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Beschreibung des Oberamts Sulz/Kapitel B 8

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Brittheim,

Gemeinde III. Klasse mit 321 Einw. wor. 5 Kath. – Dorf, Filial von Bickelsberg; die Kath. sind nach Binsdorf eingepfarrt.

Brittheim liegt 21/2 Stunden südöstlich von der Oberamtsstadt an der Vicinalstraße von Rosenfeld nach Oberndorf, nur eine starke Viertelstunde von dem Mutterort, mit welchem es nach Lage, Klima, Bodenverhältnissen etc. übereinstimmt. Der nicht große, meist aus ansehnlichen Bauernhäusern bestehende Ort ist freundlich, reinlich gehalten und verräth die ehemalige Wohlhabenheit der Einwohner, die übrigens in neuerer Zeit theilweise gewichen ist, jedoch bei Einzelnen immer noch getroffen wird.

Das uralte Kirchlein, welches Eigenthum des Ortsheiligen ist, wurde in den Jahren 1860–61 in einem sehr ansprechenden germanischen Style erneuert und gereicht nicht nur dem Ort, sondern auch der Umgegend zur besonderen Zierde, indem der Thurm mit seinem spitzen, schlanken Zeltdach weithin sichtbar ist.

Der um die Kirche gelegene, mit einer Mauer versehene Begräbnißplatz wurde im Jahr 1852 aufgegeben und dafür an der östlichen Seite des Dorfs ein neuer angelegt.

Das im Jahr 1833 in der Mitte des Orts neu erbaute Schulhaus enthält außer dem Lehrzimmer und der Wohnung des Schulmeisters, auch noch die Gelasse für den Gemeinderath. Ein Gemeindeback- und Waschhaus ist vorhanden. Gutes Trinkwasser liefern| 3 laufende und 6 Schöpfbrunnen; in der Nähe des Orts entspringt im sog. Neubrunnen, der Höchstetterbach, welcher durch das Höchstetter Thal in die Stunz fließt.

Die Einwohner sind im Allgemeinen wohl gewachsene, schöne, gesunde Leute, die nicht selten ein hohes Alter erreichen; im Jahr 1769 starb hier eine 90 Jahre alte Frau, welche 7 Kinder, 37 Enkel, 54 Urenkel und einen Ururenkel erlebte. Die Haupterwerbsmittel sind Feldbau und Viehzucht, während die Gewerbe sich nur auf die allernothwendigsten Handwerker beschränken; eine Schildwirthschaft und ein Krämer sind vorhanden. Die Landwirthschaft steht im Allgemeinen auf der gleichen Stufe wie im Mutterort und landwirthschaftliche Neuerungen, wie die Einführung der Schaufelpflüge, die Anlage zweckmäßiger Düngerstätten haben allgemein Eingang gefunden. Zur Besserung des Bodens wird neben den gewöhnlichen Düngungsmitteln auch die Hallerde und der Gyps angewendet.

Zum Anbau kommen vorzugsweise Dinkel, Haber, etwas Weizen und Gerste, Kartoffeln, Futterkräuter, Ackerbohnen, welche sehr gut gedeihen und auch gemischt mit Haber gepflanzt werden. Auf den Morgen rechnet man Aussaat 1 Scheffel Dinkel und 6 Simri Haber; der Ertrag wird zu 8–10, ausnahmsweise 12 Schffl. Dinkel und 6–7 Schffl. Haber per Morgen angegeben. Die höchsten Preise eines Morgens Acker betragen 500 fl., die mittleren 250 fl. und die geringsten 60 fl.; ebenso verhalten sich die Wiesenpreise. Über den eigenen Bedarf kommen jährlich viel Getreide und ziemlich viel Ackerbohnen nach Außen zum Verkauf. Die durchgängig zweimähdigen Wiesen, denen theilweise Wässerung zukommt, liefern im Durchschnitt 20–25 Ctr. Heu und 10–12 Ctr. Öhmd per Morgen; das Futter ist nahrhaft und wird im Ort selbst verbraucht.

Die Obstzucht wird wie im Mutterort betrieben. Die Weiden sind gut und werden an einen fremden Schäfer um etwa 250 fl. jährlich verpachtet.

Der Rindviehstand, aus verschiedenen Racen bestehend, ist beträchtlich und erlaubt einen namhaften einträglichen Handel. Die zur Nachzucht aufgestellten 3 Farren unterhält die Gemeinde.

Die Schweine werden jung von badischen und bayerischen Händlern gekauft und meist für den eigenen Bedarf gemästet.

Die Gemeinde besitzt ein nicht unbeträchtliches Vermögen, theils in Kapitalien, theils in 300 Morgen Waldungen; letztere ertragen nach dem Nutzungsplan jährlich 60 Klafter und 2000 Stück Wellen.| Ein Theil des Holzertrags wird als Langholz verkauft und der Erlös aus demselben zu Gemeindezwecken verwendet.

Die Stiftungspflege ist unvermöglich, so daß z. B. für Arme nichts geleistet werden kann.

Etwa 1/2 Stunde südwestlich von Brittheim stand der nunmehr ganz abgegangene Ort Haarhausen, einst einer der Sitze der Herren von Zimmern (Ruckgaber, Zimmern 37–40); derselbe bestand aus einem Burgstall, einem Schlößchen, einer Kirche mit Kirchhof und 3 großen Höfen mit eigener Markung. Das Augustinerkloster in Oberndorf kaufte 1322 von einem Bürger in Oberndorf seinen Hof in H. mit dem Kirchensatz, wie er ihn für 170 Pf. Heller vom Kl. St. Georgen gekauft hatte, für 150 Pf. Heller und im Mai 1525 von einem andern Bürger daselbst auch die Vogtei darüber, die dieser für 10 Mark von Werner von Zimmern gekauft hatte, für 5 Mark (Köhler, Oberndorf 61, vergl. auch 63, 67). Noch im Jahre 1491 waren die Kirche und der Schloßbrunnen vorhanden, die drei Höfe aber bereits im Besitz der Bauern von Brittheim. Derzeit findet sich nichts mehr und nur die Namen Burgstall und Schlößle haben sich noch erhalten. Die Kirche in H. machte Bischof Heinrich von Constanz 1364 zum Filial von der zu Bochingen, welche er damals dem Augustinerkloster zu Oberndorf einverleibte (Petrus Suevia sacra 641, Köhler a. a. O. 62).

In dem 1/2 Stunde westlich von Brittheim gelegenen Schorren oder Klosterwald stand ehemals ein Beguinenhaus.

Im Jahr 782 übergab Wolfhart alles, was er in Brittheim (in pago Bertoltipara in villa Britihaim) besaß, an das Kloster St. Gallen (Wirt. Urk.-Buch 1, 26).

Der Ort gehörte zur Herrschaft Rosenfeld, mit der er an Württemberg gelangte. Im Jahre 1304 verkaufte Wernher von Zimmern den Hof sammt darein gehörigem Kirchensatz zu Brittheim für 50 Pf. Heller, Konrad Stulzen zu Rottweil, dessen Tochter und Tochtermann beides 1324 an Staymar, dem Vater zu Rottweil, veräußerten.

Bei der Reformation wurde Brittheim mit Bickelsberg verbunden; das Pfarrhaus wurde 1624 verkauft (Binder 452).

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