Beschreibung des Oberamts Backnang/Kapitel B 30

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Waldrems,

Gemeinde III. Kl. mit 286 Einw., worunter 2 Kath. a. Waldrems, Dorf, 259 Einw., b. Horbach, Hof, 27 Einw. – Ev. Filial von Backnang; die Kath. sind nach Oppenweiler eingepfarrt. 1 Stunde südlich von der Oberamtsstadt gelegen.

Das hübsche, meist aus großen Bauernwohnungen bestehende Dorf liegt in dem flachen, von Ackerland umsäumten, nordwärts ziehenden Langenbachthälchen. Seine Häuser stehen malerisch und von Obstbäumen beschattet an den breiten reinlichen Straßen und zeigen meist weiße Tünchung mit braunem, einfach verziertem Balkenwerk.| Das stattliche mit einem Glockenthürmchen bekrönte Rathhaus wurde 1846 erbaut; bevor die Schule nach Maubach verlegt wurde, diente es zugleich als Schulhaus.

Gutes Trinkwasser liefern stets hinreichend ein laufender und 13 Pumpbrunnen; die Markung ist reich an Quellen, die Hauptquellen sind der Langenbach- und der Gemeindebrunnen.

Die Staatsstraße von Winnenden nach Backnang berührt den Ort auf der Westseite, die Vicinalstraße von Heiningen nach Nellmersbach geht hier durch. Zwei steinerne Brücken und zwei hölzerne Stege sind über die Bäche angelegt und von der Gemeinde zu unterhalten.

Die im allgemeinen geordneten und fleißigen Einwohner finden ihre Haupterwerbsquellen in Feld- und Obstbau, Vieh- und Schweinezucht. Eine Schildwirthschaft und ein Kramladen besteht.

Die Vermögensverhältnisse gehören zu den mittleren; der reichste Bürger besitzt 45, der Mittelmann 15–20, die ärmere Klasse 1 bis 3 Morgen Feld. Auf angrenzenden Markungen haben hiesige Bürger Güterstücke von 3/8–1 Morgen angekauft. Die nicht große Markung hat, soweit sie für den Feldbau benützt wird, eine ebene Lage und einen ziemlich fruchtbaren, etwas naßkalten Boden. Werksteinbrüche sind vorhanden. Die klimatischen Verhältnisse sind wie in dem nahe gelegenen Allmersbach.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung des Suppingerpflugs gut getrieben und von den Cerealien baut man Dinkel, Haber, Roggen, Gerste und Einkorn; hievon können über den eigenen Bedarf jährlich etwa 250 Scheffel Dinkel und 200 Scheffel Haber nach außen (Backnang, Winnenden) abgesetzt werden. Von Brach- und Handelsgewächsen kommen zum Anbau Kartoffeln, dreiblättriger Klee, Wicken, Angersen, Reps, Flachs und Hanf; von den drei letzteren wird auch ein Theil nach außen verkauft.

Der Wiesenbau ist ausgedehnt und liefert meist ein gutes Futter, das theilweise auch nach außen verkauft wird. Die Wiesen sind zwei- und dreimähdig.

Der Weinbau ist nicht bedeutend; man pflanzt 2800 Stöcke (meist Silvaner, Drollinger, Elbinge und Gutedel) auf den Morgen, die den Winter über bezogen werden. Der Morgen liefert etwa 4 Eimer mittelmäßigen Wein, dessen Preise in den letzten 10 Jahren zwischen 25 und 50 fl. pr. Eimer sich bewegten. Im Jahre 1840 wurde ein Theil der Weinberge ausgestockt und mit Obstbäumen bepflanzt. Die hauptsächlich mit Mostsorten sich beschäftigende Obstzucht ist in gutem Zustande und erlaubt in günstigen Jahren einen Verkauf von 600–1000 Simri nach außen.

Die Gemeinde besitzt 115/8 Morgen gemischten Wald, der jährlich 30 fl. der Gemeindekasse einträgt, während ihr die Brach- und | Stoppelweide eine jährliche Einnahme von 100 fl. und die Pferchnutzung von 150–200 fl. sichert. Die Allmanden sind an die Ortsbürger um jährlich 80 fl. verliehen.

Die Rindviehzucht ist in gutem Zustand; man hält die Simmenthaler Race und hat zur Nachzucht 2 Farren aufgestellt; Mastviehverkauf findet statt.

Schafzucht wird vom Gemeindeschäfer betrieben, der den Sommer über 200, den Winter über 250 Stück Bastardschafe auf der Markung laufen läßt. Die Wolle kommt nach Winnenden und Backnang zum Verkauf.

Von Belang ist die Schweinezucht (halbenglische Race), die nicht allein einen Verkauf von Ferkeln, sondern auch von Mastschweinen zuläßt.

Stiftungen sind keine vorhanden.

Den 11. April 1245 bestätigte Pabst Innocenz IV. dem Stift Backnang Besitzungen zu Remse; dasselbe hatte in der Folge hier den großen und kleinen Frucht-, den Weinzehenten, statt des Heuzehntens etwas Bestimmtes in Geld, mehrere erbliche Höfe und Lehengüter, Zinsen und Gülten. Das Dorf wurde im Jahr 1439 von den Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg mit der Feste Reichenberg an die Gebrüder Nothaft verpfändet, gehörte wohl schon früher zu derselben und bildete später einen Bestandtheil des Reichenberger Amtes (Lagerb. von 1528).

Zu der Gemeinde gehört:

Horbach, ein einzeln stehender Hof, der 1/4 Stunde südöstlich vom Mutterort am Saume des Waldes liegt.




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