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BLKÖ:Székely, Ladislaus Freiherr

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Székely, Joseph
Band: 42 (1880), ab Seite: 20. (Quelle)
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Székely, Ladislaus Freiherr (Garde-Oberstlieutenant, Ort und Jahr seiner Geburt unbekannt). Er lebte im 18. Jahrhunderte. Welcher der ungarischen oder siebenbürgischen Adelsfamilien des Namens Székely, deren Iván Nagy' in seinem Adelswerke „Magyarország családai czimerekkel és nemzékrendi táblákkal“ [Bd. X, S. 559 bis 572] nicht weniger denn dreißig aufzählt, dieser Freiherr angehört, konnte ich nicht herausfinden. Da Székely, dessen Name hie und da zu Szekuly entstellt ist, zur Zeit, als er eines Verbrechens wegen verurtheilt wurde, als ein „im Dienste ergrauter Greis“ bezeichnet wird, so mag wohl seine Geburt in das erste Viertel des 18. Jahrhunderts fallen. Die Geschichte seines Vergehens ist folgende: Im Jahre 1786 war eines Tages der Garde-Oberstlieutenant Székely zugleich mit seiner Geliebten, der geistvollen und schönen Gräfin Baillou, aus Wien verschwunden, dagegen ein ansehnlicher Defect in der Gardecasse zurückgeblieben. Der Deserteur wurde auf der Flucht ergriffen und das kriegsrechtliche Verfahren gegen ihn eingeleitet. Er redete sich auf den vor Kurzem gestorbenen Garderechnungsführer Lakner aus, nach dessen Tode er die Gardecasse in voller Unordnung und nach näherer Prüfung ein Deficit von 97.000 fl. gefunden habe. Nun war Lakner thatsächlich im Gardecorps ebenso wegen seiner Niederträchtigkeit, wie ob des glänzenden Aufwandes, der sein Einkommen weit überstieg, übel beleumundet. Immerhin mußte sich auch Székely nicht blos grober Fahrlässigkeit, sondern auch der Veruntreuung schuldig gemacht haben. Denn Gräffer in seinen „Wiener Localfresken“ spricht es ausdrücklich aus, daß Székely die Gardecasse angetastet habe, und bringt dies mit dessen Passion für das Goldmachen und mit des Barons Liebenstein Ankunft in Wien in Verbindung, von dem es hieß, daß er das Goldsalz zu bereiten verstehe. Um das zur Aufhellung des Geheimnisses nöthige Geld zu beschaffen, entnahm Székely, der sich selbst eifrig mit Alchemie befaßte, der Gardecasse eine hohe Summe, welche er später zu ersetzen hoffte. Möge sich die Sache so oder anders verhalten, das Kriegsgericht verurtheilte Székely zu sechsjähriger Gefangenschaft auf einer Festung. Der Hofkriegsrath, an welchen der Proceß zur Revision gelangte, verschärfte das kriegsrechtliche Urtheil auf achtjährige Gefangenschaft, und als die Acten dem Kaiser Joseph vorgelegt wurden, resolvirte derselbe wörtlich, wie folgt: „Székely ist ohne weiters zu cassiren, des Militärstandes unfähig zu erklären und dem Civil zur Bestrafung zu übergeben, wo er nachher in loco delicti, nämlich in Wien, drei Tage nacheinander, alle Tage zwei Stunden, auf der Bühne auf dem hohen Markte zum erspiegelnden Beispiele zu stehen hat. Die ihm zuerkannte achtjährige Arreststrafe will Ich ihm aus Gnaden wegen seines Alters bis auf vier Jahre vermindern; diese hat er in dem Civil-Strafort Szegedin, der für Hungarn besteht, mit der gewöhnlichen Atzung, wie andere Delinquenten auszuhalten. Ein jeder unrichtiger Cassebeamter kann wie Székely sagen, er wüßte nicht, wo das Geld hingekommen ist, wenn er [21] es auch gestohlen hatte. Sobald das Geld, besonders eine so ansehnliche Summe, wie diese von 97.000 Gulden, in der Casse sich nicht befindet, so stehet es nicht mehr dem Richter zu. ihm zu beweisen, daß er es entfremdet hat; sondern ihm steht es zu, zu beweisen, daß er es nicht entwendet hat, und sobald er dies nicht beweisen kann, so bleibt er ein Dieb. Es ist also ohne Weiters die Sentenz gegen ihn, sobald er cassiret ist, folglich aufhöret, Militär zu seyn, zu vollziehen und ihm das Zettel als untreuer Beamter anzuhängen“. Dieses Urtheil machte in den höheren Gesellschaftskreisen Wiens peinliches Aufsehen, aber auch im Publicum waren die Ansichten über Schuld und Nichtschuld Székely’s, oder doch über die Größe derselben getheilt. Eine Deputation von Adeligen begab sich sogar zum Kaiser, um für Székely Gnade zu erbitten, ohne jedoch etwas erreichen, da der Monarch an dem Grundsatze: Gleiches Recht für Alle strenge festhielt. Im Hinblicke auf die im großen Publicum herrschende Stimmung benützte die Speculation diesen Vorfall, und ein gewisser J. J. Fezer, Druckereifactor des aus der Josephinischen Preßfreiheitsperiode übel berüchtigten Buchdruckers Wucherer, benützte das Urtheil zur Abfassung eines Libells, dessen Titel in den Quellen angegeben ist. Dieses Machwerk gehört in die Rubrik der „literarischen Attentate auf den Kaiser Joseph“. Fezer griff namentlich die Verschärfung der Ausstellung Székely’s auf dem Pranger mit der Tafel „Untreuer Beamter“ und dann diesen Beisatz selbst an. Das Libell wurde bei der Censur eingereicht, und da sich diese damit nicht Raths wußte, von derselben dem Kaiser, der sich gerade in Ungarn befand, mittels Staffette nachgeschickt. um dessen Resolution darüber zu vernehmen. Kaiser Joseph ließ sich das Libell, das einzelne Stellen von bodenloser Frechheit enthält, durch seinen Adjutanten vorlesen und schrieb dann darauf: „daß die Schrift öffentlich verkauft werden solle, weil sie nur seine Person anbelange – eine andere Schrift dagegen („Beweis, daß Zahlheim als ein Opfer der Unwissenheit seiner Richter hingerichtet worden u. s. w.“) verbiete er, weil sie seine Richter und ihr Verfahren durchzöge u. s. w.“. Nun ging die Sache erst an. Alles wollte die Schrift, welche Wucherer anfänglich um 30 kr., dann um 15 kr. verkaufte, lesen. Sechs Auflagen folgten hintereinander. Ein Nachdruck, von Schmidt und Steinsberg veranstaltet, wurde um zehn und sieben Kreuzer hintangegeben. Eine Anzeige des Buches in der „Erlanger Realzeitung“ von Rautenstrauch, welche die Stelle enthält: „daß eine Schrift über Székely’s Verurtheilung in Wien erschienen sei, die alle Schranken der Ehrfurcht gegen den Monarchen überschreite; ein gewißer Mann, der den Verlag der Scharteken wider Joseph II. zu seiner eigenen Speculation mache, sey der Drucker und Verleger davon“, gab nun Anlaß zu buchhändlerischen Enthüllungen schnödester Art, welche Gräffer im dritten Bändchen der „Josephinischen Curiosa“, S. 14 u. f., ihrem Detail nach aufdeckt. So bildete die ganze Székely-Affaire, die weiter vielleicht gar nicht beachtet worden wäre, durch die Libelle, die sie ins Leben rief, und welche die Aufmerksamkeit des Publicums auf diesen Fall erst recht lenkten, eine der interessantesten Episoden aus der Josephinischen Zeit. Eduard Breier hat [22] in seinem Romane „Die Rosenkreuzer in Wien“ den ganzen Vorfall auch der lebenden. Generation wieder vorgeführt.

Fezer (J. J.), Freymüthige Bemerkungen über das Verbrechen und die Strafe des Garde-Obristlieutenants Székely. Von einem Freunde der Wahrheit (o. O. [Wien] 1786, kl. 8°., XXII S.) [eines der frechsten Libelle aus den Tagen der Josephinischen Preßfreiheit, von dem Druckereifactor Fezer des berüchtigten Druckers Wucherer verfaßt]. – An den Verfasser der freymüthigen Bemerkungen über das Verbrechen und die Strafe des Székely (Wien 1786, 8°., 13 S.) – Noten zum Texte: „Freymüthige Bemerkungen u. s. w.“, von einem ehrlichen Manne (Augsburg 1786, 8°., 46 S.). – Székely’s Vertheidiger strafbarer als Székely. Beleuchtung der „Freymüthigen Bemerkungen u. s. w.“ (Prag 1786, 8°., 30 S.). – Was ist von dem Urtheile des Székely zu halten (s. l. 1786, 8°., 23 S.). – Rieder Wochenblatt, 1868, Nr. 38, im Feuilleton: „Kaiser Joseph II. und zwei Verbrecher aus dem Adelsstande“ [Székely wird hier in Székuly umgetauft]. – Gräffer (Franz), Josephinische Curiosa oder ganz besondere, theils nicht mehr, theils noch nicht bekannte Persönlichkeiten, Geheimnisse, Details, Actenstücke und Denkwürdigkeiten der Lebens- und Zeitgeschichte Kaiser Josephs II. (Wien 1848, I. Klang. 8°.) Bändchen I, S. 110, im Artikel: „Josephinische Memorabilien von dem 1810 verstorbenen Hofrath von Bretschneider“; Bändchen III, S. 1–19: „Székely der Verbrecher und Joseph der Richter“. – Derselbe, Neue Wiener Localfresken, geschichtlich, anekdotisch. curios, novellistisch, ernst und heiter, alte und neue Zeit betreffend (Linz 1847, Fried. Eurich, 8°.) S. 98: „Székely und das Goldsalz“. – Vehse (Ed. Dr.), Oesterreichs Hof und Adel (Hamburg, Hofmann und Campe, 8°.) Bd. VIII, S. 222.