Bettlerballade
[222] Bettlerballade.
Prinz Bertarit bewirthet Verona’s Bettlerschaft
Mit Weizenbrot und Kuchen und edlem Traubensaft.
Gebeten ist ein Jeder, der sich mit Lumpen deckt,
Der, heischend auf den Brücken der Etsch, die Rechte reckt.
Durch Riss’ und Löcher gucken Ellbogen, Zeh’ und Knie.
Nicht nach Geburt und Würden, sie sitzen grell gemischt,
Jetzt werden noch die Hasen und Hühner aufgetischt.
Der tastet nach dem Becher. Er durstet und ist blind.
Ein reizend stumpfes Näschen geckt unter strupp’gem Schopf,
Mit wildem Mosesbarte prahlt ein Charakterkopf.
Die Herzen sind gesättigt. Beginne, Musica!
Ein Dudelsack, ein Hackbrett und Geig’ und Harf’ ist da –
Erhebt den vollen Becher und singt durch das Getön:
„Mit frisch gepflückten Rosen bekrön’ ich mir das Haupt,
Des Reiches eh’rne Krone hat mir der Ohm geraubt.
Er ließ mir Tag und Sonne! Mein übrig Gut ist klein!
Ein Bettler stürzt ins Zimmer. „Grumell, wo kommst du her?“
Der Schreckensbleiche stammelt: „Ich lauscht’ von ungefähr,
Gebettet an der Hofburg – Dein Ohm schickt Mörder aus,
Nimm meinen braunen Mantel!“ Erzschritt umdröhnt das Haus.
Da hast du meinen Stecken! Entspring, geliebtes Kind!“
Die Mörder nahen klirrend. Ein Bettler schleicht davon.
– „Wer bist du? Zeig das Antlitz!“ Gehobne Dolche drohn.
– „Laß ihn! Es ist Grumello! Ich kenn’ das Loch im Hut!
Sie spähen durch die Hallen und suchen Bertarit,
Der unter dunkelm Mantel dem dunkeln Tod entflieht.
Er fuhr in fremde Länder und ward darob zum Mann.
Er kehrte heim gepanzert. Den Ohm erschlug er dann.
Am Abend lud der König Verona’s Bettler ein.