BLKÖ:Windisch-Grätz, Ernst Friedrich

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 57 (1889), ab Seite: 47. (Quelle)
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15. Ernst Friedrich (geb. zu Wien am 20. Juni 1670, gest. zu St. Peter in der Au am 6. September 1727), vom Erasmischen Aste. Ein Sohn des damals noch protestantischen Grafen Gottlieb von Windisch-Grätz aus dessen zweiter Ehe mit der Gräfin Maria Eleonore von Oettingen, trat er, dem Beispiele seines Vaters folgend, zum Katholicismus über. Mit großen Fähigkeiten und vielseitigen Kenntnissen ausgerüstet, schlug er die staatsmännische Laufbahn ein, wurde bald zum Reichshofrath ernannt und 1694 mit besonderen Instructionen an den kursächsischen Hof von Dresden abgeschickt. Im Jahre 1700 erhielt er von König Karl II., von Spanien nebst einem sehr schmeichelhaften Schreiben den Orden des goldenen Vließes und gleichzeitig vom Kaiser mittels Lehrbriefes die Erneuerung seines Erbamtes als Oberstlandstallmeister in Steiermark. 1705 ertheilte ihm Joseph I. besondere Instructionen zur salzburgischen Coadjutorswahl und den damit verbundenen Auftrag, die Aussöhnung des Erzbischofs mit dem Capitel zu bewirken, was ihm auch gelang. Graf Ernst Friedrich wurde ferner als Comitialgesandter nach Regensburg abgeordnet und zum kaiserlichen geheimen Rath ernannt. Er war mit unter denjenigen, welche der Kaiser nach dem Tode des Grafen von Kaunitz [Bd. XI, S. 63, Nr. 3] für die Reichsvicekanzlerstelle in Vorschlag gebracht hatte; allein der Kurfürst von Mainz wußte diese Wahl zu Gunsten seines Vetters, des Grafen Schönborn, zu hintertreiben. Nach dem Tode Kaiser Josephs I., der dem Grafen Ernst Friedrich besonders geneigt gewesen, sandte ihn die Kaiserin Mutter, Regentin Eleonore 1711 als ersten Botschafter zur Kaiserwahl nach Frankfurt. wo er aber die Ankunft Karls VI. nicht abwartete. Dieser Monarch war dem Grafen, obwohl er dessen Kenntnisse zu würdigen wußte, nicht gewogen, vielleicht aus dem Grunde weil derselbe mit der Kaiserin Elisabeth, deren Großvater von mütterlicher Seite (Graf Oettingen) ein Bruder der Mutter Ernst Friedrichs war, in naher Verwandtschaft stand und deshalb mehr Achtung und Auszeichnung fordern mochte, als anderen Würdenträgern zutheil ward. Karl VI. behielt ihn nicht in der Conferenz und entfernte ihn von allen bedeutenderen Geschäften; aber auch der Graf that seinerseits keinen Schritt, um die Gunst des Kaisers zu gewinnen, und lebte einige Jahre hindurch in stiller Zurückgezogenheit auf seinen Besitzungen in Oesterreich, bis er endlich 1714 von der Kaiserin Amalia die Nachricht erhielt, der Kaiser habe ihn für die Reichshofraths-Präsidentenstelle in Vorschlag gebracht. Dieser Botschaft war die Entschuldigung beigefügt, daß seine Majestät von der dem Grafen Gottlieb (Ernst Friedrichs Vater) von Kaiser Leopold I. ertheilten Anwartschaft auf das Reichs-Erbmundschenkenamt keine Kenntniß gehabt habe und nun dem Sohne gegenüber in Verlegenheit wäre, weil dies durch den Tod des Grafen von Limburg erledigte Erbamt bereits dem Grafen Althan verliehen worden sei. Ernst Friedrich nahm den ihm angebotenen Reichshofraths-Präsidentenposten an und stellte dem Monarchen das in seinen Händen befindliche Exspectanzbillet Kaiser Leopolds I. zurück. Durch seine allgemein gerühmte edle Denkungsart erwarb er sich einen im ganzen Reiche hochgeachteten und angesehenen Namen, wovon viele von den höchsten Personen an ihn gerichteten und im fürstlichen Archive zu Tachau aufbewahrten [48] Briefe Zeugniß geben. Am glänzendsten bekunden seinen ausgezeichneten Charakter folgende Thatsachen. Als Vorsitzender der gerichtlichen Commission, welche die bekannte, den Sturz des Prinzen Eugen bezweckende Intrique zu untersuchen hatte, gab Ernst Friedrich das erste Beispiel entschiedenen Auftretens für diesen Prinzen, obgleich er sonst nichtsweniger als zu dessen Anhängern gehörte. Unerschrocken erklärte er dem Kaiser, daß es ein ewiger Schandfleck für dessen Regierung sein würde, wenn derjenige, welchem das Haus Habsburg zu unauslöschlichem Danke verpflichtet sei, einer niedrigen Cabale zum Opfer fiele. Der Kaiser möge strenges Gericht über die Schuldigen halten und das Urtheil, das über sie gefällt werden würde, unnachsichtlich vollziehen lassen. Im Jahre 1724 wurde Ernst Friedrich zum Staats- und Conferenzminister ernannt. In dieser Eigenschaft trat er gegen die durch den spanischen Abgeordneten im November 1724 gemachten Vorschläge in entschiedenster Weise auf. Der Infant Don Fernando begehrte nämlich die Hand einer österreichischen Erzherzogin und als deren Mitgift die Niederlande und die italienischen Gebietstheile des Kaisers; für den Prinzen Don Carlos aber die Zusicherung der Anwartschaft auf Toscana und Parma – ja seine Wünsche waren sogar auf die Erzherzogin Maria Theresia selbst gerichtet. Prinz Eugen und mit ihm Gundaker von Starhemberg warnten vor einer zu nahen Verbindung mit Spanien, gegen den Rath Sinzendorf’s und anderer einflußreichen Personen, die mit ihren Projecten den Kaiser ruiniren und die Monarchie zu einer spanischen Provinz machen wollten. Mit der ihm eigenen Unerschrockenheit erhob Graf Ernst Friedrich seine Stimme gegen den Abschluß eines Vertrages mit Spanien, indem er diejenigen geradezu Verräther nannte, welche an diesem verwerflichen Plane schuld seien. Der bekannte Marschall Herzog von Richelieu, 1725 französischer Gesandter in Wien, schreibt in seinen Memoiren:„Le comte de Windisch-Grätz, président du conseil aulique, homme droit, plein de probité et d’esprit de justice, mais portant quelquefois trop loin l’opinion, qu’il avait de la grandeur de son maître“. Graf Ernst Friedrich galt bei seinen Zeitgenossen als ein streng rechtlicher, aber schwer zu behandelnder Mann. Als er sich einmal in einer Conferenz mit dem Reichsvicekanzler Grafen Schönborn, der damals Coadjutor des Bischofs von Bamberg war, entzweit hatte, bestand er infolge einer erhaltenen Herausforderung mit demselben auf dem Augustinerplatze in Wien öffentlich einen Zweikampf. Graf Schönborn wurde nachher vom Papste verurtheilt, hinfort nur geistliche Kleidung zu tragen. Ernst Friedrich starb zu St. Peter in der Au, wohin er sich kurz vor seinem Ende zurückgezogen hatte, im Alter von 57 Jahren. Zwei Kinder aus seiner zweiten Ehe waren längst vor ihm in zartem Jugendalter aus dem Leben geschieden. Seine erste Gemalin Maria Theresia geborene Gräfin von Slawata, verwitwete Gräfin von Fünfkirchen, mit ihm vermält 1695, gestorben kinderlos am 28. April 1699, hatte ihm die Herrschaft Rothen-Lhota verschrieben; seine zweite Gemalin (seit 1709) war Theresia Rosalia geborene Gräfin von Rottal, verwitwete Freiin von Fünfkirchen, welche ihm ein großes Vermögen und die Herrschaft Leopoldsdorf zubrachte. Sie überlebte den Grafen um viele Jahre und starb zu Wien am 12. Jänner 1753. [(Arneth). Prinz Eugen von Savoyen (Wien 1858) Bd. III, S. 50, 51 und 173. – Pichler (Georg Abdon). Salzburgs Landesgeschichte (Salzburg 1863) S. 309. – Mémoires du Maréchal Due de Richelieu (Paris, Gustave Barba, gr. 4°.) S. 155. – Porträts. 1) Unterschrift: „Illustrissim. Domin. Ernestus | Fridericus S. R. I. Comes a | Windischgrätz, Aurei Velleris | Eques sacrae Caesareae Majestatis Consiliari. | Actualis intimus Ejusdem Judicii | Imperialis Aulici Praeses“. Aurbach pinx. Viennae. Wortmann Scr. Hass. Landg. sculptor sculps. 1719 (kl. Fol.). Der Graf ist im Ornat des goldenen Vließes dargestellt. Unter der Inschrift zeigt eine Medaillonvignette die auf dem Thron sitzende Gerechtigkeit, welche einer ihr entgegenkommenden Gruppe von drei Personen in der rechten Hand die Wage entgegenhält. – 2) G. D. Heumann fec. 1726 (8°.). –