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BLKÖ:Kolatschek, Adolph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Kolár
Band: 12 (1864), ab Seite: 306. (Quelle)
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Kolatschek, Adolph (Publicist und Schriftsteller, geb. zu Bielitz-Biala 7. Mai 1821). Von einer in Biala schon längere Zeit ansässigen protestantischen Familie; ein Friedrich Wilhelm K. (gest. 9. September 1849) war Brauer und von 1837–1847 Oberältester der evangelischen Gemeinde in Biala; ein anderer, Karl K. (gest. 15. April 1850), wirkte als Lehrer, Cantor und Organist an der evangelischen Schule zu Biala. Einer von diesen Beiden, wohl der letztere, dürfte der Vater des Obigen – Adolph – sein. Dieser besuchte die protestantische Schule zu Biala, dann fünf Jahre das protestantische Gymnasium zu Teschen. Von Teschen begab er sich auf das evangelische Lyceum in Preßburg, von wo er nach zwei Jahren nach Wien sich verfügte und dort dem Studium der Rechtswissenschaften oblag. Nach [307] beendeten Rechtsstudien unternahm er eine Reise durch Deutschland und die Schweiz, heirathete nach seiner Rückkehr im Herbste 1845, und lebte als Privatmann in Biala. Im Jahre 1847 erwarb er an der Wiener Hochschule die philosophische Doctorwürde und wurde erst zum supplirenden, dann ordentlichen Professor der Philosophie und Geschichte an der neu errichteten Lehranstalt, dem damals akademischen, jetzt Staatsgymnasium in Teschen ernannt. Im Frühjahr 1848, als die Wahlen für das deutsche Reichsparlament stattfanden, wurde er im Bezirke Ostrau als Abgeordneter und im Bezirke Teschen als Ersatzmann in dasselbe gewählt. Im Parlamente saß K. auf der äußersten Linken, ohne übrigens eine hervorragende Thätigkeit entwickelt zu haben, indem er nur wegen der Stellvertretung der in der Wiener Nationalversammlung gewählten Parlamentsmitglieder, ferner wegen der Wahl des Dr. Hecker in Thiengen, wegen Berathung der Grundrechte und bei jener der Posener Angelegenheiten mitsprach. Als dann am 6. Juni 1849, nach dem in Frankfurt am 30. Mai dess. J. gefaßten Beschlusse der Nationalversammlung: daß dieselbe sofort in Stuttgart zusammentreten solle, das Rumpfparlament von 105 deutschen Reichstags-Abgeordneten daselbst eintraf, befand sich auch Kolatschek unter diesen. Das tragische Ende dieses parlamentarischen Körpers ist bekannt. Kolatschek blieb vorderhand in Stuttgart und begann dort 1850 die Herausgabe der „Deutschen Monatschrift“, die später in Bremen erschien. Es war diese Monatschrift sozusagen die Centralisation der deutschen Opposition nach allen Richtungen der Wissenschaft und Kunst, und man begegnet in derselben den Arbeiten von Heinrich Bernhard Oppenheim, Robert Haag, Julius Wiggers, Franz Raveaux, C. Vogt, der in ihr seine später besonders erschienene merkwürdige Schrift „Die Thierstaaten“ veröffentlichte, Ludwig Simon, C. Fortlage, Dr. Albert Oppermann, Friedrich Hebbel, welcher sein auf einer Reise von Paris nach Rom im Herbste 1844 geführtes Diarium darin mittheilte, Richard Wagner, Sigmund Engländer, Karl Haagen, Gottfried Kinkel, Arnold Ruge, Dr. Joh. Jacobi, Bernhard Eisenstuck u. A.. meist Namen, die ihre Bedeutung in der wissenschaftlichen oder Kunstwelt zu wahren verstanden haben. Nichtsdestoweniger vermochte sich die Zeitschrift nicht lange zu halten. Ende 1851 hörte sie auf zu erscheinen. Im Jahre 1852 nahm K. seinen Aufenthalt in Paris, aber schon im Herbste folgenden Jahres kehrte er Europa den Rücken und segelte in die neue Welt, wo er den Rest von 1853 und die Jahre 1854, 1855 bis April 1856 verlebte. K. schlug seinen Wohnsitz in New-York auf, widmete sich der Publicistik und war zuerst Mitarbeiter der „New-York Times“ und „Evening Post“ (deren Redacteur Wm. Bryant); im Jahre 1855 begann er selbst die Herausgabe eines deutschen Organs, der „Deutschen (früher Mayer’schen) Monatshefte“, und unternahm noch im Herbste desselben Jahres eine Reise durch die vereinigten Staaten. Anfangs 1856 trat er seine Rückreise nach Europa an und befand sich im April d. J. wieder in Paris. Dort lebte er als Correspondent der „Evening Post“, des „Journal of Comercy“, beide in New-York, und des „Pensylvanian“ in Philadelphia; zugleich war er Mitarbeiter des Wochenblattes „Das Jahrhundert“ (Hamburg), dessen damalige Leitartikel meist [308] aus seiner Feder flossen. Im Juli 1857, in Folge der Allerh. Amnestie, kehrte K. in sein Vaterland zu seiner Familie zurück, welche in Wien lebte. Daselbst beschäftigte er sich mit kleineren literarischen Arbeiten und im Brockhaus’schen encyklopädischen Werke „Unsere Zeit“ 1857 und 1858 sind von ihm einige Artikel über Amerika erschienen. Im Jahre 1858 begann er die Herausgabe der „Stimmen der Zeit“, welche zuerst als Monats-, dann als Wochenschrift in Gotha und Leipzig herauskam. Im Jahre 1862 begründete er in Wien das größere politische Tageblatt „Der Botschafter“, trat aber schon in zwei Monaten von demselben zurück, auch hörten die im Jänner d. J. nach Wien verlegten „Stimmen der Zeit“ zu erscheinen auf. In letzterer Zeit kam von ihm ein zum Besten eines wohlthätigen Zweckes gehaltener Vortrag unter dem Titel: „Die Stellung der Frauen in Amerika“ (Wien 1864, 12°.), im Drucke heraus. Seit 1861 ist K. Presbyter und Vice-Vorsitzender der evangelischen Gemeinde A. B. in Wien. Als in Frankfurt a. M. zu Goethe’s Ehren das Hochstift für Künste und Wissenschaften gebildet wurde, wurde K. zu dessen Ehrenmitglied ernannt und im Mai 1864 zum Gemeinderath der Stadt Wien gewählt.

Stenographische Berichte über die Verhandlungen der deutschen constituirenden National-Versammlung zu Frankfurt a. M. und Stuttgart. Herausgegeben von Prof. Franz Wigard (Frankfurt a. M. 1850, Sauerländer, 4°.) Bd. I) S. 651, 659, 742; Bd. II, S. 1071, 1131. – Parlaments-Album. Autographirte Denkblätter der Mitglieder des ersten deutschen Reichstages (Frankfurt a. M. 1849, S. Schmerber, kl. Fol.) Blatt 53. [Da sich K. darin über die deutsche Frage ausspricht, so dürfte selbst diese aphoristische Ansicht doch als seine innerste Ueberzeugung über einen wichtigen Gegenstand noch in der Gegenwart Interesse haben. Kolatschek schreibt: „Die Zeit der Wunder ist noch nicht vorüber und wenn der unendliche Drang der deutschen Einheit und Freiheit wirklich so schnell und so tief gesunken ist. daß er jetzt nach kaum einem Jahre seiner revolutionären Erhebung, und wo die Frage nicht mehr bloß von Groß- und Kleindeutschland, sondern ob Deutschland überhaupt gestellt werden soll, sich oft sogar verläugnet und auf seine geographische Existenz zurückgeführt sieht, so wird deßhalb darin nicht seine Ohnmacht, sondern nur die Allmacht der Geschichte, welche der uneingeschränkten Fülle ihrer Macht bedarf, um dauernd Großes zu vollbringen, und in der Revolution von 1848 nichts weiter zu erblicken sein, als ein Symptom dessen, was die Zukunft uns im Schooße birgt.“ Frankfurt a. M. den 16. März 1849. Ad. Kolaczek (sic) aus Teschen“ (K. schrieb sich damals noch nach slavischer Art mit cz).] –