BLKÖ:Schrattenbach, Sigismund Christoph Graf von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 31 (1876), ab Seite: 264. (Quelle) | |||
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[265] im Jahre 1733, nachdem er bereits über 34 Jahre alt war, wurde er Domherr des Salzburger Domcapitels. Seine Geschäftstüchtigkeit veranlaßte bald seine Verwendung in wichtigen Angelegenheiten. Am 14. December 1750 wurde er zum Domdechant gewählt. Nach dem Tode des Erzbischofs Andreas Jacob aus dem Hause Dietrichstein ging Domdechant Sigismund Christoph, nachdem innerhalb dreizehn Tagen 49 Abstimmungen, ohne ein Resultat zu erzielen, erfolgt waren, am 5. April 1753 aus dem Scrutinium hervor und hielt am 7. Mai seinen feierlichen Einzug. Die wichtigsten Momente seiner Regierungsperiode sollen in der nachfolgenden Darstellung zusammengefaßt werden. Noch vor der Wahl eines neuen Domdechants, welche Stelle der Erzbischof zuletzt bekleidet hatte, schenkte er sein ganzes Mobiliarvermögen dem Erhardispitale; im Jahre 1754, durch die große Menge unerledigter Processe veranlaßt, erließ Sigismund eine neue Heirathsordnung; um der überhand nehmenden Noth zu steuern, im nämlichen Jahre zwei Almosenordnungen, und um dem Wucher vorzubeugen, strenge Wuchergesetze. Um die dem Gesetze Verfallenen unterzubringen, erbaute er ein neues Zuchthaus, und um die Büßenden entsprechend zu beschäftigen, kaufte er eine Sockenwerkers-Gerechtigkeit. Im October 1755 erließ S. eine Zucht- und Schulordnung. Anläßlich der zwischen Bayern, Oesterreich und Salzburg obwaltenden verschiedenen Münzvaluta waren in Hinsicht des Salzwesens zwischen beiden Staaten nicht geringe Differenzen eingetreten, welche nach langen, mitunter ziemlich heftigen Verhandlungen durch einen zwischen Max Joseph, Herzog in Bayern, und Sigismund, Erzbischof zu Salzburg, am 5. Jänner und 26. Juni 1767 geschlossenen Vergleich einigermaßen beigelegt wurden. Die Kirchenzucht hielt Erzbischof Sigismund durch mehrere Verordnungen, in welchen er eingeschlichene Mißbräuche abgestellt wissen wollte, strenge aufrecht. Insbesondere seinem Capitel gegenüber benahm sich der Erzbischof so wenig nachsichtig, daß darüber zwischen beiden Theilen, vornehmlich durch des Erzbischofs unberechtigte Herrschsucht hervorgerufene, ziemlich ernst geführte Controversen sich entspannen, in welchen der Erzbischof zuletzt doch, meist in Folge der Nachgiebigkeit des Domcapitels, Recht behielt. Besonders böses Blut erregten die Missionen des Jesuiten-Paters Parhammer, für welche der Erzbischof so eingenommen war, daß die Beamten, wenn sie ihre Stellen nicht verlieren wollten, dieselben besuchen mußten. Das Capitel eiferte heftig und mit Recht gegen diese jesuitische Neuerung, aber der Erzbischof gab nicht nach. Parhammer’s Einfluß, der auch am kaiserlichen Hofe in hohen Gnaden stand, war zu mächtig auf den Erzbischof, der auf der strengsten Befolgung seiner Anordnungen bestand. Zur Errichtung einer Pflanzschule für junge Geistliche in Klagenfurt kaufte der Erzbischof daselbst ein Haus, baute neben demselben eine Kirche und stiftete zur Dotation dieses Institutes etwa 20.000 fl. Reichswährung; bezüglich der Aufnahme von Kandidaten in das Hochstift gab der Erzbischof ein neues Statut über die Adelsprobe, welches manchem eingeschlichenen Mißbrauche steuern sollte; überdieß errichtete er Vicariate, erbaute Kirchen und Capellen, die er zum Theile aus eigenen Mitteln fundirte; ein bleibendes Denkmal aber stiftete sich Sigismund durch das von ihm errichtete, heute noch, in den Tagen, in welchen Tunnelbauten [266] bald zu den Alltäglichkeiten des Bauwesens zählen, mit Recht bewunderte Neuthor. Es ist ein 415 Fuß langes, 22 Fuß breites und 39 Fuß hohes, mit einer runden Wölbung durch den Sandstein des Mönchsberges ausgebrochenes Thor, durch welches man nach Leopoldskron, Riedenburg, Maxglan außerhalb der Stadt gelangt. Auf der der Stadt zugekehrten Seite zeigt es in einem weißmarmornen Medaillon das Brustbild des Erzbischofs mit der Inschrift: „Te saxa loquuntur“. Ueber dem der Riedenburg zugekehrten Ausgange sieht man die 16 Fuß hohe, aus einem 700 Centner schweren Steine von weißem Marmor von dem berühmten Salzburger Statuarius Hagenauer gemeißelte, aufrechtstehende Statue des heiligen Königs Sigismund. Der Bau wurde unter Aufsicht des salzburgischen Ingenieur-Majors von Geyer und unter Leitung des Hannoveraners David Zimmermann am 15. Mai 1765 begonnen und nach dritthalb Jahren am 15. November 1767 vollendet. Das großartige Werk kostete – die Hand- und Spanndienste der umliegenden Gemeinden und die Verwendung von Soldaten und Arrestanten zu Handdiensten ungerechnet – an Baumaterialien und Handwerkerdienst 20.000 fl. Die Landescultur hatte durch diese Oeffnung der Stadt von dieser Seite offenbar gewonnen, ein bedeutender Theil der bis dahin öde gelegenen Gegend von Riedenburg wurde urbar gemacht und bildet heute eine ganz reizende, mit einigen Gärten und Villen bebaute Anlage, wohlhabende Familien aus dem Civil- und Kaufmannsstande bauten sich Häuser, legten Gärten an und schufen wüste Platze in fruchtbringende Aecker und Wiesen um. Die beim Durchbruche gewonnenen Steine und Quadern wurden aber größtentheils zu Dammwerken an den Ufern der Salzach verwendet. Auch ließ Erzbischof Sigismund die vor der Domkirche befindliche Statue der unbefleckten Mutter Gottes durch den Bildhauer Hagenauer aufstellen. Er weihte die fertige Denksäule am 29. Mai 1771 persönlich ein. Es war sein letztes Auftreten mit großem festlichen Gepränge. Seine Hoffnung, das Jubeljahr seines Priesterthums feiern zu können, erfüllte sich nicht. Im letzten Lebensjahre nahmen seine Kräfte zusehends ab und nach einer Krankheit von wenigen Wochen starb er im Alter von 74 Jahren. Ueber ihn als Kirchenfürst und Regent urtheilt der Priester und Laie sehr verschieden. Ersterer nennt ihn ein Vorbild für die Gläubigen in Lehre, in Wandel, in Liebe, in Glauben, in Keuschheit. Sein Wohlthätigkeitssinn und Herzensgüte sind unantastbar. Zur Wiederherstellung der den Einsturz drohenden Kirchen und zur Erbauung ganz neuer, als zu Hallein, Buchbach, Großarl, Mühldorf, St. Gilgen, Abersee und Beckstein steuerte er große Summen bei. Vicariate mit zu kleiner Dotation vermehrte er in entsprechender Weise, wie jene in Eschenau, in der Taurach, in Tweng. Für die Kranken ließ er im Johannesspitale auf seine Kosten den 3. Stock eröffnen, für den er jährlich 3000 fl. spendete. Viel that er für Unterricht und Erziehung junger Mädchen und Knaben, nebstbei errichtete er zwei Waisenhäuser; ein Freund der Musik, schickte er junge Leute beiderlei Geschlechts nach Italien zur Ausbildung in der Musik und unterhielt selbst, wie keiner seiner Vorfahren und Nachfolger, an seinem Hofe zahlreiche Musiker. Der Laie nennt Sigismund einen beschränkten Kopf von frömmelnder Richtung, der ohne eigenen inneren [267] Halt die in der Extase stundenlangen Gebetes sein Gehirn durchfliegenden Einfälle für göttliche Inspiration hielt. Seiner weibisch bigotten Seele, in welcher nur Sinn für den eigenen Glanz der Person wohnte, fehlte das rechte Verständniß der Pflichten eines Regenten. Den Bedürfnissen seines Volkes stand er als Fremdling gegenüber. Auf der einen Seite Jesuitenmissionen, strenge Keuschheitsedicte und Kleiderordnungen, auf der andern Seite nicht eben glückliche Finanzoperationen, ein unverhältnißmäßiger Aufwand des Hofes – so z. B. ließ er in drangvoller Zeit bei Rauner in Augsburg eine Tafelservice anfertigen, dessen Werth sich auf 77.000 fl. belief, während er die von seinem Vorgänger, dem Erzbischofe Leopold Grafen Firmian, bei seinen cautionspflichtigen Beamten contrahirte Schuld von 100.000 fl. anzuerkennen sich weigerte – stören mächtig den Eindruck seiner Regentenweisheit, dabei aber dachte Sigismund nichts weniger als an sich selbst oder an Bereicherung seines Hauses, sondern war vielmehr frei von Nepotismus und bedurfte für seine Person nur wenig. Hingegen der berüchtigte „immatriculirte Pöbel“ der Salzburger Hofhaltung und der Schwarm der Höflinge und Aller, die nur von der Gnade des Hofes lebten, fraßen einen großen Theil der Einkünfte auf, und Sigismund besaß weder die Kraft noch den Willen, diesem Unwesen, dem, sollte das Land zu einem Gedeihen kommen, zunächst gesteuert werden sollte, entgegenzutreten und gar es vollends zu beseitigen. Ein treues Spiegelbild seiner Verwaltung und der Lage seines Landes bot seine Wohnung, wie sie sich zur Zeit seines Ablebens darstellte: im vollsten Verfalle, das Mobiliar ganz herabgekommen und die Chatoulle leer – aber allenthalben in Schränken, unter Schriften und auf dem Boden zerstreut lag Geld, das sich nach und nach bis zu einer Summe von 226.820 fl. ansammelte.
Schrattenbach, Sigismund Christoph Graf von (Fürsterzbischof von Salzburg, geb. 28., n. A. 23. Februar 1698, gest. 16., n. A. 26. December 1771). Ein Sohn des Grafen Otto Heinrich aus dessen Ehe mit Maria Theresia, geb. Gräfin Wildenstein, verwitweten Freiin von Gallenstein. Aus Liebe zum geistlichen Stande trat er das Recht seiner Erstgeburt seinem jüngeren Bruder Franz Anton ab und beschloß, ganz der Religion und Kirche sich zu widmen. Im Jahre 1711 begann er zu Salzburg die akademische Laufbahn, begab sich alsdann nach Rom, wo er die theologischen Studien beendete. Schon in seiner ersten Jugend ward er Domherr an den Hochstiften Eichstädt und Augsburg, aber erst- Trauer-und Lobrede auf den Tod des Fürst-Erzbischofs von Schrattenbach (Salzburg 1772, Fol.), – Neue Chronik von Salzburg. Von Dr. Judas Thaddäus Zauner, fortgesetzt von Corbinian Gärtner (Salzburg 1826, 8°.) Fünften Bandes 1. Thl. S. 3–297: „Sigismund III.“ – Bühler (Adolph), Salzburg, seine Monumente und seine Fürsten (Salzburg 1873, Mayr, kl. 8°.) S. 178 u. f. – Leardi (Peter), Reihe aller bisherigen Erzbischöfe zu Salzburg, wie auch der Bischöfe zu Gurk, Seckau, Lavant und Leoben u. s. w. (Grätz 1818, Al. Tusch, 8°.) S. 66, Nr. 71. – Porträt. Dasselbe in Marmorstein-Medaillon oberhalb der der Stadtseite zugekehrten Eingangswölbung des Neuthores.