BLKÖ:Wittmann, Ev.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 57 (1889), ab Seite: 165. (Quelle) | |||
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Heinrich Lubomirski [Bd. XVI, S. 118] nach Wien, um, wie es den Anschein hat, daselbst ein naturgeschichtliches Lehramt – es sollte eine besondere Professur für die Naturgeschichte der Schwämme gegründet werden – zu erhalten. Obwohl er von dem Fürsten Lubomirski in seinem Vorhaben unterstützt wurde, wollte doch die Verwirklichung des Planes nicht gelingen. Der Vorgang aber, mit welchem Wittmann seine Bewerbung um ein Lehramt einleitete, war jedenfalls eigenthümlich. Vor Allem richtete er die Aufmerksamkeit des Publicums auf das Studium der Schwämme und eröffnete zunächst mykologische Privatvorlesungen, in welchen er die Wichtigkeit der Schwämme, ihren Nutzen, ihren Werth, ihre Nachtheile u. s. w. erörterte. Im sogenannten rothen Hause in der Alservorstadt miethete er einen geräumigen Salon und wurde in der Einleitung zu seinem Unternehmen von dem Fürsten Lubomirski, von Karl Baron Doblhoff, dann von einigen polnischen Edelleuten und Dilettanten unterstützt. Eigenartig traf er die Vorbereitungen zu seinen Vorlesungen. Vor Allem entlehnte er aus der damals berühmten Antiquar-Buchhandlung Gräffer mehrere große naturhistorische Kupferwerke, mit deren Ansicht sich die Zuhörer vor Beginn des Vortrages unterhielten. Zugleich gab er für Freunde materiellerer Genüsse gratis ein Dejeuner à la polonais bestehend aus Sardellen, Häringen und Branntwein (nicht Liqueur), Lebkuchen u. d. m. Während zwei Aufwärter dieses Frühstück den Anwesenden reichten, ging er selbst unter den Gästen umher, sprach mit ihnen über allerlei, den nächsten Stoff boten die zur Besichtigung vorhandenen naturhistorischen Prachtwerke, und nachdem eine Stunde und auch mehr unter diesen geistigen und materiellen Genüssen vorübergegangen, bestieg er die mykologische Kanzel und las aus einem Manuscript über Natur, Bestimmung u. s. w. der Schwämme, erzählte mitunter ein paar bezügliche Anekdoten und betonte immer wieder die Unerläßlichkeit der Lehrkanzel, für die er eben candidirte. Nur noch einmal versammelte er in beschriebener Weise seine wißbegierigen Gäste um sich, die Errichtung der Professur erfolgte jedoch nicht. Nun sah er sich auf eine andere Speculation angewiesen und warf sich auf die Dendrologie, indem er eine Baum-Bibliothek anlegte, welche damals auch für einige Zeit auf der Tagesordnung stand. Der Gedanke selbst, wenn gleich nicht übel, artete doch mehr in [166] Spielerei aus. Wittmann stellte nämlich eine Reihe Bücher aus den charakteristischen Bestandtheilen der Bäume her. In alten Hinterlassenschaften und Büchersammlungen, auch Museen findet sich noch hin und wieder eine solche Baumbibliothek. Der Deckel eines solchen Baumbuches ist vom Stammholz, der Rücken von der Rinde des betreffenden Baumes, auf dem Rücken befindet sich die Etiquette, und darauf sind der Name, die Gattung, die Classe in der botanischen Abtheilung oder sonst Etwas, aus der wissenschaftlichen Terminologie des Baumes aufgedruckt; in einem in das Buch eingeschnittenen Behältniß, das mit einem schließenden Schieber versehen ist, befinden sich Blätter, Blüte, Frucht (wenn letztere zu groß, eine genaue Zeichnung derselben), Same und Asche vom Holze des Baumes. Man stellte diese – im Octavformat zugerichteten – Holzbände in Reihe und Glied und hatte so eine lebendige immerhin sehr lehrreiche, aber in Anbetracht der Ausführung doch etwas kostspielige Bibliothek der Baumwelt. Mit jungen für seinen Gegenstand, sich interessirenden Leuten durchzog nun Wittmann die Wälder in Wiens Umgebung und sammelte mit ihrer Hilfe das Material für solche Baumbibliotheken. Dann wurden die Hölzer in den entsprechenden Formaten hergestellt, die Bestandtheile jedes Baumes in den mit dem Schieber versehenen Ausschnitt eingelegt und serienweise diese Bücher aufgestellt. Es fanden sich wohl einzelne Abnehmer dieser, das Auge bestechenden Sammlung, aber lange nicht genug, um die damit verbundenen Auslagen zu decken, und so hatte auch bald die letzte Stunde der Holz-Bibliotheken, welche wir noch in botanischen älteren Bücherkatalogen verzeichnet finden, geschlagen. Aber Wittmann gab sich noch nicht verloren, und nun kam ihm ein großer Pflanzenfreund, Karl Freiherr von Doblhoff, zu Hilfe. Dieser, der selbst gern botanisirte, ertheilte ihm den Rath, die Flora der nächsten Umgebung Wiens auszubeuten und centurienweise in Octavbänden herauszugeben. Wittmann griff diesen Gedanken auf, brachte auch ein paar Lieferungen zur Ausgabe, mußte aber auch dieses Unternehmen wegen Mangels an Theilnahme aufgeben. In Kayser’s Bücherkatalog finden wir Wittmann als Autor nachstehender Werke verzeichnet: „Entwurf einer tabellarischen Darstellung der Terminologie der Phänogamisten“ (Wien 1812, Beck, Fol.); – „Phytographie der Umgebungen Wiens; ein Taschen-Herbarium zum Behufe der Localkenntniss dieser Gegenden“ (ebd. 1815 u. f., 16°.); – „Oesterreichische Forstbibliothek aus verschiedenen Holzarten gebildet mit den zur Kenntniss erforderlichen Pflanzentheilen und einer lateinischen, deutschen und französischen Erklärung“, 100 Bändchen (ebd. 1815, 8°.). Bemerkenswerth erscheint es uns, daß Aug. Neilreich in seiner „Geschichte der Botanik in Niederösterreich“ [in den Verhandlungen des zoologisch-botanischen Vereines in Wien, Bd. V (1855), Abhandlungen S. 23–76], in welcher derselbe fast jedes botanisirenden Dilettanten gedenkt, Wittmann auch nicht mit einer Silbe erwähnt, und doch bildeten dessen Vorlesungen über die Schwämme, und namentlich dessen Baumbibliothek seinerzeit in Fachkreisen ein lebhaftes Gesprächsthema. Nachdem die „Phytographie der Umgebungen Wiens“ eingegangen – um 1815 – verschwand auch Wittmann vom Schauplatze. Ob er nach Galizien zurückgekehrt, oder anderswohin sich gewendet, wie über seine weiteren Schicksale konnten wir nichts Näheres erfahren.
Wittmann, Ev. (Naturforscher, geb. in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Todesjahr unbekannt). Die biographischen Notizen über diesen seinerzeit vielgenannten und nicht unverdienstlichen Naturforscher sind sehr lückenhaft. Im zweiten Decennium des laufenden Jahrhunderts (1812–1817) kam er aus Lemberg, wo er Botanik vorgetragen hatte, unter der Aegide des Fürsten