BLKÖ:Tedeschi, Prosper
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
---|---|---|---|
korrigiert | |||
<<<Vorheriger
Tedeschi, Marcus |
Nächster>>>
Tedeschi, A. | ||
Band: 43 (1881), ab Seite: 175. (Quelle) | |||
[[| bei Wikisource]] | |||
in der Wikipedia | |||
Prosper Tedeschi in Wikidata | |||
GND-Eintrag: [1], SeeAlso | |||
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
| |||
|
Eugen lebte). Zu Castiglione im Florentinischen geboren, gab er sich für einen Abbé aus, der er wohl nie gewesen, und gehörte 1719 zu der berüchtigten Rotte Korah, welche kein Mittel unversucht lassen wollte, den ihr mißliebigen Prinzen Eugen bei Kaiser Karl VI. in Ungnade zu bringen, wodurch die Erfüllung ihres geheimen Endzweckes, die Verbannung oder Entfernung des Helden vom Hofe, von selbst sich ergeben mußte. Die Dinge standen damals, wie folgt. Als Kaiser Joseph I. in der Vollkraft seines Lebens, erst 33 Jahre alt, das Zeitliche segnete, hinterließ er aus seiner Ehe mit Amalie Wilhelmine von Hannover zwei Töchter – ein Sohn Leopold Joseph war bereits, ein Jahr alt, gestorben – auf welche nach der von Leopold I. eingesetzten Erbfolgeordnung die Herrschaft über die österreichischen Erbländer in dem Falle übergehen sollte, wenn das Geschlecht der Habsburger im Mannesstamme ausstürbe. Aber Karl, der nach dem Tode seines älteren Bruders Joseph den Kaiserthron als Karl VI. bestieg, änderte bald nach Antritt der Regierung dieses Gesetz, indem er seinen eigenen Töchtern vor denjenigen seines verstorbenen Bruders Joseph die Thronfolge zusicherte. Obwohl nun der Kaiser noch immer männliche Nachkommen erhalten konnte, denn Maria Theresia war im Jahre 1719 erst zwei Jahre alt, so zog doch König Victor von Savoyen, wie sein Geschlecht der ewige Widersacher der Habsburger und stets bedacht, sich auf Kosten Oesterreichs zu bereichern, den möglichen Fall, daß Karl ohne männlichen Erben bleibe, in den Kreis seiner Berechnung. So bewarb er sich denn für seinen ältesten Sohn, den nachmaligen König Karl Emanuel III. um die Hand einer Tochter des Kaisers Joseph I., in der Hoffnung, durch diese Heirat einen Anspruch seines Hauses auf Mailand, ja vielleicht auf sämmtliche italienische Länder, über welche der Kaiser gebot, zu begründen, oder wenigstens einen Vorwand zu erhalten, sich derselben zu irgend einem gelegenen Zeitpunkt zu bemächtigen. Eugen, der die wahren Absichten seines Vetters leicht durchschaute. aber mit unerschütterlicher Treue an seinem zweiten Vaterlande Oesterreich und dessen Kaiserhause hielt, erklärte sich mit aller Entschiedenheit gegen das Heiratsproject, [176] dessen Annahme für das Kaiserhaus nur Nachtheile im Gefolge habe, welche er auch bei Hofe offen und anschaulich darlegte. Da König Victor seinen Vetter, den Prinzen zu genau kannte und wußte, daß an eine Umstimmung oder gar an eine Gewinnung desselben für seine Pläne gar nicht zu denken sei, so war seine Absicht nur darauf gerichtet, Eugen vom kaiserlichen Hofe zu entfernen und daher mit jenen gemeinschaftliche Sache zu machen, welche an demselben Plane arbeiteten, und an denen es, wie die Sachen nun einmal lagen, am kaiserlichen Hofe nicht fehlte. Die Widersacher Eugens, ebenso zahlreich als mächtig, hatten, wie aus der vorstehenden Darstellung hervorgeht, an König Victor, dem die Macht seines Hauses zu vergrößern kein Mittel zu schlecht dünkte, einen ungeahnten Bundesgenossen gefunden. Sein Gesandter in Wien, Marquis von St. Thomas, war die Seele der schimpflichen Intriguen, dieser hielt die Fäden derselben mit unsichtbaren Händen, stets im Hintergrunde verbleibend, um, wenn die Sache mißlänge, seinen König und sich selbst nicht bloßzustellen. Ein Hauptwerkzeug, dessen er sich hierbei bediente, war eben unser Abbate (?) Giovanni Prospero Tedeschi, zu welchem sich bald der kaiserliche Kämmerer und Reichshofrath Graf Johann Friedrich von Nimptsch gesellte, der in der Folge die Hauptrolle übernahm. Tedeschi zählte zur Gilde jener Abenteuerer, mit deren Hilfe man in damaliger Zeit leider nur zu oft Politik trieb. Für den Meistbietenden zu jeder Schlechtigkeit entschlossen, konnten sie, die nichts zu verlieren hatten, nur gewinnen, wenn ihnen ein Schandstreich gelang. Ob Tedeschi wirklich Priester war, worauf das Abbatekleid, das er trug, hinzuweisen scheint, steht dahin; alle Anzeichen sprechen dagegen, vermuthlich hatte er diese damals sehr übliche Tracht nur gewählt, um sich mittels derselben überall leichter Eingang zu verschaffen. Unter den mißlichsten Umständen war er nach Wien gekommen, und als er daselbst mit dem Marquis von St. Thomas Fühlung gewann, veränderten sich dieselben in auffallender Weise. Bis dahin noch in ärmlichster Kleidung erscheinend, hielt er jetzt mit einem Male Wagen und Pferde, und fehlte es ihm nie an Gelde, womit er Leute verschiedensten Standes an sich zog oder aber sich Eintritt bei ihnen verschaffte. Unter den ansehnlicheren Persönlichkeiten, bei denen er sich einschlich, befand sich der eben genannte Graf von Nimptsch, der in verschwenderischer Weise lebend, nie so viel Geld hatte, als er brauchte. Daß dieser in steten Geldverlegenheiten stak, hatte Tedeschi bald heraus, und dem Grafen kam des Letzteren Freigebigkeit, für deren Unversiegbarkeit der savoyische Gesandte Marquis St. Thomas sorgte, trefflich zu Statten. Dabei war Nimptsch, der durch sein im Uebrigen heiter angelegtes Temperament einzunehmen verstand, als Schwager des Grafen Michael Johann Althann, eines sehr bevorzugten Günstlings des Kaisers Karl – er hatte Althann’s Schwester Maria Johanna Therese (geb. 22. Juni 1687, gest. 29. März 1726) zur Frau – eine bei Hofe wohlgelittene Persönlichkeit. Diesen Umstand beutete er, dem es an einer gewissen Dosis Frechheit nicht fehlte, zu seinen Zwecken aus. indem er sich den höchsten Personen näherte und auch keinen Anstand nahm, den Kaiser selbst anzureden. Dieser war schon durch Althann, der auch zu [177] Eugen’s Widersachern zählte, einigermaßen gegen Letzteren eingenommen, doch ließen ihn des Helden Verdienste in dem Dankgefühle, welches er demselben schuldete, nicht nachhaltig beirren. Aber das mußte anders werden. Nimptsch suchte sich mehr und mehr der Person des Monarchen zu nähern, was ihm bei seinen geschmeidigen Manieren auch nicht schwer fiel, und warf dabei immer Bemerkungen hin, welche darauf berechnet waren, theils den Prinzen Eugen in der öffentlichen Meinung herabzusetzen, theils das Vertrauen des Kaisers auf seinen Helden zu erschüttern. Insbesondere berührte er das oberwähnte Vermälungsproject und wußte die Sache so darzustellen, als ob Eugens Widerstand gegen dasselbe vornehmlich aus dessen Vorliebe für das kurfürstliche Haus Bayern herrühre, dem auch der gesammte österreichische Adel seine Sympathien zuwende, was denn doch für den Kaiser selbst bei gewissen politischen Constellationen bedenklich werden könne. Auch sei der Prinz den Töchtern des verstorbenen Kaisers Joseph I. anhänglicher als dem Kaiser selbst, wie man das sehr leicht beobachten könne, da Eugen ja jeden Anlaß benütze, um den Prinzessinen Beweise seiner warmen Verehrung darzubringen. Der Kaiser nahm diese intriguanten Enthüllungen anfänglich mehr aus Neugierde entgegen, um die Strömungen der offenen und heimlichen Sympathien bei Hofe und unter seinem Adel kennen zu lernen. Da er aber Alles mit Aufmerksamkeit anhörte, so machte dies den Grafen nur verwegener und des Prinzen Feinde nur erfinderischer. Allmälig stand Eugen vordem Kaiser in einer Gestalt da, die denselben beunruhigte. Der Monarch ward in dem Glauben an des Helden Treue erschüttert, und zuletzt wähnte er, der eigenen Vorsicht wegen den Prinzen und dessen Anhänger zur schärferen Beobachtung unter besondere geheime Aufsicht stellen zu müssen, und Graf Nimptsch erbot sich nun, auf den Prinzen ein besonders wachsames Auge richten und den Kaiser nächtlicher Weile über alles Bericht erstatten zu wollen, was er entdecke oder sonst erfahre. Und so geschah es wirklich. Die Intrigue, welche der sardinische Gesandte, Tedeschi und Graf Nimptsch stets verwickelter spannen, nahm immer größere Dimensionen an. Auch andere Gegner des Heiratsprojectes, die Conferenz-Minister Graf Sinzendorf und Gundaker Graf Starhemberg wurden verdächtigt; das Mißtrauen des Kaisers auf alle nur mögliche Weise genährt; ja der eigene Schwager des Grafen Nimptsch, Graf Althann, des Kaisers erklärter Günstling, blieb nicht verschont, und das sollte eben die Wahrheit dieser Verleumdungen nur noch mehr erhärten. Die Dinge gingen nun ihren unheimlichen Gang, der Monarch empfing den Grafen Nimptsch immer öfter heimlich und zu nächtlicher Weile. Prinz Eugen mochte es wohl fühlen, daß etwas gegen ihn im Anzuge sei, ohne daß er sich bei seiner Schuldlosigkeit Rechenschaft darüber geben konnte. Aber die rächende Nemesis ließ nicht auf sich warten. Prinz Eugen gelangte endlich zur vollen Kenntniß der gegen ihn ins Werk gesetzten Niederträchtigkeiten, und zwar wurde der Kammerdiener des Grafen Nimptsch der Verräther des schändlichen Complotes. Die fortwährende Bewegung, die stete Aufgeregtheit, in welcher der Herr sich befand, fielen dem Diener auf, der nun seinerseits, wie es solchen Naturen eigen, um so mehr seine Aufmerksamkeit anstrengte, [178] als alles geschah, ohne daß seine Hilfe in Anspruch genommen wurde. So gewahrte er denn, daß der Graf des Nachts mehrmals den Anzug wechselte und immer in anderer Verkleidung an die verschiedensten Orte sich begab, daß ganz unbekannte Menschen zu seinem Gebieter kamen, mit denen derselbe in geheimnisvollen Beziehungen stand. Er machte sich bald über diese ungewohnten Erscheinungen seine eigenen Gedanken, und es wurde aus dem treuen Diener des Herrn dessen Spion, der es bald heraus hatte, daß es bei allen diesen Heimlichkeiten sich um den Prinzen Eugen handle. Ohne sich lange zu bedenken, ging er nun unmittelbar zu dem Prinzen und theilte ihm alles mit, was er wußte. Eugen entgegnete aber dem Diener, daß das Vorgebrachte nicht genüge, um gegen einen Mann von der Geburt, der Stellung und den Familienverhältnissen des Grafen etwas zu unternehmen. Wenn er ihm Beweise dessen, was er vermuthe, bringen könne und werde, so sei er nicht nur einer Belohnung, sondern auch des Schutzes gegen etwaige Verfolgungen sicher. Da brachte der Diener die Papiere seines Herrn, in welchen das schändliche Gewebe bloßgelegt war, das man um den Prinzen gesponnen. Wie es dieser versprochen, sorgte er zunächst dafür, daß der Diener der Rache des Grafen entzogen werde. Da er ihn in Wien nicht sicher hielt, ließ er ihn in die Schweiz reisen und warf ihm zum Lebensunterhalt eine Pension aus. Nun aber berieth er mit seinen Freunden, was in seiner Sache zu thun sei. Allgemeine Zustimmung fand sein Entschluß: offen vor den Kaiser hinzutreten und strenge Genugthuung zu verlangen. Werde ihm diese nicht gewährt, so lege er, erklärte der Prinz, alle seine Stellen zu den Füßen des Kaisers nieder, zugleich aber rufe er ganz Europa zum Richter über die Kränkung auf, die ihm widerführe, wenn Verleumdungen, wie sie gegen ihn vorgebracht worden, unbestraft blieben. Mochte der Kaiser noch einen Moment gezögert haben, der Forderung Eugens zu willfahren, so kam er doch bald zur Ueberzeugung, daß dem schwer Beleidigten sein Recht werden müsse, und so entschloß er sich, Tedeschi und den Grafen verhaften zu lassen und zur Untersuchung der Angelegenheit eine eigene Justizcommission einzuberufen. Dieselbe setzte sich zusammen aus dem Reichshofrath-Präsidenten Grafen von Windischgrätz als Vorsitzender, dem österreichischen Hofkanzler Georg Christoph Grafen von Stürgkh, dem Reichshofrath von Blümegen und dem Hofrath von Dalberg als Protokollführer. Die Sache erregte in Wien ungeheures Aufsehen und wie vorauszusehen, bildeten sich zwei Parteien. Die eine stand offen und ehrlich zum Prinzen Eugen und billigte sein entschiedenes Auftreten. Zu dieser gehörte vor Allen der obige Reichshofrath-Präsident von Windischgrätz, der, obgleich er nicht zu des Prinzen Anhängern zählte, doch freimüthig vor dem Kaiser erklärte, daß es ein ewiger Schandfleck für dessen Regierung bleibe, wenn Demjenigen, dem das Haus Oesterreich unauslöschlichen Dank schulde, für die angethane Schmach nicht volles Recht würde. Aber auch die Gegenpartei, an deren Spitze der schon genannte Gras Althann, Nimptsch’s Schwager, und der Erzbischof von Valencia, Präsident des spanischen Rathes, standen, war nicht müßig und versuchte Alles, daß die Untersuchung gegen Tedeschi und Nimptsch eingestellt würde. Doch durch des Prinzen Haltung, während [179] die Untersuchung im Zuge war, und mehr noch durch den Umstand, daß man von der Theilnahme des sardinischen Gesandten Grafen Saint Thomas an dem schändlichen Handel Kenntniß bekam, sah sie alle Maßnahmen vereitelt, welche vielleicht zur Umstimmung des Kaisers geführt hätten. Dabei hatte der Prinz, von dem Augenblicke an, als er dem Kaiser seine Beschwerde vorgebracht, sein eigenes Verhalten den Verhältnissen gemäß geregelt; er enthielt sich der Besorgung jedes Staatsgeschäftes; der Conferenzrath hörte auf sich zu versammeln, denn Eugen als dessen Präsident berief ihn nicht mehr zu den gewöhnlichen Sitzungen, und Niemand hätte es gewagt, dies anstatt des Prinzen zu thun. Ebenso gerieth beim Hofkriegsrath Alles ins Stocken, und so zeigte es sich mit jedem Tage dringender, die Angelegenheit, welche so tief in das Getriebe der Staatsmaschine eingriff, zu beendigen. Demnach wurde die Untersuchung gegen Tedeschi und Nimptsch mit allem Eifer fortgesetzt. Dem Grafen Nimptsch ward, während er im Gefängnisse saß, auf Befehl des Kaisers der Kammerherrnschlüssel abgefordert. Unter den Habseligkeiten Tedeschi’s, der bei dem sogenannten Rumorhauptmann am Peilerthore in Haft saß, fand man einen Koffer mit doppeltem Boden, der alle Papiere enthielt, welche über die Pläne beider Verhafteten und über ihre bisherigen Unternehmungen Aufschluß gaben. Gegen Ende September 1719 war Prinz Eugen davon in Kenntniß gesetzt, was man wider ihn geplant hatte. Zwei Monate später, am 21. November, wurde ihm der Bericht mitgetheilt, welchen die Commission über das Ergebniß ihrer Untersuchung erstattete. Ueber Tedeschi hieß es darin: Er habe sich betrügerischer Weise für einen Grafen des heiligen römischen Reiches und mittels der gefälschten Abschrift eines Diploms als Reichshofrath ausgegeben. Er habe an eine fremde Regierung die beleidigendsten Dinge über den Wiener Hof und das kaiserliche Ministerium geschrieben, unwahre und von ihm selbst erfundene Reden dem Kaiser und dem Minister in den Mund gelegt, alles in der Absicht, einen Betrug zu verüben und sich dadurch eine beträchtliche Geldsumme zu erwerben. Andern zur Abschreckung und ihm selbst zur gerechten Strafe wurde er dafür verurtheilt, auf einem öffentlichen Platz, dem neuen Markt, zwei Stunden lang an den Pranger gestellt, dann mit dreißig Ruthenstreichen von der Hand des Henkers ausgepeitscht und hierauf aus allen Staaten des Kaisers verbannt zu werden. Milder lautete das über den Grafen Nimptsch gefällte Urtheil. Er wurde zur Entsetzung seiner Stellen eines kaiserlichen Kämmerers und Hofrathes, zu zweijähriger Festungsstrafe und zu ewiger Verbannung von Wien und von all den Orten, an welchen das kaiserliche Hoflager sich eben befinden könnte, verurtheilt. Außerdem habe er in eigenem Schreiben den Prinzen Eugen und den Grafen Althann wegen der wider sie vorgebrachten Verleumdungen um Verzeihung zu bitten. Obwohl nun Graf Althann nichts unterließ, die Vollstreckung des wider Nimptsch gefällten Urtheils zu hintertreiben, woraus man schließen wollte, daß des Schwagers Umtriebe gegen ihn eben von keiner Bedeutung gewesen, so konnte er doch nichts bei dem Kaiser erreichen, welcher nur bemüht war, die bittere Pille dadurch zu versüßen, daß er den in einer Vorstadt Wiens gelegenen Garten des [180] Grafen, während die Untersuchung noch im Zuge war, besuchte, um dadurch öffentlich zu zeigen, daß Althann unverändert in der Gunst des Kaisers stehe. Obige Urtheile waren am 7. December 1719 erlassen worden. Am Morgen des 12. December wurde vor dem damaligen Gerichtshause, die Schranne genannt, das Urtheil wider Tedeschi in lateinischer Sprache öffentlich verlesen. Ihn selbst hatte man auf einen Karren gesetzt, nach dem Neuen Markt geführt und dort an den Pranger gestellt. Dann wurde an ihm, ganz nach Vorschrift des damaligen strengen Gerichtsverfahrens die Strafe der Auspeitschung vollzogen. In einem wohlverwahrten Wagen brachte man ihn darauf durch das Kärnthnerthor auf die Straße, welche nach Tyrol führt. An der Grenze angelangt, mußte er einen Eid schwören, dieselbe niemals wieder zu überschreiten, und hiermit wurde er auf piemontesisches Gebiet entlassen. Viele, nicht blos Eugens zahlreiche Anhänger, auch fremde unbetheiligte Personen fanden dies Urtheil zu gelinde. Man versetze sich nur in den Fall, wenn Tedeschi’s und Nimptsch’s Schurkerei gelungen wäre?! Mit geringerem Aufsehen wurde zwei Tage später das Urtheil an dem Letzteren vollzogen. Am frühesten Morgen des 14. December fuhr eine wohlverwahrte von Dragonern des Regiments Baireuth umgebene Kutsche gleichfalls durch das Kärnthnerthor, diese brachte den Grafen Nimptsch nach Gratz, in dessen festem Schlosse er seine Strafe verbüßte. Was den eigentlichen Urheber der Intrigue, den Marquis von St. Thomas betrifft, so scheint Eugen von dem Verlangen, eine besondere Genugthuung von ihm zu erhalten, abgestanden zu sein. Wahrscheinlich genügte ihm das Entschuldigungsschreiben, welches Victor Amadeus an ihn richtete, worin derselbe sich von jeglicher Theilnahme an den Nichtswürdigkeiten, welche dem Prinzen zugefügt wurden, zu reinigen versuchte. Den einzigen und eigentlichen Ersatz für die erfahrenen Kränkungen fand der Prinz in der allgemeinen Theilnahme der Wiener Bevölkerung, die sich ganz entschieden bei allen Anlässen, am meisten aber in der Erbitterung kund gab, welche man gegen den Marquis von St. Thomas äußerte, für dessen persönliche Sicherheit man einige Zeit, bis die ersten Fluthen der Entrüstung verlaufen waren, ernste Befürchtungen hegte. Zu dieser Theilnahme Wiens gesellte sich aber auch jene der übrigen Provinzen, dann Deutschlands und der anderen Nationen, welche ihre Freude über den Sieg, den Prinz Eugen gegen seine Widersacher errungen, überall zu erkennen gaben. Aber auch die Mißstimmung der Gegner des Prinzen kam hie und da zum Vorschein. Besonders Graf Althann glaubte es dem Monarchen entgelten zu müssen, daß dieser den Schwager der verdienten Strafe nicht entzogen. Er ließ sich seit dieser Zeit bei Hofe nicht wieder sehen und es war bekannt, daß der Kaiser des Grafen Gesellschaft besonders liebte und ihn nur ungerne entbehrte. Der Graf nahm keinen Anstand, es offen auszusprechen, einer von beiden, er oder Eugen müsse weichen! (Welcher Größenwahnsinn, sich dem Prinzen Eugen gleichzustellen!!) Aber einer, der Alles ausgleicht, machte auch dieser Calamität ein Ende, der Tod. Graf Althann starb am 16. März 1722. Einige wollen in seiner Gemalin Marie Anna geborenen Marchese Pignatelli, Herzogin von Belriguardo, [181] die eigentliche Widersacherin Eugens erkennen. Aber die Marchesa hielt sich grundsätzlich von allen politischen Geschäften ferne, ausschließlich der Kunst und Wissenschaft lebend, für deren Förderung sie alles that, wodurch sie sich auch ein bleibendes Andenken geschaffen hat. Sie mischte sich nur ein einziges Mal in Politik, und da geschah es nicht gegen Eugen, sondern vielmehr zu dessen Gunsten. Man vergleiche die kleine Skizze über diese berühmte Dame in unserem Lexikon [Bd. I, S. 18].
Tedeschi, Prosper (Abenteuerer, der im achtzehnten Jahrhundert zur Zeit des Prinzen