleinsten Nuancen seiner Rollen führte er treu dem Charakter derselben meisterhaft durch und von unversiegbarer Laune war kein Komiker gleich ihm so schlagfertig in schnellen treffenden Witzspielen und Gegeneinfällen. Bäuerle in seinem Nekrologe, den er auf Korntheuer’s wenige Stunden vor seinem Tode ausgesprochenen Wunsch niedergeschrieben, nennt ihn den „Proteus der Volksbühne, den Devrient des localen Theaters, den Agenten aller heiteren Charaktere, ja, was wahr ist, den Anwalt komischer Skizzen, denn in seiner Hand wurde ja die unbedeutendste Zeichnung ein mit aller Schattirung reich ausgestattetes Bild“. K. hat auch mehrere Theaterstücke geschrieben, welche mit Beifall gegeben, aber – wie es scheint – nicht gedruckt wurden. Am bekanntesten und wohl die besten sind: „Alle sind verliebt“ und „Alle sind verheirathet“.

Allgemeine Theater-Zeitung, herausgegeben von Ad. Bäuerle (Wien, gr. 4°.) XXII. Jahrg. (1829), S. 330: Nekrolog von Ad. Bäuerle; – dieselbe. XXXVII. Jahrgang (1844), Nr. 54: „Die verstorbenen komischen Schauspieler Wiens“. – Memoiren meines Lebens. Gefundenes und Empfundenes von Dr. I. F. Castelli (Wien und Prag 1861, Kober u. Markgraf, 8°.) Bd. I, S. 255–259. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 260 [das daselbst angegebene Todesdatum 28. Juli 1829 ist unrichtig] – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten [469] Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XVIII, S. 1178 [nach diesem wäre K. von 1828–1836 krank gewesen und erst 1836 gestorben; das ist ganz unrichtig; denn daß K. schon 1829 gestorben, ist unzweifelhaft]. – Wallner (Franz), Aus dem Tagebuche des alten Komödianten … (Leipzig 1845, Wigand, 8°.) [enthält eine in Wallner’s gemüthvoller Weise erzählte Episode aus Korntheuer’s Leben]. – Oesterreichischer Bürgerkalender (Wien, 8°.) Jahrgang 1846, S. 216.[BN 1]Porträte. 1) Unterschrift: J. F. Korntheuer als Zauberer aus Warasdin in dem Zaubermährchen von F. Raimund: Das Mädchen aus der Feenwelt oder der Bauer als Millionär (Schwind del., Kriehuber lith.) (Wien, Fol.); – 2) Unterschrift: J. F. Korntheuer als hohes Alter in dem Zaubermährchen von F. Raimund (wie oben) (Schwind del., Kriehuber lith.) (Wien, Fol.) [zwei schon seltene Blätter]; – 3) Costumebild aus Bäuerle’s Theater-Zeitung. Scene aus Bäuerle’s „Gisperl und Fisperl“, Gisperl ruft: ich fliege; Fisperl: Halt’ ein (Korntheuer als Gisperl) (gezeichnet von Schöller). – Zur Charakteristik Korntheuer’s. Castelli charakterisirt in seinen „Memoiren“ treffend die Eigenthümlichkeiten von Korntheuer’s Komik. „An Korntheuer’s Körper“, schreibt Castelli, „war Alles lang: Gesicht, Nase, Füße, Arme, Hände, und er verstand es besonders, das erste und die letzteren durch Ausdehnung noch länger zu machen, als sie waren. In seinem Vortrage lag etwas Langsames, Schleppendes, Faules, in seinen Bewegungen ein unbeschreibliches Phlegma, und er ließ sich immer gehen, wie es ihm eben behagte. Man hätte glauben sollen, K. spiele gar nicht für die Zuseher, sondern für sich selbst. Daher geschah es öfters, daß er, während die anderen Schauspieler auf der Bühne sprachen, ganz ruhig in einer Ecke stand und sich einen aparten Spaß machte. Seinen Mitschauspielern mag das wohl nicht recht gewesen sein, da er dadurch die Aufmerksamkeit von ihnen ab-, auf sich lenkte; aber dem Publicum, welches sich nur mit ihm unterhielt, war es sehr willkommen, und auch die mit ihm Beschäftigten mußten oft mitlachen. Er stand z. B. in einer Ecke der Bühne, hielt sich seine beiden Hände vor die Augen und schien errathen zu wollen, wer ihm das thue; oder er foppte sich selbst, indem er sich mit der rechten Hand auf die linke Schulter tippte, sich dann umsah und sich nicht wenig verwundert zeigte, Niemand hinter sich zu erblicken. Ich habe gesehen, wie er während einer Liebesscene alle Knöpfe seines ganzen Anzuges, an Rock, Beinkleid und Weste, zusammenzählen wollte und damit nicht zu Ende kommen konnte. Die vorzüglichsten Rollen K.’s waren ganz bornirte, alte Ehemänner, welche unter dem Pantoffel stehen, und sehr carikirte Charaktere. Er extemporirte sehr viel und machte sich – wie der Kunstausdruck bei den Schauspielern lautet – seine Rollen selbst zurecht, d. h. er modelte sich die Constructionen so, wie sie ihm zu Munde paßten, und schrieb sich Spässe hinein. Ich war einst Zeuge einer Darstellung von ihm, bei welcher er nicht zehn Worte von denen sprach, die in der Rolle vorgeschrieben waren. (Als Beispiel seiner Extempore möge das Folgende dienen: Als in der „falschen Primadonna“ der Dichter Sperling ihm – Korntheuer spielte den Bürgermeister – meldete, er habe der fremden Sängerin, auf deren Auftreten ganz Krähwinkel gespannt ist. Blumen auf den Weg streuen lassen, habe dazu alle Garten geplündert und, da ihm diese nicht genug Blumen boten, so habe er ihr auch Salat streuen lassen, entgegnete K. sehr ernsthaft: „Recht, Sperling, und lassen Sie von mir aus noch extra zwölf harte Eier sieden und auf den Salat legen“.) Vielseitig war K. nicht; aber die eine Seite, die er zeigte, war eine vollkommene und verfehlte ihre drastische Wirkung nie. Sein Geisterkönig im „Diamant des Geisterkönigs“, sein Gisperl in „Gisperl und Fisperl“, sein Geselle in der „Ballnacht“ waren Hogarth’sche Caricaturen, welche von einem geschickten Maler festgehalten zu werden verdient hätten. K. war, wie wenige Bühnenkomiker, auch ein sehr unterhaltender Gesellschafter, und verstand die Kunst, die Eigenthümlichkeiten fast aller Wien beliebten Schauspieler, besonders in Ton und Sprache, so täuschend nachzuahmen, daß man dieselben wirklich zu hören glaubte.“

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Korntheuer, Fr. Joseph [Bd. XII, S. 467].
    Goedeke, Grundriß u. s. w., wie bei Castelli, Bd. III, S. 833, Nr. 432 [nach diesem wäre K. erst 1836 gestorben]. [Band 28, S. 360]