BLKÖ:Weyr, Rudolf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Weyr, Eduard
Band: 55 (1887), ab Seite: 206. (Quelle)
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Weyr, Rudolf (Bildhauer, geb. zu Wien am 22. März 1847). Bei ausgesprochenem Talente für die Kunst wurde er an die k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien geschickt, wo er 1864–1868 unter Professor Bauer sich bildete. Schon im Studienjahre 1864/65 errang er den Füger’schen Compositionspreis. Aber größere Eindrücke erschlossen sich ihm erst im Atelier Cesar’s, eines als Graveur und Plastiker gleich trefflichen Künstlers. 1870 erhielt er für seine Gruppe „Samson und Delila“ den für das Gebiet der Bildhauerei bestimmten großen Reichel’schen Compositionspreis. Zwei Jahre später wurde ihm für seinen Entwurf der Weltausstellungsmedaille „für guten Geschmack“ [die Abbildung in der „Wiener Weltausstellungs-Zeitung“ 1872, Nr. 70] der Concurrenzpreis zutheil; einen solchen, den der niederösterreichische Gewerbeverein für das dem Kaiser darzubringende Jubiläumsgeschenk ausschrieb, erwarb er mit dem in Silber und Gold ausgeführten Tafelaufsatze, dessen Hauptfigur die Statuette des Kaisers im Ornat des Großmeisters vom Orden des goldenen Vließes als Schützer der Arbeit mit vier am Sockel sitzenden allegorischen Frauengestalten bildet. Alle diese Arbeiten, und früher als die genannten seine vier Figuren der „Elemente“ an der Façade des neuen von Fellner erbauten Fischer’schen Hauses am Hof zu Wien lenkten die Aufmerksamkeit des Publicums auf den jungen Künstler, der es auch verstand, durch immer wieder neue gelungene Schöpfungen dieselbe rege zu erhalten. So zunächst durch den mit dem ihm geistig verwandten Medailleur Scharff [Bd. XXIX, S. 117] gemeinschaftlich gewonnenen Concurs um die Erzherzog Karl Ludwig-Stiftungsmedaille des Wiener Künstlerhauses und schließlich durch den Preis für das Grillparzer-Denkmal. Alsbald ging der Künstler zu monumentalen Arbeiten über, unter denen vor allen die Zwickelfiguren für die neuen Hofmuseen – gegen sechzig verschiedene Figuren umfassend – zu nennen sind. Von demselben edlen Geiste sind die beiden Gruppen für das neue Universitätsgebäude, „die juridische“ und „die medicinische Facultät“, durchdrungen. In diesen Kreis seiner Werke gehört auch die überlebensgroße Statue Kaiser Karls VI. für das neue Hofmuseum, das Monument der vor dem Feinde gebliebenen Zöglinge der k. k. Militärakademie zu Wiener Neustadt für letztere. Eine andere Seite für seine Beurtheilung ist jene der decorativen Plastik, in welcher er ganz Vortreffliches geleistet; so sei nur an den nach seinem Entwurfe ausgeführten Eisenbahnwaggon im Makart’schen Festzuge erinnert. Von ihm ist auch ein Plafond im Fürst Kinsky’schen Palaste auf der Freiung, eine ganz liebenswürdige Idylle von herzigen im Reigen sich bewegenden Amoretten. Dieser Plafond ist auch in Hinsicht der Technik interessant, als ein gelungener Versuch der Wiederbelebung alter Stuccotechnik. Ganz allerliebst sind die Puttenfigürchen für den großen Mittelsaal der noble étage im Palaste Miller-Aicholz in der Heugasse. Halb monumental, halb decorativ gestaltet sind auch die Karyatiden des Neubaues in der Singerstraße. Weyr ist ferner auch Modelleur für Metallindustrie, in welcher Hinsicht seine Figürchen für die vom Graveur Jauner ausgeführte Kaisercassette [207] köstliche Proben seiner Kunstfertigkeit bieten. Dann ein nicht minder beachtenswerthes Werk ist sein Modell einer Lampen tragenden Figur, das im Zinkguß an dem Neubau in der Adlergasse der inneren Stadt Wien in Anwendung kam. Viel beschäftigt ist er für die Hofschlosserei von A. Milde, in welcher das Kunstgewerbe auf eine überraschende Höhe gebracht ist und die schönsten Leistungen des Mittelalters vollkommen erreicht sind. Die ersten Architekten Wiens arbeiten für das Atelier Milde, in welchem wir Arbeiten finden ausgeführt nach Entwürfen von Feldscharek, Fellner, Hansen, Helmer, König, Storck, und für welches auch Weyr modellirt, so unter anderen ein mächtig auswuchtendes Stiegengeländer mit einer phantastischen Figur. Wir übergehen seinen decorativen Antheil an dem von dem Wiener und ungarischen hohen Adel veranstalteten Caroussel, bei welchem die Ausschmückung der Wagen von Weyr herrührt. Eines seiner neuesten Werke aber ist sein „Bacchuszug“, Relief am neuen Hofburgtheater in Wien, in welchem der Künstler seine ganze Macht über die Form, d. h. die Schönheit und Kraft des menschlichen Körpers in allen nur möglichen Bewegungen und eine übersprudelnde Lebensfülle in allen nur irgend denkbaren Abstufungen zur Anschauung bringt. Und das ist ihm wahrhaft auch vollkommen meisterlich gelungen. Freilich – Schreiber dieses kennt den Triumphzug nur aus einer Photographie – in welcher Gestalt nach etwa zehn Jahren diese Faunen und noch mehr diese Nymphen diesen bacchischen Dithyrambus mittanzen werden, ist eine andere Frage, welche mit der Wahl des Materials zusammenhängt, das unter allen Umständen ein solches sein müßte, welches am längsten den Einflüssen des Klimas mit dessen oft verheerendem plötzlichen Temperaturwechsel Widerstand leistet. Im Sommer 1886 vollendete er auch das Grabdenkmal für die im Ringtheater Verbrannten, welches Anfangs October genannten Jahres auf dem Centralfriedhofe aufgestellt wurde. Anläßlich der Enthüllung des Denkmals in der Wiener-Neustädter Militärakademie für die in österreichischen Feldzügen gefallenen Zöglinge dieses Instituts ist der Künstler von Seiner Majestät dem Kaiser mit dem Ritterkreuze des Franz Joseph-Ordens ausgezeichnet worden. Dr. Hermann Alexander Müller widmet in seinem „Biographischen Künstler-Lexikon“ (Leipzig 1882), also zu einer Zeit, in welcher Weyr bereits auf der Höhe künstlerischen Schaffens stand, demselben vierzehn halbgespaltene Zeilen. Es wäre denn doch an der Zeit, daß die bildende Kunst in Oesterreich, welche Namen wie Tilgner, Kundmann, König u. s. w. aufzuweisen hat, in den deutschen Werken über Kunst eine entsprechende Vertretung fände, umsomehr als die „Wiener Briefe“ von v. V(incenti)[WS 1] in der Augsburger, heute Münchener „Allgemeinen Zeitung“ den jeweiligen Autoren ein so reiches und sachgemäßes Material darbieten.

Fremden. Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1870, Nr. 341 in den „Tagesneuigkeiten“ – Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1874, Nr. 329, Beilage. – Dieselbe, 1877, Beilage Nr. 321 in v. Vincenti’s „Wiener Briefe“. – Dieselbe, 1880, Nr. 307, Beilage, in von Vincenti’s „Wiener Briefe“. – Dieselbe, 1884. Nummer 93, Beilage, gleichfalls in von Vincenti’s „Wiener Briefe“. – Presse (Wiener politisches Blatt) 1877, Nr. 311, im Feuilleton: „Das Grillparzer-Denkmal“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: V. V(incenti).