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BLKÖ:Wratislaw-Mitrowicz, Johann Wenzel (1670–1712)

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 58 (1889), ab Seite: 158. (Quelle)
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23. Johann Wenzel (geb. 1670, gest. 21. December 1712), von der Protivin’schen Linie. Ein Sohn des Grafen Franz Christoph aus dessen Ehe mit Maria Elisabeth geborenen Gräfin Waldstein. Nach beendeten Studien und von seiner Cavalierstour – wie man die Reisen nannte, welche die Söhne des hohen Adels zu ihrer letzten Ausbildung zu machen pflegten – zurückgekehrt, begann er 1695 als Assessor bei der böhmischen Hofkanzlei in Wien seine öffentliche Laufbahn. Nach dem Tode Karls II. von Spanien wurde er nach England gesendet, um die Alliance gegen Frankreich zu Stande, zu bringen. 1703 begleitete er den jungen König Karl nach England: auf dieser Reise scheint sich das innige Verhältniß Beider entsponnen zu haben, das sich in ihren Briefen abspiegelt. Wratislaw blieb in England, verweilte eine Zeit bei der Armee Marlborough’s, wurde nach seiner Rückkehr Oberstlandrichter von Böhmen und 1705 Kanzler. Die politische Verwaltung der böhmischen Lande ruhte eigentlich in seiner Hand. Er ist der Erbauer [159] des Palastes, in dem gegenwärtig das Ministerium des Innern seine Bureaux hat. Er wurde zu den verschiedensten Missionen verwendet. 1706 leitete er die Verhandlungen mit den Insurgenten in Ungarn ein, er schloß mit Karl XII. von Schweden den Altranstädter Frieden. Nach dem Austritt des Fürsten von Salm ging fast die ganze Leitung der auswärtigen Angelegenheiten in seine Hand über. Ihm und dem Prinzen Eugen ist jene einheitliche Leitung und Energie zu verdanken, welche Oesterreich in jenen Jahren entwickelte, und die Frankreich so herabdrückte. Als nach dem Tode Josephs I. die Kaiserin Mutter die Regentschaft führte, war Wratislaw eines der wichtigsten Glieder der geheimen Conferenz. Er betrieb die Rückkehr Karls, er gewöhnte ihn an den Gedanken, Spanien in den Händen seines Gegners zu lassen. Leider war Wratislaw physisch so leidend, daß er sich oft in jeder Arbeit gehemmt sah. Die Gicht hatte ihn abgehalten, seinem Herrn nach Spanien zu folgen; 1711 begrüßte er ihn doch in Mailand und folgte ihm nach Innsbruck. Damals wurde er Oberstkanzler von Böhmen; aber es war ihm nicht vergönnt, noch lange seinem Herrn zu dienen. Sein letzter Brief ist aus Baden 1712 datirt. Sein Leib wurde in der Jacobskirche in Prag beigesetzt. Herr von Arneth hat der Erste die Aufmerksamkeit auf diesen großen österreichischen Staatsmann gerichtet, indem er dessen im Staatsarchiv niedergelegte Correspondenz mit König Karl III. von Spanien (Kaiser Karl VI.) veröffentlichte. Adam Wolf schreibt über diesen Briefwechsel: „Was uns aus diesen Briefen besonders wohlthuend entgegenweht, ist die feste kernhafte Gesinnung, dieser echte alte Royalismus, diese Lehenstreue, welche im Dienst die Kraft und Ehre sucht. Karl und Wratislaw waren zwei harte Geister; sie schienen oft aneinander zu stoßen, aber das Vertrauen und die Pflicht hielten sie fest zu einander zum Frommen Beider, zu Nutzen der Interessen des Ganzen.“ [Eigenhändige Correspondenz des Königs Karl III. von Spanien (nachmals Kaiser Karl VI.) mit dem obersten Kanzler des Königreichs Böhmen Grafen Johann Wenzel Wratislaw. Herausgegeben von Alfred von Arneth (Wien); bildet die erste Hälfte des XVI. Bandes des von der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften herausgegebenen Archivs für Kunde österreichischer Geschichtsquellen. – Zedler’s Universal-Lexikon Bd. 59, Sp. 636– 644; mit Angabe zahlreicher Quellen und auf Sp. 539 u. f. mit Abdruck seines vom 22. December 1712 datirten Testamentes. – Porträt. Unterschrift: „Joannes Wenceslaus S. R. I. Comes | Wratislaw de Mitrowicz S. C. | Reg. Maj. Act. Cons. Int. Camer. Reg. Bohem. Cancellar. et Magnus Prior Melitensis.“ Kupferstich ohne Angabe des Zeichners und Stechers (8°.), auch im 117. Theile der „Europäischen Fama“.] –