BLKÖ:Willmann, Michael Leopold
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 56 (1888), ab Seite: 194. (Quelle) | |||
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Rudolfs II. Vieles fand, was er copirte. Nebenbei fehlte es ihm aber nicht an Bestellungen zu Arbeiten für Private und Kirchen, die er bei seiner Geschicklichkeit, seinem großen Fleiße und der Eigenart, rasch und doch nicht minder gut zu malen, auch vollendete. Der Krieg vertrieb ihn aus Böhmen, wo er manche Werke seines Pinsels, die wir weiter unten angeben, zurückließ. In seine Heimat zurückgekehrt, wurde er kurfürstlicher Hofmaler. Als dann Kaiser Leopold I. den berühmten Jesuiten Wolf mit Aufträgen an den Kurfürsten von Brandenburg nach Königsberg schickte, wurde Willmann bald mit dem Pater bekannt, und diese Bekanntschaft entwickelte sich allmälig zu so inniger Freundschaft, daß er den katholischen Glauben annahm. Da ihm aber dieser Religionswechsel seine Stellung als Hofmaler erschwerte, zog er sich in das Cistercienserkloster Leubus zurück, wo ihm von dem damaligen Abte Arnold Freiburger, der mit ihm befreundet war, Aufnahme und im Klosterhofe eine Wohnung gewährt wurde, in welcher er seiner Kunst lebte und eine große Menge Bilder malte. Im Kloster verbrachte er einige Jahre, ward in Anerkennung der Dienste, welche er demselben geleistet, auch in die Confraternität aufgenommen, aber nie, wie hie und da angegeben steht, wirklicher Mönch, wofür schon die Thatsache spricht, daß er sich mit der Witwe des königlichen Hofagenten Lischka in Breslau vermälte, aus welcher Ehe mehrere Kinder hervorgingen deren weiter unten Erwähnung geschieht. Nach seiner Verheiratung lebte er mit seiner Frau in einem Hause, welches er unweit Leubus angekauft hatte, noch 40 Jahre und starb auf einer Besitzung unweit Breslau, im Alter von 76 Jahren. Die Zahl der von Willmann gemalten Bilder ist erstaunlich groß, sie beziffert sich auf nahezu 1600; viele derselben sind fleißig ausgeführt, manche wieder skizzenhaft, und sollen, dies gerade jene sein, welche ihm voraus bezahlt wurden, da er sich seiner Verpflichtung möglichst rasch entledigen wollte. Jedenfalls war er ein tüchtiger Künstler, dessen Technik ungeschmälerte Anerkennung verdient; seinen eigentlich künstlerischen Genius zu beurtheilen, fällt jedoch sehr schwer, weil bei der großen Zahl Copien, die er gemacht und zu seinen Bestellungen benutzte, es nicht leicht zu bestimmen ist, was in einem Gemälde sein, was copirt ist. Von seinen Bildern sind in Prag in der Pfarrkirche des Stiftes Strahow die [195] Altarblätter: „Mariä Heimsuchung“, „Geburt Christi“, „Herz Jesu“ und „die h. Landespatrone“; – im Graf Nostiz’schen Hause in Prag, und zwar im Billardzimmer: „David mit dem Schwerte und dem Kopfe des Riesen Goliath“, ein „h. Hieronymus in der Wüste“, und in der Hauscapelle daselbst „Die Verklärung Christi“; – in der ehemaligen Dominicanerkirche zu Sta. Maria Magdalena auf der Prager Kleinseite das Hochaltarblatt; – in der Kreuzherrenkirche zu Sanct Franz an der Prager Brücke: „Die Himmelfahrt Mariä“, „Die Kreuzerhöhung“ und „Die h. Helena“, dann viele Gemälde im Cistercienserkloster Plaß; das Cistercienserstift Sedletz bei Kuttenberg hat er ganz ausgemalt, ob nur mit Oelbildern ausgeschmückt, oder ganz in Fresco gemalt, finden wir nirgends angedeutet; viele seiner Bilder finden sich auch in den königlichen Schlössern; Wolny gedenkt einiger in mährischen Kirchen, so im Cistercienserstift zu Saar einer „Himmelfahrt Mariä“, welches Bild als besonders schön gerühmt wird; – zu Niemetzky im Iglauer Kreise zweier Seitenaltarblätter und einiger kleineren Bilder; – zu Welehrad im Hradischer Kreise eines „h. Bernhard“ und eines „h. Benedict“, welche jedoch nach Aufhebung des Klosters in fremde Hände gelangten. Viele Bilder Willmann’s, welche sich in Breslau und in verschiedenen Kirchen Schlesiens befinden, sind in Dlabacz’s „Künstler-Lexikon“ aufgezählt. Die bei weitem größte Zahl seiner Gemälde besitzt aber das Cistercienserstift Leubus, dem er, wie oben erwähnt, mehrere Jahre als Laienbruder angehörte. Mehrere von seinen Bildern sind gestochen worden, und zwar von guten Meistern, wie Melchior Küssell, Phil. Kilian, Sandrart, Balzer, Wolfgang, A. H. Riedel, Tscherning und Anderen. Willmann selbst aber handhabte mit Geschick die Radirnadel und vollendete mehrere Blätter, welche Rembrandt’schen Geist athmen, indeß nicht häufig vorkommen. Nagler’s „Künstler-Lexikon“ führt eine Serie von 20 Blättern an, unter denen außer einem „Selbstporträt“ aus dem Jahre 1675 folgende Hauptblätter zu verzeichnen sind: „Susanna und die beiden Alten“; – „Maria mit dem Kinde auf Wolken, über ihr der segnende Gott Vater, bei ihr der h. Joseph und die ganze Verwandtschaft bis Abraham zurück“, aus dem Jahre 1675 nach dem eigenen in Grastow befindlichen Altarbilde (Fol.), gemeiniglich unter dem Namen „Stammbaum“ bekannt, sehr selten und als des Künstlers Hauptblatt sehr gesucht; – „Jesus mit seinen Jüngern beim Abendmahl“ (8°.); – „Himmelfahrt Mariä in Gegenwart der Apostel“, aus dem Jahre 1683, nach dem vorerwähnten Altarbild im mährischen Kloster Saar; – „Die Enthauptung eines Heiligen“, nach Einigen des h. Paulus, nach Anderen des h. Bavo“; – „Der h. Franciscus“ (n. Anderen Dominik) in einer Landschaft mit dem Kreuz in der Rechten, ein Lamm zu seinen Füßen. Willmann besaß ein starkes Selbstbewußtsein und wußte es, daß er seine Kunst verstand. Als der Kurfürst von Mainz, der viel Rühmliches von ihm gehört hatte, ihn an seinen Hof zu einer Arbeit berufen wollte, schrieb er vorher an den Abt von Leubus, ihm eine Probe von des Künstlers Bildern einzuschicken. Willmann war eben Gast des Prälaten, als dieser die Aufforderung des Kurfürsten erhielt. Nachdem ihm der Prälat mitgetheilt, um was es sich handle, ergriff er ein Papier und zeichnete sofort aus freier Hand darauf ein Crucifix und sagte: „Schicken Sie das dem Kurfürsten, und wenn er daraus nicht erkennt, was ich kann, so werde ich nie etwas für ihn malen.“ Auch saß ihm zuweilen der Schelm im Nacken, so malte er unter anderen Bildern für das Stift Leubus auch eine „Marter des h. Bartholomäus“. Unter den Figuren, welche den Heiligen schinden, stellte er auch den Stiftskellermeister an, wie es heißt aus Rache, weil ihm dieser nicht genug zu trinken geben wollte. Nachdem er sich ins Kloster zurückgezogen, wollte er kerne Nuditäten mehr malen, damit er vor Gott Gnade fände, weil er früher einmal eine nackte Venus mit Amor und Vulkan – thatsächlich befindet sich eine solche in einer Berliner Galerie – gemalt hatte. Doch finden sich mehrere mythologische Bilder von seiner Hand. Wie sehr aber der Künstler von seinen Zeitgenossen geschätzt wurde, erhellt daraus, daß man ihn nicht nur mit dem größten Maler des Alterthums, sondern auch mit dem größten der christlichen Aera bezeichnete und ihn bald den schlesischen Apelles, bald den schlesischen Raffaël nannte. Seine Gattin, welche ihm aus erster Ehe einen Sohn, den nachmals tüchtigen Maler und Schüler seines Stiefvaters, Johann Christoph Lißka (Lischka), dessen dieses Lexikon im XV. Bande, S. 243 unter Nr. 2 ausführlicher gedenkt, mitbrachte, gebar [196] ihm noch einen Sohn, Michael, der sich unter seinem Vater gleichfalls zur Kunst ausbildete, aber in jungen Jahren, als er von einer Reise nach Italien heimgekehrt war, eines raschen Todes, wie man vermuthet durch Gift, starb, und vier Töchter: Benedicta, Dominicanerin in Breslau, eine vortreffliche Malerin; Bernardine, Ursulinerin in Breslau; Maria Magdalena, Gattin des Breslauer Malers Neunherz und Mutter des Malers Wilhelm Neunherz, welcher viel in Böhmen, und zwar in Oel und al fresco malte, und Sophie, die sich mit einem Kaufmanns in Glogau vermälte. [Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Band VI, Seite 152. – Dlabacz (Gottfried Johann). Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für Böhmen und zum Theil für Mähren und Schlesien (Prag 1816, Haase, 4°.) Bd. XII, Sp. 374–382. – Nagler (G. K. Dr.). Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. XXI, S. 510–513. – (Fueßlin). Allgemeines Künstler-Lexikon (Fol.) S. 713. – Annalen der Literatur und Kunst in dem österreichischen Kaiserthum (Wien, Doll, 8°.) Jahrg. 1810, Bd. I, S. 542. – Porträts. Außer dem in der vorstehenden Lebensskizze erwähnten radirten Selbstporträt: 1) eine Copie desselben gleichfalls radirt (8°.) Buffa exc. und 2) M. Franck lith. (4°.).] –
2. Michael Leopold Willmann (geb. zu Königsberg in Preußen 1630, gest. im Cistercienserkloster Leubus in Schlesien am 26. August 1706). Ein Künstler, der, wenngleich nicht aus Oesterreich gebürtig, doch durch seinen längeren Aufenthalt in Böhmen und die zahlreichen Werke seines Pinsels, welche in diesem Lande sich befinden, in unserem Werke erwähnt werden muß. Sein Vater selbst war Maler, der den Sohn zu seiner Kunst anleitete. Dieser aber zeigte bald ein ganz ungewöhnliches Talent in verschiedenen Methoden der Malerei, so daß er, erst 20 Jahre alt. bereits zu den besten Künstlern seiner Heimat zählte. In seinem Drange, sich zu vervollkommnen, reiste er nach Amsterdam, wo er bei Jacob Baker und Rembrandt arbeitete und Zutritt zu den berühmtesten Galerien fand. Da zeichnete und copirte er mit außerordentlichem Fleiße, und der Vorrath seiner Studien nach den besten Bildern großer Meister diente ihm später bei den zahlreichen Arbeiten, welche bei ihm bestellt wurden. Seine Studien setzte er auch auf den Reisen fort, die er durch ganz Deutschland und Polen machte, überall die Meisterwerke der Kunst mit rascher und glücklicher Hand copirend. Auf diesen Reisen kam er nun auch nach Prag, wo er in den reichen Sammlungen Kaiser