BLKÖ:Süß, Vincenz Maria
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 40 (1880), ab Seite: 284. (Quelle) | |||
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[285] Größe Salzburgs machte und der er treu blieb bis zum Tod. – Dies ist der bescheidene Rahmen, in dem sich nach den Worten seines Biographen „ein für Salzburg merkwürdiges und fruchtbares Leben abspann“. Merkwürdig und fruchtbar – denn es steht da als ein leuchtendes Vorbild der reinsten aufopfernden Vaterlandsliebe und Bürgertugend, als ein laut redendes Beispiel, was selbst die Kraft des Einzelnen, durch ein ganzes Leben klug und ausdauernd auf ein Ziel gerichtet, zu erreichen vermag. Dieses Ziel, welchem sein Sinnen und Streben, Wirken und Schaffen durch alle Wechsel und Windungen einer äußerlich wenig begünstigten Laufbahn zusteuerte, war das Wohl, der Aufschwung, die Verherrlichung seines geliebten Salzburg; der Kern und Mittelpunkt seiner dahin gerichteten Thätigkeit aber das von ihm geschaffene Salzburger Museum. Der kleine Anfang desselben reicht in das Jahr 1833 zurück. Die Stadtgemeinde befand sich dazumal noch aus der königl. bair. Regierungszeit im Besitze einiger nicht uninteressanten Fahnen, Geschütze und verschiedener Armaturstücke der unter Oesterreich aufgehobenen einstmaligen Salzburger Landwehr. Diese kaum mehr beachteten Reste zogen zuerst die Aufmerksamkeit unseres Süß auf sich; als im genannten Jahre denselben die Gefahr einer Verschleppung drohte, machte er sich mit Bewilligung und Förderung des Bürgermeisters Lergetporer und mit thätiger Beihilfe des seither in Graz verstorbenen Hauptmannes Horrak von Blankenstein vom Regimente Fürstenwärter daran, dieselben in einem beschränkten Locale des städtischen Gemeindemagazins zu einer Art kleinen Zeughauses zusammenzustellen. Schon 1834 konnte die bescheidene vorwiegend decorativ gehaltene Aufstellung dem Besuche eröffnet werden. Sie fand Beifall; die Salzburger freuten sich des Anblickes der Zeugen einer noch Vielen in lebhafter Erinnerung gestandenen Zeit, und auch mancher Fremde nahm bereits damals dahin als nach einer geschichtlichen Sehenswürdigkeit seinen Weg. Im Jahre 1835 brachte das Salzburger „Intelligenzblatt“ davon die erste gedruckte Nachricht, 1837 folgte eine zweite bedeutsamere mit ausführlicher Schilderung in Kaltenbäck’s „Oesterreichischer Zeitschrift für Geschichte und Staatskunde“. Die kleine Waffensammlung hatte den schlummernden Sammelgeist unseres Süß geweckt. Die warme Heimatliebe, die er im Herzen trug, gab ihm Ziel und Richtung. Anfangs schüchtern und in nächster Nähe, dann immer beherzter, immer gewandter, immer weitere Kreise ziehend, spürte er auf und heimste ein, was und wo sich für die Cultur und Geschichte, Kunst und Natur, Vergangenheit und Gegenwart Salzburgs Beachtenswerthes vorfand. Das Netz seiner Bemühungen umspannte bald das ganze Land. Kein Stück war ihm zu gering, keine Bitte zu schwer, kein Weg zu weit, kein Umweg zu lästig: weder Mißdeutung noch Zurückweisungen, deren er Anfangs sattsam zu kosten bekam, konnten ihn mehr irre machen. Wir können hier die Wege und Windungen nicht verfolgen, durch welche der für seine Sache begeisterte Mann zum Ziele zu kommen suchte und in der Regel zuletzt auch kam. Manches artige Geschichtchen gab er hievon in guter Stunde wohl selbst zum Besten. Denn man bedenke wohl, daß Süß an sein Sammeln ging fast ohne Geldmittel, ohne die Nachhilfe einer bedeutenden Stellung, persönlichen Einflusses oder fördernder [286] Verbindungen; als schlichter Subalternbeamte, den die Einen ob seines Beginnens belächelten, die Anderen bemitleideten, die Allerwenigsten unterstützten, und dabei zu ehren- und gewissenhaft, um sich’s in der Wahl der Mittel leicht zu machen. Aber siehe da, der Erfolg stieg von Jahr zu Jahr und übertraf schließlich alle Erwartungen; die Ernte wurde ergiebiger, die Aufmerksamkeit reger, die Antheilnahme der Einsichtigsten und Besten im Lande immer wärmer. „Fürs Museum“ wurde allmälig ein Losungswort, das man bis in den fernsten Winkel des Landes kannte. Man gab und schickte dem Manne, der so freundlich bat, so löblich in oft überschwenglichem Ausdrucke für alles Empfangene ohne Unterschied dankte, und bei dem man, was die Hauptsache war, der besten uneigennützigsten Verwendung sich sicher wußte. Später mußten auch Kauf- und Tauschgeschäfte, wozu ihm ein von ihm organisirter Verein und hochherzige Spenden die Mittel boten, mit Zuthun nicht weniger eigenen Opfer das Gesammelte ergänzen und die Erwerbungen vermehren. Der Feuereifer des Sammlers, durch die Erfolge immer neu angefacht, kannte endlich keine Grenzen mehr, außer jenen, die im Wort und Begriff „Salzburg“ lagen, und selbst über diese sprang er, seine Ziele immer höher fassend, in mehr als Einer Richtung hinweg. Schon im Jahre 1835 mußte das bescheidene Erstlingslocal des Museums im städtischen Gemeindemagazine durch Zugabe eines anstoßenden Raumes erweitert werden, 1838 wieder und so fort und fort, bis endlich der ganze erste Stock des ausgedehnten und im Innern für derlei Zwecke vortrefflich angelegten Gebäudes nebst einigen Räumlichkeiten des Erdgeschosses besetzt und gefüllt war. Die Unterstützung der Gemeindevertretung ermöglichte im Jahre 1856 eine streng systemale Eintheilung und Aufstellung der Sammlungen. Nach derselben umfaßte das Museum ein salzburgisches Münz- und Antikencabinet, eine mittelalterliche und culturgeschichtliche, eine Kunst- und Gemälde-, Musikalien- und Musikinstrumenten-, Zeichnungen-, Archivalien- und Autographensammlung, ein Naturaliencabinet und eine auf nahe 30.000 Nummern angewachsene, mit vielen kostbaren Werken, insbesondere aber mit der ganzen Literatur Salzburgs ausgestattete Bibliothek. Menge und Werth dessen, was dort in musterhafter Ordnung aufgespeichert lag. kann hier nicht erörtert werden. Das Alles war das Werk eines einzigen Mannes. Gewichtige Stimmen des In- und Auslandes – wir erwähnen nur eines Chmel, Eitelberger, Arneth und Bergmann in Wien, Hefner von Alteneck in München, Klemm in Dresden, Woltmann in Berlin – haben sich damals darüber laut und einmüthig ausgesprochen. Schon im Jahre 1830 hatte die Kaiserin Carolina Augusta das Protectorat des Museums anzunehmen und den Namen „Museum Carolino-Augusteum“ der jungen Anstalt zu verleihen gestattet. Von den weiteren erfreulichen Entwicklungsmomenten der Anstalt gedenken wir kurz noch der im Jahre 1845 von Süß erzielten Bildung eines ordentlichen Vereines unterstützender Mitglieder, des im Jahre 1852 realisirten Ankaufes der Nachlese römischer Ausgrabungen vom Bürgelstein, welche in solcher Weise durch Süß für Salzburg gerettet wurden, und der Completirung der ausgezeichneten Sammlung salzburgischer Münzen durch [287] das Vermächtniß des Salzburgers Hans Miller. Durch volle 35 Jahre, und zwar buchstäblich bis zum Tode, widmete Süß dem Museum ohne Unterbrechung und Schwankung die besten Kräfte seines Lebens. Sein Schalten und Walten, seine Arbeit und Erholung, sein Verkehr nach außen wie selbst sein häusliches Leben war von dem Eifer für das Museum durchtränkt. In Folge seines Feuereifers achtete er seine Gesundheit so wenig, daß er eine Krankheit sich zuzog, die ihn vierzehn Monate ans Krankenlager fesselte. Auch die literarische Thätigkeit unseres Süß war geleitet von seinem Sammelgeiste und gerichtet auf sein über alles geliebtes Salzburg. Als selbständige Arbeiten erschienen von ihm: „Die Bürgermeister Salzburgs von 1433–1840. Mit den Bildnissen derselben...“ (Salzburg 1840, Joseph Oberer, 8°.); – „Beiträge zur Geschichte der Typographie und des Buchhandels im vormaligen Erzstifte, nun Herzogthume Salzburg“ (Salzburg 1845); – „Salzburger Volkslieder mit ihren Singweisen“ (Salzburg 1865, 8°.). – Nebstdem schrieb Süß zahlreiche zerstreute Aufsätze meist archäologischen, kunst- und culturgeschichtlichen Inhaltes in verschiedene in- und ausländische Blätter. Auch diese hatten ausnahmslos Salzburg zum Gegenstande. Endlich müssen hier die Musealberichte von Süß besonders hervorgehoben werden, welche ihm bei der Aufführung der neuen Erwerbungen Gelegenheit boten zu zahlreich eingeflochtenen literarischen Notizen und schätzbaren Aufschlüssen. Sie nahmen ihren Anfang 1844 mit einem bei Duyle erschienenen Büchlein von Süß: „Das städtische Museum in Salzburg“ als erstem Berichte über dessen Entstehen und Inhalt. Von dort an wurden sie regelmäßig, und zwar bis 1850 in Viertel- und später Halbjahrsheften, seit 1850 aber in Jahresheften fortgesetzt, welche mit wissenschaftlichen Originalbeigaben theils aus seiner eigenen Feder, theils von anderen Autoren bereichert wurden. So erschienen von Süß selbst in diesen „Musealberichten“: im Jahre 1853 ein Aufsatz über die 81 mittelalterlichen Burgen und Schlösser Salzburgs; ferner 1856 Beiträge zur Geschichte des salzburgischen Zunftwesens, 1867 eine zweite Sammlung salzburgischer Volkslieder. Süß verwendete überhaupt auf seine „Musealberichte“ große Sorgfalt, durch sie hielt er sein Unternehmen fortwährend im Lichte der Oeffentlichkeit, erwarb ihm Vertrauen und Anhang und brachte, was ihm noch am Herzen lag, im geradesten Wege an Mann. Die Verdienste dieses seltenen Mannes fanden auch vielfache und ehrende Würdigung. Schon 1853 ertheilte ihm die Stadt Salzburg das Ehrenbürgerrecht. Von Sr. k. k. Majestät erhielt er 1854 das goldene Verdienstkreuz mit der Krone, von König Otto von Griechenland 1855 den griechischen Erlöserorden; 1863 wurde er von der Salzburger Liedertafel, 1864 von der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde zum Ehrenmitgliede ernannt. Das k. k. Ministerium wählte ihn auf Vorschlag der Centralcommission für Erhaltung der Baudenkmale in Wien zum Conservator für das Herzogthum Salzburg. Nebstdem war Süß Ehren- und correspondirendes Mitglied vieler wissenschaftlichen Vereine des In- und Auslandes und stand in zahllosen auszeichnenden Verbindungen mit Gelehrten und Fachmännern von nah und ferne. – Süß’ Charakter schildert sein Biograph folgendermaßen: „Süß war ein Mann von echt deutschem Schrot und [288] Korn, bieder und geradsinnig, willenskräftig und ausdauernd, dabei gefällig und bescheiden im Umgange, ein Freund der Höflichkeit oft bis zum Uebermaß. Das Feuer, das ihn durchglühte, hielt er in der Regel selbstbeherrschend hinter gemessenen Formen und kargen Worten zurück; nur wenn er seinen Mann wohl kannte, ließ er jenem freien Lauf, und wenn etwa Wichtiges für Salzburg oder gar für sein Museum im Spiele war, brach es ihm wohl auch wider Willen durch. Hier war der Punkt, wo der freundliche Mann selbst herb und heftig werden konnte. Hier sah er vielleicht, zumal unter dem Einflusse des Alterns und zunehmender Kränklichkeit, manchmal Gefahren und Nothwehr, die ein Dritter nicht erblicken konnte. Er hütete eben sein Museum wie die Henne ihr Küchlein, und man mußte diese treue Hut allein schon ehren, selbst wenn man die Verdienste des Gründers hätte vergessen können. Er wollte immerfort seiner geliebten Schöpfung Alles sein, auch dann noch, als sie ihm sozusagen über den Kopf gewachsen war. Hätte er mit seinem Geschicke und auf diesem Felde einer von Jahr zu Jahr steigenden Nachfrage persönliche Interessen verfolgt – und er hätte es gar oft thun können ohne irgend welche Pflichtverletzung; – er wäre zuverlässig als vermöglicher, vielleicht reicher Mann gestorben“. – Director Süß starb in Folge eines organischen Herzleidens nach langer schmerzlicher Krankheit vermögenslos. Er hinterließ eine trauernde Witwe, das einzige Töchterlein seiner Ehe war ihm schon 1847 im ersten Lebensjahre gestorben. Er ruht auf dem St. Sebastianfriedhofe zu Salzburg in der Kreuzganggruft Nr. 10, die er am 18. Oct. 1847 für sich und seine Verwandtschaft bis zum vierten Grade erwarb. Im Vorstehenden wurde die Lebensskizze des Gründers des Salzburger Museums gegeben. Nach seinem Tode gingen mit der von ihm bewerkstelligten Aufstellung der Sammlungen Aenderungen nach einem neuen Princip vor. Derselben wurde in der Lebensskizze ihres gegenwärtigen Leiters Jost Schiffmann [Band XXIX, S. 296] gedacht. Nun, irren ist menschlich, auf seinem Irrthum beharren sündhaft. Und so will denn Verfasser dieses Lexikons gern bekennen, daß er über Einrichtung von Museen nichts versteht und daß er seine dort mitgetheilte Darstellung bestochen durch die, er möchte fast sagen, originelle Aufstellung geschrieben. Die doch einzig zu berücksichtigende instructive Seite der Museen hatte er, ganz außer Acht gelassen, und umsomehr muß er alle Jene, welche sich um den Zustand der Provinzial-Museen in Oesterreich überhaupt, und um jenen des Salzburger Carolino-Augusteum besonders interessiren, auf den lesenswerthen Artikel in der (Augsburger) „Allgemeinen Zeitung“ 1879, Beilage Nr. 315 und 316: „Die Provinzial-Museen in Oesterreich“ verweisen, worin die gegenwärtige Aufstellung des Salzburger Museums eine Beurtheilung erfährt, die im grellen Gegensatze steht zu Ansichten, welche bisher über diese Aufstellung laut geworden. Und instructive, dem heutigen Stande der Alterthumsforschung entsprechende Aufstellung der in den Museen befindlichen alterthümlichen Kunst- und anderen Objecte ist nicht nur ohne Frage jeder anderen die bloße Augenlust bezweckenden vorzuziehen, sondern als die einzig richtige und wissenschaftlich berechtigte auch durchzuführen.
Süß, Vincenz Maria (der Gründer des Salzburger Museum Carolino-Augusteum, geboren zu Weißenbach nächst Strobl am Abersee, am 15. Jänner 1802, gest, zu Salzburg am 5. Mai 1868). Er war der Sohn des Rechnungsführers am dortigen hochfürstlichen Hammerwerke Franz Remigius Süß. Die Zeit seiner Kindheit verfloß ihm in der Zurückgezogenheit des elterlichen Hauses zu Weißenbach und später zu Gastein. Im Alter von 14 Jahren wurde er zum Lehrfache bestimmt, kam 1816 in das Salzburger Schullehrer-Seminar, 1818 gleichzeitig mit seinem Freunde, dem nachmaligen (†) Normalschuldirector Hochmüller, als Lehrgehilfe an die k. k. Normalhauptschule daselbst. Allein bald verließ er diese Laufbahn. Schon 1820 trat er bei dem k. k. Rentamte zu Zell am See als sogenannter Kanzleipracticant in den Staatsdienst und wurde 1823 in derselben Eigenschaft nach Goldeck, 1824 zum Rentamt in Salzburg übersetzt. Daselbst vertauschte Süß 1828 den Staatsdienst mit jenem der Stadtcommune. Er bekleidete beim Salzburger Stadtmagistrate von 1828–1843 die Dienstposten eines Rechnungsconficienten, Steuer- und Cassieramtscontrolors. Im Jahre 1843 erhielt er die erledigte Stelle als Verwalter des dortigen Leihhauses, in welcher er durch zwanzig Jahre bis zum Ende seiner dienstlichen Activität verblieb. Auf sein durch schwere Erkrankung veranlaßtes Ansuchen wurde ihm mit Gemeinderathsbeschluß vom 27. April 1863 die Versetzung in den bleibenden Ruhestand, und zwar in Anerkennung seiner ausgezeichneten Dienste unter Belassung des vollen Gehaltes mit Nachsicht der zur Normalzeit der Jubilirung fehlenden Jahre bewilligt. Der Uebertritt in den Ruhestand ward für ihn nach erlangter Genesung nur ein fördernder Wendepunkt jener rastlosen patriotischen Thätigkeit, die ihn zu einer- Steinhauser (Adolph), Maria Vincenz [289] Süß, Gründer und Director des städtischen Museum Carolino-Augusteum. Lebensskizze (Salzburg 1869, 21 S., gr.-8°.). – Salzburger Zeitung 1868, Nr. 106 u. f. – Neue Freie Presse (Wien) 1868, Nr. 1337: „Süß in Salzburg und C. M. Fr. von Aretin in München“.